Ich fürchte, da ist noch ein kleiner Knoten im Verständnis. Der letzte Satz ist allerdings richtig (wobei man da genauer auf die Federung reduzieren müsste, denn die Dämpfung in einem Federelement ist eigentlich nur abhängig von der Bewegungsgeschwindigkeit der Federung; aber das ist ein Fass, das ich hier nicht aufmachen möchte

)
Also erstens, aufgrund der Massenträgheit lupft es dich, sprich du stehst mit weniger Gewicht auf den Pedalen. Das kommt daher, weil dein Körperschwerpunkt sich erst mal grade weiter bewegen will, während dein Rad beim Bremsen eben verzögert. Da dein Schwerpunkt aber oberhalb der Ansatzpunktes der Bremskraft ist, die letztlich ja auch dich verzögern soll, entsteht ein Drehmoment, so dass dich das Bremsen eben nicht nur abbremst, sondern auch nach oben lupft. Für deine Federung bist du dann in dem Moment leichter als normal und deshalb steht deine Federung höher im Federweg als normal. Normal wäre eben in der Ebene im Sag wegen deines Körpergewichts. (Außerhalb der Ebene stehst du eher nicht im Sag, weil die Radlastverteilung sich ändert. Wie genau, kommt drauf an, wie du dann auf dem Bike stehst, ist hier aber auch nebensächlich.) Quintessenz ist, wenn du bremst, stehst du höher im Federweg, als wenn du nicht bremst, WENN ES KEINEN ANTI RISE GIBT. Keinen Anti-Rise gibt es zum Beispiel, wenn du nur mit der Vorderbremse bremst, weil dann die hintere Bremse eben keine Kraft auf den Rahmen überträgt.
Zweitens jetzt zum Anti-Rise. Wenn ich mit der Hinterradbremse verzögere, wird eben durch den Bremsvorgang eine Kraft auf den Rahmen ausgeübt. Das ist ganz einfach zu sehen: Wenn die Bremszange an der Scheibe greift, will sich die natürlich mitdrehen. Da sie aber fest am Rahmen ist, wirkt auf den Rahmen eine Kraft. Die wirkt übrigens bei allen üblichen Platzierungen der Bremse nach unten auf den Hinterbau, weshalb auch klar ist, dass diese Kraft in aller Regel die Federung komprimieren wird. Auch schnell klar wird, dass sich Horst Links etwas anders verhalten als die meisten anderen Hinterbauten, weil da ein Lager der Kinematik relativ nah am Punkt liegt, wo die Kraft auf den Rahmen wirkt, während bei den meisten anderen Hinterbaukonzepten die Drehpunkt alle viel weiter vorne sind.
Also haben wir beim Bremsen mit der Hinterradbremse eine Kraft, den sogenannten Anti-Rise, welche die Federung des Hinterbaus komprimiert und demnach genauso wirkt, wie normalerweise unser Körpergewicht. Gleichzeitig ist die Wirkung unseres Körpergewichts beim Bremsen nach dem eingangs beschriebenen Effekt reduziert. Wenn nun der Effekt des Anti-Rise genau den Effekt der Massenträgheit neutralisiert, sprich wenn auf den Dämpfer beim Bremsen eine Kraft wirkt, nämlich die Kombination aus verbleibender Schwere des Fahrers und Anti-Rise, die genauso groß ist wie die Schwerkraft ohne Bremsen, dann spricht man von einem Anti-Rise von 100% und dann steht die Federung (in der Ebene) genau im Sag, sprich das Rad steht so da bzw. fährt wie sonst auch.
Wie stark man bremst bzw. wie schwer der Fahrer dabei ist, spielt (zum Glück) keine (große) Rolle. Wie stark man bremst ist deswegen unerheblich, weil beim schwachen Bremsen der Effekt der Massenträgheit natürlich viel geringer ist wie auch die Kraft, die auf die Bremse und damit auf Rahmen und als Anti-Rise auf die Federung wirkt. Wie schwer der Fahrer ist, spielt aus demselben Grund keine Rolle, weil bei einem schwereren Fahrer nicht nur quantitativ mehr Schwerkraft durch die Massenträgkeit kompensiert wird (prozentual bleibt das gleich), sondern auch mehr Kraft fürs Bremsen nötig ist und also auch mehr Kraft auf den Rahmen wirkt und quantitativ mehr Anti-Rise produziert (prozentual bleibt es auch hier gleich). Zudem ist die Federung in allen Fällen ja durch den Sag auf das Fahrergewicht normiert, sodass sich auch hier keine Effekte bemerkbar machen. (Wollte man es ganz genau berechnen, müsste man Gewicht und Ausmaß des Bremsens schon berücksichtigen, weil dann z.B. Dinge wie Reibung in Lagern eine Rolle spielen, die nicht unbedingt linear mit den angesprochenen Größen skalieren.)
Ich hoffe, es wurde jetzt klarer. Wenn nicht, würde ich mir nicht zu viele Gedanken machen, denn man kann den Anti-Rise auch überschätzen. Zum einen muss man sehen, dass der Anti-Rise ein Effekt der Hinterradbremse ist. Bremst man nur mit der Vorderradbremse, dann gibt es den Effekt nicht (den Effekt der Massenträgheit allerdings schon). Auch ist klar, dass ein Anti-Rise erst mal nicht verkehrt ist, denn ohne Belastung auf dem Hinterrad bremst es sich damit schlecht. Daraus folgt dann auch, dass Verallgemeinerungen, was jetzt ein guter Anti-Rise ist oder nicht, wohl kaum Sinn machen, denn im Steilen stellt sich eine Bremssituation halt ganz anders dar als im Flachen, und da machen ein paar Prozent mehr oder weniger Gefälle vielleicht auch mehr aus als ein paar Prozent Anti-Rise.
Noch ein Wort zur Vorderradbremse: Da die Kraft, welche die Bremse erfährt, im Wesentlichen senkrecht zur Gabel wirkt, die meisten Gabeln aber stur in Richtung der Gabel federn, gibt es an der Gabel eher keinen Rise oder Anti-Rise. Eine Auswirkung hat das Bremsen aber auf die Reibung in den Standrohren, da senkrechte Kräfte auf die Standrohre natürlich eine Verwindung bewirken. Beim Bremsen federt eine Federgabel also prinzipiell schlechter. Inwiefern man das merkt, dürfen andere diskutieren. Wer sich allerdings Gedanken über Anti-Rise an der Gabel machen will, muss sich halt eine Parallelogrammgabel wie z.B. Trust zulegen.
Und abschließend: Wer sich noch mehr für das Thema interessiert, der soll mal in den Tiefen des Internets stöbern. Man kann Anti-Rise wie übrigens auch Anti-Squat grafisch schön darstellen und auch berechnen. Gibt viele Tutorials dazu, auch sehr viel in Video-Form, wo man sich besser als hier berieseln lassen kann.