Tja, wo sind die ganzen 24 Std-Finisher?
Hier ist einer
Ich hatte zwar nie ein so hohes Gewicht, aber dafür immer viel Arbeit, zwei Kinder und allerhand anderen Kram, der mich vom Sport abgehalten hat. Soweit also schon mal die Parallelen.
Erst mal vorweg: Ich denke, dein Entschluss, in München an den Start zu gehen, sorgt dafür, dass du das Rennen als Test ansehen solltest. Ich denke, die Zeit bis Juni ist nicht wirklich ausreichend dafür, herauszufinden, wie wirklich
dein persönliches Optimum in Sachen Training, Taktik und Ausrüstung aussieht. Trotzdem glaube ich, du wirst dort ne Menge Spass haben können.
Zunächst mal ein paar Gedanken zum Training:
Wichtig ist, herauszufinden, was dir Spass macht. Wenn Spinning dazu gehört. Warum nicht! Als systematische Trainingsmethode halte ich es nicht für so toll. Allein schon, weil es drinnen stattfindet. Ein 24er findet draußen statt. Geh also mal davon aus, dass du dich mit Regen, Kälte und Dunkelheit auseinander setzen musst. Jede Stunde, die du unter allen denkbaren Bedingungen auf deinem Renngerät verbringst, bringt dich deinem Ziel näher. Schwerpunkt sollten tatsächlich Grundlagenausdauer-Einheiten sein. Locker und lange. Kilometer spielen dabei eigentlich keine Rolle, Höhenmeter bedingt. Was zählt ist die Zeit.
Kraft scheinst du schon ausreichend mitzubringen. Das dürfte dir in München, mit den ruppigen, kleinen Anstiegen zu Gute kommen.
Ich habe 2010 im Vergleich zu 09 versucht, mehr Höhenmeter im Vergleich zur Strecke zu trainieren, das hat eigentlich nicht so gut angeschlagen. Hat deutlich mehr Mühe im Training gemacht, aber gebracht hat's - gefühlt - nix.
Also: Fahren, fahren, fahren und dabei den Spass nicht vergessen. Roudy hat's schon gesagt: Mach lange Touren mit Singletrailanteil. Fahrtechnik wird oft sehr vernachlässigt, ist aber enorm wichtig. Da ein 24er zweifelsfrei - bei aller Faszination - vorrangig erst mal ne unbequeme Sache ist, gewöhn dich an Unbequemlichkeiten: Sehr schönes Mittel zur Vorbereitung sind z.B. schöne 2-Tages-Touren. Nimm dir nen Schlafsack, ne Isomatte, fahr morgens los, hau dich abends auf ne Waldbank oder (wenn's regnet) in ein Bushäuschen und fahr im Morgengrauen wieder los. Oder mal ne Tour mit Start um Mitternacht und Ziel am heimischen Grill am nächsten Abend. denk dir einfach was aus, damit's nicht langweilig wird.
Zur Taktik im Rennen: It's a mindgame!
Sieh dir im Vorfeld mal die Rundenzeitenlisten der einzelnen Rennen an. Du wirst sehr schnell feststellen, dass Kontinuität der Schlüssel zum Erfolg ist. Ein Vorredner hat's schon gesagt: Eine Minute, die du stehst, holst du nie wieder auf. Es gibt ne Menge ausgefeilte Überlegungen zum Thema Support, Kleidung, Essen, Trinken usw. Mein Tipp: Keep it simple! Ich beende z.B alle Rennen in den Klamotten, in denen ich auch gestartet bin. Armlinge und (nur wenn's ganz dicke kommt) ne Regenjacke sind alles was variiert wird. Abgesehen davon, dass es ohne Ende Zeit kostet, sich umzufracken, es fühlt sich auch total sch... an, mit taufrischen Klamotten auf dem dreckigen, verschwitzten Körper rumzufahren.
Nachts schlafen, halte ich für 'ne ganz blöde Idee. Viele tun das, aber niemanden davon findest du in den Ergebnislisten vorne. Im Gegenteil: Nachts ist die Zeit, in der das Rennen gemacht wird. Bis Mitternacht sind alle voll dabei. Dann wird's schwer, die ersten Zipperlein stellen sich ein, du wirst müde und unkonzentriert. Wenn du tagsüber schön sinnig gefahren bist, hast du jetzt die Möglichkeit aufzudrehen. Du überholst plötzlich Konkurrenten (was sich geil anfühlt), das Tempo sorgt für Konzentration (weil's sonst weh tut

) und die Nacht geht im Flug vorbei. Wenn dann morgens die Sonne aufgeht, kann nix mehr schief gehen...
Ich hatte z.B. dieses Jahr in Duisburg die schnellsten Zeiten so zwischen eins und drei in der Nacht.
Essen ist noch wichtig. Nach 15 Stunden ist eh alles sch... !!! Sorg also für jemanden, der dich freundlich aber beharrlich füttert. Höhr auf ihn, auch wenn du meinst, du musst gleich Kotzen

Probier vorher aus, was du verträgst. Ich kann ab dem Morgengrauen eigentlich nur noch Bananen und klares Wasser mit ner Prise Salz ab, ohne zu Reihern.
Was Sitzbeschwerden und taube Hände angeht, hab ich ne radikale Lösung (wenn ich deine Vorraussetzungen physischer und psychischer Art so lese, glaube ich, du solltest darüber mal nachdenken): Ich fahre schlicht ohne Schaltung! Das sorgt dafür, dass du auf den Graden nicht übertreibst mit dem Tempo und in den Anstiegen immer mal die Belastung wechselst. Mal mit Kraft im Sitzen, mal im Wiegetritt. Du bist viel aktiver und bewegst dich auf dem Rad. Bei mir funktioniert's (und ich hab's auch "mit" probiert).
Wow, viel geschrieben
Eins noch: Überleg dir, wo das Ganze hinführt!!
Du hast geschrieben, "fressen ist wie eine Sucht". Langstreckenrennen sind das auch. Wenn du "suchtgefährdet" bist, hängst du schnell dran
