21.06. 22:30 Izaba, Pyrenäen
Uff... Memo an Zorro: Wenn Du schon so weit fahren willst, fang das nächste mal ein bisserl früher an!
Ging aber nicht, denn der Vormittag ist angefüllt mit letzten Tuningarbeiten am neuen Bike.
Das wichtigste Teil wird ganz am Schluss befestigt.
Gegen halb zwölf ist dann wirklich alles fertig. Ich verabschiede mich von meinen beiden baskischen Gastgebern und mach mich auf die Socken, die Pyrenäen warten. Wird auch höchste Zeit, das Thermometer zeigt mittlerweile schnucklige 38 Grad. Bei welcher Temperatur schmilzt eigentlich Carbon
?
Straße in die Pyrenäen.
Erster Eindruck vom Spectral auf Teer? Eine Rakete! Hatte noch nie so ein verwindungssteifes Fahrwerk unter mir, die vielen Rennradler gucken ganz schön dumm aus der Wäsche bei meinen Überholmanövern
. Ok, zugegeben, ein Grüppchen carbonisierter Monsterwadeln revanchiert sich und zieht grinsend an mir vorbei, mit etwa der doppelten Geschwindigkeit. Die schwitzen dabei nicht mal, Frechheit! Naja, war bestimmt irgendein Tour-de-France Trainingsgrüppchen
. Trotzdem... meine Quote ist gut und ich hab Spaß!
Baskische Straßenschilder... alle Klarheiten beseitigt?
Nach knapp drei Stunden wird's ernst, ich verlasse den Teer und such mir eine Forstpiste, die mich auf den Track der Transpyrenaica führen soll. Auf Schotter geht die Rakete genau so ab wie Schmidt's Katze, ich bin nicht zu
bremsen und strample ohne es zu merken eine halbe Stunde den falschen Berg rauf. Aua... Dummzorro.
Wasserleitungstrail.
War aber irgendwie auch ein Fehler auf der Karte, die Forstpiste sollte das komplette Flusstal entlang bis hinauf zu einem Staussee führen. Pustekuchen, der Weg im Tal entpuppt sich als schwieriger, zugewachsener, holpriger, anstrengender, teils sogar absturzgefährdeter Singletrail an einer Wasserleitung entlang. Dabei wollte ich mich doch ganz langsam an den neuen Hobel gewöhnen. Na gut, hilft nix, dann halt Trail mit Steigung. Darauf steh ich ja nicht so besonders, aber das Bike schlägt sich gut.
Endlich erreiche ich den Staussee und damit den Track der Transpyrenaica. Weiter geht's auf holprigem Fußweg um den See, in dem Tempo komm ich heut nirgendwo mehr an. Wie wärs mal wieder mit Straße?! Ein schnelles Bad und Futterpause müssen trotzdem sein, auch wenn sich das Schwimmen etwas schwierig gestaltet. Am Ufer muss erst mal ein Riegel abgesoffener Bäume überwunden werden, gibt ziemlich viel Wasser zur Zeit in Spanien.
Weiter über waldige Schotterpisten und später Teer, bis ich schließlich nach fast 2000 Höhenmetern ab Pamplona meinen ersten Pass mit dem neuen Bike erreiche.
Der erste Pass, nicht hoch aber schön. Hoffentlich werden noch viele folgen!
Auf der Abfahrt wage ich trotz fortgeschrittener Uhrzeit ein Experiment und quere auf einer Schotterpiste zum Wanderweg GR10. Wenigstens ein bisserl Trail sollte heut schon drin sein!
Trail auf dem GR10. Oben wiesig...
.. weiter unten dann lustiger Slickrock, teils ein bisserl zugewachsen.
Das Ding wird richtig schwer, S4-Stellen schieb ich lieber, hab den Hobel noch nicht so ganz im Griff. Kunststück, mein altes Rad war ich jetzt seit fünf Jahren gewöhnt. Die Ansätze sind vielversprechend und die Federgabel ist sensibel, aber an der Feinabstimmung hinten muss ich noch arbeiten. Canyon hat freundlicherweise eine
Dämpferpumpe beigelegt, damit find ich das perfekte Zorrosetup hoffentlich bald!
Der Trail geht leider viel zu früh in eine schlammige Piste über, von der ich baldmöglichst auf die nächste Teerstraße flüchte. Mittlerweile ists schon nach sieben und zwischen mir und meinem Etappenziel "Izaba" scheint irgendwie noch ein Pass zu liegen, jedenfalls geht's dauernd bergauf... Karamba!
Nach fast zweieinhalbtausend Höhen- und 150 Kilometern ohne nennenswerte Pause erreiche ich etwas abgeschlafft den Ort Izaba. Samstag abend, alle Hotels sind voll mit Wochenendtouris aus den Großstädten. Zum Glück zeigt mir ein freundlicher Barkeeper ein verstecktes Albergo, dort komme ich endlich unter und kann die müden Knochen ausstrecken. Glaub die paar Tage Pause in Pamplona haben mich zum Weichei gemacht
.
Landschaftlich und fahrtechnisch wahr diese Etappe eher unspannend, zu viel Wald und zu wenig Trails bergab. Ohne den Spaß der "Entjungferung" eines neuen Bikes hätte ich mich wohl gelangweilt, so fand ichs geil! Naja, die Aufregung der ersten Fahrt ist vorbei, das Spectral ist schon mal gut eingeschlammt, morgen darf es sich dann im "Alltag" der Tour bewähren. Wenn ich mir die Felsspitzen um Izaba herum so betrachte, könnte die nächste Etappe vielleicht ein bisserl spannender werden. Hoffen wir das beste!