Servus Matze,
wie seit vielen Jahren besteht immer noch das selbe Problem: verschiedene
Reifen halten bei Niederdruck nicht auf der Felge. Das ist so ungefähr seit 2013/2014 nicht wirklich neu. Das Thema ist auch nicht sooo einfach. Bei Kälte wird das Problem auch noch schlimmer. Ich hab verschiedenes probiert, bis ich es hinbekommen habe. Seitdem verwende ich immer das selbe Verfahren an und gehe bei 100 kg auf 0,25 bar runter. Welches Rimtape spielt hierbei überhaupt keine Rolle, Hauptsache es ist dicht. Ich benutze ein stark klebendes Gaffa als Rimtape, einlagig, aufgrund der Felgenbreite überlappend.
In meinem Fundus sind zwei paar Rolling Daryl. Auf alle kann ich verschiedene
Reifen mit einem Finger aufziehen. Tubeless ohne Tricks geht hier nicht. Nach meiner Erfahrung gibt es gerade bei solch unpassenden Kombinationen diverse Fehlerquellen: die
Notubes Milch, oder vergleichbare, funktioniert nicht. Der uralte Geheimtipp Spüli ist heute genauso falsch, wie er es vor Jahren schon war. Erstaunlich, wie lange sich so ein falscher Tipp hält. Einen Tag nach der Montage mit geringem Druck losfahren ist auch nicht drin.
Warum ist das so?
Notubes Milch bleibt lange Flüssig und verhärtet sich in der Zugluft bei kleinen Löchern. Das funktioniert gut bei "normalen"
Reifen und dort benutze ich diese Milch auch seit Jahren zuverlässig. Bei grossen Verbindungsflächen wie zwischen
Reifen und Felge bringt das aber gar nichts. Bei mir funktioniert BOR, pur oder mit einem drittel
Notubes. Zuletzt habe ich Joe´s probiert. Das ging auch, ich habe den mit Joe´s Milch gefüllten
Reifen aber noch nicht zur Kontrolle geöffnet. Die BOR Milch dichtet nicht nur die kleinen Löcher ab, sondern trocknet auch im
Reifen an. Sprich: es bildet sich ein hauchdünner Latexschlauch im
Reifen. Zudem bleibt die BOR Milch in Engstellen haften und trocknet. Und das dürfte der Schlüssel sein: die Milch trocknet zwischen Felgenhorn und Reifenwulst. Dadurch wird quasi die Reifenwulst dicker.
Spüli nimmt man bei besonders engen
Reifen als Gleitmittel, damit der
Reifen leichter in das Felgenhorn springt. Spüli trocknet so langsam, dass der Schmiereffekt tagelang bestehen bleibt. Beides ist hier nicht gewollt. Man braucht kein Schmiermittel, da der
Reifen sowieso schon von selbst aus der Felge rutscht. Also wozu soll das gut sein? Man braucht was, was den
Reifen für kurze Zeit schmiert, dann verdunstet und an Problemstellen der Milch beim aushärten hilft. Versuche mal klassisch Sidolin in einer Sprühflasche. Schmiert kurz, der Alkohol hilft der Milch bei der Arbeit und nach ein paar Minuten sind die Rückstände verdunstet.
Dann wäre da noch die Zeit. So eine Problemkombi mal eben montieren und losfahren ist nicht drin. Nach der Montage sollte das Setup 3 Tage stehen. Vielleicht ab und an mal schütteln. Oder eben die ersten 2-3 Tage mit mehr als 0,5 bar fahren. Nach drei Tagen kann man den
Reifen nur noch mit viel Kraft aus dem Felgenhorn drücken, selbst ohne Luft.
Die richtige Montageprozedur kennst Du ja schon. Hier noch mal die Kurzform:
-
Reifen Innenseite mit Alkohol reinigen (Bremsenreiniger tuts es)
- die Ventileinsätze aus den Tubeless Ventilen herausdrehen
- einen neuen
Reifen mit
Schlauch montieren, mit maximal zulässigem Luftdruck mindestens 24 Stunden stehen lassen
- Luft raus, falls notwendig beide Seiten aus dem Felgenhorn drücken,
Schlauch drinnen lassen
- Sidolin auf beide Reifenwülste auftragen, müssen nass sein
-
Schlauch aufpumpen bis der
Reifen richtig sitzt
- Luft langsam wieder ablassen
- dabei schauen welche Seite leichter oder von selbst aus dem Felgenhorn rutscht, dann diese Seite komplett auslösen
-
Schlauch vorsichtig entnehmen, Tubeless Ventil einsetzen
- BOR Milch rein, so 100 - 120 ml (sind glaube ich zwei
Notubes Messbecher), bei neuen
Reifen 150 ml (drei Messbecher)
- den offenen Reifenwulst noch mal mit Sidolin einsprühen und den
Reifen auf die Felge drücken
- das Rad auf den Boden legen, offene Seite nach unten (Achtung, da kommt jetzt Milch raus, also besser nicht im Wohnzimmer)
- mit Kompressor aufpumpen, falls Luft entweicht, dort den
Reifen leicht Richtung Boden drücken
-
Reifen ploppt normalerweise, bis zum maximalen Luftdruck befüllen
- Ventileinsatz einsetzen
- nachfüllen bis zum maximalen Luftdruck
- Rad schwenken damit sich die Milch zwischen Reifenwulst und Felgenhorn verteilt, bei Bedarf schütteln
- zwei oder drei mal kontrollieren und nachpumpen
- drei Tage warten oder mit relativ viel Druck einrollen
Bei mir funktioniert das zuverlässig. An undichten Stellen wirft das Sidolin ordentlich Blasen, sind nicht zu übersehen, daher schüttele ich nur noch dort, wo Blasen entstehen und kann mir die Kontrolle und das Nachpumpen im Regelfall sparen. Nachsprühen geht natürlich auch.
Ist natürlich ein Riesenaufwand und Technikbedarf. In meinem Fall habe ich das
Werkzeug gerade wegen dieses Hobbys angeschafft. Ich persönlich nehme diesen Aufwand gerne für den Pannenschutz in Kauf. Und das Wichtigste zum Schluss: auch ein
Reifen mit
Schlauch ist mir schon mehrmals unter 0,3 bar aus dem Felgenhorn gesprungen.
Hoffentlich hab ich nichts vergessen und jetzt viel Spass beim ausprobieren.