Wie sicherlich einige der Leser hier schon mitbekommen haben, konnte ich heuer im Frühjahr einen meiner treuesten Begleiter, ein Kuwahara Pacer Trekkingbike überholen. Ich habe diese Revision für einen Thread hier im Forum mit Fotos begleitet, konnte aber aus Zeitgründen diesen Thread erst heute eröffnen. Das Rad ist nicht Period correct aufgebaut (war es ja eigentlich auch nur sehr kurz nach dem Kauf). Wem das nicht gefällt, was ich auch verstehen kann, der sollte hier später besser nicht mehr hereinschauen.
Ich habe nicht die Zeit und Lust nach alten Teilen zu suchen, abgesehen davon, das ich ähnlicher Meinung bin wie der User @euphras, dass die alten Teile einfach irgendwann mal aus sind und an Rädern, deren Besitzer wirklich Wert darauf legen, besser aufgehoben sind. Auch war ja von der Funktion her, nicht wirklich alles gut was wir früher an unseren Bikes hatten: Die technische Entwicklung ist da ja nicht stehen geblieben. Da ich dieses Rad immer noch fleißig benütze, kann ich auf evtl. schlecht funktionierende oder sackschwere Komponenten gut verzichten. Für mich sollte nur die Optik, oder besser der Stil, einigermaßen gewahrt bleiben. So geht z.B. eine XTR-Gruppe über der 900er, auch für mich an diesem Rad nicht. Im Gegensatz zu @SYN-CROSSIS, der letzthin mal von "auf Teufel komm raus Neuteile an einem alten Rad verbauen" sprach, kann ich in gewissen Grenzen auch mit Teilen aus 2013 an diesem Rad leben. War ja eigentlich von Anfang an so.
So, jetzt will ich mal ein paar Worte über den Werdegang dieses meines Rades verlieren:
Es war 1989 als ich mir ein neues Fahrrad einbildete. Ich war bis dahin mit einem Kettler Daxi Dreigang-Rad unterwegs, dieses war aber auf unseren schönen Feldwegen, und erst recht auf unseren Forststraßen, überfordert. So sollte es schon ein Rad mit etwas breiteren Reifen und vor allem mehr Gängen sein. In der Nachbarschaft fuhr man um diese Zeit schon die ersten MTBs, meist auch von Kettler, in weinrot-metallic oder grün-metallic, 18 Gänge, Vollausstattung. Diese Räder waren grundsolide und bleischwer. So etwas wollte ich nicht, für mich sollte es schon etwas filigraner und leichter aussehen.
Damals kam eine relativ neue Radgattung bei uns in die Läden: Trekkingräder. Und bei Kettler war auch eins im Katalog, sogar aus Aluminium!
Das Kettler Paramount Sport gefiel mir, so eines sollte es sein. Ich hatte nicht vor damit auf Berge zu fahren, also waren die doch wieder relativ schmalen Reifen ausreichend und die filigrane Optik gegeben. Dazu kamen die guten Bremsen und die Schaltung vom MTB, das passte genau! Da der örtlich nächste Radhändler sogar Kettler führte, bestellte ich so ein Trekkingrad bei ihm.
Nach fünf Wochen ungeduldigen Wartens war das gewünschte Bike immer noch nicht da, es war angeblich nicht lieferbar . Der Händler zog aus dem Keller ein anderes Rad in ähnlichen Farben wie das gewünschte Kettler und in der passenden Größe, nur nicht aus Alu, sondern eben aus Stahl. Als Vorjahresmodell konnte er es mir auch etwas preiswerter anbieten: DM 1500.- . Das Kettler hätte ca. 1200.- gekostet. Die Marke Kuwahara sagte mir rein gar nichts, aber sonst gefiel es mir recht gut. Da ich jetzt endlich so ein Bike wollte, biss ich halt in den vermeintlich saueren Apfel und kaufte das Rad.
Verbaut war eine komplette Shimano DX-Gruppe, damals noch mit Ultraglide 6fach Kassette und silbernen BioPace Kettenblättern. Dazu schwarz eloxierte Ukai Kastenfelgen mit 2mm Edelstahlspeichen und einem wenig profilierten IRC Skinwall-Reifen, eine silberne Strong Alu-Sattelstütze mit stählernem Kopf, und ein schwarzer Strong Stahllenker. An die übrigen Teile kann ich mich nicht mehr erinnern, die dürften aber ähnlich wie die im Kuwahara-Katalog von 1990 (http://www.retrobike.co.uk/gallery2/v/Manufacturer+Archive/Kuwahara+Archive/Catalogues/) gewesen sein. Übrigens war ein Schaltwerksschutzbügel nicht am Rad, ebenso wenig ein angelöteter Dynamohalter.
Schon bald merkte ich, dass man mit diesem Rad auch auf einen Berg fahren konnte, das blieb ja nicht aus, da hinter meinem Haus gleich viele Höhenmeter unter die Stollen genommen werden können. Und mit dieser Erkenntnis ging es los mit der Schrauberei: Ritzel wurden getauscht, das kleine 28er Kettenblatt wurde ein 24er, die Reifen wurden gegen Ritchey Megabite getauscht, die Schalthebel wurden durch 7fach XT-Daumis ersetzt, ein siebtes Ritzel wurde vor die neue, passend gefeilte Hyperglide-Kassette als Abschlussritzel geschraubt, und so weiter. Ab 1991 bin ich dann schon fast regelmäßig bei Uli Fahl vorstellig geworden, welcher viele schöne Tipps und noch viel mehr leichte Teile für mich hatte. Einer meiner Lieblingslieferanten war damals auch die Firma Brügelmann: was es da an bezahlbaren Teilen gab, und erst die Werkzeugauswahl!
So wurde zeitweilig die hintere Shimano BR-MT60 Cantibremse durch eine Suntour XC-Pro, CT-XP10 mit dem SE-System, ersetzt. Die brachte aber nichts außer Mehrgewicht und eine BR-M732 ging wieder an diese Stelle. Was aber lange blieb, waren die wunderschönen Bremshebel der XC-Pro Gruppe.
Überhaupt war die Zeit von 1993 bis 1996 die härteste Periode für dieses Rad: Unzählige Bergtouren im näheren und weiteren Umfeld wurden unternommen, und wo ich mit diesem Rad überall im Urlaub war: In Italien am Gargano, in der Toskana, auf Elba, auf Korsika, in der Bretagne (da wo der Asterix herkommt) und in Dänemark. Überall war dieses Rad ein treuer Begleiter.
1993 im Süden von Korsika auf ca. 1100m über Null:
2004 auf dem Weg nach Dänemark:
1994 war ich mit einem Freund auf dem Bike Festival in Riva, ich mit dem Kuwa, mein Freund mit einem Bianchi-Trekker. Auf dem Weg zum Tremalzo über Pregasina, haben uns die anderen Biker ausgelacht: Mit Schutzblechen und Trekkingrädern da hinauf! Wir haben zurückgelacht und hatten dabei keinen Schlamm zwischen den Zähnen - Schutzbleche eben. Und hinaufgekommen sind wir auch!
1994 habe ich mir einen neuen LRS eingebildet: Es wurden pörpelne Spacco-Naben (8fach) in Campagnolo Omega-Felgen. Die hintere Nabe stellte sich nach kurzer Zeit als defektanfällig heraus (die rechte Konusmutter, samt Kontermutter löste sich immer) und wurde 1995 durch eine Tune MAG 215 ersetzt. Diesen LRS fuhr ich dann bis heute ohne Probleme. Etwas dürftig war nur die Bremsleistung der damals mit ans Rad gewanderten BR-M900F Cantibremsen: Der Querschnitt der Omega-Felgen war gut für Rennradbremsen, aber nicht für Cantibremsen: Es bestand die Gefahr, dass die Bremsgummis in Richtung Speichen abkippten. Ich habe mir die Gummis etwas zurechtgeschliffen, dann ging das auch. Der damalige Karbonlenker von IKO und die Hörnchen mussten noch einem pörpelnen Bullbarlenker von Shogun weichen. Erstens, weil die Farbe angesagt war und zweitens, weil ein guter Bullbarlenker leichter ist als die Kombination aus Lenkerstange und Hörnchen. Bis dahin fuhr ich öfter mal mit Kindersitz, deshalb war auch ein Mountain Tamer quattro mit einem vierten Kettenblatt montiert. Da die Tochter schon langsam aus dem Sitz herausgewachsen war, wurden der Kindersitzhalter und das vierte Kettenblatt wieder demontiert. Dafür kam ein Mountain Tamer trippel zum Einsatz, welcher zusammen mit einer 11-28 Kassette genügend Übersetzungsbandbreite ohne viele doppelte Gänge, versprach.
Danach ist es etwas ruhiger geworden für dieses Rad, hauptsächlich für erste Ausfahrten im Frühjahr, wegen der Schutzbleche, wurde es verwendet. Und natürlich für mehrtägige Radwanderungen mit Gepäck. Dazu habe ich 2007 einen Gepäckträger und einen neuen Sattel angeschafft:
2007 am Inn entlang von Innsbruck nach Passau:
In Kufstein am Bahnhof:
2009 erwischte mich dann der Defektteufel:
Erste längere Ausfahrt, nach ca. 30km auf halben Weg zum Jochberg hinauf, ein Platten! Kein Problem, ich habe ja einen Ersatzschlauch dabei. Der war aber nach 500m auch wieder platt. Dumm, ich hatte kein Flickzeug im Rucksack. Also umgedreht und vorsichtig bergab gerollt, alle 500m wieder aufgepumpt. Ein entgegenkommender Biker hat mir sein Handy geliehen, meines hatte ich natürlich vergessen. Ich habe meine Frau angerufen und zu einem Treffpunkt in der Jachenau geordert. Dort musste ich dann eine Stunde warten (von mir aus ist es recht umständlich mit dem Auto in die Jachenau zu kommen) und schon ging es wieder nach Hause. Peinlich die ganze Sache, ist mir noch nie passiert.
Zwei Wochen später, Zweite längere Ausfahrt: Bei einer harten Trailabfahrt im Ammergebirge bricht mir der Sattelstützenkopf vom Karbonrohr der Stütze herunter. Mir ist dabei rein gar nichts passiert, die letzten 20km musste ich allerdings im Stehen zurückfahren. Der Karbonrohrstummel ging erst zuhause, unter Anwendung von rohester Gewalt, aus dem Sattelrohr: Ich wusste bis dahin nicht, dass Karbon und Stahl so gut zusammenwachsen können!
Die gute, alte Heylight Sattelstütze (damals eine der ersten Karbonstützen) hatte bei mir seit 1993 gehalten, spricht für mich ja eigentlich für die Qualität dieser frühen Karbonstütze, dass sie erst nach 16 Jahren gebrochen ist. Der Bruch war übrigens keine Ermüdungserscheinung, sondern eindeutig eine Überlastung. Ein schneller, preiswerter und sehr sauberer Ersatz aus Taiwan wurde dann bei der Firma Zoulou gefunden (siehe Bike Workshop 2009). Die neue Stütze wurde diesmal mit Karbonmontagepaste eingesetzt.
Wieder zwei Wochen später, auf einer Bergfahrt zum Ettaler Mandl, fällt mir rechts das Kugellager aus dem Tretlager: Der Flansch der rechten Lagerschale war vom Gewinde abgebrochen, wahrscheinlich wegen vorgeschrittener (Alu-)Korrosion. Also vorsichtiges Zurückrollen in die heimische Werkstatt und Schadensbegutachtung. Und dann die große Frage: Wo bekomme ich für ein ca. 17 Jahre altes ActionTec Titantretlager die rechte Lagerschale samt Industrielager auf die Schnelle her? Von Tune!
Ich hatte im Keller noch ein altes, vierfach gelagertes Tretlager von Tune liegen. Dessen rechte Lagerschale passte auf die ActionTec Welle, ich musste nur einen Konterring mit Linksgewinde dafür auftreiben. Durch einen Anruf bei Tune, welche früher solche Konterringe im Programm hatten, erfuhr ich, dass nur noch welche mit italienischem Gewinde auf Lager sind, aber keine mit BSA-Gewinde. Also klapperte ich alle alten Radläden im Landkreis ab, beim Fünften wurde ich dann fündig. Interessant war folgende Erkenntnis: In einem Specialized Concept Store schaute man mich und mein Muster ohne Konterring mit großen Augen an: "Noch nie gesehen, was ist dass denn?" So weit sind wir schon, man kennt Tretlagerwellen mit Vierkant nicht mehr!
Links ActionTec, rechts Tune mit Konterring:
Mit dieser Bastelei hielt das Rad dann weitere vier Jahre ohne Defekte.
Angespornt durch die schönen Kuwahara-Aufbauten in den letzten Monaten hier im Forum, wuchs in mir der Entschluss meinem Pacer eine gründliche Überholung zu gönnen, um viele weitere Jahre möglichst defektfrei meine Touren damit fahren zu können. Dieses Rad war ja nicht billig und ist jetzt erst 25 Jahre alt.
Und: Steel is real!
So Leute, ich hoffe Euch mit dieser langen Ausführung nicht gelangweilt zu haben, jetzt geht es mit den nackten Tatsachen weiter.
Am Anfang der Revision wurde eine Bestandaufnahme getätigt. Dazu habe ich das Rad das erste Mal seit dem Kauf komplett zerlegt und natürlich auch mal gewogen:
Rahmengröße 53cm (Mitte-Tretlager bis Oberkante-Sitzrohr), mit Steuersatzschalen:
Recht solide gebaut das Teil , hätte für mich auch etwas weniger sein dürfen ! Die Gabel ist dafür überraschend leicht:
Die Jahre hatten natürlich ihre Spuren hinterlassen, aber fast keinen Rost:
Ein hilfsbereites Forumsmitglied (SYN-CROSSIS) hat mir für eine etwaige Nachlackierung seine Unterstützung angeboten.
Dazu aber in nächster Zeit mehr.
Es grüßt Euch der Armin!
Ich habe nicht die Zeit und Lust nach alten Teilen zu suchen, abgesehen davon, das ich ähnlicher Meinung bin wie der User @euphras, dass die alten Teile einfach irgendwann mal aus sind und an Rädern, deren Besitzer wirklich Wert darauf legen, besser aufgehoben sind. Auch war ja von der Funktion her, nicht wirklich alles gut was wir früher an unseren Bikes hatten: Die technische Entwicklung ist da ja nicht stehen geblieben. Da ich dieses Rad immer noch fleißig benütze, kann ich auf evtl. schlecht funktionierende oder sackschwere Komponenten gut verzichten. Für mich sollte nur die Optik, oder besser der Stil, einigermaßen gewahrt bleiben. So geht z.B. eine XTR-Gruppe über der 900er, auch für mich an diesem Rad nicht. Im Gegensatz zu @SYN-CROSSIS, der letzthin mal von "auf Teufel komm raus Neuteile an einem alten Rad verbauen" sprach, kann ich in gewissen Grenzen auch mit Teilen aus 2013 an diesem Rad leben. War ja eigentlich von Anfang an so.
So, jetzt will ich mal ein paar Worte über den Werdegang dieses meines Rades verlieren:
Es war 1989 als ich mir ein neues Fahrrad einbildete. Ich war bis dahin mit einem Kettler Daxi Dreigang-Rad unterwegs, dieses war aber auf unseren schönen Feldwegen, und erst recht auf unseren Forststraßen, überfordert. So sollte es schon ein Rad mit etwas breiteren Reifen und vor allem mehr Gängen sein. In der Nachbarschaft fuhr man um diese Zeit schon die ersten MTBs, meist auch von Kettler, in weinrot-metallic oder grün-metallic, 18 Gänge, Vollausstattung. Diese Räder waren grundsolide und bleischwer. So etwas wollte ich nicht, für mich sollte es schon etwas filigraner und leichter aussehen.
Damals kam eine relativ neue Radgattung bei uns in die Läden: Trekkingräder. Und bei Kettler war auch eins im Katalog, sogar aus Aluminium!
Das Kettler Paramount Sport gefiel mir, so eines sollte es sein. Ich hatte nicht vor damit auf Berge zu fahren, also waren die doch wieder relativ schmalen Reifen ausreichend und die filigrane Optik gegeben. Dazu kamen die guten Bremsen und die Schaltung vom MTB, das passte genau! Da der örtlich nächste Radhändler sogar Kettler führte, bestellte ich so ein Trekkingrad bei ihm.
Nach fünf Wochen ungeduldigen Wartens war das gewünschte Bike immer noch nicht da, es war angeblich nicht lieferbar . Der Händler zog aus dem Keller ein anderes Rad in ähnlichen Farben wie das gewünschte Kettler und in der passenden Größe, nur nicht aus Alu, sondern eben aus Stahl. Als Vorjahresmodell konnte er es mir auch etwas preiswerter anbieten: DM 1500.- . Das Kettler hätte ca. 1200.- gekostet. Die Marke Kuwahara sagte mir rein gar nichts, aber sonst gefiel es mir recht gut. Da ich jetzt endlich so ein Bike wollte, biss ich halt in den vermeintlich saueren Apfel und kaufte das Rad.
Verbaut war eine komplette Shimano DX-Gruppe, damals noch mit Ultraglide 6fach Kassette und silbernen BioPace Kettenblättern. Dazu schwarz eloxierte Ukai Kastenfelgen mit 2mm Edelstahlspeichen und einem wenig profilierten IRC Skinwall-Reifen, eine silberne Strong Alu-Sattelstütze mit stählernem Kopf, und ein schwarzer Strong Stahllenker. An die übrigen Teile kann ich mich nicht mehr erinnern, die dürften aber ähnlich wie die im Kuwahara-Katalog von 1990 (http://www.retrobike.co.uk/gallery2/v/Manufacturer+Archive/Kuwahara+Archive/Catalogues/) gewesen sein. Übrigens war ein Schaltwerksschutzbügel nicht am Rad, ebenso wenig ein angelöteter Dynamohalter.
Schon bald merkte ich, dass man mit diesem Rad auch auf einen Berg fahren konnte, das blieb ja nicht aus, da hinter meinem Haus gleich viele Höhenmeter unter die Stollen genommen werden können. Und mit dieser Erkenntnis ging es los mit der Schrauberei: Ritzel wurden getauscht, das kleine 28er Kettenblatt wurde ein 24er, die Reifen wurden gegen Ritchey Megabite getauscht, die Schalthebel wurden durch 7fach XT-Daumis ersetzt, ein siebtes Ritzel wurde vor die neue, passend gefeilte Hyperglide-Kassette als Abschlussritzel geschraubt, und so weiter. Ab 1991 bin ich dann schon fast regelmäßig bei Uli Fahl vorstellig geworden, welcher viele schöne Tipps und noch viel mehr leichte Teile für mich hatte. Einer meiner Lieblingslieferanten war damals auch die Firma Brügelmann: was es da an bezahlbaren Teilen gab, und erst die Werkzeugauswahl!
So wurde zeitweilig die hintere Shimano BR-MT60 Cantibremse durch eine Suntour XC-Pro, CT-XP10 mit dem SE-System, ersetzt. Die brachte aber nichts außer Mehrgewicht und eine BR-M732 ging wieder an diese Stelle. Was aber lange blieb, waren die wunderschönen Bremshebel der XC-Pro Gruppe.
Überhaupt war die Zeit von 1993 bis 1996 die härteste Periode für dieses Rad: Unzählige Bergtouren im näheren und weiteren Umfeld wurden unternommen, und wo ich mit diesem Rad überall im Urlaub war: In Italien am Gargano, in der Toskana, auf Elba, auf Korsika, in der Bretagne (da wo der Asterix herkommt) und in Dänemark. Überall war dieses Rad ein treuer Begleiter.
1993 im Süden von Korsika auf ca. 1100m über Null:
2004 auf dem Weg nach Dänemark:
1994 war ich mit einem Freund auf dem Bike Festival in Riva, ich mit dem Kuwa, mein Freund mit einem Bianchi-Trekker. Auf dem Weg zum Tremalzo über Pregasina, haben uns die anderen Biker ausgelacht: Mit Schutzblechen und Trekkingrädern da hinauf! Wir haben zurückgelacht und hatten dabei keinen Schlamm zwischen den Zähnen - Schutzbleche eben. Und hinaufgekommen sind wir auch!
1994 habe ich mir einen neuen LRS eingebildet: Es wurden pörpelne Spacco-Naben (8fach) in Campagnolo Omega-Felgen. Die hintere Nabe stellte sich nach kurzer Zeit als defektanfällig heraus (die rechte Konusmutter, samt Kontermutter löste sich immer) und wurde 1995 durch eine Tune MAG 215 ersetzt. Diesen LRS fuhr ich dann bis heute ohne Probleme. Etwas dürftig war nur die Bremsleistung der damals mit ans Rad gewanderten BR-M900F Cantibremsen: Der Querschnitt der Omega-Felgen war gut für Rennradbremsen, aber nicht für Cantibremsen: Es bestand die Gefahr, dass die Bremsgummis in Richtung Speichen abkippten. Ich habe mir die Gummis etwas zurechtgeschliffen, dann ging das auch. Der damalige Karbonlenker von IKO und die Hörnchen mussten noch einem pörpelnen Bullbarlenker von Shogun weichen. Erstens, weil die Farbe angesagt war und zweitens, weil ein guter Bullbarlenker leichter ist als die Kombination aus Lenkerstange und Hörnchen. Bis dahin fuhr ich öfter mal mit Kindersitz, deshalb war auch ein Mountain Tamer quattro mit einem vierten Kettenblatt montiert. Da die Tochter schon langsam aus dem Sitz herausgewachsen war, wurden der Kindersitzhalter und das vierte Kettenblatt wieder demontiert. Dafür kam ein Mountain Tamer trippel zum Einsatz, welcher zusammen mit einer 11-28 Kassette genügend Übersetzungsbandbreite ohne viele doppelte Gänge, versprach.
Danach ist es etwas ruhiger geworden für dieses Rad, hauptsächlich für erste Ausfahrten im Frühjahr, wegen der Schutzbleche, wurde es verwendet. Und natürlich für mehrtägige Radwanderungen mit Gepäck. Dazu habe ich 2007 einen Gepäckträger und einen neuen Sattel angeschafft:
2007 am Inn entlang von Innsbruck nach Passau:
In Kufstein am Bahnhof:
2009 erwischte mich dann der Defektteufel:
Erste längere Ausfahrt, nach ca. 30km auf halben Weg zum Jochberg hinauf, ein Platten! Kein Problem, ich habe ja einen Ersatzschlauch dabei. Der war aber nach 500m auch wieder platt. Dumm, ich hatte kein Flickzeug im Rucksack. Also umgedreht und vorsichtig bergab gerollt, alle 500m wieder aufgepumpt. Ein entgegenkommender Biker hat mir sein Handy geliehen, meines hatte ich natürlich vergessen. Ich habe meine Frau angerufen und zu einem Treffpunkt in der Jachenau geordert. Dort musste ich dann eine Stunde warten (von mir aus ist es recht umständlich mit dem Auto in die Jachenau zu kommen) und schon ging es wieder nach Hause. Peinlich die ganze Sache, ist mir noch nie passiert.
Zwei Wochen später, Zweite längere Ausfahrt: Bei einer harten Trailabfahrt im Ammergebirge bricht mir der Sattelstützenkopf vom Karbonrohr der Stütze herunter. Mir ist dabei rein gar nichts passiert, die letzten 20km musste ich allerdings im Stehen zurückfahren. Der Karbonrohrstummel ging erst zuhause, unter Anwendung von rohester Gewalt, aus dem Sattelrohr: Ich wusste bis dahin nicht, dass Karbon und Stahl so gut zusammenwachsen können!
Die gute, alte Heylight Sattelstütze (damals eine der ersten Karbonstützen) hatte bei mir seit 1993 gehalten, spricht für mich ja eigentlich für die Qualität dieser frühen Karbonstütze, dass sie erst nach 16 Jahren gebrochen ist. Der Bruch war übrigens keine Ermüdungserscheinung, sondern eindeutig eine Überlastung. Ein schneller, preiswerter und sehr sauberer Ersatz aus Taiwan wurde dann bei der Firma Zoulou gefunden (siehe Bike Workshop 2009). Die neue Stütze wurde diesmal mit Karbonmontagepaste eingesetzt.
Wieder zwei Wochen später, auf einer Bergfahrt zum Ettaler Mandl, fällt mir rechts das Kugellager aus dem Tretlager: Der Flansch der rechten Lagerschale war vom Gewinde abgebrochen, wahrscheinlich wegen vorgeschrittener (Alu-)Korrosion. Also vorsichtiges Zurückrollen in die heimische Werkstatt und Schadensbegutachtung. Und dann die große Frage: Wo bekomme ich für ein ca. 17 Jahre altes ActionTec Titantretlager die rechte Lagerschale samt Industrielager auf die Schnelle her? Von Tune!
Ich hatte im Keller noch ein altes, vierfach gelagertes Tretlager von Tune liegen. Dessen rechte Lagerschale passte auf die ActionTec Welle, ich musste nur einen Konterring mit Linksgewinde dafür auftreiben. Durch einen Anruf bei Tune, welche früher solche Konterringe im Programm hatten, erfuhr ich, dass nur noch welche mit italienischem Gewinde auf Lager sind, aber keine mit BSA-Gewinde. Also klapperte ich alle alten Radläden im Landkreis ab, beim Fünften wurde ich dann fündig. Interessant war folgende Erkenntnis: In einem Specialized Concept Store schaute man mich und mein Muster ohne Konterring mit großen Augen an: "Noch nie gesehen, was ist dass denn?" So weit sind wir schon, man kennt Tretlagerwellen mit Vierkant nicht mehr!
Links ActionTec, rechts Tune mit Konterring:
Mit dieser Bastelei hielt das Rad dann weitere vier Jahre ohne Defekte.
Angespornt durch die schönen Kuwahara-Aufbauten in den letzten Monaten hier im Forum, wuchs in mir der Entschluss meinem Pacer eine gründliche Überholung zu gönnen, um viele weitere Jahre möglichst defektfrei meine Touren damit fahren zu können. Dieses Rad war ja nicht billig und ist jetzt erst 25 Jahre alt.
Und: Steel is real!
So Leute, ich hoffe Euch mit dieser langen Ausführung nicht gelangweilt zu haben, jetzt geht es mit den nackten Tatsachen weiter.
Am Anfang der Revision wurde eine Bestandaufnahme getätigt. Dazu habe ich das Rad das erste Mal seit dem Kauf komplett zerlegt und natürlich auch mal gewogen:
Rahmengröße 53cm (Mitte-Tretlager bis Oberkante-Sitzrohr), mit Steuersatzschalen:
Recht solide gebaut das Teil , hätte für mich auch etwas weniger sein dürfen ! Die Gabel ist dafür überraschend leicht:
Die Jahre hatten natürlich ihre Spuren hinterlassen, aber fast keinen Rost:
Ein hilfsbereites Forumsmitglied (SYN-CROSSIS) hat mir für eine etwaige Nachlackierung seine Unterstützung angeboten.
Dazu aber in nächster Zeit mehr.
Es grüßt Euch der Armin!
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