[A] Die Unvernunft hat gesiegt!

So, das wäre gerade eben fast das Ende der Tour gewesen. Ich kann immer noch nicht fassen, was für ein Glück ich gehabt habe.

Ich fuhr ins Tal hinunter und sah schon von weiten die Passstraße und das Refugio, an
dem ich endlich wieder Wasser auffüllen wollte. Ich hatte so 30 Sachen drauf und war bester Dinge, als irgendein Urinstinkt in meinem Kopf sich plötzlich meldete. Da stimmte was nicht; was machen diese beiden gelben Pfeiler da am Wegesrand? Plötzlich machte ich das Drahtseil aus und riss an den Bremsgriffen. Als ich zum stehen kam, könnte ich mein Glück kaum fassen. Da fehlten nur noch Zentimeter und ich wäre in das Seil gekracht. Das rote Hinweisschild lag übrigens auf dem Boden.

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So kam ich zum stehen.

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Ampel
Toi, toi, toi! Hätte böse enden können.

GOTTSEIDANK ist dir nichts passiert. So ne Ampel ist nicht so gefährlich :D
 
Transnevada Tag 3

Als Frühaufsteher ist das echt blöd, wenn erst um 8 Uhr die Sonne aufgeht. Naja so liege ich in meinem Schlafsack und genieße den Sternenhimmel. Nach den Frühstück mache ich mich dann wieder auf den Weg. Obwohl es noch früh am Vormittag ist, brennt die Sonne schon unbarmherzig auf mich runter. Mittlerweile habe ich mich schon besser an die Hitze gewöhnt, aber ich bin froh, wenn ich durch ein paar Bäume oder den Berghang etwas Schatten bekomme.

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In einem Tal gibt es eine Quelle und ich tausche das Wasser, das ich gestern aus dem Stadtbrunnen geholt habe aus. Irgendwie schmeckte das so nach Chlor. Beim nächsten Anstieg sehe ich einen Wagen vor mir. Ein Mann wechselt gerade den Reifen. Ich frage, ob ich helfen kann, aber er kommt alleine klar. Puh, eine Reifenpanne hier in der Pampa wünsche ich auch niemanden. Nichtsahnend, was mich noch erwartet. Es geht zu wie im echten Leben - mal rauf, dann wieder runter.

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Das Gebirge wird schroffer und ich kann mich nicht satt sehen an der Landschaft. Irgendwann taucht dann mitten im Nirgendwo ein kleiner Rastplatz mit einer Quelle auf. Ich beschließe hier meine Mittagspause zu verbringen .

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Nach einer halben Stunde geht's weiter. Am Nachmittag treffe ich den zweiten Menschen für heute. Ein Hirte zieht mit seiner Ziegenherde durch das Gebirge. Dann passierts - jeder kennt dieses fiese zischen, wenn die Luft aus dem Reifen entweicht. Am Hinterrad hat wohl ein Stein die Seitenwand des Reifen durchstossen. Was für eine blöde Stelle, da die Dichtmich da ja nicht so ohne weiteres hinkommt. Ich kippe das Rad auf die Seite, aber das Loch ist zu groß und die Milch sprudelt munter vor sich her. Ich hab da doch noch diese Maxisalami, oder wie das heißt! Hektisch nessel ich in der Werkzeugtasche herum. Ich nehme eine Hälfte der "Salami" und drücke sie mit dem Werkzeug in das Loch. Upps, plötzlich ist das ganze Teil im Reifen verschwunden. Bei 2. Versuch stelle ich mich nicht so doof an und nach ein paar Minuten ist der Reifen wieder dicht und ich kann meine Fahrt fortsetzen.

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Der Tag nähert sich dem Ende und ich habe noch keinen Plan wo ich übernachten werde. In meinem Hinterkopf macht sich ein leises MIMIMIMM bemerkbar. Da sind diese Fliegen, die mich ständig verfolgen. Trotz gründlicher Katzenwäsche ist das wohl der Preis für dieses Outdoor Erlebnis. So eine Dusche, das wäre was!

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Der nächste Ort ist bald erreicht und da gibt es bestimmt ein schönes Hotel......
Plötzlich taucht ein Hinweisschild zu einem Campingplatz auf. Hmm, das wäre ja praktisch ein Kompromiss zwischen Hotel und wild campen denke ich mir und folge den Schildern. Der Campingplatz ist eher ein Erholungsgebiet mit Grillanlagen, einem Spielplatz und vielen Sitzgelegenheiten auf einem riesigen Areal. Die Saison ist hier wohl schon vorbei und ich habe alles für mich allein.

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Die Sanitäranlagen sind verschlossen, aber ich finde tatsächlich einen funktionierenden Wasserhahn. Die Fliegen gehören von da an der Vergangenheit an.

Ciao

Ampel
 
Aua!
Ein Freund von mir ist mal in einen verblichenen (und deshalb schwer wahrnehmbaren) mobilen Weidezaun für Schafe gefahren, der über den Deichweg gespannt war. Das Resultat war ein komplizierter Bruch der Schulter.. :mad:
 
@Ampelhasser

1.) Warum stoße ich erst jetzt auf deinen genialen Trip?
2.) Unfassbar, was alles auf eine Sweetroll paßt!
3.) Wir haben den gleichen Schuhgeschmack ;- >

Hab deine Tour in dieser fabulösen Landschaft nun nachträglich konsumiert, förmlich aufgesogen und bin ja jetzt zum Glück auf dem laufenden. Freue mich schon auf die Fortsetzung und wünsche dir jeden Meter den vollen Genuß, auch wenn es mal stramm berauf geht ;- )
 
Hi olev, gut angekommen? Wie sieht denn dein Plan aus?
Ja, ich bin seit gestern in Andalusien. Gestern hab ich mich von Malaga aus durchs Küstengebirge gewurstelt, heute bin ich durch verschiedene Sierras Richtung Sierra Nevada gefahren. Ich lieg jetzt vor Albuñuelas im Gestrüpp. Morgen fahr ich vielleicht nach Granada oder gleich rein in die Sierra Nevada, mal sehen. Weiter geht es dann auf jeden Fall Richtung Valencia (vgl. Altravesur auf bikepacking.com)
Einen schönen Bericht hast du da.
 
Transnevada Tag 4

Es ist Sonntag. Naja, seit dem ich hier unterwegs bin, ist für mich eigentlich jeder Tag ein Sonntag. Die Nacht auf dem Campingplatz war, bis auf das Fiepen der Mäuse, das es eigentlich jede Nacht gibt, wieder sehr ruhig. Ich nehme mir fest vor, dieses Mal etwas zügiger beim Zusammenpacken zu sein, da ich noch vor der großen Hitze ein paar KM schaffen möchte. Bei dem Vorsatz bleibt es dann auch. Ich genieße langsam den Tag einfach so auf mich zukommen zu lassen. Schei$$ auf die Hitze, dann mache ich halt häufiger Pause.

Google sagt, das es in Abrucena einen Supermercado gibt, der Sonntags geöffnet hat. Da ich ich meine Vorräte auffüllen muss, entscheide ich mich, den Umweg ins Tal in Kauf zu nehmen und rausche die 300 Höhenmeter hinab. Was dann aus meinem Einkauf wurde, habe ich ja schon geschrieben. Die kleine Stadt mit ihren winzigen Gassen ist wirklich toll und hätte eigentlich einen längeren Aufenthalt verdient.

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Aber ich bin ja schließlich zum Radfahren hier. Die Sonne steht schon fast senkrecht am Himmel und ich mache mich auf den Rückweg, um wieder auf den rechten Weg zu kommen. Das Blöde ist ja, dass die Taschen jetzt prall gefüllt sind und es nicht leichter wird.

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Ich finde den Einstieg zur Route und verlasse endlich wieder die Straße. Der schmutzige staubige Schotter hat mich wieder und die nächsten Stunden rinnt der Schweiß.

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Hört sich jetzt vielleicht blöd an, aber ich bin immer wieder erstaunt, was der Körper leisten kann, wenn der Kopf sagt " Hau rein, das hier ist ne geile Aktion". Der Anstieg will einfach kein Ende nehmen. Hier noch eine Kurve und danach wieder eine Kuppel. Die mickrigen Olivenbäume geben keinen Schatten und das Thermometer zeigt mittlerweile über 35 Grad an. Ich suche mir eine schöne Playlist, schalte den Kopf aus und finde meinen Rhythmus.

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Irgendwann sauge ich den letzten Tropfen Wasser aus dem Trinkrucksack. Ich habe noch meine Reserven in der Rahmentasche, aber da ich nicht weiß, was mich noch erwartet, halte ich jetzt immer wieder Ausblick nach einer Quelle. Leider ohne Erfolg. Anscheinend hat die Trockenheit in dieser Ecke besonders zugeschlagen, denn alle Brunnen sind ausgetrocknet.

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Seit dem ich heute auf der Route fahre, habe ich noch keine Menschenseele gesehen, aber auf dem staubigen Boden mache ich immer wieder Fahrradspuren aus. Als ich an einem steilen Stück wieder mal so vor mir hinträume, pfeift plötzlich jemand und eine Gruppe Mountainbiker bretter die Piste runter. Zum Glück war ich gerade auf der richtigen Seite des Weges, sonst wäre das wohl für uns alle nicht gut ausgegangen. Es wird später Nachmittag und ich halte schon mal Ausschau nach einem Übernachtungsplatz.

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Auf der Karte ist in nicht allzu großer Entfernung ein Refugio eingezeichnet. Von aussen macht das Teil einen guten Eindruck, aber ein Blick ins Innere lässt die Begeisterung in puren Ekel umschlagen.

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Ich überlasse das Refugio seinem aktuellen Besitzer und lobe mir doch da mein Zelt.

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Ich will wenigstens noch mein Wasser auffüllen, aber bis auf einen kleinen Rinnsal kommt auch hier nichts aus dem Hahn.

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Ich rolle weiter. So schön die Berge auch sind, blöd nur, wenn es nirgendwo eine gerade Fläche zum Zelt aufbauen gibt.

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Die Karte zeigt einen See und da sollte sich doch was machen lassen. Mittlerweile ist die Landschaft immer schroffer und es geht weiter Berg hoch. Wieder vergeht eine Stunde und ich erreiche mein Ziel
Vom See ist nicht mehr zu sehen und stattdessen ist da jetzt eine große Steppe. Perfekt zum Zelten.

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Aber Moment, da führt ja noch ein Wanderweg zu einer Felsformation.

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Ich schalte in den kleinsten Gang und kurbel auch noch das letzte Stück hoch. Die Mühe wird belohnt, denn hinter ein paar Felsen wartet ein 1a Zeltplatz auf mich.

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Während ich das Zelt aufbaue, setzt die Dämmerung ein und da ich mittlerweile auf 2300 Metern bin, wird es auch schnell empfindlich kalt. Nach dem Abendbrot kraxel ich so weit auf die Felsen, bis ich wenigstens einen Balken Netzempfang habe und kann dem Kindern noch gute Nacht sagen. Dann geht's es auch für mich in die Falle. Auf 1000 Metern ging es heute los und es endete auf 2300 Metern. Strava sagt es waren 58KM und 1780 Höhenmeter. Verrückt und das soll Urlaub sein.

Hasta pronto

Ampel
 
Ja, ich bin seit gestern in Andalusien. Gestern hab ich mich von Malaga aus durchs Küstengebirge gewurstelt, heute bin ich durch verschiedene Sierras Richtung Sierra Nevada gefahren. Ich lieg jetzt vor Albuñuelas im Gestrüpp. Morgen fahr ich vielleicht nach Granada oder gleich rein in die Sierra Nevada, mal sehen. Weiter geht es dann auf jeden Fall Richtung Valencia (vgl. Altravesur auf bikepacking.com)
Einen schönen Bericht hast du da.

Danke!

Das Wetter ist ja super und die Ecke hier wird dich bestimmt nicht enttäuschen. Viel Spaß und eine gute Fahrt!
 
Mensch Ampel, klasse Bericht und tolle Bilder! Hast Du als Backup Schläuche mit, falls die Dichtmilch nicht hält?

Viele Grüße und All Heil auf allen Wegen!
Hi twobeers,
Danke! Ich kann damit hoffentlich den drögen Arbeitsalltag etwas verbessern.;)

Die Dichtmilch hat jetzt schon so manchen Dornstich gefixt, aber Ersatzschläuche habe ich auch dabei.

Ciao
Jens
 
Die Salami, twobeers, die Salami!

So ein Livebericht hat auch was für sich. Klasse Aktion, Ampel. Lass es Dir gut gehen und noch viele schöne Erlebnisse!

p.s.: Und Du weisst ja, gegen den unermesslichen Durst gibt es ein Mittelchen, oder zwei oder drei ;]
 
Transnevada Tag 5

Die Nacht dort oben in der Bergen war kurz. Ganz früh am Morgen werde ich schon durch das Bimmeln der Glocken einer Ziegenherde geweckt. Die Herde wird über den Berghang getrieben und zwei Hirtenhunde machen gleich mal einen Abstecher zu mir, um mich neugierig zu begutachten.

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Ich mache derweilen ein paar Fotos vom Sonnenaufgang. Nach dem Frühstück packe ich meine Sachen und dann geht es auch schon wieder los. Entlang der Baumgrenze fahre ich um den Gebirgskamm. Das Wetter ist schon wieder prächtig und der blaue Himmel macht gute Laune. Unter mir sehe ich schon die Passstraße und ich kann die Beine hochlegen, da es jetzt erstmal nur bergab ins Tal geht.

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Kurz vor der Passstraße kommt dann die Sache mit dem Drahtseil, von dem ich schon geschrieben habe. Direkt an der Straße liegt das Refugio, bei dem ich eigentlich mit einer Quelle gerechnet habe. Verdammt, schon wieder ragen nur vertrocknete Halme aus dem Becken. Auf der anderen Seite der Straße geht es weiter. Ich muss wieder Höhe machen. Kleiner Gang rein und los geht's.

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Diese Seite des Tals ist grüner und so finde ich zum Glück auch bald eine Quelle, um meine Trinkblase aufzufüllen. So ausgestattet komme ich bald wieder in die Höhe der Baumgrenze. Der Weg verläuft fast immer auf einer Höhe und so komme ich gut voran.

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Gegen Nachmittag zieht dann ein Hochnebel auf, der die Landschaft unwirklich erscheinen lässt.

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Die Szenarie kann man gar nicht in Bilder packen. Der Nebel kommt und geht und die Landschaft ändert sich ein wenig. Es tauchen kleine Plantagen an den Berghängen auf. Jetzt folgt wieder das gleiche Spiel - ein Schlafplatz muss her. Kilometer 50: rechts steiler Hang/links Abgrund - Kilometer 60: rechts Abgrund/links steiler Hang - Kilometer 70 rechts steiler Hang/links Weidezaum mit Bullen.

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Kilometer 80: Ich habe die Schnautze voll und bin platt. Meine Route führt mich auf die Straße nach Juviles. In der Ortsmitte frage ich nach einer Pension. Tatsächlich gibt es auch genau eine in dem winzigen Ort. Der Rest ist schnell erzählt: Duschen, Cerveza, Cerveza, Essen, Cerveza, Cerveza. Es ist ein schöner Abend in der Pension, die auch eine Bar ist.

Adios

Ampel
 
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