@ufp @speed1 @trailterror @rigger @luCYnger @Oldie-Paul Chance vertan? Davon kann wohl keine Rede sein!
Wir haben wie bei allen MTB-News Tests dieser Art die Chance genutzt, hier ein Bike ausführlichst zu testen, um seine Stärken und Schwächen in Erfahrung zu bringen und diese bestmöglich unvoreingenommen
(gewisse Vorlieben hat nun einmal jeder Mountainbiker - darum klären wir ja auch so detailliert über die Test-Fahrer und -Prozedur auf) im Artikel darzustellen.
Dass MTB-News Tests gegenüber anderen Tests mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden sind, können hier mittlerweile auch diverse Leser aus eigener Erfahrung bestätigen. Dasselbe Modell in einer anderen Laufradgröße zusätzlich zu testen, hätte schlicht jeden vertretbaren zeitlichen und damit auch wirtschaftlichen Rahmen gesprengt - ganz zu schweigen davon, dass es gegenüber anderen Herstellern unfair gewesen wäre, diesem Bike im Speziellen besagten Mehraufwand einzuräumen.
Und warum überhaupt soll ein Doppeltest eines Models mit identischer Ausstattung, das sich nur in der Laufradgröße unterscheidet, interessant sein - bzw. welches Fazit würde man erwarten? Schließlich ist es wie in diesem Fall - da 26" und 650b auf der identischen Plattform basieren - doch
ein Leichtes, sich das Fahrverhalten von den in diesem Test geschilderten Fahreindrücken abzuleiten. Dass die 26"-Version bei identischem Aufbau allein schon aus Gründen der Physik (identische Laufräder, anderer Umfang = mehr Material = mehr Masse) etwas wendiger ist liegt auf der Hand. Dafür verliert das Bike hingegen an Laufruhe. Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, braucht man das Bike nicht zusätzlich zu testen.
Freie Auswahl, warum also 650b?
Weil auch Medien ihre Leserschaft/Kundschaft bedienen müssen,
denn schließlich entscheidet auch hier das Konsumverhalten über Erfolg oder eben Misserfolg. Wenn also die große Masse kein Interesse mehr an 26" hat, dann können die wenigen Anderen, die sich nach wie vor 26"-Produkte und -Tests wünschen, eben leider nicht immer Bedient werden.
Somit wären wir auch bei der von
@trailterror immer wieder aufgeworfenen Frage, ob Medien mittlerweile der Industrie oder noch ihrer Leserschaft verpflichtet sind: Natürlich der Leserschaft, aber die ist eben vielschichtig und dementsprechend kann nicht Aller Interesse bedient werden. Und irgendwo Stelle schließt sich an dieser Stelle auch der Kreis: Warum wurde dieses Bike in 27,5" und nicht 26" getestet? Ganz einfach deshalb, weil der überwiegende Verbraucheranteil heutzutage an 27,5"-Produkten interessiert ist und offensichtlich mit dem Thema 26" abgeschlossen hat.
Und das ist eben keine Mutmaßung, sondern eine Schlussfolgerung aus zahlreichen Umfragen, vor allem aber dem Kaufverhalten des Konsumenten selbst - wie es von User
@Aalex bereits sehr schön beschrieben wurde.
Warum 650b so Erfolgreich ist? Gute Frage - dafür gibt es sicherlich viele Antworten!
Ich für meinen Teil definiere den "Erfolg" von 27,5" so: 27,5" oder besser und richtiger gesagt,
650b als reines Laufrad/Reifen-Maß bieten dem Durchschnitts-Breitensportler keinen für ihn spürbaren Vorteil. Nachteile jedoch auch nicht, weder in der Fahrleistung noch in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, denn besagter Endverbrauchter hortet keine Ersatz- und Austauschteile, wie es eine, am Marktanteil gemessene, sehr geringe Menge hier vertretener Endverbraucher tut. Dieser geringe Anteil, zu der - sofern ich einen Blick in Keller und Garage werfe - auch ich mich zähle, ist eben nicht repräsentativ für das Konsumverhalten in der MTB-Welt. Wir stellen eben einen so verschwindend geringen Marktanteil da, dass ich vollstes Verständnis habe, dass eine wirtschaftende Industrie auf meine Bedürfnisse/Umstände keine Rücksicht nehmen kann. Und Medien dementsprechend auch nicht.
Warum aber hat sich 650b so rasend schnell etabliert, wenn es seinem Nutzer doch gar keinen Vorteil gegenüber bestehenden Größen bietet? Meiner Ansicht nach aus zweierlei Gründen: Zum einen ist eine Begründung im Stellenwert der Vorbildfunktion zu suchen. Denn,
für Rennfahrer auf Profi-Sport-Niveau können 650b-Systeme im Vergleich zu 26"-Aufbauten durchaus einen Vorteil bieten. Und da es in der Natur des Wettbewerbs liegt sich jeden erlaubten Vorteil zunutze zu machen, war die Industrie in bestimmten Bereichen im Zugzwang ihren Athleten bestmögliches Wettbewerbsmaterial zur Verfügung zu stellen. Dass man ein solches Engagement aus Marketing-strategischen Gründen nicht ungenutzt lässt, liegt ebenfalls in der Natur der Sache. Und wie in allen anderen von Vorbilder gelenkten Märkten auch, wuchs die Nachfrage nach diesem vermeintlichen Leistungssteigerer 650b vonseiten des Endverbrauchers rasant an.
Grund Nr. 2: Verschwommene Tatsachen!
Der entscheidendste Erfolgsfaktor ist jedoch immer die Wirkung des Produkts auf den Endkunden als solches, ob als Placebo oder als realer Vorteil. Im Falle von 650b definiere ich die Wirkung eher es als Ersteres. Aber - bevor nun diejenigen aufschreien die bei ihren ersten 650b-Tests einen Vorteil gegenüber 26" erspüren konnten - möchte ich kurz fortfahren. Dass die Industrie, welche es sich über die Jahre zu teilen auch selbst aufgebürgt hat mit regelmäßigen und kurz aufeinanderfolgenden Innovationen die Kauflust beim Kunden aufrechtzuerhalten, das Potenzial von 650b früh erkannt hat ist nicht von der Hand zu weisen. Dementsprechend nutzte ein erheblicher Anteil von Herstellern, deren Produkte über die Jahre zahlreiche andere Entwicklungen/Innovationen (z.B. Dinge wie fortschrittliche Geometrie-Konzepte) verpasst hatten, die Umstellung auf 650b gleich für eine grundlegende Überarbeitung und Modernisierung ihrer Rahmenplattformen.
Mit 650b kamen also nicht nur größere Laufräder, sondern vor allem grundlegend andere Bikes auf den Markt.
Da sich der überwiegende Großteil des Durchschnittskunden aber nicht wie viele von uns hier im IBC vertretenen MTB-Nerds mit Geometriedaten und Tech-Sheets befassen (wollen), blieb diese andere Entwicklung größtenteils unbemerkt. Ich kann euch gar nicht sagen, wie oft ich mit Leuten unterwegs war, die beim Back-To-Back-Test von 26" und 650b vollends von 650b überzeugt wurden, sich jedoch nicht im Klaren darüber waren, dass ihr "altes" 26"-Bike nicht im Ansatz mit dem von ihnen getesteten 650b-Bike zu vergleichen war.
Wir selbst hatten innerhalb der Redaktion einigen Male den Fall, dass wenn wir doch einmal in die glückliche Situation kamen ein 26"-Bike mit gleicher Geometrie des 650b-Modells zu fahren, keinen Unterschied spürten. Und wenn dann waren die Unterschiede deutlich der durch 650b gewachsenen "Gabelvorbiegung" und viel mehr noch schlicht dem höheren Laufrad-Systemgewicht zuzuschreiben. Was, gerade für Abfahrts-orientierte Biker der Größte Vorteil von 650b ist. Denn die immer leichter werdenden Laufradsysteme sind Gift für die Fahrsicherheit im Gelände - ein gewisses Maß an Trägheit bringt eben Fahrsicherheit, und das vermochte 650b wieder zurück zu bringen.
Damit wären wir wieder am Anfang: Hat die Industrie dem Kunden 650b aufgezwungen? Nein, hat sie nicht!
Sie hat es dem Kunden angeboten und er hat sich dafür entscheiden - wenngleich auch evtl aus irregeführten Beweggründen. Hat es ihm geschadet? Nein, hat es auch nicht. Denn wie schon gesagt, hat der weit überwiegende Teil des durchschnittlichen MTB-Konsumenten kein Ersatzteillager, was durch einen Laufradgrößen-Wechsel überflüssig gemacht wurde. Und, und das wird oft vergessen, ein Großteil der neuen 650b-Bikes lässt sich problemlos weiterhin mit 26"-Gabeln, 26"-Laufrädern ect kombinieren und fahren.
Der Kunde entscheidet selbst!
Der Kunde entscheidet was er will, das beweist auch der derzeit aufkeimende Trend gegen 29" als Laufgröße jenseits des XC-/Marathon-Sports.
650b und evtl auch 27+ scheinen zu einer realen Bedrohung für 29" geworden zu sein. Mich beispielsweise kotzt das ebenso an, wie viele von euch die flächendeckende Einführung von 650b. Und dennoch lässt sich diesem Fall der Schwarze Peter nicht der Industrie zuschieben, denn die gab 29" über einen längeren Zeitraum eine Chance, als hingegen 650b. Wie sich jetzt aber allmählich zu zeigen scheint, vertraut der Kunde lieber auf 29". Ich finde das, entschuldigt, auch scheiße. Aber ok -
ich muss damit leben oder eben durch mein Kaufverhalten weiterhin einen für Firmen lukrativen Markt für diese Laufradgröße aufrechtzuerhalten!