Moderne Mountainbikes sind immer mit hydraulischen Scheibenbremsen ausgerüstet – nur diese Technologie stellt ausreichend Bremskraft zur Verfügung. Man unterscheidet häufig in leichte Zwei-Kolben-Bremsen und starke Vier-Kolben-Bremsen. Welche Bremse für dich und dein Mountainbike infrage kommt, ist primär abhängig vom Einsatzgebiet deines Bikes. Bei der Wahl der richtigen Bremse sollte man also verschiedenen Einflussgrößen berücksichtigen. In diesem Artikel findet ihr neben einer Hilfestellung zur Bremsen-Auswahl, alle wichtigen Informationen und Tests zum Thema MTB-Bremsen.
Die Frage nach der richtigen Bremse kann man pauschal nicht beantworten, es kommt wie immer darauf an! Zuerst einmal sollte man sich über folgende Punkte Gedanken machen:
Nachdem du nun definiert hast wie und wo dein Mountainbike eingesetzt wird und dabei noch dein Körpergewicht mit in Gleichung einbezogen wurde, müsstest du entweder bei einer etwas leichteren Zwei-Kolben oder einer massiveren Vier-Kolben-Bremse gelandet sein. Wenn man sich jedoch nicht sicher ist, wo überhaupt der Unterschied zwischen den beiden Bremsvarianten liegt – mal abgesehen vom Gewicht der Bremse selbst – dann schaffen wir hier noch mal Klarheit:
Bei der Zwei-Kolben-Bremse kommen, wie vermutet, zwei Kolben zum Einsatz und übertragen so die Kraft über die Bremsbeläge auf die Scheibe. Die standardmäßige Zwei-Kolben-Bremse baut kleiner als ihr Vier-Kolben-Pedant und nutzt somit auch kleinere Bremsbeläge.
Im Vergleich zur Vier-Kolben-Version kommt es dadurch zu einer geringeren Auflagefläche zwischen Bremsscheibe und Bremsbelag, diese geringere Reibfläche kann dementsprechend auch weniger Bremskraft generieren. Zudem können mit einer Zwei-Kolben-Bremse geringere Kräfte übertragen werden als es mit dem Vier-Kolben-Pendant möglich ist, und das bei gleicher Hebelkraft. Mit der Begründung, dass vier Kolben mehr Kraft aufbringen können als zwei Kolben.
Die eigentliche Vorteil der Vier-Kolben-Bremse ist jedoch nicht nur die Kraft, die sie zu generieren vermag, vielmehr ist es die gleichmäßige Kraftverteilung auf den größeren Bremsbelag. Denn eine Zwei-Kolben-Bremse könnte nicht ohne Weiteres mit einem größeren Bremsbelag ausgestattet werden, ohne dabei die beiden Nehmerkolben zu vergrößern. Die Kraftverteilung auf den Belag wäre sonst nicht gleichmäßig und würde Quietschen oder Rubbeln provozieren. In der Kombination von größerer Reibfläche, mehr Kraft und bessere Kraftverteilung liegen somit die Vorteile der großen Bremse.
Um den Vorteil der größeren Auflagefläche von Belag und Scheibe nutzen zu können, muss bei einer Vier-Kolben-Bremse dem Effekt des sogenannten „Reinziehens“ entgegengewirkt werden. Denn beim Bremsvorgang wird der Belag auf der Einlaufseite (die Seite auf der die Scheibe in den Bremssattel hineinläuft in Fahrtrichtung) gegen die Scheibe gedrückt und erfährt dort einen höheren Anpressdruck, gleichzeitig stellt sich damit eine ungleichmäßige Flächenpressung ein. Was neben weniger Brems-Power zu quietschenden Bremsen und erhöhtem Belag-Verschleiß führt.
Um dies zu verhindern, wird bei gängigen Vier-Kolben-Bremsen der Durchmesser des Nehmerkolben auf der Einlaufseite kleiner ausgelegt als auf der Auslaufseite des Bremssattels. Ein kleinerer Kolbendurchmesser bedeutet weniger Kraft, somit wird die beim „Reinziehen“ entstehende Kraft kompensiert und man erhält eine gleichmäßige Kraftverteilung über den ganzen Bremsbelag.
Die vier Kolben – also zwei pro Seite – erhöhen also nicht nur den Anpressdruck von Bremsbelag zu Bremsscheibe, sie sorgen für eine gleichmäßige Flächenpressung der größeren Beläge und damit für mehr Brems-Power.
Diese Frage kann man jetzt anhand unserer obigen Hilfestellung leicht beantworten. Hier noch mal eine kleine Zusammenfassung:
Generell sollte das Bike, der Einsatzzweck und das Gesamtgewicht in die Entscheidung einfließen. Wer sich unsicher ist und kein Problem mit ein paar Gramm mehr am Rad hat, der sollte zur Vier-Kolben-Bremse greifen und somit auf Nummer sicher gehen, was die Bremsleistung angeht.
Um die volle Bremsleistung neuer Bremsbeläge und Bremsscheiben nutzen zu können, ist es unerlässlich korrekt einzubremsen. Dabei werden Partikel des Bremsbelags auf die Bremsscheibe übertragen, was zu einer optimierten Reibfläche führt und damit eine maximale Reibkraft erzeugt. Um Bremsen richtig einzubremsen solltest du wie folgt vorgehen:
Es ist besonders wichtig, das Bike bei diesem Vorgehen nie komplett zum Stehen zu bringen oder die Räder zu blockieren. Denn das Ziel ist es, die Bremsbelag-Partikel gleichmäßig auf die Bremsscheibe zu übertragen, um so den Reibungskoeffizient der beiden Brems-Komponenten zu erhöhen. Bei Einbremsmanövern bis zum Stillstand häufen sich dickere Bremsbelag-Schichten an einzelnen Stellen auf der Bremsscheibe an, was zum Quietschen und Pulsieren der Bremse führen kann.
Der zweite Einbrems-Durchgang – mit höheren Geschwindigkeiten – ist vorwiegend für organische Beläge hilfreich, da erst bei höheren Temperaturen Bindemittel im Bremsbelag ausgasen können. Wodurch die Bindemittel in den Belägen aushärten und somit eine höhere Bremskraft zur Verfügung steht.
Weitere Pro-Tipps zu Thema Bremsbeläge und dem Einbremsen findet ihr hier: Der große MTB-Bremsbeläge-Ratgeber So findest du die richtigen Bremsbeläge für dein Fahrrad!
Spätestens, wenn der Druckpunkt wandert oder du den Bremshebel bis zum Griff ziehen kannst, ist es an der Zeit deine Bremse zu entlüften. Denn sobald sich Luft den Weg in dein Bremssystem gebahnt hat und du zusätzlich noch große Hitze erzeugst – wie sie beispielsweise bei Dauerbremsungen bergab entsteht – wirst du keine Freude mehr am Bremsverhalten haben und es kann sogar gefährlich werden.
Wie ihr SRAM Bremsen mit dem Bleeding Edge Tool entlüftet könnt ihr euch hier im Detail ansehen: SRAM Guide Ultimate – How To Entlüften jetzt einfach gemacht
Alternativ gibt es die Anleitung per Video oder im originalen SRAM Service Manual ab Seite 27.
Wie ihr Shimano Bremsen entlüftet wird ausführlich im eigenen Shimano Service Manual ab Seite 20 beschrieben.
An quietschenden Bremsen hat wohl niemand Spaß und als Begleiterscheinung lässt oftmals auch die Bremsleistung nach. Die Gründe hierfür können vielfältig sein – im Folgenden haben wir ein paar potenzielle Ursachen zusammengefasst:
Bremsen nicht (richtig) eingebremst: Bremsen müssen, wie bereits weiter oben beschrieben, eingebremst werden. Tust du dies nicht oder falsch, kann das zu quietschenden Bremsen führen. Durch ungleichmäßig verteilte Bremsbelag-Partikel auf der Bremsscheiben-Oberfläche entstehen Erhöhungen, welche zu indifferentem Bremsgefühl und dem gefürchteten Quietschen führen können. Abhilfe kannst du hier nur schaffen, indem du die Bremsscheibe mit Schleifpapier abziehst und so von überschüssigen Bremsbelag-Partikeln befreist, alternativ bleibt nur die Mülltonne.
Bremsbeläge verunreinigt: Wenn die Beläge mit Öl oder sonstigen Schmierstoffen kontaminiert sind, kann es bereits zu spät sein. Aber einen Versuch ist es Wert, die Beläge vor der Tonne zu bewahren. Dazu können die Beläge entweder mit der Feile oder dem Schleifpapier bearbeitet werden, um dabei die oberste verschmutze Schicht abzutragen. Zusätzlich kannst du es mit Reinigungsbenzin versuchen, aber die Wahrscheinlichkeit ist leider groß, dass die Beläge nicht mehr zu gebrauchen sind.
Bremsbeläge verschlissen: Auch dein Bremsbelag unterliegt dem Verschleiß, so kann es je nach Einsatzgebiet recht schnell gehen und du musst erneut frische Beläge verbauen. Unterhalb von 1 mm Dicke kann es unter Umständen auch zu Geräuschen beim Bremsvorgang kommen und dir spätestens dann das Signal zum Wechsel geben.
Bremsbeläge sind verglast: Wenn sehr hohen Temperaturen an Bremsscheibe und Belag zustande kommen (was bspw. durch Dauerbremsen auf Alpin-Trails bzw. unsachgemäßer Bremsung ohne kurze Entlastung der Bremse erfolgt) ist eine Veränderung der Belegoberfläche möglich. Dabei bildet sich eine sehr glatte glänzende Oberfläche, welche einen niedrigen Reibwert hat und neben dem Quietschen auch die Reduktion von Brems-Power mit sich bringt. Um die Beläge zu retten, empfiehlt es sich, die Beläge auszubauen und mit Schleifpapier (Körnung 100 bis 150) zu bearbeiten. Dazu auf ebener Fläche mit dem Bremsbelag in verschiedene Richtungen arbeiten, um die Verglasung zu entfernen und eine matte Oberfläche zu erzeugen. Danach müssen die Beläge wieder eingebremst werden.
Bremsscheibe verunreinigt: Wenn die Scheibe mit Öl oder sonstigen Schmierstoffen verunreinigt ist, solltest du dir einen sauberen Lappen greifen und mithilfe von Bremsenreiniger, Waschbenzin oder Alkohol gegen die Verschmutzung vorgehen. Hiermit kannst du die nervigen Quietschgeräusche in den Griff bekommen, insofern deine Beläge noch nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden. Wenn doch, weißt du nun wie vorzugehen ist.
Lose Verschraubungen an der Bremse: Auch lose Verschraubungen an deiner Bremse können zur Geräuschbildung führen. Prüfe alle Anbauteile deines Bremssattels und stelle sicher, dass sich hier nichts locker ist.
Quietschen bei Nässe: Geräusche oder Quietschen bei Nässe sind als normal zu bezeichnen und sollten dich nicht weiter beunruhigen. Als Tipp: Organische Beläge verhalten sich bei Nässe etwas ruhiger als gesinterte Beläge.
Wenn du auf der Suche nach weiteren Tipps zu Bremsbelägen, den verschieden Arten und Kombinationsmöglichkeiten bist: Hier gehts zum umfassenden Ratgeber für MTB-Scheibenbremsbeläge.
Als passionierte Mountainbiker haben wir natürlich bereits einige MTB-Bremsen ausführlich für euch getestet. In unseren MTB-Bremsen-Tests bekommt ihr neben einem detaillierten Testeindruck außerdem noch eine ausführliche Beschreibung des Produkts und könnt euch dank der gesammelten Fahreindrücke ein gutes Gesamtbild der getesteten Bremse machen.
Hier findest du unsere Bremsen-Tests.
Die neusten 5 Bremsen Tests:
Beim MTB-News User Award kann in diversen Kategorien darüber abgestimmt werden, welche Produkte und Firmen die besten und spannendsten des Jahres sind. Dazu gehört natürlich auch die Bremse des Jahres. Schau mal rein!
https://www.mtb-news.de/news/user-awards-2021-bremse/
Hannes | Trail/Enduro – SRAM Code RSC: unkaputtbar, läuft bei mir schon ewig, Bremspower für mich absolut in Ordnung
Tobias | Trail/Enduro – Shimano XTR: relativ leicht, klasse Ergonomie und hervorragende Bremsleistung; und das zu einem fairen Preis
Dennis | Enduro – SRAM Code R: kein Schnickschnack, absolut ausreichend, wenn man den festen Druckpunkt mag. Set & Forget
Tobias Sindlinger | Cross Country – Magura MT8 – XC-affin, unkompliziert, gut zu dosieren und auch in langen Abfahrten treu
Gregor | Enduro/Downhill – SRAM Code RSC: die einzige Bremse, die Modulation, ausreichend Bremspower und funktionierende Verstellmöglichkeiten bei guter Haltbarkeit vereint … und das zu einem guten Preis
Gabi | XC/Marathon – Magura MT8: zuverlässig und leicht für XC & Marathon, gut dosierbar & trotzdem genügend Power, wenn es ernst wird. Vorteil: viele unterschiedliche Bremshebel für persönliche Vorlieben
Stefanus | Trail/Enduro – Magura MT7: jede Menge Power, toll dosierbar, leicht und ergonomisch. Als MT5 auch noch günstig!
Die passende Bremse ausgewählt? Dann schau doch mal in den MTB-News Bikemarkt, dort kannst du aus einem großen Angebot auswählen und MTB-Scheibenbremsen gebraucht und neu kaufen!
Nachdem du nun die richtige MTB-Bremse für dich gefunden hast, denkst du über die Optimierung weiterer Komponenten nach? Hier findest du umfangreiche Informationen zu Mountainbike-Komponenten und kannst aus zahlreichen Artikeln und jeder Menge umfangreichen Tests wählen.
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