Und los geht es in die dritte Runde der Winterviews: 4X Champion Jared Graves steht und ausführlich Rede und Antwort – wie groß ist sein Wadenumfang? Und wer hat die breitesten Ellenbogen?

Lest die Antworten hier!

Hey Jared, die Saison 2009 war vermutlich deine bislang beste. An welchen Moment im Jahr 2009 erinnerst du dich am liebsten zurück?

Haha, das ist einfach: Die Weltmeisterschaften vor heimischem Publikum – das war unglaublich.

Zum Anfang brauchen wir noch ein paar weitere Schnellschüsse von dir:

Wie groß ist dein Wadenumfang?

Hehe, da bin ich mir nicht sicher. Ich denke nicht das meine Waden so groß sind, ich habe nur wirklich dünne Knöchel.

Wie viele Gate-Starts hast du in der Saison 2009 gemacht?

Nicht so viele wie die meisten Leute denken, zwischen dem ersten Weltcup in Südafrika bis zur fünften Runde in Maribor waren die einzigen Gate-Starts, die ich gemacht habe, die bei den Weltcup-Rennen. Ich habe nicht einmal an einem Gate trainiert. Obwohl ich trainiert hätte, zumindest ein paar Tage die Woche am Gate, aber ich hatte in Europa überhaupt keines, und es waren auch keine vernünftigen BMX-Strecken in der Nähe.

Wer ist für dich der stylishste Fahrer des World Cups?

Im Downhill Sam Blenkinsop, im 4X Mitch Ropelato. Die jungen Typen wie er sind die Zukunft für den 4X, wir brauchen mehr stylische Fahrer.

Was ist deine Lieblingsstrecke?

Mont Saint Anne und Andorra waren dieses Jahr meine gleichwertigen Favoriten, sie haben wirklich viel Spaß gemacht. Südafrika war auch gut, aber einfach zu lang!

Kannst du Dirtjumpen? Schon mal nen 3er gemacht?

Es gab Zeiten, in denen bin ich viel gesprungen, zu anderen Zeiten nicht so viel. Ich hatte mich ein bisschen ans Tricksen gewöhnt, 360er klappten vor einigen Wochen, bis ich an einem Tag zwei Hinterräder und einen Sattel zerstört habe, innerhalb von einer halben Stunde. Danach habe ich es ein bisschen aufgegeben. Meiner Meinung nach sieht guter Racer-Style besser aus als Tricks.

Wie bist du zum 4x Racing gekommen? Oder bist du schon als Rennfahrer geboren worden?

Ich bin mit BMX-Race aufgewachsen, deshalb lag 4X ziemlich nahe. Als ich mit 19 begann, Weltcups zu fahren, ging es mir jedoch nur um Downhill. Fourcross war nur das neue Ding und ich bin zum Spaß mitgefahren, dann, als ich etwas älter und stärker wurde, begann ich besser zu werden, das war etwa 2004-2005. Da habe ich angefangen, dafür zu trainieren, bin wieder BMX gefahren, machte Sprints, Muckibude, das ganze Zeug, und ab dann wurde es ernsthafter. Wahrscheinlich war 2005 das erste Jahr, in dem ich es wirklich Ernst mit dem 4X meinte.

In einem 4x-Rennen dreht sich alles um den Start. Kannst du uns dein Gefühl beim Starten beschrieben? Und was spielt sich bis zur ersten Kurve ab? Wie wichtig ist die Linienwahl?

Ich glaube nicht, dass der eigentliche Gate-Start so wichtig ist, wie viele Leute glauben. Für mich ist es wichtiger, mich gut zu Qualifizieren und freie Spurwahl zu bekommen, besonders bei Kursen mit wirklich kurzen Startgeraden. Von da an kannst du die schnellste Spur in die erste Kurve wählen. Ich versuche nur immer so aggressiv wie ich nur kann bis in die erste Kurve zu fahren, die Ellenbogen weit auseinander, bereit für alles – besonders im Finale, da geht es manchmal etwas verrückt zu.

Du fährst Reifen von Schwalbe, einem deutschen Hersteller. Welchen Reifen verwendest du für welchen Einsatz? Brauchst du tendenziell mehr Grip oder weniger Rollwiderstand?

Beides ist sehr wichtig, meistens fahre ich einen 2,25“ Nobby Nic vorne und einen 2,1“ Racing Ralph hinten. Das ist so ziemlich alles, was ich fahre, die perfekte Kombination von Rollwiderstand und Grip. Ich denke, wenn du deine Reifen dauernd wechselst, wirst du dich nie komplett an sie gewöhnen, deshalb wechsle ich nie viel – es sei denn, es wird wirklich matschig, dann fahre ich den 2.1“ Dirt Dan.

Wie würdest du dein Verhältnis zu den Medien beschreiben? Wie kommt es, dass man nur so wenige 4x-Aufnahmen in den großen Jahresproduktionen gibt, die sich mit dem World Cup beschäftigen? Und wo wir schon dabei sind: Hältst du Fourcross für spannender als Dual Slalom Rennen? Würdest du eher Dual Slalom fahren, wenn du die Wahl hättest?

Ich denke 4X wächst gerade, es ist immer noch eine neue Disziplin, es ist wie mit jedem Sport. Wenn er neu ist, ist er populär, weil es anders ist, aber dann leidet er ein bisschen, weil das Neue weg ist. Von da an gewinnt er langsam an Bekanntheit, weil er akzeptiert wird. Ich denke wir sind gerade an dem Punkt, es wird besser und es wird weiter wachsen. Das ist so wie beim CrossCountry, Anfang des Jahrzehnts war es nicht mehr neu, aber jetzt wächst es schnell weil es eher bekannt ist und sich Leute organisieren. 4X trat erst vor sieben Jahren in Erscheinung, aber es zeigt Zeichen des Wachstums, jetzt da sich die Leute dran gewöhnen.

Es ist einfach das aufregendste und medienfreundlichste Format, mit enormem Wachstumspotential, wenn das richtig gemacht wird. Außerdem denke ich, das die Strecken besser werden, genau wie die Fahrer besser und schneller werden – es ist also nur eine Frage der Zeit.

Ich fahre liebend gern Dual Slalom, aber ich finde es relativ langweilig zum Zuschauen, und so geht das auch den Leuten, die zuhause sitzen und Fernsehen. Es gibt keine Möglichkeit für Kontakt oder Kopf-an-Kopf Überholmanöver. Deshalb gibt es keinen echten Unterhaltungswert für die Person zuhause. 4X wurde dieses Jahr großartig auf Eurosport übertragen, deutlich besser als Downhill, und ich denke das zeigt, das 4X etwas ist, wovon die Leute mehr sehen wollen.

Mittlerweile kennst du fast jeden Fahrer auf der World Cup Tour, bist gegen die meisten von ihnen gestartet: Welcher Fahrer hat im 4x die breitesten Ellenbogen? Wer ist am schwersten zu überholen oder auch nur zu kontrollieren?

Die breitesten Ellenbogen hatte vermutlich Eric Carter, er war jemand, bei dem ich es für unmöglich hielt, ihn zu überholen, er schien immer zu wissen wo du dich zu jeder Zeit befindest, wenn du überholen wolltest konnte er dich jedesmal abblocken. Heute glaube ich, das im 4X jeder Topfahrer schwer zu überholen und hinter sich zu halten ist. Die Zeiten in der Qualifikation sind dieses Jahr bei den Weltcups sehr eng gewesen, es gibt also viele Jungs, die etwa gleich schnell unterwegs sind, das macht es enorm schwer, zu überholen.

Als einer der wenigen Fahrer, die im Downhill und 4x antreten und dabei erfolgreich sind: Glaubst du, dass es möglich wäre, in beiden Disziplinen ganz vorne zu landen? Auf welcher Downhillstrecke fährst du am liebsten? Und wo fährst du am liebsten 4x?

Nein, ich glaube nicht, dass es möglich ist, sowohl im Downhill als auch im Fourcross an der Spitze zu sein. Man kann in beidem gut sein, aber das Training ist zu unterschiedlich, um der Beste zu sein. Das Training für maximale Beschleunigung und Kraft für 4X ist nicht gut für Downhill, wenn du nach 45 Sekunden fertig bist. Und du wirst nie 100% fit für 4X sein, wenn dein Hauptfokus auf Downhill liegt und es bei deinem Training darum geht, 5 Minuten schnell zu sein. Wenn du gleichwertig für eine gute Beschleunigung/Schnellkraft und gute Ausdauer trainierst, kannst du in beidem gut sein, aber du wirst weit vom Leistungsgipfel sein. Mein Fokus lag dieses Jahr auf 4X und meine DH-Ergebnisse haben darunter gelitten.

Mein Lieblingsstyle von DH-Strecke ist Mont Saint Anne, weit und offen, ich liebe es immer, dort zu fahren, es ist eher das, was ich von zuhause gewöhnt bin. Aber ich denke der Weltcup sollte auf verschiedeneren Strecken sein, wir scheinen nur noch auf Wurzeln und Matsch unterwegs zu sein. Mein letztes DH-Podium im Weltcup war 2005 in Angel Fire in den USA, ähnlich wie Saint Anne, aber super steinig und staubig, und das sind meine absoluten Lieblingsbedingungen. Es hat richtig Spaß gemacht, einige der europäischen Top10-Fahrer zu den Steinen und Staub rüber kommen und heftig straucheln zu sehen. Das ist es, womit ich aufgewachsen bin, nicht Matsch und Wurzeln. Es ist eigentlich unfair, dass wir auf Euro-Style Strecken für die wichtigen Rennen fahren müssen. Der Weltcup ist kein wirklicher Test für den besten Fahrer insgesamt, wenn wir nicht alle verschiedenen Terrains befahren.

Im 4X brauchen wir größere Sprünge und ruppigere Strecken, eigentlich sind alle Strecken unterdimensioniert. Ich meine es ist die größte Rennserie der Welt, also sollten wir die Limits der Fahrer mehr pushen, mal ganz davon abgesehen, dass es für Zuschauer spektakulärer wäre, und wir mehr Aufsehen außerhalb der Szene generieren würden. Ich denke Fourcross hat ein so enormes Potential, aber die Fahrer haben nicht die Chance zu zeigen, was sie können.

Als World Cup Gesamtsieger und Weltmeister hast du 2009 alles erreicht. Auf welches Rennen der Saison 2010 freust du dich besonders? Wie findest du es, dass nur noch sechs statt acht Rennen gefahren werden?

Ich freue mich auf alle Rennen! Jetzt bin ich noch motivierter, an der Spitze zu bleiben, als an die Spitze zu kommen. Ich merke, dass ich noch viele Gebiete habe, auf denen ich mich verbessern kann, und ich tue alles, was ich kann für 2010. Meinen Weltmeistertitel zu verteidigen ist das Ziel Nummer 1 ! Ich denke sechs Rennen sind in Ordnung, das macht mir keine Sorgen.

Viele Hobbyfahrer tendieren dazu, maßlos Geld für ihr Bike auszugeben. Wie wichtig ist beim 4x das Material?

Ich denke jeder Fahrer ist anders, gutes Material ist wichtig, aber es ist nicht das wichtigeste. Viel wichtiger ist, vernünftige Einstellungen zu finden, mit denen man vertraut und sicher unterwegs ist. Deshalb verändere ich mein Rad so gut wie gar nicht, weil jedesmal wenn du etwas tauschst, musst du dich wieder daran gewöhnen. Es braucht Zeit, ein gutes Setup zu finden, aber wenn du es einmal hast, halt daran fest! Obwohl ich schätze, dass ich da durchaus Glück habe, weil Yeti schon immer gute Co-Sponsoren für all unsere Komponenten hatte, ich kann mich nicht entsinnen, wann ich das letzte Mal mit einem Teil an meinem Fahrrad unzufrieden war.

Um noch ein bisschen mehr aus diesem Interview mitzunehmen, haben wir eine letzte Bitte an dich: Hast du einen realisierbaren Tip für uns Hobbyrennfahrer? Wie werden wir auf einer 4x-Strecke schneller? Worauf kommt es letzten Endes an?

Weich fahren und jedes Bisschen Geschwindigkeit aus der Strecke kriegen. Ich denke eine große Stärke, die ich habe, ist, das ich effizient auf meinem Rad bin: Ich verschwende keinerlei Energie für unnötige Dinge. Ein großer Drift sieht cool aus, aber es verschwendet Geschwindigkeit. Ich werde im Training ein paar Drifts raushauen, und eine Tonne Drifts, wenn ich zuhause in der Nebensaison unterwegs bin, aber niemals in einem Rennen.

Die Frage könnte auch heißen: Was kann Jared Graves, was die anderen nicht können?

Einen sehr guten Background aus BMX und DH, perfekt für 4X, und die Kenntnis über das Training, mit dem ich das meiste aus mir herauskriege. Nicht zu vergessen: Eine gute mentale Einstellung.

Danke Jared, frohe Weihnachten, und bis zur nächsten Ausgabe der Winterviews.

Bilder von JOHN-DOE, DH-Luza, GM210, nuts und Hoshi Yoshida

English Version attached

  1. benutzerbild

    Marc B

    dabei seit 07/2001

    Aufschlussreiches Interviewsmilie Ich freue mich auf die nächsten Winterviews.

  2. benutzerbild

    der5te

    dabei seit 03/2009

    smilie

    moin der jonny....der oli aus dortmund hier....endlich mal einer der das mit dem 3er verstanden hat...
  3. benutzerbild

    Lorenz-gr88

    dabei seit 01/2008

    Ich hätte gerne "eine Tonne Drifts".
    - Hier bitteschön. Und gib Obacht, dass du nix verschüttest...
    smilie

    Und "der Worldcup ist kein wirklicher Test.." muss es heisen.

    Sonst super Interview!!

  4. benutzerbild

    enter

    dabei seit 04/2009

    okay, wenn wir gerade dabei sind:

    ...aber dann leidet er ein bisschen, weil das Neue weg ist.


    klasse winterview! weiter so!

    grüße

  5. benutzerbild

    fivepole

    dabei seit 10/2005

    Für mich beste Interview der jungen Winterview Reihe.

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