Bei gleichem Luftdruck und einer kleineren Luftkammer (also mit mehr Volumenspacern) wirst du auch höher im Federweg stehen, weil mehr Kraft notwendig ist, um die Gabel weiter einzufedern.
Einfaches Beispiel: Eine Schlag/Landung, die dir bei 100 psi 90% des Federwegs ausnutzt wird bei 100 psi und zwei extra eingebrachten Volumenspacern vielleicht noch die 70% des Federwegs nutzen.
Progression beeinflusst zwar primär den Federweg hintenraus aber man muss alles in Balance bringen. Wie viel Energie baust du in der Dämpfung ab beim Einfedern, wieviel speicherst du in der Feder und wie kontrollierst du die Ausfederbewegung, wenn die Feder ihre Energie wieder freigibt.
Es gibt viele Wege zum Ziel. Manche fahren lieber über die Feder und manche lieber über die Dämpfung. Manchen wäre ein komplett lineare Kennlinie am liebsten andere lieben die Progression. Morgen kommt im Test ein Produkt mit dem – eigentlich – alle glücklich werden können.
In dem Fall werdet Ihr morgen die Mattoc testem, denn die ist ultimativ einstellbar, allerdings passt nach meinen Erfahrungen die (High Speed) Zugstufe für leichte Fahrer nicht.
Ich habe nochmals etwas gerechnet:
Die rote Kurve ist immer noch die mit 2 Volumenspacern und gegenüber der blauen leicht erhöhtem Luftdruck.
Die neue grüne Kurve ist jetzt die interessante: Die hat einen deutlich höheren Druck als die blaue (5.5) oder die rote (5.8), nämlich 6.8 Einheiten und einen Volumenspacer statt 2. Wie man sieht, hat man dadurch dieselben Reserven bei ganz grossen Schlägen wie bei der roten Kurve. Ab etwa 4.5 cm Eintauchtiefe ist die Steigung der grünen Kurve gleich oder schwächer als die der roten Kurve. Das heisst, dass die grüne Kurve sich ab dieser Eintauchtiefe komfortabler anfühlt als die rote Kurve, obwohl sie genau so viel Reserven hat bei Vollbelastung und erst noch mehr nutzbaren Restfederweg zu Verfügung stellt als die rote Kurve, während dem die Dämpfung den Schlag zusätzlich abbremsen kann. Die grüne Gabel steht einiges höher im Federweg als die rote.
Machen wir ein Beispiel. Man fährt steil runter, es lastet ein Gewicht von 35 kg auf der Gabel. Die grüne Kurve ist dann bei gut 33 mm eingefedert. Es kommt ein Schlag, der eine Belastung von 90 kg zur Folge hat, die Gabel geht (ohne Dämpfung) auf 109mm. Effektiv wurden also 76 mm Federweg genutzt. Bei der roten Gabel steht die Gabel bei 35 kg Belastung bei knapp 42 mm, bei 90 kg ist sie bei 115 mm Federweg, die rote hat also 73 mm Federweg ausgenutzt.
Bei kleineren Schlägen ist der Unterschied zwischen roter und grüner Kurve im ausgenutzten Federweg (Komfort) kleiner, bei grösseren Schlägen grösser als im obigen Beispiel.
Der Nachteil der grünen Kurve gegenüber der roten ist meiner Meinung nach einzig:
1) spürbar weniger Komfort beim Hochfahren und in der Ebene bei langsamer Fahrt, da die Gabel dort im steileren ersten Viertel der Kurve arbeitet.
2) Mehr effektiv nutzbarer Federweg heisst auch, dass die (High Speed) Zugstufe sehr gut angepasst sein muss, damit die Gabel schnell genug ausfedern kann und bereit ist für den nächsten Schlag. Es kann schon sein, dass je nach Fahrergewicht bei einer derartigen Abstimmung die standardmässig verbaute High Speed Zugstufe nicht mehr in einem optimalen Bereich arbeitet und angepasst werden muss.
Ansonsten sehe ich nur Vorteile gegenüber der roten Kurve, abgesehen von einer eventuellen Disbalance zwischen hinterer und vorderer Federung. Aber vielleicht kann man ja zuerst die Gabel optimieren und danach die hintere Federung entsprechend anpassen? Wenn ich mir ein Bike kaufen würde und das Optimum aus der Federung herausholen wollte, würde ich zumindest so vorgehen, da für mich eine perfekt (auf meine Bedürfnisse angepasste) funktionierende Gabel wichtiger ist als ein perfekt funktionierender Hinterbau:
a) Die Gabel hängt im Steilhang schon spürbar im Federweg und hat deutlich weniger effektiv nutzbaren Restfederweg, während der Dämpfer im Steilhang (runbter) ausfedert und viel Restfederweg hat.
b) Wenn ich vorne die Kontrolle verliere, habe ich das weniger gut im Griff, wie wenn das hinten passiert.
Ich schreibe nicht, dass man so wie oben beschrieben fahren sollte, ich finde es aber wichtig, dass man die Zusammenhänge versteht, damit man sich für die Variante entscheiden kann, die man anstrebt, ohne lange Umwege über Versuche anstellen zu müssen.
Dazu braucht es aber auch das Gespür zu verstehen, wie sich zum Beispiel eine zu langsame High Speed Zugstufe im Gelände anfühlt, damit man weiss, was man ändern muss, wenn die Gabel sich nicht gut anfühlt.
In der Praxis ist es dann aber wohl oft so, dass die meisten nicht die Möglichkeit haben, eine nicht extern verstellbare High Speed Zugstufe durch Ändern des Shimstacks anzupassen und dann wohl eher die Härte (Luftdruck) auf die bestehende Zugstufe anpassen und den Rest mit Volumenspacern kompensieren.