Konnte in den letzten 20 Jahren für meine Situation keinen Mehrwert bei Käfigen, Straps oder Klickis erkennen der die Nachteile für mich kompensiert oder gar überwiegt.
Solange man das Fahrrad braucht, um sich fortzubewegen - und nicht um Pirouetten zu springen oder so - sehe ich bei Klickpedalen keinen einzigen Nachteil, bei den dazu benötigten Schuhe dagegen sehr wohl. Aber eben, das ist nicht das Thema hier.
Prolegomena
Ich bin mir nicht ganz sicher, wo Tourenbiken aufhört und Bikepacking anfängt. Eigentlich ist es mir auch egal, doch steh ich vor dem Problem, dass ich auf Tour war und nun nicht weiss, ob die hier rein gehört ;-) Ich hab gesehen, dass in Deutschland der Wald voller Hütten ist und dass viele von euch diese Hütten zum Übernachten nutzen. Und dann auch hier
davon berichten. Eure Hüttchen hatten drei Wände, meins hatte vier, doch auch keinen Strom, keine Heizung und kein Wasser. Aber eine Tür..., hm.
Allerdings, ich les gerne Tourenberichte - ob mit oder ohne Tür - und wage mal von mir auf andere zu schliessen.
Los gings
erst um 14:30 Uhr. Der Comic wollte noch fertig gelesen werden und die Bremsscheibe gewechselt. Dafür hab ich in Rekordgeschwindigkeit meinen Rucksack gepackt (und wohl noch nie so viel vergessen). Das war auch nötig, denn auf dem Programm standen 80km und etwas über 2000hm. Davon die ersten 64km nur bergauf. Also musste mein Bike leiden und Schotter und Asphalt fressen. Aber der Zeitplan war straff und im schlimmsten Fall drohte vielleicht sogar ein Gewitter, das ausgesessen werden muss.
Zunächst immer der Linth entlang
Natürlich hätte man für die ersten 40km auch den Zug nehmen können. Und dann des Mountainbikes würdigere Wege wählen, weil mehr Zeit vorhanden. Aber mir gefällt es, ab der Haustür zu starten und zur Haustür zurückzukehren.
Kurz bevor ich mir am Bahnhof Linthal etwas (wirklich nur wenig) Toilettenpapier ausborge, weil ich das vergessen habe - es heisst ja, gestohlenes Toilettenpapier gäbe Hämorrhoiden - kann ich noch einen Blick auf den Bifertenfirn erhaschen.
Dann ist fertig mit Aussicht
und es beginnt zu tropfen. Unter Bäumen verdrück ich ein Käsebrot und mach mich anschliessend daran, das Tal der Linth zu verlassen und den Klausenpass zu erklimmen. Dazu hätte ich natürlich das Postauto nehmen können - aber hey, sälber trampe macht feiss!
Auf dem Urner Boden wird aus den Tropfen ein Schauer, der aber genau aufhört, als ich unterstehen will. Und wieder weiter macht, als ich schon zu weit von den Häusern entfernt bin. In Regenjacken den Berg hoch fahren, find ich blöd, also lass ich mich nicht beirren und fahr weiter. Optisch hat so regnerisches Wetter durchaus seinen Reiz. So stell ich mir Norwegen vor:
und so vielleicht Schottland? Oder Island?
Der Regen wird zu Graupel, es wird empfindlich kalt und ich freue mich auf eine heisse Ovi. Doch oben hat die Beiz schon zu. Also zieh ich alles an, was ich anzuziehen hab (das ist nicht viel, denn die Winterhandschuhe, den Buff oder auch nur schon Regenhosen oder Beinlinge hab ich zu Hause gelassen) und mach das Gipfelfoto.
Nicht artgerecht gehaltenes Bike
Zum Glück weiss ich, was mich auf der Abfahrt erwartet. Also v.a. was mich nicht erwartet, nämlich Mountainbikegelände. Wenn ich für diese Tour hätte zahlen müssen, hätte ich mich sicher beschwert. Und zum Glück ist der Graupel vorbei. Auf Alpstrassen, die z.T. immerhin geschottert sind, komm ich an schönen Tiefblicken vorbei.
Spot on Unterschächen
Stäube, ein immerhin etwa 100m hoher Wasserfall
Spot on Bürglen
Ja und dann kommt eine Stelle, wo man meinen könnte, es hätte sich doch noch gelohnt, das Mountainbike mitgenommen zu haben.
(aber, sind wir ehrlich, das könnte man jetzt auch noch mit dem Crosser fahren)
So geht's frierend runter bis auf 1470m. Vor dem wohlverdienten Znacht fehlt jetzt nur noch die Kleinigkeit von 600hm. Doch nun droht kein Gewitter mehr, nun hab ich alle Zeit der Welt. Denn den Weg den Berg hoch, den finde ich wohl auch noch bei Dunkelheit. Darum lass ich es gemütlich angehen.
Zum Schluss kann ich noch den einzigen Singletrail des Tages hochtragen und erreiche pünktlich zu Sonnenuntergang die Chinzig Chulm.
Bothy-Biken
könnte man dem vielleicht sagen. Leider hat die Schutzhütte keinen Ofen. Aber 10°C ohne Wind sind aushaltbar. Ich wurde ja schon ausgelacht, dass ein Trangia nicht ultralight sei. Darum hier jetzt mein Kocher-Spezial. Der Brenner ist immer noch von Trangia, ich mags halt, wenn man ihn etwas regulieren kann, ebenso das Töpfli und das Pfännli. Der Fuss/Windschutz ist eine Eigenkreation aus einer Konservendose. Funktioniert prima zum Schneeschmelzen und Chäshörnli kochen.
Am anderen Morgen
hat's in der Hütte noch 5°C. Der einzige sonnige und windgeschützte Platz ist die Türschwelle. Zum Zmorgä gibt's Pancakes.
In der Gelpackung ist übrigens der Spritvorrat.
Der Schein trügt, über Nacht hat's gefroren.
Es kann doch nicht sein,
das ich das Mountainbike für nichts mitgenommen habe, denke ich mir, und such mir einen Singletrail ins Tal. Zunächst wird v.a. deutlich, dass ich das GPS nicht umsonst mitgenommen habe.
Rote Grüsse aus der Sahara
Und dass es sich gelohnt hat, einigermassen früh aufzustehen. Denn zum einen ist so der Schnee noch gefroren und trägt mich meistens. Zum anderen beginnt's in der labilen Luft schon wieder zu quellen.
Nachdem ich den Schnee hinter mir und nasse Füsse habe, krieg ich einen feinen Singletrail unter die Räder. Schön flowig führt er mich an einem kleinen See entlang. Vor lauter Geniessen, vergesse ich ganz, ein Foto zu schiessen. Dann wird der Trail zackig, stufig und eng. Tragen ist angesagt.
Etwas weiter unten ist's wieder flacher.
Ich probiere alle Wanderwegabkürzungen zur Alpstrasse aus. Schliesslich hatte ich gestern genug Asphalt. Manchmal klappen sie ganz gut, manchmal trag ich. Als ich es neben mir im Waldboden rauschen höre, halt ich an und spähe über die Kante. Der Bach hat sich hier eine kapitale Klamm aus dem Kalkstein gefressen!
Etwa ähnlich tief im Loch liegt Muotathal. Hier will wahrscheinlich niemand freiwillig wohnen und doch steht da eine stattliche Anzahl Häuser. Gut für mich, denn im SPAR kann ich einkaufen. Weil ich ja wieder zu meiner Haustür zurück will, muss ich jetzt noch über den Pragelpass. Der Aufstieg gilt als
hart. Aber so Gümmelergarn schreckt natürlich einen echten Biker nicht ab.
Ich kurble durch eine urwüchsiche Gegend. Unter mir ist das
Hölloch, das mit 200 erforschren km als zweitlängste Höhle Europas gilt. Im Bödmerenwald darüber wächst Wald auf Karst und etwas weiter oben leuchtet die Silberen. Auf dem Pragel ist's mir zu kalt und zudem beginnt's mal wieder zu tröpfeln. Darum such ich mir einen Wanderweg ins Tal. Nochmal lohnt es sich, ein Mountainbike dabei zu haben. So schön schmutzig wäre ich auf der Strasse nicht geworden!
Das Klöntal empfängt mich mit deutlich angenehmeren Temperaturen und mit einem Fjord.
Da mach ich doch Mittagspause - und stell bei der Gelegenheit fest, dass ich auch mein Taschenmesser vergessen hab.
Es folgt noch ein finaler Trail runter ins Haupttal. Und zum Dessert 20km Ausrollen bis zur Haustür.