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Stimm ich im Groben und Ganzen voll zu.Noch eine grundsätzliche Anmerkung zu voriger Diskussion:
Neben Gewicht und Fahrweise wäre es auch hilfreich, gefahrene Drücke mit anzugeben!
Auf der einen Seite steht die Belastung, die bestimmt wird durch Gewicht und die Geschwindigkeit, mit welcher der Reifen auf ein Hindernis trifft. Letzteres ist kompliziert, weil es nicht nur um die Fahrgeschwindigkeit geht, sondern auch, wie die Hindernisse, auf die man trifft, geformt sind, denn letztlich geht es um die Geschwindigkeitskomponente, die radial in Richtung Felge wirkt. Bei glattem Untergrund ist die verschwindend gering, egal wie schnell man fährt.
Auf der anderen Seite steht, wie die Belastung aufgenommen wird. Da spielt natürlich auch das Fahrwerk des Rads eine Rolle - Unterschied Fully vs Hardtail; wenn man aber den Anteil betrachtet, den der Reifen abfängt, dann steht da eigentlich der Luftdruck im Vordergrund, weil die Stabilität des Reifens im Wesentlichen durch seine Funktion als Luftfeder gegeben ist - ohne Luftdruck geht gar nichts! Eine Verformung bewirkt eine Volumenänderung und damit einen Druckanstieg (rund ist immer bestes Verhältnis aus Umfang zu Inhalt), der der Verformung entgegenwirkt. Die Steifigkeit der Karkasse verstärkt den Widerstand gegen die Verformung, das ist aber lediglich als Korrektiv zu sehen: Man kann eine steifere Karkasse mit weniger Luftdruck fahren.
Grundsätzlich ist es so, dass man jeden Reifen für jede Belastung mehr oder weniger ausrichten kann, man muss nur den Druck hoch genug ansetzen. Natürlich will man aber keinen zu hohen Druck fahren, weil das negativ für den Grip ist. Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass es beim Grip um Anpassung des Reifens an den Untergrund geht und die Anpassung natürlich auch wieder vom Gewicht abhängt. sprich der Grip mit einem bestimmten Druck beim selben Reifen ist für Fahrer (gleicher Fahrweise) mit unterschiedlichem Gewicht auch unterschiedlich. Man sollte Druck daher immer im Verhältnis zum Gewicht sehen.
Grundsätzlich sollte das Ziel schon sein, dass der Reifen beim Fahren in aller Regel der Belastung standhält ohne durchzuschlagen. Durchschlag bedeutet immer eine Belastungsspitze - abrupter Anstieg der Kraft, weil die Federung am Ende und Kontakt Felge mit Reifen jenseits der normalen Kontaktfläche durch exzessive Verformung - die sowohl auf den Reifen als auch auf die Felge wirkt. Ein Insert wirkt da wie ein Gummi-Anschlag an einem Coil-Dämpfer (bei technischerem Schaum evtl. In Richtung eines HBO), er mindert also Belastungsspitzen ab, nimmt sie aber nicht komplett weg. Außerdem zu beachten ist, dass der Untergrund da auch zu den Belastungsspitzen beiträgt. Harter, kantiger Fels verhält sich anders als nicht ganz so harte, eher abgerundete Wurzeln.
Einen Durchschlag zu vermeiden, geht aber prinzipiell mit jeder Karkasse, da der Luftdruck entscheidend ist. Die Karkasse ist da letztlich nur eine relativ geringe Korrektur des Drucks nach oben oder unten. Man kann also prinzipiell alles mit jeder Karkasse fahren! Ob man es will, ist eine andere Frage.
Jetzt ist es so, dass man natürlich hinsichtlich Grip - und bei XC evtl. auch hinsichtlich RoWi - optimieren will und deshalb einen möglichst geringen Druck fahren will. Man fährt also einen Druck, der nicht mehr bei 100% der Fahrt die Belastungen abfängt, sondern nur noch zu 99% oder vielleicht auch 95%. Hier kommen nun die Stabilität des Reifens als auch der Felge ins Spiel. Der stabile Reifen wird eine Belastungsspitze wegen Durchschlags besser verkraften, und er wird als Puffer auch nochmals einen zusätzlichen Schutz für die Felge bieten. Ein eventuelles Insert wird nochmals einen Schutz sowohl für den Reifen als auch für die Felge bieten, da das Insert letztlich wie zusätzliche Lagen der Reifenkarkasse wirkt.
Quintessenz:
Grundsätzlich kann man nicht sagen, ein Reifen wäre von der Karkasse her ungeeignet für irgendwas. Was stimmt, man kann mit einem stabilerem Reifen von Haus aus etwas weniger Druck fahren, was man ja will, sonst wäre die ganze Diskussion unnötig. Darüberhinaus riskiert man mit einem stabileren Reifen im Falle, dass man doch durchschlägt, weniger Beschädigung sowohl am Reifen als auch an der Felge. Ich würde aber - vielleicht abgesehen vom Wettkampfeinsatz - grundsätzlich meinen Druck unabhängig vom Reifen so wählen, dass der Durchschlag die Ausnahme im unvorhergesehen Fall bleibt. Wie nahe ich mich an diesen Grenzbereich herantasten will, hängt neben der Stabilität vom Reifen auch von der Stabilität der Felge ab.
Welche Reifen ich auswähle, hängt also vor allem davon ab, was ich will. Man sollte den passenden Reifen für den Einsatzzweck wählen. Wenn ich vor allem weniger heftiges Terrain fahre und nur mal ausnahmsweise heftiger in gröberem Terrain unterwegs bin - und dabei eventuell auch auf das letzte Quäntchen Leistung verzichten kann - dann muss ich mir nicht zwangsweise einen neuen Reifen zulegen, sondern kann im gröberen Terrain auch den sonst passenden Reifen mit mehr Druck fahren. Wenn ich öfters in gröberem Terrain mit mehr Speed unterwegs bin und/oder dort dann auch die Leistung des Reifens optimieren will, sollte ich den Reifen wechseln.
Ich konnte früher eigentlich immer mit angepasstem Druck Durchschläge weitestgehend verhindern.
Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt aber, je potenter die Bikes werden desto schwieriger wird das Unterfangen. Ich fahr einfach mittlerweile in grob steinigem Geläuf halt ordentlich flott, und da knallt's es dann halt immer mal. Stabilere Karkassen stecken das ohne Schaden weg - und deshalb fahr ich die, um keine Pannen zu haben.
Inserts als zusätzlichen Schutz mag ich auch ganz gerne. Allerdings bergen die eine Gefahr: Durchschläge werden stark abgemindert, es scheppert nimmer gleich metallisch. Zumindest ich neige da dann dazu, zu wenig Druck zu fahren - siehe letzter Finale Trip. Es war sehr nass und rutschig. Hatte nen Conti Krypto En mit dem neuen Vittoria Protect EN Insert am HR. Das hat sich mit nur 1,35bar mit meinen 73kg prima angefühlt, selten harte Durchschläge vernommen, Pannen hatte ich keine. Daheim dann erst gesehen dass ich die Felge kräftig deformiert hatte, und das Insert sah auch dementsprechend mitgenommen aus.
Zum Luftdruck:
Ich fahre mit 73kg normalerweise 1,3bar vorne / 1,40bar hinten auf meinen Hometrails, mit Spezi Grid Trail Karkassen und mit nem Insert hinten (das hab ich v.a. damit der Reifen seitlich weniger walkt)
Im felsigen Gelände erhöhe ich normalerweise den Luftdruck um 0,1/0,2bar. Außerdem greife ich da dann zu stärkeren Karkassen. Schwalbe Supergravity und Spezi Grid Gravity hat in Vergangenheit gut funktioniert, und jetzt halt Conti DH.