SRAM Code RSC im Test: Die alte Avid Code-Bremse war ein echter Klassiker und fand sich sogar noch an den Downhill Bikes so mancher World Cup-Fahrer, als sie schon längst etwas in die Jahre gekommen war. Anfang 2017 legten die Amerikaner dann endlich nach und präsentierte die neue SRAM Code RSC – eine massive Downhill-Bremse auf Basis der beliebten Guide-Reihe, die das alte Erfolgsrezept aus Power und Dosierbarkeit wieder aufleben lassen soll. Wir haben die schwarzen Anker im Verlauf einer Saison getestet.
SRAM Code RSC – Infos & Preise
Die neue SRAM Code RSC ist in Sachen Bremsleistung das unangefochtene Alphatier in SRAMs mittlerweile recht umfangreicher Bremsen-Palette. Dank vier bärenstarker Kolben sollte sie auch stark genug sein, um Bud Spencer und Terence Hill zu stoppen. Das soll sie nicht nur ideal für den Downhill-Einsatz machen – wer sein Bike regelmäßig in hochalpinen Verhältnissen bewegt, ein paar Kilo mehr auf den Rippen hat oder einfach nur auf Bremspower steht, kann den schwarzen Anker natürlich auch an seinem Trail- oder Enduro-Bike montieren. Die neue Code basiert auf dem vom Enduro-Modell Guide bekannten offenen System, fällt jedoch deutlich voluminöser aus. Das soll das nötige Plus an Bissfestigkeit bei gewohnt guter Dosierung bringen. Wem 270 € (UVP) pro Bremse zu viel sind, der wird alternativ bei der SRAM Code R fündig, die auf derselben Technologie basiert, allerdings ohne Griffweitenverstellung und SwingLink auskommt.
- Bremsflüssigkeit Dot 5.1
- Hebel SwingLink, kugelgelagert
- Sattel 4 Kolben (16/15 mm Durchmesser)
- Einstellungen Griffweite, Druckpunkt (werkzeuglos)
- Material Aluminium
- Bremsbeläge metallisch (ausgeliefert), organisch (nachrüstbar)
- Bremsscheiben Centerline (160, 170, 180, 200 mm)
- Farbe schwarz
- Gewicht 297 g (gewogen, VR-Bremse mit Belägen, ungekürzte Leitung, ohne Lenkerschelle)
- www.sram.com
- Preis 270 € (UVP) | Bikemarkt: SRAM Code RSC kaufen
In der Hand
Die SRAM Code RSC erinnert optisch stark an die Guide-Modelle – sowohl der Geber als auch der Bremssattel sind jedoch deutlich massiver ausgeführt. Als Bremsflüssigkeit dient, wie bei allen SRAM und Avid-Bremsen, das hochwertige Dot 5.1 – alternativ ist jedoch auch Dot 4 möglich. Das von uns getestete RSC-Modell verfügt über die komplette Palette an Funktionen: Sowohl die Griffweite (Reach), als auch der Druckpunkt (Contact Point) lassen sich werkzeuglos verstellen. Zudem wird der Geber über den sogenannten SwingLink angesteuert, der den Leerweg verkürzen soll, ohne auf Kosten der Modulation zu gehen. Die Montage am Lenker gestaltet sich dank offener Klemmschellen denkbar einfach – Griffe und Schalthebel müssen dafür nicht entfernt werden. Außerdem ist es auch egal, ob man seine Bremsen “regulär” oder “Moto-style” (vorne rechts, hinten links) fährt, denn die Bremsen sind symmetrisch und können auf jeder Seite montiert werden. Zudem kann man dank Matchmaker für ein sehr aufgeräumtes Cockpit sorgen, indem man passende SRAM oder RockShox-Bedienelemente am Bremsgriff befestigt.
Der Bremssattel fällt besonders voluminös aus und sticht mit seiner weit von der Scheibe abstehenden Form stark ins Auge. Im Inneren verstecken sich vier Kolben, die über zwei unterschiedliche Durchmesser verfügen. Da die Bremsbeläge auf der Seite, auf der die Scheibe in die Bremse einläuft, immer etwas stärker angepresst werden, sind die Kolben auf dieser Seite mit 15 mm Durchmesser etwas kleiner als die 16 mm Kolben der auslaufenden Seite. Dadurch soll der Belag immer optimal aufliegen, was im Endeffekt mehr Bremsleistung und Modulation bedeutet. Im vorderen Teil des Sattels befindet sich das Heat Shield, ein kleines Stahl-Blech, das bei der Hitzeableitung helfen soll. Die SRAM Code RSC-Bremse wird mit metallischen (Sinter-) Belägen ausgeliefert – optional kann man jedoch auch organische Beläge erwerben. Wir haben beide Optionen getestet.
Im Prinzip wird die SRAM Code fahrfertig ausgeliefert – in den meisten Fällen werden die Leitungen jedoch deutlich zu lang sein. Bei Rahmen mit interner Leitungsverlegung wird man ohnehin nicht darum herumkommen, diese zu kürzen. Die dafür notwendigen Pins und Oliven sind allerdings im Lieferumfang enthalten. Wer sich geschickt anstellt, kommt um ein nachträgliches Entlüften herum. Dazu muss man vor dem Entfernen der Leitung den Bremshebel soweit nach oben drehen, dass der Leitungsabgang den höchsten Punkt darstellt – dadurch tritt kein Dot aus dem Hebel aus. Da die Leitung beim Kürzen am anderen Ende geschlossen ist, fällt der Dot-Verlust hierbei minimal aus. Hier findet ihr eine detaillierte Beschreibung zum Kürzen der Leitung und Entlüften der Bremse. SRAM empfiehlt allerdings, die Bremse nach dem Kürzen grundsätzlich zu entlüften. Der Bremssattel der Code RSC ist dafür mit dem neuen Bleeding-Edge-Port ausgestattet, der die Angelegenheit so sauber und tropffrei wie möglich gestalten soll. Wie man eine SRAM-Bremse mit Bleeding-Edge-Port entlüftet, lest ihr in unserem Artikel.
Auf dem Trail
Wir sind die SRAM Code RSC-Bremse mit 200 mm Centerline-Scheiben an zwei verschiedenen Rädern mit zwei verschiedenen Testern gefahren. Während unser 1,93 m großer und 100 kg schwerer Chefredakteur Hannes damit im deutschen Mittelgebirge Trails auf seinem 29″ Enduro-Bike unsicher gemacht hat, war unser 68 kg leichter Downhill-Reporter Gregor damit im Enduro- und Downhill-Renneinsatz unterwegs. Wie bereits erwähnt, bieten die Hebel der SRAM Code RSC einen breiten Einstellbereich, der wirklich jede Vorliebe abdecken sollte. Neben der Ruhelage des Hebels lässt sich so auch der Leerweg von fast Null auf bis kurz vor den Lenker justieren. So hatten weder Hannes, der dank zur Körpergröße passenden Pranken die Hebel sehr weit vom Lenker entfernt bevorzugt, noch Gregor, dessen Mädchenhände es kaum erlauben, ein Blatt Papier zwischen Bremshebel und Lenker durchzuziehen, Probleme, die präferierte Einstellung zu finden. Da die Architektur zu großen Teilen dieselbe ist, überrascht es wenig, dass sich die Code sehr ähnlich wie die kleine Schwester Guide anfühlt – wir würden jedoch sagen, dass der Druckpunkt tendenziell sogar noch etwas knackiger geworden ist. Damit liegt die Code RSC nicht mehr weit unter dem digitalen Niveau einer Shimano oder Formula-Bremse, glänzt jedoch mit gewohnt exzellenter Dosierbarkeit.
Eines sollte man bereits vor der ersten Fahrt wissen: Die SRAM Code RSC hat Power – viel Power! Die Modulation ist allerdings tatsächlich derartig gut, dass man keine Angst haben muss, beim ersten harten Bremsmanöver über den Lenker zu fliegen. Wer von einer deutlich schwächeren Bremse auf die Code umsteigt, kann im Prinzip einfach losfahren – wie viel Bremskraft wirklich da ist, bemerkt man erst, wenn man sie auch benötigt. So leistet sich die Bremse auch unter einem schweren Fahrer in steilem Gelände keine Blöße und quittiert ängstliches Dauerschleifen nur mit einem müden Achselzucken. Im Downhill-Einsatz konnte uns die Standfestigkeit und der stoisch unveränderte Druckpunkt der SRAM-Bremse beeindrucken. Egal ob komplett kalt am Start oder auf Maximaltemperatur im Ziel – der Druckpunkt ist da, wenn man ihn braucht. Fading: Fehlanzeige.
Während die SRAM Code RSC mit gesinterten Belägen ausgeliefert wird, sind organische Beläge weiterhin im Handel verfügbar. Diese bieten etwas mehr Biss, verschleißen allerdings schneller und sind etwas weniger hitzebeständig. Während Gregor im Downhill-Einsatz die organischen Beläge aufgrund ihrer guten Modulation bevorzugte, setzte Hannes auf Sinterbeläge – letztendlich verrichtet die Bremse mit beidem jedoch zuverlässig ihren Dienst. Mit Sinterbelägen war in manchen, langsamen Fahrsituationen in Kurven ein leichtes Reiben an der Scheibe akustisch vernehmbar – ansonsten konnten wir keine nervigen Geräusche wahrnehmen.
Das ist uns aufgefallen
- Haltbarkeit Während unseres Testzeitraums von einer Saison traten keinerlei Schwierigkeiten mit der SRAM Code RSC-Bremse auf. Nach dem anfänglichen Verlegen und Kürzen der Leitung war ein weiteres Entlüften der Bremse während des Tests nicht vonnöten. Im Enduro-Einsatz liefern die Sinterbeläge nach deutlich über 600 km Strecke weiterhin die gewünschte Leistung und bieten noch rund 1 mm Belagsdicke.
- Montage Die Montage unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von der anderer Bremsen. Die mitgelieferten Pins und Oliven werden bei SRAM in die Leitung geschraubt, was für die meisten Hobby-Schrauber leichter zu montieren ist als die gepresste Version – außer man verfügt über ein spezielles Verpress-Werkzeug. Die Entlüftung funktioniert etwas anders als bei den meisten Mineralöl-Bremsen, geht jedoch ähnlich leicht von der Hand. Selbst ein Tausch der Bremsflüssigkeit ist dank Bleeding Edge-Port eine recht saubere Angelegenheit.
- Einstellbarkeit Die Bremse konnte uns mit der besten und ergonomischsten Einstellbarkeit auf dem Markt voll überzeugen. Sowohl die Hebelweiten-Verstellung als auch die des Druckpunktes funktionieren intuitiv und einwandfrei über einen großen Bereich. Hier könnten sich einige Anbieter von High-End-Bremsen eine Scheibe abschneiden.
Fazit zur SRAM Code RSC
Das ideale Gefühl einer Bremse und die perfekte Ergonomie sind nach wie vor sehr individuelle Themen. Durch ihre breite Palette an Einstellungsmöglichkeiten, den knackigen Druckpunkt und die gewohnt gute Dosierbarkeit sollte die SRAM Code RSC jedoch auch wählerische Fahrer zufrieden stellen – on top kommt eine brachiale Bremskraft und die effektive Verhinderung von Fading. Die SRAM Code sortiert sich im Feld aktueller Downhill-Bremsen ganz vorne ein.
Pro / Contra
Pro
- hohe Bremskraft
- sehr gute Modulation
- große Einstellbarkeit
- ergonomische Bedienung
Contra
- Keine
Testablauf
Während unseres SRAM Code RSC-Tests waren die Bremsen in Kombination mit 200 mm Centerline-Scheiben an den Bikes zwei verschieden schwerer Testfahrer im Einsatz. Während Hannes den Bremsen mit 103 kg Gewicht im Enduro-Einsatz alles abverlangt hat, ist unser 68 kg leichter Downhill-Reporter Gregor damit sowohl bei Enduro-Rennen, als auch beim iXS Downhill Cup an den Start gegangen.
Hier haben wir die SRAM Code RSC getestet
- Mittelgebirge: Natürliche Enduro-Trails von schnell und waldig bis steil und felsig – klassische Mittelgebirgstrails mit eher kurzen, aber knackigen Abfahrten.
- Ilmenau: Die iXS Downhill-Strecke im Thüringer Wald mag nicht zu den längsten ihrer Art gehören, ist jedoch durchaus steil und stellt durch den extrem losen Boden eine große Herausforderung an die Dosierbarkeit einer Bremse.
- Bozi Dar / Klinovec, Tschechien: Das Schladming Osteuropas – über 4 Minuten lang, durchgehend steil und schnell, ein echter Belastungstest für jede Bremse.
- Nelson, Neuseeland: Während des NZ Enduros sind wir teilweise über 10 Minuten lange Stages im neuseeländischen Dschungel gefahren. Diese waren oft nicht nur sehr steil, sondern auch gespickt mit feuchten Wurzeln, Anliegern und Steinfeldern.
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- unauffällig, hinten progressiv, wenig Druckstufe
- Vorlieben bei der Geometrie
- hinten nicht zu kurz, vorne geräumig, Lenkwinkel nicht zu flach
- Fahrstil
- verspielt und sauber
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trails, Pumptrack/Park/Street
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Progressiv, nicht zu soft, schnelle Zugstufe
- Vorlieben bei der Geometrie
- Eher kürzerer Hinterbau, Lenkwinkel nicht extrem flach, die Front darf gern etwas höher
Preisvergleich
Wie findet ihr die SRAM Code RSC-Bremse?
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