Update, das ich eigentlich am 4.4. gegen 13 Uhr in Bachham hätte verfassen sollen
So, nun soll es endlich den Nachtrag zum gestrigen Reisetag geben! Wie es sich gehört, der Lesestimmung wegen im Präsens verfasst. Ich könnte ja behaupten, dass ich den Bericht gedanklich schon lange fertig habe und nur noch "abzutippen" brauche!
Los geht es schon sehr früh, da ich ja bei meinem berufstätigen Bruder übernachtet habe. Um 7 Uhr klingelt der Wecker, ab halb neun bin ich dann nach einem leckeren Frühstück (nein, leider keine Weißwürschtl) unterwegs.
Der bleischwere Himmel verspricht nichts Gutes, aber irgendwie bin ich der Meinung, dass die aufgehende Sonne ihre Kraft voll für mich einsetzen wird und starte voller Optimismus mit kurzen Hosen.
Nach den ersten drei Kilometern ziehe ich allerdings schon die Regenjacke an. Nicht weil es regnet, sondern weil es doch noch etwas arg frisch ist und die kalte Morgenluft durch meine sommerliche Oberbekleidung durchpfeift.
Durch eine optimale Wegbeschreibung finde ich optimal aus Rosenheim heraus, der Weg führt mich über den Schlossberg. Vorher muss ich über den Inn und stoße dort auf eine Kunstinstallation, die sich thematisch rund um den Fluss dreht.
Da ich nur wenige Kilometer vor mir habe und das dank einiger grober hölzerner und metallener Kunstwerke recht ansprechend finde, verbringe ich da ein wenig Zeit und lese mir auch die ein oder andere Schautafel durch.
Dadurch werde ich eines schönen Fotomotivs gewahr: Über dem Inn steht die Kampenwand und wird durch ein (bzw. das einzige) Wolkenloch von der aufgehenden Sonne in Szene gesetzt. Außerdem eine gute Gelegenheit, den Qualitätsunterschied zwischen der Smartphonekamera und meiner Digitalkamera zu demonstrieren:
So siehts mit dem Smartphone aus
Und so mit der Digicam. Hätte ich eine Chance gehabt, unterwegs die Bilder der Kamera hochzuladen, hätte ich euch diese optische Tortur erspart, ehrlich!
Und dann gehts schon los - es beginnt leise, aber irgendwie nachdrücklich zu tröpfeln. Ich schaffe es noch über die Innbrücke, bevor ich beschließe, dass der Einsatz der Regenhose unumgänglich ist.
Danach schaffe ich vielleicht noch einen knappen Kilometer, um dann im Wartehäusschen einer Bushaltestelle Schutz zu suchen. Es gießt in Strömen.
Ich warte rund eine halbe Stunde darauf, dass der Regen etwas nachlässt, er tut mir aber nicht den Gefallen. Schließlich sind alle E-Mails gelesen, im Thread gibts nix neues und kalt wird mir langsam auch. Ich muss mich wieder bewegen, Wetter hin oder her.
Also meine Improvisationsgamaschen ausgepackt und angezogen, damit bin ich letztes Mal ja auch gut durch das Unwetter gekommen. Das war teilweise zwar auch ganz ordentlich, aber das hier ist ein neues Kaliber.
Mit großer Freude beobachtet mich ein zwischenzeitlich dazugestoßener Herr im weit fortgeschrittenen Alter dabei, wie ich meine Füße in die Aldi-Tüten stelle. Er lacht - na immerhin kann er auf diese Weise dem Wetter etwas positives abgewinnen!
So folge ich dem Salzweg aus Rosenheim heraus in Richtung des Chiemsees. Wenns bei dem Wetter bleibt, dann bedeutet das vor allem eines: Ich habe ja großspurig eine Tour von Aachen bis zum Chiemsee angekündigt. Meine Eltern wohnen aber ein paar Kilometer davor. Der Traum eines Stuntz'schen Abschlussbildes rückt bei diesem Wetter in weite Ferne, und den Umweg über Prien Stock will ich erst recht nicht mehr fahren. Vielleicht wirds ja noch.
Zwischenzeitlich lässt der Regen etwas nach, es hört aber nie ganz auf zu tröpfeln. Das Höhenprofil ist sehr wellig, weswegen ich nur recht langsam vorankomme. Als der Salzweg mich dann auch noch über ein paar Wald- und Forstwege führt, sinkt die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den geringsten Wert der gesamten Tour. Keine 17 km/h bekomme ich zusammen. Grundsätzlich schluckt der schlickige Untergrund Unmengen Energie, rumpelig ist es auch. Trailriding könnte man das auf den wenigen Bergabpassagen schon beinahe nennen, aber leicht erhöhte Geschwindigkeit wird sofort von heftigem Ächzen meines Gepäckträgers und wildem Schlingern quittiert.
Als ich gerade in den Nachbarort meiner Eltern einfahre und innerlich schon zu jubeln beginne, setzt der Regen wieder ein. Mit jedem Meter, den ich meinem Ziel näher komme, steigert sich die Niederschlagsmenge. Nu isses auch schon egal! Ein paar Minuten später biege ich in unseren Carport ein und stehe erstmals seit eineinhalb Stunden wieder im Trockenen. Ein Foto nach draußen muss noch sein, sonst glaubts mir keiner:
Damit bin ich am Ende meiner Reise angekommen! Kritiker mögen nun sagen, dass die Reise erst am Chiemsee zu Ende ist. Ich überlegs mir, vielleicht hole ich das morgen noch nach, will da aber noch nichts versprechen. Das mache ich vom morgigen Tagesablauf abhängig.
Für die Statistiker unter euch: 12 Tage war ich unterwegs, in denen ich 1080 km zurückgelegt habe. Höhenmeter kann ich nicht angeben, sowas misst mein Tacho nicht.
Auf alle Fälle möchte ich mich noch herzlich bei allen bedanken, die mich hier auf virtuelle Art und Weise begleitet haben. Mir hats jedenfalls Spaß gemacht, und sollte ich nochmal auf längere Fahrradreise gehen, dann werde ich versuchen, wieder einen Livebericht auf die Beine zu stellen! Ich hoffe nur, bis dahin eine Lösung gefunden zu haben, wie ich ohne großen Aufwand und Laptop die Bilder von der Kamera ins Netz bekomme. Das wäre in meinen Augen die wichtigste Verbesserungsmöglichkeit.
Danke auch für all diejenigen, die mich unsichtbar für alle anderen hier per E-Mail und SMS unterhalten haben und Mut zugesprochen haben. So war immer für beste Laune und höchste Motivation gesorgt, so dass ich selbst dann noch Spaß an der Sache hatte, wenns hier oder da mal ein bisschen unangenehm wurde.
Generell hatte ich keine besonderen Probleme, so dass ich nie mit dem Gedanken gespielt hatte, den nächsten Bahnhof anzusteuern und das Vorhaben abzubrechen. Mit dem Wetter hab ich einfach nur unglaubliches Glück gehabt. Anfang April bei derart sommerlichen Bedingungen unterwegs sein zu dürfen ist wohl keine Selbstverständlichkeit.
Am Ende der Liste der Dinge, die mich hier ankommen ließen, ist die Rolle der netten Familie aus Friesheim kaum überzubewerten. Hätte ich dort nicht übernachten dürfen und hätten sie mir nicht den Jugenherbergsführer gegeben, hätte die Tour schnell eine andere Wendung nehmen können. Aber so war für eine tollen Einstieg und gleichzeitig eine reibungslose Fortsetzung gesorgt - tausend dank! Nur das PowerBar-gel habe ich bis zum Ende nicht gebraucht, daher kann ich auch leider keine Geschmacksbewertung abgeben, was mir große Freude gemacht hätte!
Danke auch an unsere netten Nachbesitzer im schönen Waldfischbach. Ich habe es sehr genossen, mich auf der Terasse mit euch zu unterhalten! Auch der Blick in mein altes Kinderzimmer ist eine Erwähnung wert - Dankeschön! (Die Sonnenkollektoren auf dem Dach sind mir erst jetzt auf den Fotos aufgefallen - coole Sache!)
Danke für die Ermunterung, den Pfälzer Wald noch am selben Tag in Angriff zu nehmen. Ab Johanniskreuz bis Neustadt war mit Abstand das schnellste Teilstück der gesamten Tour. Da musste man wirklich nur den Lenker unters Kinn klemmen und sich festhalten!
Als Andenken gibts noch ein Foto für alle treuen Mitleser, das ich am Rhein von der Burg Stahleck aus gemacht habe. Es zeigt den Blick von der Burgterasse rheinaufwärts um 23 Uhr. Ich glaube, das ist das schönste Bild der Reise geworden!
Schöne Grüße, macht es gut - bis zur nächsten Tour? Naja, mal sehen. Eigentlich bin ich ja mehr der passionierte Bergabfahrer... aber Spaß hats schon gemacht. Ist ja auch ein bisschen eine Zeit- und Geldfrage. Ausschließen kann ich es jedenfalls nicht!
P.S.: Falls irgendwem noch Fragen unter den Nägeln brennen, werde ich die natürlich gerne beantworten! Behaltet aber im Hinterkopf, dass das meine erste mehrtägige Tour überhaupt war und ich deswegen nur Fragen zu dieser Reise qualifiziert beantworten kann. Bei Fragen generellen Charakters wendet ihr euch dann doch lieber ans Forum.