Abstrax
Spacecakebreak at the titikakalake.
Erfahrungsbericht Knolly Delirium 2016 27,5
oder
wie fährt sich der Wolf im Schafspelz
Zum Einsatzgebiet in freier Wildbahn:oder
wie fährt sich der Wolf im Schafspelz
Ich habe ein Bike gesucht, dass seine Vorzüge beim Downhill und bei der Stabilität glänzen lässt, sich aber trotzdem noch gut jeden Berg hochtreten lässt. Grund: damit keine Abhängigkeit fürs Shutteln oder das Bähnle besteht. Unsere Interessen liegen ganz klar im Downhill, der Uphill ist deswegen ein notwendiges "Übel", das wir aber trotzdem auch gerne genießen wollen.
Freiburg, als Startpunkt für wunderschöne Ausfahrten auf die umliegenden Berge, fordert eigentlich eher ein reines All Mountain bzw. Enduro Bike. Es geht zwar viel bergab, aber eben mindestens genauso viel bergauf. Ist man oben angekommen, stehen fast unzählige Trails mit ebenso unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden für den Downhill zur Verfügung. Am meisten Spaß machen mir dabei die wirklich anspruchsvollen, brutalen Trails und die, die eigentlich gar keine Trails sind...
Neben diesen gibt es aber auch mehrere angelegte Trails, die das Bikerherz höherschlagen lassen (z.B. Canadian Trail, Canadian Trail II, Borderline). Die gehören natürlich auch zum Einsatzgebiet.
Zudem konnte ich mein Deli in den ersten 4 Wochen, drei Tage lang im Bikepark Serfaus-Fiss-Ladis und zwei Tage im Bikepark LacBlanc auf Herz und Nieren testen.
Aufgrund des doch härteren Anspruchs fiel die Wahl deshalb 2014 auf das Knolly Endorphin, 26 Zoll, das mit seinen vielen Downhill-Komponenten eher mit einem Schaf im Wolfspelz verglichen werden konnte. Das Bike fuhr sich aber definitiv nicht nur prima bergauf. Nun dient es als Referenz für die folgende Bike-Beurteilung des Deliriums, dem Wolf im Schafspelz.
Meine Sorge, dass ich mit dem Delirium nicht all die Berge hochkomme, die ich bisher mit dem Endorphin erklommen hatte, hat sich als absolut unbegründet herausgestellt. Subjektiv gefühlt fährt sich die Kinematik ähnlich hoch wie beim Endo, zuträglich ist sicherlich das Upgrade von 26 auf 27,5 Zoll Laufräder. Lediglich das 1x11 mit dem 30er Kettenblatt hat es in sich. Die Umgewöhnung vom 2x10 mit 22/36 Kletter-Kettenblättern ist doch zu spüren. Der aktuelle Aufbau des Deli wiegt gerade mal 15,1kg. 14,8kg hatte das Endorphin.
Zu meinem Aufbau sei gesagt, dass das Gewicht nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Mit einem leichteren Antrieb und leichteren Laufrädern, ist ein Gesamtgewicht von unter 14kg für ein Size L Deli mit allem SchnickSchnack sehr gut denkbar.
Das Deli ist trotz seines bulligen Auftretens erstaunlich performant auf technischen Uphills, auch wenn es steil wird bleibt das Vorderrad unten. Enge Kurven bergauf scheint es zu mögen, trotz des langen Radstands. Hinten kurz, vorne lang, aber super aufgeteilt. Man hat das Gefühl, beim Hochfahren perfekt im Bike drin zu sitzen. Das habe ich in der Form nicht erwartet. Jedoch ist es bei längeren Hochfahrten doch sehr wichtig, den Hinterbau auf nicht technischen uphill-Stücken ruhig stellen zu können. Ein Climbswitch ist in dem Fall eine gute und für den Endurobereich unabdingbare Lösung um Kräfte zu sparen. Der Climbswitch am X2, der eigentlich auf den Namen 2PosAdj hört, funktioniert gut. Eine gewisse Dämpfung bleibt erhalten, aber gewaltig hochgedrehte lowspeed-compression per Kippschalter, stellen alles ruhig, was vorher etwas mitwippen wollte. Alles in allem lässt sich das Delirium erstaunlich gut den Berg rauffahren, egal was für ein Terrain man ihm da vorgibt. Klar, um möglichst schnell bergauf zu kommen gibt es effizientere Geometrien. Aber sieht man es im Verhältnis, stehen 10% Uphill-Abstrich gegen 60% Downhill-Zuwachs - und das ist genau das, nach was ich gesucht habe.
Der Downhill mit dem Delirium ist der Hammer. Ich bin ausgeflippt. Selbst mit der 180er Gabel habe ich es auf den zwei schwarzen Abfahrten in Serfaus dermaßen krachen lassen können, dass ich 1.) mich selber kaum wiedererkannt habe und 2.) die Downhill-Böcke aus der Gruppe mit ihren min. 20cm Federweg hinter mir lassen konnte. 0_o Das war mit dem Endorphin nur seeeehr schwer möglich. Wow... Schnell war auch die Balance in der Luft gefunden und die Airtime wurde immer größer. Und auch hier habe ich mich mit dem Deli genau am Platz und perfekt ausgestattet gefühlt. Erstaunlich, was der Hinterbau alles wegstecken kann, er ist der 180er Gabel einiges voraus.
Mit dem Fox float X2 habe ich bisher keinen anderen Dämpfer im Gebälk vermisst. Er macht seine Arbeit im 4by4 Hinterbau bravourös. Ob wurzeliges, steiles, blockiges und schlammiges Geläuf am Berg, furzknochentrockene Jumplines im Park oder Superflow auf Highspeed Strecken - der Hinterbau fühlt sich zu jedem Zeitpunkt präzise und kontrollierbar an. Dabei sei hervorgehoben, es sind "nur" 170mm! Da der Hinterbau des Deli von sich aus schon sehr progressiv gebaut wurde, summiert sich die Progression von Hinterbau und Luftdämpfer. Im Gegensatz zu einer Coil Version, wo der Federweg wahrscheinlich leichter und schneller vollständig ausgenutzt werden kann. Negativ ist mir das jedoch nicht aufgefallen. Ich finde es schon richtig, wenn die wirkenden Kräfte im hinteren Teil des Federwegs spürbar größer werden. Wir sprechen ja immer noch über den Federweg, das kann gerne wörtlich genommen werden. Verglichen zum CaneCreek DBAcs ist der X2 weicher und spricht noch etwas sensibler an, den Losbrechmoment sucht man beim X2 vergeblich. Es bleibt abzuwarten, wie die Langzeitauswirkungen, vor allem vom hohen Luftdruck des X2, aussehen. Hier stehen gute 8bar im CCDBA gegen knappe 13bar im X2, bei ca 30% SAG und 68kg Ridergewicht. Das erklärt für mich auch das sanftere Ansprechverhalten des X2-Systems, hoffentlich nicht auf Kosten der Haltbarkeit.
Das Cockpit mit der 180er Gabel ist im Vergleich relativ weit unten, was zu einer 100%igen race-attack-Haltung auf der Rakete führt. Vorausgesetzt man hat kein großes Spacer-Türmchen unter dem Vorbau gebaut. Die Race-Attack-Position ist nicht nur auf flowigen Highspeed Strecken der absolute Hammer, sondern auch in den Kurven.
Das Bike lässt sich natürlich besonders in Anlieger-, aber auch in normalen Kurven, spielerisch leicht in die Ecke pfeffern. Bei Maximalkompression im Gebälk fliegt man dann förmlich wieder aus den Kurven heraus. Die Leichtigkeit hat mich dabei wirklich überrascht, das hatte ich aufgrund des großen Geometrieunterschieds nicht erwartet. Man traut sich anfangs nicht, den Schwerpunkt so weit nach vorne zu bringen, vor allem nicht in Kurven, aber das ist das, was das Delirium definitiv mag. Dadurch bekommt es eine Art Verspieltheit, von der ein reiner Downhiller nur träumen kann.
Das ist das, was mich an diesem Bike so fasziniert. Es ist ein Downhill-Bike, dass denkt, es wäre ein Enduro-Bike - dabei ist es in Wirklichkeit ein Enduro-Bike, das denkt, es wäre ein echter Downhiller. Eben kein Schaf im Wolfspelz, sondern ein Wolf im Schafspelz. Hört sich komisch an - fährt sich aber absolut phänomenal.
Hier zu Hause lässt sich oben beschriebenes nur fortführen. Behauptungen, dass dieses Bike hier für den Schwarzwald "zu viel Bike" wäre, sind absoluter Humbug. Das kann nur jemand sagen, der die richtig guten Trails hier nicht kennt.
Mein Endo war nach 2 ½ Jahren relativ durch. Trotz regelmäßiger, enthusiastischer Wartung, Austausch von Kugel- und Gleitlagern und sonstiger Pflege, merkt man den Gelenken und Bauteilen an, dass sie gelitten haben. Pro Jahr komme ich auf über 100 Ausfahrts-Tage, in der Regel hoch und runter. Zwischendrin Bikepark und Bikeurlaub. Alles in allem also doch etwas mehr als beim Ottonormalverbraucher. So gesehen ist derartiger Verschleiß auch vollkommen normal.
Ich bin gespannt, was die Stabilität und Haltbarkeit des neuen Delis angeht. Knolly baut schon immer Bikes, die für den etwas härteren Einsatz gedacht sind. Das ist solide Bikebaukunst! Das 4by4 System hat nicht nur in der Theorie einzigartige Vorteile. Es fährt sich auch exakt so!
Wenn man dem optischen Eindruck folgt, ist das Deli rundum dicker, auch Umlenkungen und Kugellager sind größer dimensioniert. Einzig die Gleitlager sind bei Knolly immer die gleichen Versionen. 10mm Durchmesser, jeweils 5mm breit, 1mm dick und mit Bund, das ist die F-Verbindung. Die anderen Gleitlager sind zu vernachlässigen, da die praktisch nicht verschleißen. Man sollte jedoch darauf achten, dass man die oben genannten Gleitlager regelmäßig auf Verschleiß überprüft, damit man sie ggf. rechtzeitig austauschen kann, um Schäden an den Alubauteilen zu vermeiden.
Ich habe mir vorgenommen, die Gleitlager der F-Verbindung vom Deli schneller und regelmäßiger auszutauschen. Die Gleitlager kosten kein großes Geld, müssen aber ganz schön viel leisten.
In diesem Sinne! Auf(in)s Delirium!
Rahmen: Knolly Delirium orange 27,5 size L
Dämpfer: Fox float X2 2PosAdj climbswitch, 3 Spacer
Gabel: Rock Shox Lyrik RCT3 @ 180mm, ein Token
Sattelstütze: Rock Shox reverb @ 150mm
Sattelklemme: Hope
Laufräder: Stan´s Notube ZTR Flow EX 27,5 auf Stan´s 3.30 HD
Antrieb: Shimano XT 1x11 (Ritzelpacket: 11-42. Kettenblatt: 30t)
KeFü: n/a
Bremse: Magura MT7, Storm-SL 203/203
Steuersatz: Cane Creek 40, mit Lager von 110
Vorbau: Chromag BZA35 50mm
Lenker: Chromag Fubars BZA35 25mm rise
Griffe: Ergon GE1
Sattel: Chromag lynx DT
Reifen vorne: Schwalbe Magic Mary vertstar
Reifen hinten: Maxxis Minion DHR II MaxxPro
Pedale: Crankbrothers Mallet 3
Geometriedaten Delirium:
Referenzbike:
Rahmen: Knolly Endorphin 26" dayglow yellow size L
Dämpfer: Cane Creek Double Barrel Air CS xVOL, incl. Huber bushings
Gabel: Rock Shox Pike @ 160mm RCT3 single air, ein Token
Sattelstütze: Rock Shox reverb @ 125mm
Sattelklemme: Hope
Laufräder: Stan´s Notube ZTR Flow EX 26 auf Hope Pro Evo 2 Naben
Antrieb: SRAM X9 2x10 (Ritzelpacket: 12-36. Kettenblätter: 22/36)
KeFü: MRP guide 2x10
Bremse: Hope Tech3 E4, Hope Rotors 203/203
Steuersatz: Acros
Vorbau: Hope AM/FR 50mm
Lenker: Race Face Atlas stealth 790mm
Griffe: Ergon GE1
Sattel: Selle royal
Reifen vorne: Schwalbe Magic Mary vertstar
Reifen hinten: Maxxis Minion DHR II MaxxPro
Pedale: Crankbrothers Mallet 3
Geometriedaten Endorphin:
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