Was für ein Tag, was für ein Rennen! Selten ist ein Finale im Downhill World Cup so spannend gewesen, wie am heutigen Sonntag in Schladming.

Die Strecke zeigte sich bei gutem Wetter weiter abgetrocknet und in wunderbar zerfahrenen Zustand und die Fahrerinnen und Fahrer gaben alles, um ein letztes Mal gut abzuschneiden. Im Vergleich zur Qualifikation am Freitag konnten die meisten Abfahrer ihre Zeiten nochmals verbessern und trotz der extremen Anforderungen an Mensch und Material wurde es noch mal richtig knapp – nicht nur in der Entscheidung um den Gesamtsieg im World Cup, sondern auch um den Rennsieg.

Bei den Damen, denen die brutale Strecke teils sehr deutlich zeigte, wo die Grenzen der Kondition und der Fahrtechnik lauerten, startete schon als siebt-letzte Tracy Moseley und verbesserte nicht nur ihre Qualifikationszeit um gut 20 Sekunden, sondern durchbrach auch als erste Frau die magische fünf Minuten Marke. Was diese Abfahrt Wert sein sollte, zeigte sich wenig später, als keine ihrer Konkurrentinnen sie noch vom Sieg hatte abhalten könnten. Die Französinnen Floriane Pugin (+0,84), Céline Gros (+1,79) und Sabrina Jonnier (+4,98) bissen sich erfolglos die Zähne an der Zeit der Britin aus. Sabrina Jonnier hatte bereits zuvor auf ihrem Rocky Mountain Flatline WC als Gesamtsiegerin des World Cups festgestanden und kann auf eine überaus erfolgreiche Saison zurückblicken – nicht weniger als sechs Siege in acht Rennen konnte sie für sich verbuchen. Die Deutschen Harriet Rücknagel und Nicole Beege beendeten das Rennen auf den Plätzen 14 und 18 (Qualifikation 9 und 20).

Das komplette Ergebnis aus Schladming findet ihr hier gelistet: PDF

Den Endstand im World Cup nach acht von acht Rennen markiert dieses PDF.

Überschattet wurden alle Versuche der Damen jedoch vom Siegesduell der Herren. Der Australier Sam Hill, der Südafrikaner Greg Minnaar und sein britischer Teamkollege und Endlich-Weltmeister Steve Peat hatten alle noch Chancen auf den Gesamtsieg der Serie und wären sie alle drei gestürzt, hätte sich Gee Atherton theoretisch auch noch mit dem Sieg davonschleichen können.

Statistisch betrachtet war Sam Hill der herausragende Favorit – er gewann drei der fünf World Cup Rennen in Schladming und war stets unter den Top 3 zu finden, während Greg Minnaar „nur“ jedes mal in den Top 5 zu finden war. Alles war also heiß auf das Duell zwischen dem technisch hochbegabten Sam Hill und dem konstant flüssig fahrenden „Tretschwein“ Greg Minnaar. Im Schatten dieser beiden machten sich jedoch auch einige andere Fahrer begründete Hoffnungen auf einen Sieg auf dieser wundervollen Downhillstrecke, die von Rob Warner als „die beste aller Downhillstrecken“ bezeichnet wurde. Brendan Fairclough, der wohl tretfaulste Fahrer und ebenfalls technisch extrem versierte Teamkollege von Sam Hill fuhr das ganze Wochenende über wie entfesselt und schien drauf und dran zu sein, seinen ersten World Cup Sieg feiern zu wollen. Seinen Vorjahreserfolg wiederholen wollte Sam Blenkinsop, der mit extrem lässiger Fahrweise und erstaunlichem Speed ebenfalls ein Fan solcher Technikstrecken ist.

Wie schon bei den Frauen eröffnete mit Benny Strasser ein deutscher Downhiller (bei den Damen natürlich eine Downhillerin) das mit Spannung erwartete Finale und verbesserte sich gegenüber der Qualifikation deutlich, was mit einem 67. Gesamtplatz honoriert wurde. Im Gesamt World Cup platzierte sich Benny damit auf einem guten 73. Platz. Nochmals besser lief es für den zweiten qualifizierten Deutschen – Markus Klausmann. Mit einer Zeit von 4:17,71min schoss er sich auf den 33. Platz nach vorne und konnte auf dieser Strecke seine Kondition und Erfahrung hervorragend ausspielen. Die Deutschen (bezogen auch auf Johannes Fischbach und Guido Tschugg) schienen in Schladming endlich wieder an ihre sehr guten Leistungen anknüpfen zu können. Beflügelt von diesem Platz schob sich MK um neun Plätze auf den 65. Gesamtrang der Saison 2009 nach vorne.

Bevor es richtig um die Wurst ging, wurde noch ordentlich Geburtstag gefeiert: Danny Hart, der spätere World Cup Gesamtsieger der Junioren, feierte ausgerechnet am heutigen Sonntag seinen 18. Geburtstag und belohnte sich mit einem feinen 30. Platz. Im Zielbereich wurde er mit einem gemeinschaftlichen „Happy Birthday“ empfangen und die zweite Strophe gab es direkt bei der Siegerehrung – schöner konnte der 18. Geburtstag für ihn nicht verlaufen.

Und dann ging es los. Markus Pekoll fuhr vor heimischer Kulisse das Rennen seines Lebens und schoss auf einen hervorragenden zwölften Platz nach vorne, was vom österreichischen Publikum frenetisch gefeiert wurde. Ungleich lauter wurde es jedoch, als der kurz nach ihm startende Greg Minnaar zu einem Wahnsinns-Run ansetzte. Zwischenzeitlich legte er über vier Sekunden Vorsprung auf die Strecke und konnte am Ende, nachdem er an der Stelle, wo er in der Qualifikation crashte, fast zu weit ins Flat sprang, eine beachtliche Zeit von 4:04,71 in die schladminger Erde fräsen.

Was diese Zeit Wert sein würde, war zu diesem Zeitpunkt schwer einzuschätzen, denn Sam Hills Qualifikationszeit war nur minimale 0,11 Sekunden langsamer, was bei den verbesserten Streckenkonditionen möglicherweise nicht reichen würde. Während man bei Freecaster noch fleißig spekulierte, ob wohl die vier Minuten Marke durchbrochen werden würde, oder nicht, folgte Steve Smith (Qualiplatz 15) mit einem weiteren starken Run. Dieser endete für den jungen Kanadier jedoch mit einem heftigen Crash im Wald, bei dem er sich fast rettete und dann doch vernichtend über den Lenker ging. Auf den Schlag folge der amerikanische Meister Aaron Gwin, der seine Qualifikationszeit um satte zehn Sekunden verbessern konnte, sich jedoch ebenfalls hinter Greg Minnaar einreihen musste. Dessen Zeit schien offensichtlich von Bestand zu sein. Steve Peat hatte es auf dieser Strecke in der Hand gehabt, den Doppelpack aus World Cup Gesamtsieg und Weltmeistertitel zu sichern, doch schien er nach dem Erfolg vor zwei Wochen schon zufrieden und etwas müde – am Ende sprang der siebte Platz für den Opa des Downhills heraus.

Als Gee Atherton an den Start ging, wurde immer deutlicher, wie gut die Zeit von Greg Minnaar war. Zur Halbzeit der Strecke, vor dem Styler-Step-Up, rutschte er jedoch seitlich weg, kam fast vollständig zum Stillstand und lag zur Zwischenzeit trotzdem nur knapp hinter dem Südafrikaner. Der Abschluss einer ansonsten glanzlosen Saison hätte für den Briten schön werden können, doch blieb so nur der enttäuschende neunte Platz, der immerhin von Platz vier im Gesamt World Cup versüßt wurde – ganz so schlecht war die Saison eben doch nicht.

Und dann passierte es. Obwohl man es ihm körperlich nicht ansah, steckte in Sam Blenkinsop heute eine wilde Furie. Schon zur Zwischenzeit war er 0,32 Sekunden in Führung und während Rob Warner fast verstorben wäre, pedalierte und kurvte der rasende Neuseeländer zu satten 1,28 Sekunden Vorsprung auf der Ziellinie. Mit seinem Run vernichtete er Greg Minnaar und erhöhte die Chancen des noch wartenden Sam Hills um ein Vielfaches. Doch zu diesem Zeitpunkt ruhten alle Augen auf Brendan „Brendog Millionaire“ Fairclough, der den ganz großen Schlag zu planen schien. Mit seinem extremen Fahrstil – mir fällt in der Tat gerade nicht ein, wie ich ihn beschreiben soll – schoss er sich durch Kurve um Kurve, nur um nach kleinen Problemen hier und da als enttäuschter fünfter ins Ziel zu kommen. Im letzten Jahr war er mit dem Sieg vor Augen an genau der Stelle gestürzt, die auch Greg Minnar zum Verhängnis geworden war und nun wirkte schon der fünfte Platz wie eine kleine Enttäuschung. Doch die Spannung kochte, schien fast zu explodieren. Das krasse Gegeteil von Brendan stellte Fabien Barel dar. Der Altmeister mit sowohl herausragender Fahrtechnik, als auch bestechender Kondition hatte sich nach seinem Sieg in Maribor eindrucksvoll zurück gemeldet und auch der zweite Platz in der Qualifikation unterstrich seine Ambitionen. Auf der Strecke sah dann auch alles so aus, als ob es für den ganz großen Sprung im letzten Rennen reichen könnte, doch spielte eine der letzten Wurzeln im steilsten Waldstück dem Franzosen einen Streich. Schneller als er sich versah fand er sich vorn über auf dem Boden wieder und die beherzte Weiterfahrt führte nur noch auf Platz 16 – wir werden uns im nächsten Jahr wiedersehen!

Dann sollte er kommen, der Mann dieses Berges, Sam Hill. Endlich wieder in den bissigen Farben von Monster Energy und seinem früheren Ironhorse unterwegs strafte Sam Hill alle Lügen, die einerseits glaubten, er hätte dieses Jahr nicht das Nervenkostüm, um unter höchstem Druck einen herausragenden Sieg einzufahren und andererseits munkelten, dass er nach dem Wechsel zu Specialized auf das Abstellgleis geraten wäre. Mit einer blitzsauberen Fahrt (zumindest in den Teilen, wo man es sehen konnte) und einmaliger Linienwahl katapultierte er sich mit bereits beachtlichen 2,26 Sekunden Vorsprung über den Step Up und führte zur Zwischenzeit mit mittlerweile fast drei Sekunden. Während mein Puls sich dem des Fahrers angleichen wollte, driftete der König der Flatpedal Fahrer durch die letzten Wiesenkurven und hämmerte eine Zeit von 4:01,10 Minuten auf die Anzeigetafel – Sieg und aus!

Das komplette Rennergebnis ist in diesem pdfgelistet.

Der Endstand des World Cups 2009 ist hier verewigt.

Hochverdient hat sich Sam Hill an diesem Wochenende in Schladming den letzten Sieg des Jahres und den World Cup Gesamtsieg gesichert. Als bester Allrounder dieses Jahres hat er auch auf den Strecken gepunktet, die ihm eigentlich nicht so sehr lagen und bei seinem heftigen Crash in Andorra hat er zwar den Sieg verschenkt, mit dem achten Platz jedoch auch nicht zu viele Punkte verloren. Greg Minnaar hat sich in Mt. Sainte Anne seiner besten Chancen beraubt, als er nur 24. geworden ist und Steve Peat ist durch den Plattfuß in Maribor im Rennen um den Gesamtsieg zurückgeworfen worden. Jeder der drei Top-Platzierten hat sich in diesem Jahr einen Ausrutscher geleistet und vielleicht ist es gerade deshalb bis zum Schluss so spannend geblieben.

Für 2010 stehen dann endlich wieder mehr technisch anspruchsvolle Strecken auf dem Kalender und davon begünstigt werden vermutlich auch ein paar neue Gesichter an der Spitze mitmischen.

In einigen Wochen wird es hier einen kompletten Rückblick über die World Cup Saison 2009 geben. Wer eigene Bilder vom Rennen geschossen hat, darf sie gerne hier im Thread posten, die Bilder dieses Artikels sind erneut von Hoshi Yoshida – vielen Dank!

  1. benutzerbild

    Johann3s

    dabei seit 12/2005

    weis jemand wann das video dazu auf freecaster sein wird oder hab ich es übersehen?

  2. benutzerbild

    infinitetrails.de

    dabei seit 04/2007

    Keine Highlights ohne Rob Warner smilie ... Frage mich auch wo seit Tagen die Zusammenfassung bleibt, Probleme mit dem Footage / UCI etc.???

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