Frohe Weihnachten, Leute!!!
So, nun ist es soweit.
Nachdem mich das ständige Durchschlagen meiner Manitou Travis Triple Intrinsic (203 mm) ziemlich genervt hat, habe ich, wie angekündigt beschlossen, meine Gabel auseinanderbauen, um nach einer Verbesserungsmöglichkeit bei der Intrinsic-Druckstufeneinheit zu suchen.
Wie die Gabel meiner Meinung nach funktionieren sollte, habe ich ja schon im Thread drüber vor einigen Wochen gepostet.
Kurz....meine Gabel schlägt trotz harter Feder gnadenlos durch, als wäre überhaupt keine Druckstufe vorhanden...die Intrinsic-Verstellung hat keine signifikante Wirkung darauf....die LS-Dämpfung ist mir zu gering.....und die Gabel klackert auf der Dämpfungsseite...
...und...
....das alles, obwohl die Gabel gerade zur Überprüfung beim Service war.
Zur Funktion der Intrinsic-Kartusche:
Auf der Dämpfungseite der Doppelbrückengabel befindet sich im rechten Holm die Intrinsic-Kartusche. Die Kartusche besteht, vereinfacht gesagt, aus einem Rohr, in dem von oben die Druckstufeneinheit und von unten die Zugstufeneinheit eingeschraubt ist.
D.h., das entgegen der guten alten Manitou Sherman SPV diese beiden Einheiten strikt voneinander getrennt arbeiten.
Das Intrinsic-System ähnelt also vom Aufbau her eher den altbewährten "TPC+" - Dämpfungen mit ebenfalls getrennter Zug- und Druckstufe. Und das ist ja bekannterweise schon einmal ein technisch guter Ansatz.
Die Funktionsweise der Intrinsic-Druckstufe unterscheidet sich jedoch sehr stark vom TPC+.
Die geschwindigkeitsabhängige TPC+ Druckstufe befindet sich in einem offenen Ölbad und ist durch einen zweiten verschiebbaren Druckstufenkolben, der sich im letzten Drittel des Federwegs "dazuschaltet", teilweise sogar wegabhängig.
Durch das offene Ölbad gab es beim TPC-System ein Luftvolumen oberhalb der Druckstufe, mit dem man die Progression der Gabel über eine Veränderung des Ölstandes leicht beeinflussen konnte.
Bild: Zugstufe und "TPC+"-Einheit
Das neue wegabhängige Intrinsic-System funktioniert über ein altbekanntes SPV-Ventil (gold), welches auf einem üblichen Druckstufenkolben (silber) in einer geschlossenen Kartusche verbaut ist. Auf der Druckstufe befindet sich ein zweiter verschiebbarer Kolben (schwarz), der den Ölraum in Richtung des goldenen SPV-Ventils gegen einen ölfreien Raum mit Federpaketen abtrennt.
Die Federpakete wirken auf den verschiebbaren Kolben. Es gibt eine große äußere Feder und zwei kleinere innere Federn, die jedoch erst nach der Hälfte des Einfederwegs zusammen mit der größeren äußeren Feder wirksam werden. Wird nun das Öl in der Kartusche während des Einfederns der Gabel durch die Druckstufe gedrückt, dann drückt es auch gleichzeitig auf den verschiebbaren Zwischenkolben. Dieser widerum läßt sich nur gegen die Federkräfte verschieben. Fließt also viel Öl durch die Druckstufe (= großer Schlag), dann steigen auch die Federkräfte auf den Zwischenkolben, was somit auch zu einem Druckanstieg im Öl führt, der auf das SPV-Ventil wirkt.
Eigentlich würde das SPV Ventil jetzt schließen, würde nicht durch den Einfedervorgang immer neues Öl durch den Druckstufenkolben nach oben gedrückt. Also beeinflusst die Federkennlinie der Federpakete, die über den Zwischenkolben und das Öl auf das SPV-Ventil wirken, auch dessen Öffnungs- und Schließverhalten.
Somit ist die Druckstufe wie bei den Shermans wegabhängig. Allerdings bestimmt jetzt nicht mehr komprimierte Luft über dem Öl die Funktion des SPV-Ventils, sondern dies wird nun durch die Federn und deren Kennlinien ersetzt.
Um das Ansprechverhalten gegenüber dem alten SPV zu verbessern, ist das Intrinsic-Ventil bei geringem Umgebungsdruck (also auf den ersten Zentimetern des Federwegs) schon leicht geöffnet (kommt mir irgendwie bekannt vor

....).
Über das goldene Einstellrad auf der rechten Gabelkrone stellt mal lediglich den Querschnitt des Bypasses um das SPV-Ventil herum von voll göffnet bis voll geschlossen ein. Dies entspricht eigenlich der gewöhnlichen LS-Einstellung anderer Hersteller.
Und an dieser Stelle beginnt aus meiner Sicht schon das Optimierungspotential des Systems:
Tuningmöglichkeit 1:
Ich hätte mir beim goldenen Rädchen eher die Funktionalität einer Federvorspannung für die Druckstufenfedern gewünscht. Dadurch hätte ich einen Einfluss auf die Federkennlinie und somit auf das Highspeed (HS) und Lowspeed (LS)-Verhalten der Intrinsic-Druckstufe gehabt.
Wenig Federvorspannung:
Die Gabel funktioniert weich, spricht fein an und schlägt auch eher durch.
Maximale Federvorspannung:
Die Gabel wird straffer, spricht aber auch straffer an (direkteres Fahrgefühl)
und schlägt nicht so schnell durch.
Tuningmöglichkeit 2:
Es gäbe die Möglichkeit die Federn oberhalb der Druckstufe gegen härtere auszutauschen (...oder die bestehenden Federn vorzuspannen), um die Dämpfung des SPV-Ventils zu erhöhen. Das erfordert jedoch einen größeren Abstimmungsaufwand, da die Kartusche immer wieder ausgebaut und komplett demontiert und wieder zusammengesetzt werden muss.
Tuningmöglichkeit 3:
Ich schmeiße die Federpakete komplett raus und erhöhe den Ölstand und lasse die komprimierte Luft oberhalb des Trennkolbens wie früher wieder als Feder wirken. Aufwand wie unter 2.), aber leichter und progressiver. Durch das kleine zur Verfügung stehende Volumen dürfte jedoch der progressive Effekt der komprimierten Luft sehr stark sein. Deswegen hat sich Manitou an dieser Stelle wahrscheinlich auch für die downhillmäßigere Variante und somit für die die eher linearen Kennlinien von Federn entschieden. Für Hucker wäre Tuning 3 allerdings überlegenswert.
Tuningmöglichkeit 4 (User-Downhillschrott-Variante der alten Shermans):
Ich bau mir, weil ich eine geschwindigkeitsabhängige Dämpfung bevorzuge, eine neue shimbasierte Druckstufe und ersetze somit das SPV-Ventil.
Letzteres muss bei mir auch defekt gewesen sein und hat somit das Klappern verursacht, weil es, einmal ganz geöffnet, irgendwie hängengeblieben ist. Erst wenn der Druck auf das Ventil groß genug war, schloss es sich klackernd wieder...

.
Zu Tuning 4 übernehme ich die interessante bestehende Intrinsic-Federpaketlösung, um eine weggesteuerte Komponente in das System zu bekommen.
Ich habe mich für die bewährte Variante 4 entschieden
...und so geht´s:
Schritt 1.)
Ausgebaut und zerlegt habe ich die Druckstufe zunächst nach der originalen Serviveanleitung für die Manitou Travis 2006.
http://www.manitoumtb.com/guides/Fo...ervice Manual.pdf?cvar1=12/25/2007+5:05:36+PM
Schritt 2.)
Nachdem die Drucktufe ausgebaut ist wird der untere Teil bis zum SPV-Ventil zerlegt. Dazu den Kolben mit einem Inbus von der Kolbenstange lösen und das SPV-Ventil abnehmen.
Schritt 3.)
Ziel ist es, das SPV-Ventil (gold oben) gegen einen Shimstack zu ersetzen.
Dazu wird der Druckstufenkolben mit der SPV-Seite nach oben vorsichtig in einen Schraubstock gespannt.
Schritt 4.)
In den Kolben wird mit einem 6mm Bohrer nun ein 1 mm tiefes Loch gebohrt.
In dies wird später das 6 mm Röhrchen, welches die Shims trägt, etwas versenkt, damit diese nicht zwischen Röhrchen und Kolben rutschen können.
Schritt 5.)
Nun wird ein ca. 10 mm langes Stück von einer hohlen 6 mm-Alustange aus dem Baumarkt abgesägt.
Dieses Rohr ist für die Befestigung von Shims mit 6 mm Innenbohrung gedacht (wie Sherman) und soll zwischen (aufgeschraubtem) Kolben und der Druckstange montiert werden.
Danach wird von einer 8 mm-Alustange ein etwas kürzeres Stück abeschnitten.
Dieses Rohr muss, nachdem beide Röhrchen ineinandergeschoben wurden, um folgenden Betrag kürzer als andere (6 mm) Röhrchen sein:
Länge des 6 mm Röhrchens minus Tiefe der Bohrung im Kolben minus Dicke des Shimstacks minus Dicke der Anlegescheibe der Shims.
Schritt 6.)
Herstellung einer Anlegescheibe.
Die Anlegescheibe stammt aus einer Manitou Sherman Zugstufe, kann aber auch eine beliebige Unterlegscheibe mit 6mm Innenbohrung und ca. 12 mm Aussendurchmesser sein.
Ich habe diese Scheibe auf einen 6 mm Dremelschleifaufsatz aufgesteckt und diese anschließend gegen 120er Schleifpapier gedrückt und konisch geschliffen bis am Ventil ca. 1,3 mm Platz zwischen konischer Anlegescheibe und den Shims entsteht.
Die Anlegescheibe begrenzt das Aufbiegen der Shims im geöffneten Zustand und soll verhindern, das bei größeren Schlägen Schäden an den Shims auftreten.
Schritt 7.) Nun muss der für den jeweiligen Fahrstil passende Shimstack zusammengestellt werden. Als Referenz habe ich eine bereits gut abgestimmte Kartusche einer Fox 40 im Keller gehabt, sodass ich mich ohne große zusätzliche Abstimmarbeiten (...drei Mal zerlegen und zusammensetzten) schnell auf das Optimum hinarbeiten konnte.
Ich verwende nun 4 Shims: 2 x 19 mm; 1 x 18 mm;1 x17 mm;
Das goldenene Einstellrädchen auf der Gabel ist nun eine reine LS-Druckstufe mit großem Verstellbereich geworden.
Offen ist die Gabel sensibel und ich bekomme sie (wieder mit einer weicheren roten Feder) mit meinen 80 kg ganz knapp zum Durchschlagen.
Ganz geschlossen habe ich eine schön straffe LS-Druckstufe und durch die zunehmende HS-Dämpfung schlägt die Gabel trotz eher weicher Federabstimmung bei mir gar nicht mehr durch.
Bei einem Fahrergewicht in der Gegend um 70 kg würde ich einen 19 mm Shim weglassen.
Die Federpakete mit dem schwarzen verschiebbaren Kolben oberhalb der Druckstufe habe ich behalten. Dadurch bekommme ich eine sehr gute zweistufige, wegabhängige Kennlinie der Dämpfung.
D.h. die untere Hälfte des Federwegs ist sensibel und weniger stark bedämpft und ab der Hälfte des Federwegs nimmt dann die Dämpfung durch den zweiten zugeschalteten Federsatz der Druckstufe zu.
Dies bietet gleichermaßen Vorteile beim starken
Bremsen oder an Steilstufen (beides LS) oder auch bei großen Schlägen (HS).
Und nun noch zu der "Intrinsic-Angstmacher"-Frage nach dem berühmten Unterdruck, der zu erzeugen ist, um den verschiebbaren Kolben in die richtige Position (ganz unten) zu bringen. Ja es stimmt. Schiebe ich die Intrinsic-Druckstufe in die Kartusche, so drücke ich vorsichtig erst die untere Druckstufe (gold) ins Rohr. Danach kommt der bewegliche Kolben. Der will durch die entstehende Reibung des Dichtringes erst mal gar nicht in die Kartusche und beginnt sich in Richtung der Federn zu verschieben. Erst wenn die Federkraft der Federn oberhalb der Druckstufe groß genug ist, rutscht auch dieser Kolben ruckelnd in die Kartusche. Ruckelnd deswegen, weil immer wieder eine gewisse Federkraft erzeugt werden muss, bevor der Kolben weiterrutscht. Habe ich dann die Intrinsic-DS ganz hineingeschoben (und sechs Umdrehungen eingeschraubt), kann es ein, dass der bewegliche Kolben gerade so noch nicht weitergerutscht ist und sich noch nicht in seiner untersten Endposition befindet. Man soll nun von der unteren Zugstufenseite ein Vakuum aufbringen, um den beweglichen Kolben nach unten in seine Endposition zu ziehen. So habe ich es mittels einer großen Plastikspritze einem weichen Kunstoffröhrchen und beidseitigem Teppichklebeband auch zunächst gemacht...


Ist aber hirnrissig und SCH****!
Erinnerte mich gleich an das Märchen von der Stickstoffspezialbefüllung bei den Fox DHX.
Ich hab´s ab dann anders gemacht:
1.) Das Intrinsic-Rad oben entgegen des Uhrzeigersinns ganz aufdrehen und die gesamte Einheit nur 6 Umdrehungen ins Gewinde einschrauben, damit noch ein wenig Luft nachströmen kann.
2.) Kartusche umdrehen und einspannen.
3.) Kartusche zu 3/4 mit 5er-Öl befüllen. Zugstufe in die Kartusche bis ins Öl schieben.
4.) Offene Zugstufe mehrmals nach oben und unten bewegen, um die Luft zwischen Druckstufenkolben und beweglichem Kolben zu entfernen.
5.) Zugstufe ins Öl tauchen und dann komplett zudrehen.
Ziehe ich jetzt an der Zugstufe, bewegt diese sich nicht mehr aus dem Öl heraus, erzeugt jedoch eine starke Zugkraft auf das Öl. Durch die geöffnete Intrinsic-Bypass Bohrung übertrage ich diese Kraft auch auf den beweglichen Kolben, welcher nun mit einem kleinen Ruck nach unten gezogen wird.
6.) Anschließend die noch im Öl befindliche Zugstufe ohne sie zu bewegen wieder voll öffen und die Zugstufe wieder herausziehen.
7.) Jetzt Kartusche mit Öl auffüllen, 20 min stehen lassen, damit alle Luftbläßchen nach oben steigen können.
8.) Dann die geöffnete Zugstufe ganz vorsichtig und sehr langsam wie im Service-Manual beschrieben einsetzten und festschrauben!
Et voilá - es ist vollbracht!