Ein paar Gedanken, chronologisch:
Statt über Innovationen zu philosophieren, sollte Herr Tralavasek seinen Job richtig machen und die Haltbarkeit als Hygienefaktor sicherstellen.
Meine 2 S-Works Epic sind ständig eingeschickt. Zwar auf Garantie jeweils, aber ich habe beide selten verfügbar. Der Service ist zudem zwar kulant aber inkompetent. Statt meine Gabel zu reparieren, haben sie die tatsächlich "gewaschen". Haben sie einen "Prozessschritt vergessen". Gut drauf die Jungs in Holland!
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Ich glaube das hängt dann eher am Händler

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Also ich glaube gerne, dass die (großen) Hersteller gerne eine Situation wie bei Autos oder Motorrädern hätten, wo der Kunde die Produkte als Gesamtkonstrukt kauft und sich damit abfindet, so gut wie nichts mit sinnvollem Aufwand anpassen zu können. Ich glaube aber auch, dass dieser Zustand nicht erstrebenswert ist.
Viele Firmen zeigen ja, dass es auch ohne massive "Systemintegration" möglich ist, sehr gut funktionierende Räder zu bauen. Was fehlt, ist häufig vernünftige Information - Hebelverläufe, geeignete Dämpfer-Tunes usw., damit Anpassungen kein Trial and Error für Nicht-Freaks bleiben.
Wenn ich mal überlege, was ich im Laufe der Zeit an Teilen am Rad ausgetauscht habe (32er Float gegen Mattoc getauscht, Umbau von 3-Fach auf 2-Fach auf 1-Fach, Bremsen, Kettenführung, Laufräder, Cockpit, dann alle Teile an einen neuen robusteren Rahmen gebaut...), dann ging das nur aufgrund von "einheitlichen Montage-Maßen". Wenn das alles vollintegriert wäre, hätte ich jedes Mal ein neues Rad kaufen müssen, das die neuen Anforderungen erfüllt. Nicht nur dass das im Sinne der Nachhaltigkeit ziemlich fragwürdig ist, es würde vor allem die Einstiegshürde des MTB Sports noch höher legen, als sie ohnehin schon ist. Grade in einem Sport, wo sich die eigenen Fähigkeiten stetig weiterentwickeln und das Material "mitwachsen" muss, sollte dies mMn so einfach wie möglich sein.
Ich glaube keiner außer Specialized, Trek und Co. will, dass Mountainbiken noch mehr als heute Radiologen, Zahnärzten und sonstigen Oberschichten vorbehalten sein sollte
Vorraussetzung für die "Vollintegration" ist doch, dass die Hersteller ehrlich sind was die Bikes können und die Kunden ehrlich sind was sie wollen. Ersteres setzt zweiteres vorraus und zweiteres wiederspricht in (großen?) Teilen div. Trends in unserer aktuellen Gesellschaft. Zweiteres setzt auch voraus, dass die Kunden (nicht erst nach 5-10 Jahren in dem Sport) die Chance haben einen Überblick zu bekommen was fahrerisch geht, was welche Bikes können und wie man den ganzen Mist auch noch nennt

... Irgendwie dann auch wieder ein Henne-Ei-Problem.
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Natürlich: Wenn man es ermöglicht, den Dämpfer austauschbar zu machen, läuft der Kunde Gefahr, dass er sich einen Dämpfer einbaut, der nicht zum Hinterbau passt. Allerdings ist das dann das Bier des Kunden. Jedenfalls scheint es unzählige Kunden zu geben, die mit der Serienperformance der linearen Dämpfer nicht zufrieden sind.
Warum, wenn die Dämpfer auf den Rahmen abgestimmt sind, Herr Taavasek?
Und noch eine Frage:
Was ist der Hintergrund der Specialized-typischen Dämpferanbindung? Welchen technischen oder funktionellen Vorteil bietet diese?
Die Frage ob es "unzählige" Kunden sind die mit der Serienperformance nicht zufrieden ist ist halt eben die interessante an der Stelle. Wenn sich hier im Forum 30-40 Leute (Zahl fiktiv, aber schon viele) über die Performance des Seriendämpfers im Enduro beschweren (das hab ich im übrigen als ich das Rad hatte auch gemacht, ein DoubleBarrelAir war für die komische Aufnahme verfügbar --> Problem gelöst

) kann das immernoch ein Bruchteil der Speci-Enduro Kunden sein, was bei Bionicon vllt. schon ein relevanter Anteil an Kunden vom entsprechenden Rad wären. (Kein Angriff auf Euch, ich kenne weder Euro Verkaufszahlen noch die von Specialized, aber ich gehe an der Stelle davon aus, dass die sich signifikant unterscheiden

).
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Vergesst nie wie der wirkliche Kunde von Specialized aussieht und jede Zielgruppe bekommt die Abstimmung die Specialized für richtig hält. Im Vergleichstest des Camber zeigte sich das ganz deutlich. Der Plattform wurde eine neue Ausrichtung verpasst. Kann man mögen. Muss man aber nicht. Die Produktpalette ist sehr fein aufgegliedert und so findet eigentlich jeder das Bike das er möchte. Für den Fall, dass einem bei Specialized gar nichts passt kann man natürlich immer noch zu einem anderen Hersteller gehen.
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Sich das richtige Bike aus der Produktpalette heraussuchen setzt "leider" halt immernoch Information + Ehrlichkeit zu sich selbst voraus.
Es macht absolut keinen Sinn ein Fahrrad so zu konstruieren, dass es ewig hält. Es wäre dann nämlich mindestens drei mal so schwer. Im Gegensatz dazu sind Wartbarkeit und Reparierbarkeit wünschenswerte Qualitäten. Und genau darum ging es mir.
Dafür muss man übrigens auch nicht die Gesellschaft auf den Kopf stellen. Die Automobilindustrie hat schon vor Jahren erkannt, dass Einzelentwicklungen teuer sind. Z.B. VW baut seine Fahrzeuge auf Plattformen auf, die auch mit Audi, Seat und Skoda geteilt werden. Der Lenk- und Schaltzentrale sieht bei fast allen VWs gleich aus - weil sie die gleichen Teile nutzen. Peugeot und Citroen nutzen die gleichen Motoren - und teilweise ist da sogar BMW mit im Boot. ABS-Systeme, Motorsteuerungen, Blinkerrelais - auch da wird viel mehr geteilt als man denkt. Das gleiche bei der Motorrad-Industrie: Z.B. Honda stattet seine Motorräder mit einer handvoll Standardmotoren aus, die jeweils auf den Einsatzzweck leicht angepasst werden. Zusätzlich landen die gleichen Schalter und Instrumente in den verschiedensten Fahrzeugmodellen (und darüber regen sich dann gerne die Schreiberlinge in Motorradzeitschriften auf).
Insofern: Ganz viele von den Vergleichen mit der Autoindustrie, die man hier sieht, hinken. Die haben trotz höherer Stückzahlen an ganz vielen Stellen einheitliche Komponenten. Nur im Hochpreissegment wird mehr individuell entwickelt.
Die Frage ist: Was bedeutet ewig halten? Ich bin bis vor kurzem ein Last Herb Rahmen gefahren, das ist mega vertrauenserweckend und im vierten Jahr noch in einem hervorragenden Zustand. Trotz vieler Rennen, regelmäßigem Bikepark und einfach viel auf den Hometrails. Das ganze mit dem ersten Lagersatz... Vorher ein Speci Enduro, da waren die Lager vom Rahmen und Steuersatz im 10 Monatsrythmus fällig. Zwischen den Rahmen liegt aber auch fast nen geschätztes Kilo Unterschied. Im Fahrverhalten ist das quasi nicht relevant, auf der Waage ne Katastrophe. Hier ist man dann auch wieder bei der Frage des Kunden "Was will ich?" & der notwendigkeit, dass er ehrlich zu sich selbst ist.
Das was bei den Automobilern mit den Baukasten Systemen im kommen ist haben wir bei MTBs ja jetzt defakto. Dass Teile bei Autos gleich aussehen, oder es eben Gleichteile sind kann neben den Kostengründen (fällt meiner Meinung nach eher Markenübergreifend im gleichen Konzern auf) auch noch den Grund haben, dass ein einheitliches Empfinden für alle Fahrzeuge einer Marke geschaffen werden soll.
Naja, mit meinem Hardtail will ich mich mal nicht über Dämpfer auslassen. Aber was den Umwerfer betrifft, der tot sein soll, lade ich den Mann gern auf eine Bike Tour am Gardasee ein. Am Tremalzo kann er mir dann zeigen, wann er anfängt zu schieben oder mit einer Trittfrequenz von 200 verhungert.
Das ist wieder der Punkt "Was mache ich mit dem Fahrrad?" Wenn ich ein Fahrrad wie ein Stumpjumper oder ein Enduro kaufe und mir die Bandbreite von 10-42, oder jetzt 10-50 nicht reicht trifft meiner Erfahrung nach einer der folgenden Punkte zu:
1) Ich nutze das Rad auf Wegen wo ich die potentielle bergab-Performance nicht brauche => Ich brauche ein kleineres Rad und war beim Kauf des Bikes nicht ehrlich zu mir selbst.
2) Ich gehe mit der Einstellung ran das "perfekte Bike für alles" zu brauchen => Das gibt es nicht (Kommentare zu diesem Punkt nur wenn man wenigstens mal nen CrossCountry-
und nen Downhillrennen gefahren ist).
3) Ich bin nicht fit genug (leichtester Gang bei relativ kleinem Kettenblatt (z.B. 30) zu schwer). Wenn man dann den letzten Gang noch regelmäßig austritt ist man relativ schnell wieder bei 1).
Der Umwerfer hat in gewissen Fällen definitiv noch seine Daseinsberechtigung, wen man aber von Rädern mit mehr Federweg ("Trailbikes") redet sind die Fälle mit der Daseinsberechtigung überschaubar, aber eben noch vorhanden.
[...]
Frage:
Sollte man sich nun bei der Entwicklung eines Enduro am Einsatzzweck orientieren, oder an Kunden, die keine Ahnung haben, was Enduro heißt?
Die Frage ist berechtigt und ich möchte nicht in der Situation stecken Sie beantworten zu müssen

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Das ist wohl wahr und wird ja ständig aufs neue bestätigt. Aber ich frage mich dann auch immer was solche Berichte und Interviews überhaupt bezwecken sollen? Ausser Klicks zu generieren
Wie sollen entsprechende Berichte aussehen? Was muss ein Magazin - egal ob online oder print - machen um nicht nur Handlanger der industrie zu sein?
Mich nervt dieser ganze neuer Standard-Kram einfach nur noch, mich hält das zur Zeit sogar davon ab ein neues Rad zu kaufen. Ich hätte gute Lust (und auch das Geld) meinen 7 Jahre alten 17+ Kg-Freerider durch ein modernes Enduro mit fast vergleichbarer Bergab-Performance zu ersetzen. Aber ich schraube eben auch gerne am Rad rum, Tausche Laufräder, Bremsen, Gabel etc. Obs immer Sinn macht oder nicht sei dahingestellt, ist halt ein Hobby.
Ich hab aber keinen Bock auf 3 neue Standards jedes Jahr wo ich dann bei einem 3000+ Euro Bike nach 3 Jahren nicht weiss ob ich noch Ersatzteile/Tuningteile bekomme. Bzw. wenn, dann nur in sehr eingeschränkter Auswahl. Ich merks ja schon das die Auswahl für nen banalen Vorbau (einziger Anspruch: kurz und DH-tauglich) mit 1,5 Zoll sich auf Restbestände von 2-3 Modellen beschränkt... Bin mal gespannt wie lange es dauert, bis die Auswahl an ordentlichen 26 Zoll-Reifen zusammenschrumpft. Oder ob ich in 3 Jahren überhaupt noch FR-Taugliche Felgen in 26 Zoll kaufen kann, wenns mir mal eine zereissen sollte.
Und solange das mit dem Standard-Feuerwerk so weitergeht, kaufe ich eben kein neues Bike (obwohl ich echt Bock drauf hätte!). Ich komm auch noch ne Weile mit meinem (aus heutiger Sicht) völlig veraltetem Eimer mit 17 Kilo, 1x9-Fach, 26 Zoll, 1,5er Steuerrohr, 135er Hinterbau, Maxle Steckachse vorn und zölligem Dämpfer klar.
Wenn Du deine Räder eh solange fährst spricht jetzt doch überhaupt nichts gegen ein aktuelles Bike. Du hättest mehr Spaß, die Chance dass das Bike alles (Gewicht, potentielle Performance) besser kann als das 7 Jahre ist bei annähernd 100%. Wenn Du dann aktuell zu irgendwas greifst was nicht vollkommen exotische Maße irgendwo hat (da fällt 1,5" durchgehend für mich drunter, im Nachhinein war das ein Rohrkrepierer) ist für die nächsten 10 Jahre alles safe.
Und 26" Reifen sind aktuell (5-6 Jahre nach der Etablierung der neuen Größen

) meiner Erfahrung nach vollkommen problemlos zu bekommen.
Grüße,
Jan