Ich führe mir gerade vor Augen was ich heute alles erlebt habe, und es wirkt wie immer zu viel für einen Tag zu sein.
Die Nacht zwischen den Felsen war nicht durchgehend romantisch, so wie ich mir das natürlich vorgestellt habe, sondern leider auch sehr windig. So sehr das mein Schlafsack wie verrückt geflattert hat, und ich ihn bis auf ein ca. 7cm großes Loch zuziehen musste. Bei niedriger einstelliger Temperatur war das auch dringend nötig um die Wärme im Schlafsack zu behalten. Selbst wenn das atmen dadurch immer wieder mal schwierig war. Nächstes Mal nehme ich für solche Aktionen einen Notfall-Bivvy mit. Damit sollte der Wind kein Thema sein.
Nunja - um eine weitere Erfahrung reicher habe ich die Nacht überstanden, und mich morgens über Kaffee und warmes Bircher-Müsli mit Kondensmilch gefreut.
Der Aufstieg zum Panixerpass war nur noch knapp 500hm weit, aber ordentlich steil und nicht ganz einfach.
Dabei kam ich an diesem Schild vorbei:
Ein Valentin Baumgartner, 1991 geboren, ist letztes Jahr am 16. Juli an dieser Stelle gestorben. Der junge Mann war gerade mal 30 Jahre, und ist im Hochsommer hier verunglückt

. Ziemlich krass. Vielleicht findet ja jemand von euch seine Geschichte im Netz.
Das ist definitiv eine deutliche Ermahnung nie den Respekt vor den Bergen zu verlieren.
Kurz unter dem Pass kam ich noch an einen kräftigen Bergbach vorbei, an dem ich meine Wasservorräte wieder auffüllen konnte.
Am Pass steht diese einladende kleine Schutzhütte:
Komplett ausgestattet mit Lagern, decken und einem Ofen mit ausreichend Brennholz. Tolle Sache!
Dort legte ich eine kleine Pause ein, genoss die Aussicht und schwatzte mit ein paar alten Wanderern über die uns verbindende Liebe zu den Bergen.
Dann trat ich die Abfahrt an, die es durchaus in sich hatte. Steiles Gelände, loses Geröll und knifflige Spitzkehren.
Nach diesem ersten Abschnitt geht der Pfad unten in der Wiese weiter, mit schmal ausgetretenen Rinnen und im hohen Gras verborgenen Hindernissen. Letztere waren es auch woran sich zwei mal mein Vorderrad verbissen hatte, wobei mein Schalthebel abbrach

.
Nach dem ersten Schrecken habe ich den Rest der Halterung demontiert und eine Position gefunden in der sich der Hebel stabil und ohne Funktionseinbußen befestigen ließ. Das Mittel der Wahl ist für mich in solchen Fällen Leukoplast. Ich kenne kein klebkräftigeres und stabileres Tape - sollte man immer dabei haben! Das Zeug hat vor ein paar Jahren sogar den gebrochenen Hinterbau von
@Muellbeutel wieder zusammengeklebt, so dass er nicht 5km bergab tragen musste, sondern fahren konnte. Vielleicht hast du noch ein Foto davon
@Muellbeutel?
So, genug Werbung für mein Lieblingstape ;-). Danach konnte die Abfahrt weiter gehen, und brachte mich vorbei an der urigsten kleinen Selbstbedienungs-Alp die ich je gesehen habe. Hier im Bild ist sie am Fuße des knubbligen Felsens auszumachen:
Unter diesem liegt sie eingebettet, und offeriert den Vorbeikommenden Brunnen-gekühlte Getränke zu sehr passablen Preisen.
Es muss eine enorme Mühe sein das alles dort hoch zu schleppen!
Und die Aussicht von dort ist atemberaubend!
Der Pfad führt oberhalb dieses Felsens weiter in Richtung Tal. Dabei gibt's noch eine sehr ausgesetzte Stelle an der ich lieber geschoben habe. Eigentlich wäre es fahrbar gewesen, aber das Risiko bei irgendeinem Patzer eine sicher 50 Meter hohe Klippe hinabzustürzen muss ich nicht eingehen. Auch wenn dieser Vogelschwarm sich bestimmt über eine ordentliche Mahlzeit gefreut hätte:
Irgendwann geht der Pfad in eine Forststraße über die einen bis nach Pignius hinab bringt. Auch wenn ich Wanderer manchmal um die Einfachheit ihrer Fortbwegugsart beneide, von geringen Gepäck bergauf ganz zu schweigen, auf dieser Straße würde ich nicht tauschen wollen. Zu Fuß latscht man da sicher gut eine Stunde auf dieser öden Straße bergab ... zum Glück kann ich rollen!
Kurz vor Pignius biege ich rechts ab und umrunde den Talkessel gegen den Uhrzeigersinn. Von hier gibt's einen tollen Ausblick nach Illanz:
Ich fahre aber nicht östlich nach Illanz, sondern westlich nach Breil. Hier musste ich eine Weile suchen um eine bezahlbare Wirtschaft zu finden, meine Güte ist das alles teurer!
[Break - Akku bei 6% ... ich Schreibe weiter wenn ich laden konnte]
Und weiter geht's!
Gestärkt ging es von Breil aus weiter nach Schlans. Mein Navi leitete mich brav auf Bike-Routen, was leider bedeutete dass der Panorama-Weg auf der Strecke fast 300m hoch und anschließend überwiegend auf Asphalt wieder runter führte. Mitunter auf solchen netten kleinen 25%ern wie diesem:
Wenigsten gab's unterwegs diesen hübschen Ausblick zurück nach Breil:
Zusammen mit dem vorletzten Bild lässt sich ganz gut die zurückgelegte Distanz einschätzen.
Blick in Richtung Disentis.
Von Schlans aus gibt's einen recht schönen Bike-Weg, der zum Glück teilweise aus Schotter statt Teer bestand. Auf diesem sind es weitere 8km und 300hm (erst hoch, dann runter, dann wieder hoch) nach Disentis.
Außer für Wasser habe dort nicht angehalten.
Nach Disentis bin ich einfach auf der Straße zum Oberalp-Pass geblieben. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits ziemlich geschafft - außerdem begann es bereits zu dämmen. Da extrem wenig Verkehr war, und die Autos auch sehr gelassen mit ca. 50 unterwegs waren, genoss ich das sanfte Dahingleiten im schönen Panorama des Oberalp-Tals.
Auf diese Weise sammelten sich unter mir kaum merklich die Höhenmeter an, und ehe ich mich versah war ich auf ca. 1700m in Tschamut an der Baumgrenze.
Zu diesem Zeitpunkt musste ich mich entscheiden - entweder den Pass noch erklimmen (meine Energie hätte es hergegeben), oder ein Nachtlager finden so lange es noch geeignete Bäume gibt.
Das Risiko oben nichts passendes zum Schlafen zu finden, und dann in der Dunkelheit in ein mir unbekanntes Tal abfahren zu müssen gefiel mir nicht. Also suche ich ein wenig, und fand 20 Minuten später nahe des Bahnhofs von Tschamut eine kleine Gruppe Bäume Oberhalp eines Wanderweges. Genau zwischen Bahn und Straße.
Mit Zelt oder Matte hätte ich hier keinen Platz gefunden, aber für die Hängematte war er optimal

.
(Das Bild ist vom nächsten morgen)