Aus meiner Sicht ist es so: primär muss die feder zur kinematik passen. Dieses Thema geht leider kaum ein tuner an. Wenn der Federratenverlauf nicht zur kinematik passt dann wird sich auch ein getunter Dämpfer unkomfortabel anfühlen bzw nicht den nötigen federweg freigeben.
Als zweites muss der highspeed rebound zur federrate passen.
Und als drittes die highspeed compression zum fahrstil und Fahrergewicht.
Da würde ich ein wenig widersprechen. Zunächst sollte das Verhältnis aus Feder und Compression Dämpfung auf den Anwendungsfall angepasst werden. Umso DH, umso Feder, umso Park, umso Dämpfung, um das mal möglichst kompakt hinzuschreiben. Natürlich muss das Gesamtergebnis (Summe der Kräfte) zu Gewicht und Fahrstil (insbesondere Grundspeed) passen, aber das ist ja trivial. Wenn das Verhältnis Feder zu Compression steht, dann bestimmt sich über die Feder der Rebound. Fertig.
Das mit der Feder ist so eine Sache. Wenn Coil, dann ist der Kraftverlauf ja vorgegeben und auch sehr simpel. Bei Luftfedern ist das insofern anders, weil da meist mehrere Federn zusammengeschaltet werden (zumindest mal Positiv und Negativ, erstere ja gerne auch noch als Doppelkammer) und dann die Reibung der Dichtungen eine manchmal nicht unbedeutende Rolle spielt, aber vereinfacht auf eine Kammer wäre der Kraftverlauf bei Luft auch vorgegeben. (Lustigerweise ist das Ziel der komplexeren Anordnungen ja oft, den simplen linearen Verlauf von Coil zu simulieren.) Insofern sollte die Kinemtik derart sein, dass ein Federtyp passt. (Bei der Gabel ist das ja eh kein Thema, weil Kinematik in aller Regel maximal simpel.) Entsprechend muss ich dann mit der Feder und nachgelagert der Dämpfung keine Verrenkungen machen. Wenn das nicht der Fall ist und die Kinematik so unschön ist, dass ich da mit sehr außergewöhnlichen Luftfedern (Coil geht ja nicht) gegensteuern muss, ist das schon eine hohe Bürde und so einen Rahmen würde ich grundsätzlich vermeiden, weil eine sehr spezielle Luftfeder auch eine sehr spezielle Dämpfung erfordert, die es zumindest standardmäßig nirgends geben wird.
Also ja, der Federgrundtyp sollte zur Kinematik passen, aber das sollte im weiteren dennoch alle Möglichkeiten offenlassen. Deshalb ist imho der erste Schritt der individuellen Anpassung eine Beschreibung, wozu das Federelement dienen soll. Daraus ergibt sich dann die Grundsatzentscheidung, ob mehr über die Feder oder mehr über die Dämpfung gefahren werden soll. Die Details sind dann deutlich weniger einfach und hängen neben den Anforderungen wahrscheinlich auch sehr von Grunddesign des Federelements ab, weil alles kann man ja auch nicht modifizieren. Da ist dann Feintuning gefragt, aber da bewegen wir uns auch schon im feineren Prozentbereich hinsichtlich der Optimierung. Wenn die Grundsatzentscheidung passt (und weder Rahmen noch Federelement es vom Grunddesign her komplett verhageln), dann kann imho nicht mehr so viel schief gehen.
Entsprechend sollte bei Bikes, wo der Konstrukteur bei Rahmendesign und Auswahl des Federelements inklusive Grundabstimmung keinen Mist gemacht hat, ein Tuning nicht wirklich nötig sein, wenn Fahrergewicht und Anwendungsbereich einigermaßen Middle of the Road sind. (Optimierungen hinsichtlich Reibung etc. sind da eine andere Baustelle.) Liegen Gewicht oder Anwendungsbereich weitab vom Durchschnitt, kann es natürlich sein, dass die Anpassbarkeit des Federelements nicht ausreicht und ein Tuning nötig ist. Das würde aber bei Gewicht vor allem bedeuten, den Bereich anzupassen, nicht die Charakteristik. Ist der Anwendungsfall dagegen speziell, muss eher die Charakteristik angepasst werden. Die Frage ist halt, wie oft das vorkommt.
Ganz was anderes ist dann noch, wenn der Besitzer unfähig ist, das vorhandene Material mit den vorhandenen Anpassungsmöglichkeiten, die ja oft durchaus gegeben sind, passend zu machen. In dem Fall kann es helfen, wenn der Tuner die passenden „Einstellungen“ vornimmt und gleichzeitig die Anpassungsmöglichkeiten drastisch reduziert, damit der Kunde es nicht mehr versauen kann. Dann ist der Kunde happy und der Aufwand gering. Vom wirtschaftlichen her ist das für Tuner wahrscheinlich sogar der beste Ansatz, weil es einerseits genügend Kunden für diesen Ansatz geben dürfte und das Verhältnis von Aufwand zu Gewinn wahrscheinlich sehr gut ist. Ob das aber noch Tuning im klassischen Sinn ist, darf man stark bezweifeln.