gern
hab gleich mehrere ernsthafte fragen welche mich interessieren und deren antworten mir helfen würden euch besser einschätzen zu können.
- Zahlt euch, in diesem fall, sram die reise (flieger...) inklusive reisekosten (übernachtung, essen, trinken....)?
Wunder mich, dass dir das nicht schön öfters beantwortet wurde in verschiedenen Themen.
Firmen laden ein zu solchen Events. Je nachdem wo sie sind werden Anreisekosten etc erstattet. Einige Firmen hängen sich an, vor oder nach Events bei denen die verschiedenen Medien eh vor Ort sind (Eurobike, SeaOtter, Riva etc...) um hier Geld zu sparen.
In einer idealen Welt hätte alle Medien ein (sehr hohes) Budget um alle Testmaterialien selbst im Laden zu kaufen. Das gibt es vielleicht bei Stiftung Warentest aber die sind u. a. auch vom Bund mitfinanziert.
Es gibt in der Bikebranche kein Magazin welches sich nicht über Werbeinblendungen (Anzeigen) Klicks oder ähnlich finanzieren würde. Ich spreche für mich und meine Tester wenn ich sage, dass unsere Weste rein ist. Wenn du das nicht glaubst dann les dir mal die Reaktionen auf den YT Tues Bericht durch (inklusive des Beitrags vom Geschäftsführer) die alles andere als "amused" waren über das was wir gestestet haben.
Wenn x Leser willens wären für das Lesen eines solchen Testberichts x Euro zu zahlen könnte man genau dieses Modell umsetzen. Aber das würde vermutlich keiner wollen, weil ja alles kostenfrei sein sollte und – hier kann ich wieder nur für mich und mein Team sprechen – wäre der Testeindruck auch kein anderer.
- Was sind eigentlich die kriterien wer zu solchen events eingeladen wird?
Die kennen wir nicht. Es kommt eine Einladung oder auch nicht. Die Entscheidung trifft jede Bikefirma für sich selbst.
- Inwieweit sind auf solchen events auch unangenehme, tiefgründigere sinnfragen erlaubt (welche die des rein technischen aspekts vll mal überschreiten?
Grundsätzlich ist jede Frage erlaubt. Die Hintergründe der jeweiligen Redakteure/Tester ist breit gefächert. Es gibt Leute mit einem Hintergrund der rein auf Schreiben beruht und Ex-Worldcupfahrer oder sonstige Radprofis bis hin zu Leuten mit einem Abschluss in Experimentaler Physik.
Ich kann hier nur für mich sprechen: Mein Hintergrund kommt vom Downhill Race auf nationaler Ebene und über die Jahre habe ich mir einen Ruf und ein hohes Maß an technischem Hintergrundwissen erarbeitet. Die Firmen wissen, dass ich sehr kritisch hinterfrage und möglichst alle technischen Details zum Produkt erfahren möchte damit ich berichten kann, wo der genaue Nutzen in der Fahrperformance und für den Endkunden liegt.
Dabei bin ich sicher bei weitem nicht der bequemste Teilnehmer und man bekommt sich auch mal in die Haare in den Diskussionen. Zum Beispiel ist nicht jede Firma mit meinem Wunsch nach mehr Gegenhalt in den Federelementen und der entsprechend "sportlicheren" Abstimmung oder Geometrieideen einverstanden. Mir ist aber auch klar, dass dies nicht für jeden Kunden relevant ist. Ich kann beim Testeindruck aber natürlich immer nur von meinem Testeindruck eingehen. Diesen schildere ich auch so nachvollziehbar wie möglich in den Berichten damit sich jeder Leser zusätzlich selbst ein Bild machen kann.
Ich bin der Meinung, dass jeder Biker der sich mit dem Artikel, einer Vorstellung und einem Test technisch genug Verständnis mitbringen sollte um sich aus den Schilderungen ein eigenes Bild zu machen. Jeder Fahrer ist anders und hat andere Vorlieben und das "beste Produkt" für alle gibt es nicht. Was meine generelle Einstellung beim Testen angeht – hierfür empfehle ich dir diesen
Artikel.
z.bsp: warum wird bei neuentwicklungen nicht einen grösseren wert darauf gelegt, dass das neue produkt kompatibler sein soll? warum wird nicht kundenorientierter gehandelt/entwickelt? macht man sich bei den offenbar künstlich geschaffenen neuen unkompatiblen standards auch mal ökologische gedanken? inwieweit teilt man die sorgen des händlers, inwieweit macht man sich gedanken über diesen, inwieweit wird er gehört usw usw...... )
Zur ersten Frage kommt die Tage noch ein Interview mit Entwickler Jan Talavasek, den wir ebenfalls zu diesem Thema interviewt haben. Fakt ist, die Entwicklung bleibt nicht stehen. Manchmal lässt eine Branche dann gewisse Dinge via "Inkompatibilität" zurück weil es einfach keinen Sinn mehr macht, dass man an einer DH-Gabel noch Felgenbremsen montieren kann. Das ist ein drastisches Beispiel und die höhere Leistungsfähigkeit von Scheibenbremsen stellt sicher keiner mehr in Frage – aber wo die Grenze dafür gezogen wird, ob man eine Rückwärtskompatibilität bietet oder nicht... Das entscheidet eine Firma und letztendlich der Markt. Mir wären 20mm Achsen nach wie vor lieber aber die sind größtenteils auch verschwunden. Da kann ich mich auf den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln... Das wird sich dann auch nicht ändern.
Wenn – und das steht ganz genau so auch in Artikeln – die ganzen Hardwarevarianten und Einbauvarianten zugunsten des stark vereinfachten Metric-Systems verschwinden, dann ist genau deine Frage beantwortet. Dann braucht es weniger Varianten, weniger Werkzeuge, weniger Vorgänge und genau das was du anfragst – das dadurch Energie, Verwaltungsaufwand, Lagerhaltung, zu hohe Variantenvielfalt etc eingespart wird wird passieren. Ob das passiert und wie lange das dauern wird, weiß aktuell niemand. Ich für meinen Teil hoffe es, weil ich dann zum Beispiel in der Redaktion weniger Dämpfer als Austausch-Testmaterial horten muss um besser zu testen, aber das ist auch schon alles was ich tun kann. (Chancen und Risiken wurden ebenfalls in beiden Artikeln erwähnt.)
wie weit wird ein differenziertes nachbohren geduldet, falls man sich nicht mit oberflächligen antworten zufrieden gibt?
Ist absolut erlaubt. Warum auch nicht? Siehe Abschnitt oben.
Allerdings wird dir selbst ein Suspension-Entwickler von einer anderen Firma die eine andere Philosophie und andere Lösungen in ihren Produkten verwenden nicht beantworten können, ob alle Änderungen und angepriesenen Verbesserungen im neuen Produkt X Sinn machen oder ob es dafür nicht eine andere Lösung gegeben hätte.
Jede Firma setzt alles daran das bestmögliche Produkt auf den Markt zu bringen und jede Firma testet im Labor, auf dem Trail, mit Endusern und mit Profis.
Die Unterschiede zwischen Plus, 27,5, 26, 29 Boost, Torque-Caps usw usf... ob die letztendlich für jeden Enduser zu einem besseren Fahrerlebnis führen? Aus Tests mit Leuten in meinem Umfeld, die von Mountainbikes gar keine Ahnung haben und von Leuten die eifrige Mountainbiker sind aber einfach kein technisches Interesse haben, kann ich dir sagen, dass für die meisten es vollkommen egal wäre, ob sie ein Trail, Enduro oder CC oder Fat oder Plus Bike fahren. Ihnen geht es um den Ausgleich zur Arbeit, Familie oder was auch immer in der Natur oder das Naturerlebnis schlechthin.
Wenn wir über steifere Laufräder (die mit Boost defnitiv und messbar möglich sind) oder elektronische Schaltung oder Carbonrahmen reden, dann sind wir in einem Bereich, was man als das das obere Ende der Entwicklung bezeichnen kann. Hier geht es eigentlich um Tuning und Optimierung im Race-Bereich. Ob für den Ottonormalo (mich eingeschlossen) das Rad 500 Gramm leichter ist, spielt im Alltagseinsatz absolut keine Rolle. Ich werde dadurch weder schneller, noch fitter, noch sicherer auf dem Trail unterwegs sein.
Die Entwicklung bleibt aber nicht stehen. Egal ob es im Bereich Fahrräder, Foto-Kameras, Handys oder Autos geht. Man kann mit einem Nokia 5110 immer noch telefonieren und es wird nicht gleich ein gebrochenes Display haben wenn es mal runter fällt. Wenn es mir dieses und etliche andere Risiken (inklusive Inkompatibilität mit neuen Apps nach der letzten Softwareaktualisierung) wert ist, kann ich mir ein Smartphone zulegen. Damit werde ich zwar mehr machen können als nur zu telefonieren aber Spiele (apps) gabs in gewissem Maße auch auf dem 5110.
Gleiches gilt für bessere Schaltperformance (dadurch aber der Nachteil von einem Akku), steifere Laufräder (Boost)... den Rest kannst dir vorstellen.
- gibts eine einflussnahme von sram auf die von euch veröffentlichten artikel? werden inhalte, strukturen, textaufbauten, zeitpunkte der veröffentlichungen im vorfeld in einer form abgesprochen? gibts eine rücksprache/feedback nachdem der artikel veröffentlicht wurde? gibts eventuell sogar "watschen, warnungen, drohungen" wenn man mehrmals gewisse entwicklungen/produkte in frage stellt? besteht die möglichkeit nicht mehr eingeladen zu werden, wenn die berichterstattung dem hersteller mehrmals nicht passt/in seinem sinne ist?
ist es schon mal vorgekommen?
Es gibt bei MTB-News keine Einflussnahme auf die Inhalte. Bei keiner Firma. Was den Zeitpunkt der Veröffentlichung und die Gründe für ein Embargo angeht -> steht weiter oben in einem vorherigen Kommentar von mir. Drohungen etc... habe ich noch nie bekommen oder etwas in der Art mitbekommen.
Ob die Möglichkeit besteht nicht mehr eingeladen zu werden? Da schneidet sich die Firma eher selbst ins Fleisch. Es ist natürlich immer ein Win-Win Situation zwischen Firmen und Medien. Egal in welchem Bereich. Wir leben davon, dass wir über Neuigkeiten berichten und die Firmen davon, dass man ihre Produkte kennt und letztendlich Leute dafür willens sind Geld dafür auszugeben. Das ist überall so. Egal ob beim Fernsehen im Printbereich oder Online.
Auch an SRAM haben wir in der Vergangenheit oft über Produkte berichtet welche in bestimmten Bereichen Schwächen haben. Aber immer genau beschrieben und auf faire Art und Weise. Wären die Kritikpunkte aus der Luft gegriffen wäre SRAM – oder andere Firmen – vollkommen zu recht sauer. Da stellt sich die komplette Fähigkeit des Testteams oder des Testers in Frage und da wird man sicher nicht mehr eingeladen weil man denjenigen nicht ernst nehmen kann.
Eine Firma die etwas von Entwicklung versteht wird diesen Tester eher befragen und aus der Kritik – soweit sie begründbar ist – einen Nutzen ziehen der für die Verbesserung der Produkte dient.
- inwiefern ist eure unabhängigkeit noch vorhanden?
Ich bekomme weder Geld von den Firmen für das Testen noch sonst irgendwas. Meine Teile kaufe ich mir im Laden oder Online selbst weil ich unabhängig sein und bleiben möchte. Hierfür lies einfach noch mal das Test-Manifest.
Zusätzlich kann ich dir – wie jedem anderen auch aus der Community der an sowas Interesse hat – anbieten einfach mit mir (wenn meine Schulter wieder fit ist) fahren zu gehen und zu sehen wie ich/wir testen. Ich kann dir schon jetzt versichern, dass du da kaum ein anderes Magazin finden wirst, welches tiefer in die Materie einsteigt als wir. Aus diesem Grund dauert es oft auch etwas länger bis ein Bericht zu einem neuen Produkt hier erscheint, während andere Magazine bereits alles online haben, einfach weil wir es schon sehr genau wissen wollen wie und wo ein Produkt seine Stärken hat. Wenn wir vorschnell ein Urteil fällen, weil wenig Zeit oder nur ein Tester das Produkt gefahren ist, dann läuft man Gefahr eine Fehleinschätzung zu machen. Dementsprechend gebe ich in den Tests auch an wer getestet hat und wie lange und wie das alles abgelaufen ist. Somit sind die Tests nachvollziehbar und jeder kann entscheiden ob das für ihn selbst relevant ist oder nicht.
- gebt ihr die sorgen eines teiles eurer community (zig standards....und das nicht wollens derer) dort egtl auch mal weiter?
Die Sorgen und Bedenken geben wir weiter. Wir haben diese Sorgen genau so wie du anscheinend auch. Ich selbst habe etliche Sätze 26 Zoll Reifen (gekaufte bevor du gleich wieder anfängst zu mutmaßen), bei mir rumfliegen, mit denen ich nicht so genau weiß ich damit machen soll. Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass für mich und meine Ausfahrten auf dem Hometrail ein 29er definitiv mehr Spaß bringt als auf 26 Zoll und ich mir deshalb auch solch ein Rad zugelegt habe, auch wenn dadurch meine Reifen inkompatibel geworden sind.
Niemand ist gezwungen auf neue Standards aufzuspringen. Ich könnte auch auf meinem 2006er Specialized SX oder Stumpjumper evo über meine Hometrails fahren. Spaß am Radfahren hätte ich immer noch dabei auch ohne 11 fach etc... Fact ist, dass ich – zumindest wurde ich sehr oft als solcher bezeichnet – ein Bike und Technik-Nerd bin der früher auf Sekundenjagd unterwegs war. Auch heute ist mir schnell fahren lieber als den besten Whip zu können. Wenn ich mich dann dabei sicherer fühle (aufgrund besserer Traktion, Suspension etc) dann nehme ich das gerne mit. Kürzlich habe ich die Schaltung am Winora-MTB meiner Freundin repariert – und du wirst es nicht glauben – ich konnte eine 8-fach Kassette ohne Probleme kaufen.
Wer herumjammert, dass nicht mehr alle "High-End" Gummimischungen nicht mehr in 26" angeboten werden verschenkt – drastisch ausgedrückt – eh schon so viel Traktion weil er nicht auf 29" unterwegs ist, dass er auch einfach Spaß auf der "normalen" Gummimischung haben kann oder wie siehst du das?