Ich wurde direkt via Mail um einen Vergleich mit dem Stumpjumper gebeten. Konkret ging es auch bei der Fragestellung um eine ähnliche Körpergröße und Gewichtsklasse zwischen dem Leser und mir. Da jeder User hier von solch einem Vergleich profitieren kann, haben wir uns kurz besprochen und beschlossen das hier reinzupacken.
Grundsätzlich helfe ich bei solchen Geschichten immer gern im Forum. Einfach
@Grinsekater taggen, dann bekomme ich eine Nachricht.
1. Hat man mit X2- Dämpfer und Factory- Gabel gegenüber DPX- Dämpfer und Performance- Gabel einen klaren Mehrwert oder tun die es auch gleichermaßen gut?
Es kommt darauf an wie empfindlich du bist. Wir haben auch sehr unbedarfte Testfahrer, die mit so ziemlich mit jedem Material sicher und schnell unterwegs sind. Gleichzeitig gibt es auch Leute die langsam unterwegs sind aber großen Wert auf Gegenhalt und eine Gabel legen die hoch im Federweg steht, damit sie sich sicherer in steilen Passagen fühlen.
Ich persönlich komme mit einer guten Dämpfungsqualität besser klar und habe deutlich weniger Armpump und Schmerzen in den Fingern auf langen Abfahrten mit Formula, Fox und DVO Gabeln.
In unserer Gewichtsklasse generieren wir in Kurvenfahrten weitaus höhere Lasten auf das Fahrwerk (Stichwort Fliehkraft). Zwar wirkst du dieser Kraft mit einer passenden Federhärt (Luftdruck) entgegen aber die Dämpfung am Hauptkolben (vgl. Shimstack) ist nicht unbedingt auf diese Kräfte ausgelegt. Sprich für schwerere Fahrer ist die Dämpfung gleich der, die ein leichterer Fahrer hat, wobei er durch seine geringere Masse dort mehr Dämpfung bekommt (weniger durchsackt).
Ein Float X2 funktioniert etwas anders und bietet dir die Möglichkeit als schwerer Fahrer mehr Grunddämpfung einzustellen, was hilft dein Fahrwerk nicht wegsacken zu lassen.
2. Du hast im Forum bei höhrerem Fahrer- Gewicht den Float X2 empfohlen. In wie weit wird das Fahrwerk vom X2 negativ beeinflusst? (Spritzigkeit, Pop usw.) Ist in meinem Fall der DPX besser?
Siehe oben. Der Float X2 und auch der X2 (coil) arbeiten etwas anders als der DPX zwei und sind in ihrem Aufbau eher auf Traktion als auf Pop ausgelegt. Zwar gibt es hier kein schwarz oder weiß – sprich man kann zwar immer noch Pop herausholen, indem man das entsprechend abstimmt aber dafür sollte man recht genau wissen, welches Verhalten man möchte und welche Parameter man ändern muss. Via Ferndiagnose wäre das beispielsweise nur schwer möglich. Dafür muss man denjenigen am besten fahren sehen und dann vor Ort auf dem Trail Anpassungen machen.
3. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist VPP Dir zu undefiniert, Horst Link (also auch FSR?) ist satt, versinkt aber schnell im Federweg und DW ist stramm wie ein Sportwagen.
Jetzt habe ich ja das Specialized. Muss ich mich sehr umstellen? Verzeiht der DW- Hinterbau vom Ripmo schlechter Fahrfehler als der FSR- Hinterbau? Das Stumpi ist ja eigentlich gutmütig.
Das ist – wie oft auch im Forum beschrieben – meine persönliche Vorliebe. Es gibt etliche schnelle Leute da draußen, die das gerade anders herum lieber haben. Es ist nicht ganz einfach die jeweiligen Vorlieben zu verstehen, weil hierfür vielschichtige Faktoren ausschlaggebend sind. Körperliche Ausdauer und Kraft, Angriffswinkel im Zusammenspiel aus Körperwinkeln und Bikegröße, Lenkerbreit etc.
Meine Vorliebe zielt darauf ab möglichst lange und berechenbar eine Geometrie an einem Bike zu erhalten. „Hoch im Federweg stehen). Beim Einfedern wird der Lenkwinkel steiler, der Radstand kürzer und irgendwann kommt der Durchschlag. Kommt ein Schlag auf ein halb eingefedertes Bike, ist die Chance, dass die Gabel den Schlag noch soweit abfedert, dass ich unbeschadet drüber fahren kann weitaus geringer als an einem Bike das noch 80% von seinem Federweg zur Verfügung hat.
Ein Hinterbau ist ein komplexes Zusammenspiel aus einer Vielzahl an Faktoren. Kennlinien wie bei Linkage-Design geben einem da nur bedingt einen Einblick, weil sich die dargestellte Linie auf den Hinterbau alleine konzentriert. Diese Linie gibt es aber eigentlich so gar nicht in der Praxis, weil die letztendliche Kennlinie eine Summe aus der Kinematik des Hinterbaus und der Eigenschaften (Kennlinie, IFP Druck, Dämpfung etc) des Dämpfers ist.
Dave Weagle baut zumeist Hinterbauten, die im Zusammenspiel mit dem Dämpfer eine stärkere „Plattform“ bieten, die unter einem aktiven Fahrer mehr Gegenhalt generiert. Sprich Input von oben wird nicht mit einem „Schaukeln“ der Federelemente quittiert, sondern geht als Druck auf die Reifen und in den Boden.
Damit kann ich sehr viel direkter mit dem Gelände arbeiten und ich spüre deutlicher, was unter mir geschieht. Das ist in Summe manchmal anstrengender zu fahren und es reicht dir mehr Schläge in die Füße durch. Aber auch hier gilt, man kann seine Suspension so abstimmen, dass mehr Komfort spürbar ist.
Ich bin jahrelang Specialized gefahren und hatte etliche Demos und ein Stumpjumper Evo. Mit den linearen Hinterbauten und deren Geometrieansatz bin ich nie richtig warm geworden. Erst als ich anfing auch andere Marken auszuprobieren fand ich passendere Bikes, die mit ihren Eigenheiten mehr Sicherheit und Komfort boten.
4. Hast Du einen direkten Vergleich zwischen dem neuen Stumpjumper und dem Ripmo? Ich mag es eigentlich verspielt und mag mein aktuelles Stumpi. Leider kommt bei
steilen Auffahrten das Vorderrad gerne schnell hoch und der Hinterbau ist auch nicht so ruhig und ich glaube auch nicht wirklich effizient. Gerade wenn der Uphill wurzelig und steinig wird.
Das Ripmo ist schwer bis garnicht vergleichbar mit dem Stumpi. Das Ripmo tut so als wäre es ein Trailbike, kann aber mit Nachdruck und Kraft auch extrem schnell als Enduro bewegt werden, ohne dass man das Gefühl hat es wäre überfordert. Es wird zwar anstrengender aber es verwindet sich nicht so stark wie ein Stumpi, was auch durch die kurze Kettenstrebe nervöser wird, wenn es mal schneller wird.
Kann ich mit dem Ripmo auf normalen Hometrails auch Spaß haben oder bügele ich alles nieder was sich mir entgegen wirft und ich langweile mich dann? Das möchte ich auf jeden Fall vermeiden und würde
dann eher zum Specialized tendieren.
Ich hatte schwer überlegt das Ripmo aus dem Test heraus zu kaufen. Es wäre eben genau ein Bike das den Spagat schafft. Man kann auf einfachen Trails damit mehr Spaß haben als mit einem „160er“ Enduro, weil es hinten strammer ist mit seinen 140. Dennoch bietet der Dämpfer die Möglichkeit den kurzen Federweg so gut abzustimmen, dass er sich nach mehr anfühlt. Letztendlich habe ich mich dagegen entschieden, da es Überlappungen hat mit anderen Bikes die ich habe.
Von dem was du beschreibst an Einsatzzweck, könnte das Ripmo genau dein Ding sein. Im Zweifel hilft aber wirklich nur eine Probefahrt.
5. Ist das Steile Sitzrohr wirklich so entscheidend beim bergauf pedallieren und ist es überhaupt gut für die Knie?
Steile Sitzwinkel sind ein sehr komplexes Thema, welches ich demnächst auch in einem Artikel mal behandeln werde.
Deine Frage kann ich mit einem jein beantworten. Es kommt auf deine Fußgröße, dein Pedalsystem, deine Oberschenkellänge und deine Sitzposition an. Grundsätzlich lässt sich viel über einen verschobenen Sattel kompensieren. In beide Richtungen. Die Tendenz bei einer Schrittlänge von über 90cm ist aber, dass die meisten Sitzwinkel da draußen zu flach sind. Der Sattelauszug bedeutet da eine rückwärtige Position auf dem Rad, was zu steigenden Vorderrädern, Schmerzen im unteren Rücken und Leistungseinbußen führt. Wir haben da Messungen mit Wattpedalen und Puls gemacht. Wir konnten über 2 cm Unterschied an einem Bike mit einem steileren Sitzwinkel 10 % Leistungsgewinn herauskitzeln. Dazu auch demnächst mehr im Newsbereich.