Glaube der Punkt mit der Abstimmung, dass wie du sagst "die Luftfeder das auch braucht" im Kopf stattfindet.
Grundsätzlich funktioniert das menschliche Gehirn so, dass da wo eine Einstellung möglich ist, auch ständig rumgedreht wird. Wo die Möglichkeit ist, fängt das Hirn an das Für und Wider abzuwägen.
Das kann ich so nicht unterschreiben. Die meisten unserer Kunden fahren ihre Gabeln, die verschiedene Einstellmöglichkeiten hätten, und verändern gar nichts. Die meisten wissen nicht, wozu ein Einstellrad dient und/oder was genau der Effekt beim Verstellen ist. Deshalb lassen viele die Hände davon oder drehen vielleicht ein paar Mal ein wenig am Rad und lassen es dann sein.
Die allerwenigsten, die ich kenne, drehen immer wieder an Zugstufe oder Druckstufe etc rum, ausser natürlich am Lockout oder an der Pedalplattform.
Die Härte bei Luftfeder und Stahlfeder ist immer gleich, wenn du bei der Luftfeder 5kg danebenliegst, liegst du bei der Stahlfeder auch 5kg daneben. Du fährst nur einfach weiter, machst dir keinen Kopf, weil du eh nichts dran ändern kannst, also passt es für dich. Hast du plötzlich Low und Highspeedverstellung zur Verfügung fängt dein Kopf an zu arbeiten, ob das nicht höher und dafür das andere niedriger usw usf. Bei Dämpfungen wirds aber als Positiv wahrgenommen, die Möglichkeit und somit die Qual der Wahl zu haben, obwohl die Leute sich selbst unzufrieden machen. Die Industrie und das Marketing (und das, was die Leute annehmen) gibt halt vor, was trendig ist.
Das mag auf eine gewisse Anzahl Möchtegernprofis zutreffen, wenn sie meinen, sie wissen, welche Verstellung genau welche Änderung im Fahrverhalten zur Folge hat, weil sie irgendwo etwas gelesen haben. Wenn man aber nicht genau weiss, wie die Gabel innen technisch aufgebaut ist, was also bei einer Verstellung der High Speed Druckstufe (oder Low Speed) intern passiert und welche Auswirkungen das auf das Verhalten der Gabel hat, dann muss man ausprobieren, was eine Verstellung des einen oder des andern Drehrads bewirkt. Die meisten Fahrer spüren aber wiederum nach meiner Erfahrung einen Unterschied im Fahrverhalten wenig bis gar nicht oder können nicht eingrenzen, was bei einem nicht optimalen Fahrverhalten nicht stimmt, welche Einstellung also nicht optimal ist.
Wenn man aber genau weiss, was beim Verstellen intern passiert, kann man eine Gabel genau auf die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben einstellen, soweit, wie die Verstellmöglichkeiten dies zulassen. Wenn man dann einmal das optimale Setup gefunden hat, lässt man das auch sein und passt es höchstens noch an, wenn man mit schwerem Rucksack unterwegs ist oder in viel steilerem Gelände als sonst üblich.
Wenn aber natürlich die Federkennlinie nicht passt und nicht mit Volumenverkleinerung (oder Vergrösserung, wenn noch möglich) passend gemacht werden kann, ist das mit der Dämpfung nur schlecht kaschierbar und geht in der Regel spürbar zu Lasten des Komforts. Aber genau bei einer suboptimalen Federkennlinie kann man mit einstellbarer Low und Highspeed Druckstufendämpfung noch etwas herausholen, während eine optimale Federkennlinie weniger Einstellbarkeit benötigt, um trotzdem gut zu funktionieren.
Aktuell sind das maximale Dämpfungsverstellungen und keine Federverstellung (=Stahlfeder), am besten dazu noch einstellbaren Durchschlagschutz, der erst wegen der Stahlfeder notwendig ist. Bei der Luftfeder passt sich der Durchschlagschutz automatisch an das Fahrergewicht an, in dem er mit dem Luftdruck erhöht oder reduziert wird. Keiner kennt sich mehr aus, fahren mit suboptimalen Fahrwerken rum (falsch eingestellte Dämpfung, falsche Federhärte, weil Stahlfeder und 80% der Fahrer IMMER zwischen den Federhärten hängen) - aber alle finden sich richtig cool.
Genau das ist das Problem von Luft Federkennlinien, die suboptimalen sind: Wenn die Kennlinie nicht passt, dann nützt auch ein Erhöhen oder Absenken des Luftdrucks nicht viel. Beispiel zu progressive Kennlinie: Mit wenig Sag gefahren, kann man den Federweg bei Weitem nicht nutzen. Trotzdem sackt die Gabel im Steilhang deutlich in den Federweg weg und hat wenig effektiv nutzbaren Restfederweg. Fährt man die Gabel weicher, taucht sie im Steolhang weit über 50% ab, auch dort ist der effektiv nutzbare Restfederweg klein, auch wenn man den maximal möglichen Federweg etwas besser ausnutzt.
Je steiler das Gelände, in dem man sich bewegt, desto wichtiger ist eine nicht durchhängende, nicht extrem progressive Kennlinie.
Pumpt man eine Gabel mit eher linearer Luftfederkennlinie härter, steht sie höher im Federweg ( auch "ohne" spürbare High Speed Druckstufendämpfung) und fühlt sich bei schneller Fahrweise trotzdem komfortabel an, da das Öl bei grossen Schlägen schneller den Federweg freigibt und somit weniger vom Schlag an die Hände durchreicht, auch wenn effektiv etwas weniger Federweg für einen Schlag ausgenutzt wird. Der Schlag wird aber kontinuierlich abgefedert. Die Aufprallenergie wird bei dieser Variante in Federenergie umgewandelt und beim Ausfedern durch die Zugstufe dann in Wärme.
Bei hoher Druckstufendämpfung und flacherer Kennlinie wird der Schlag zu Beginn sehr stark abgebremst (Spiking) und danach weniger und weniger stark. Hier wird die Energie zu Beginn des Schlags zu einem grösseren Teil durch das Öl in Wärme umgewandelt (Öl kann schlechter fliessen und bremst ab, je grösser die Strömungsgeschwindigkeit des Öls, desto grösser die Bremswirkung) und ein Teil wird in Federenergie umgewandelt und danach beim Ausfedern durch das Öl in Wärme.
In meinen Augen wären weniger Dämpfungsverstellungen und dafür ein ordentliches Grundsetup sowie eine einstellbare Federhärte (weil die Feder viel wichtiger ist als die Dämpfung) besser. Dass Luftfedern sich bei Kälte ein bisschen anders verhalten stimmt und ist eine Tatsache. Ist bei der Dämpfung aber auch so, wird hier aber akzeptiert und ist kein Problem. Ein etwas anderes Setup im Winter hilft hier aber, Dämpfungen auf, Luft etwas aufpumpen, schon ist das Problem aus der Welt.
Aber: aktuell ist halt der Trend anders rum. Beim Auto ist es übrigens anders, da sind Luftfahrwerke cool und gelten als "das komfortabelste Medium" und Dämpfungseinstellungen wären wohl ein Nogo. Da merkt man dann dass das alles in unseren Köpfen stattfindet.
Beim Auto sind die Verhältnisse auch ganz anders als beim Fahrrad, beim Auto hat man extrem viel mehr träge Masse, die die Federelemente viel eher zum federn zwingt als beim Rad, wo bei der Gabel der Mensch mit gebeugten Ellbogen, also einer Zusatzfeder mit dem Lenker verbunden ist. Die Gabel wird viel weniger zum Federn gezwungen, da die träge Masse (Masse des Fahrrads, die vorne über den Steuersatz auf die Gabel wirkt) viel kleiner ist. Zudem ist das Leergewicht beim Auto weit grösser als die maximale Zuladung. Dort kann man also die Federelemente und die Dämpfung recht gut auf ein Gewicht einstellen (Leergewicht Auto plus Mittelwert von Passagieren) und die Abweichung durch mehr oder weniger Passagiere macht dann vielleicht 10-15% aus. Beim Bike ist es genau andersrum. Dort macht die Abweichung des Fahrergewichts auf das Gesamtgewicht mehrere hundert Prozent aus, deshalb muss die Federung und Dämpfung dort einstellbar sein.