Die amtierende Deutsche Meisterin im Downhill (Elite Damen) mischt schon seit ein paar Jahren unter den schnellsten Abfahrerin der Republik mit. 2010 erreichte die 22-jährige mit dem Titelgewinn bei der DM ein lange angestrebtes Ziel. In der kommenden Saison will sie einfach Spaß haben und das Biken genießen.

(Aufmacherfoto: Die Deutsche Meisterin mit selbstgestricktem Kopfschmuck)

Hallo Harriet. Vielen MTB-Interessierten bist du erst durch deinen Deutschen Meistertitel bei den Frauen 2010 bekannt geworden. Erzähl uns doch mal, wie dein Weg von den ersten Bike-Ausritten zur schnellsten Abfahrerin der Republik verlief.

Ich war schon immer viel mit den älteren Jungs zusammen erst haben wir Verstecken gespielt, sind dann Skateboard gefahren und dann auch Fahrrad. Aber als die Jungs dann alle auf den Moped-Trip waren, konnte ich nicht mitmachen – ich war einfach zu jung dafür. Ich habe mich entschlossen beim Biken zu bleiben. Mein erstes Bike war ein Chaka, ich glaube aber, dass es noch viele andere Namen hatte, weil es von mehreren Firmen produziert wurde. Jedenfalls habe ich es von meinem Bruder für 70 Euro abgekauft. Dann bin ich mein erstes Dual Rennen in Neustadt gefahren. Nach einem 3. Platz war ich heiss Rennen zu fahren, was mir mit meinem dahmaligen Verein auch sehr gut gelungen ist. Ich bin viel in Süddeutschland gereist und habe den Süddeutschen Dualcup gewonnen. Aber mein Traum war es schon immer Downhill zu fahren. Da alle Jungs in meinem Dorf aufgehört hatten zu biken und ich weiter machen wollte, suchte ich mir neuen Anschluss auf den Rederberch. Dort hat mich irgendwann mal ein Kumpel gefragt, ob ich nicht mal Downhill fahren will, sie wollten am Wochenende auf ein Rennen. Da habe ich natürlich nicht nein gesagt und ab ging’s… Schon bei meinem ersten Rennen bin ich Zweite in der Lizenklasse geworden. Ich habe dann ein Co-Sponsoring bei Zonenschein bekommen und bin mit meinen Kumpels von Rennen zu Rennen getingelt. Wahrscheinlich habe ich es ein bisschen im Blut gleich Gas zu geben und keine Angst zu haben. Das liegt vielleicht an den Jungs mit denen ich immer zu tun hatte.

Wie war das Feedback auf deinen Meister-Titel, hast du viele Mails und Anfragen bekommen?

Hier und da mal ein Interview, aber es war nicht so viel Trouble. Ich bin auch kein Mensch, der Sachen sehr hochpusht. Ich bin da eher eine stille Genießerin.

Wie gehst du mit den Unkenrufen um, die behaupten, dass dein DM-Titel nur aufgrund Antje Kramers Verletzung möglich geworden ist?

Klar, war sie nicht da und klar, es war ihre Strecke. Ich hätte jedoch vielleicht auch 2009 in Bad Wildbad gewonnen, wenn ich nicht diesen massiven Sturz gehabt hätte. Aber ich sage nur hätte, wenn und aber – that’s life. Bei den Jungs waren auch Schneidi und Benni Strasser nicht da und keiner hat davon geredet. Aber ich hoffe Antje und ich haben noch eine Möglichkeit unser kleines Duell in Bad Wildbad auszutragen, weil ungeschlagen, geht nicht.

Wie geht es mit deinem „OnThe Edge“-Team 2011 weiter?

Es geht so weiter wie gehabt. Unser Team wird weiter aus Josch und mir bestehen. Die Sponsoren bleiben zum größten Teil auch so. Ich denke aber es wird etwas stressfreier, da man erstmal so ein Team auf die Beine stellen muss und viel Planung und Organisation dazu gehört. So ein Aufwand lohnt sich nicht nur für ein Jahr.

Hast du eine Lieblingsstrecke unter den deutschen Kursen?

Deutsche Strecken sind natürlich nicht zu vergleichen, mit dem was es draußen auf der Welt gibt. Aber mein absoluter Favorit, wenn ich drüber nachdenke, wäre Garmisch. Die Strecke gibt es zwar nicht mehr, aber dort hat man gesehen, dass in Deutschland auch was gehen kann. Aber Ilmenau war dieses Jahr auch mega fett, der Staub…geil.

Schwarz-Rot-Gold im Unterholz – Harriet macht ihr schickes DM-Trikot dreckig.

Nur wenige Top-Fahrer können ihren vollen Lebensunterhalt durch ihren Job als Bikeprofi bestreiten. Wäre dies für eine gewisse Zeit ebenfalls ein Ziel? Was machst du bisher hauptberuflich?

Ich mache gerade eine schulische Ausbildung und das ist ganz lässig. Ich finde, im Sommer ist es schon fast wie ein „Bikeprofi-Leben“. Ich tingel von Rennen zu Rennen, zwischen durch mal schnell daheim neu gepackt und ein paar Wege erledigt und weiter geht’s. Ich denke, dass es aber vielen von uns so geht und es ist auch manchmal sehr anstrengend. Ich denke Bikeprofi zu sein ist oft kein leichtes Brot, weil immer Erwartungen an einen gestellt werden, man hat Verpflichtungen und vielleicht geht dann manchmal das eigentliche an unserem Sport verloren. Für mich ist die Freiheit wichtig, ob es nun in der Form eines Bikeprofis ist oder nicht, das werde ich sehen.

Zwei Dinge die du an deinem Leben als Bikerin noch erleben möchtest?

Ich möchte meinen perfekten Run, zur richtigen Zeit und am richtigen Ort haben. Und ich möchte mit mein Enduro-Bike viele schöne Trails auf der Welt heizen.

Was nervt dich an deinen jetzigen Jobsverhältnissen?

Mhh, Schule ist schon das beste was man machen kann.

Welcher Beruf ware für dich in Frage gekommen, wenn du einen ganz anderen Weg als den jetzigen genommen hättest?

Ich muss ehrlich sagen, Sport bedeutet für mich sehr viel. Sich in der Natur bewegen und gleichzeitig die Natur erleben und meine körperlichen Grenzen zu erfahren, das ist ein fantastisches Gefühl. Ich denke sonst hätte ich Sport-Management oder nur Sport studiert. Oder wäre ein Sportler in einer anderen Richtung geworden. Vielleicht mache ich auch eines davon – ich habe ja noch etwas Zeit.

Um Siege einzufahren, muss man einen ausgeprägten Wettkampfsinn haben. Hast du diese Eigenschaft geerbt oder wie kam es zu deiner professionellen Contest-Mentalität, sobald die Startampel grün aufleuchtet?

Ich habe schon sehr viel Ehrgeiz, aber der Spaß darf bei mir nicht verloren gehen, sonst habe ich sehr mit mir zu kämpfen.

Was müsste sich am DH-Sport deiner Meinung nach ändern, damit man Antje Kramer und Co bald wieder mehr im Fernsehen bestaunen kann?

Der Downhill-Sport ist wieder auf den besten Wege dahin. Auf Eurosport 2 kann man immer die Weltcups verfolgen, aber nicht alle empfangen den Sender – ich gehöre leider auch dazu. Der Sport ist so schnell gewachsen in den letzten Jahren und ich denke, dass sich alles von alleine entwickeln wird.

Du gehörst in Deutschland zu den besten Downhillerinnen – wann findest du genug Zeit zum Trainieren?

Ich nehme mir die Zeit – ja klar, ich habe auch viel. Aber ich denke manchmal ist weniger auch mehr. Vor allem im Winter habe ich Zeit dafür, mir ein Plan für den Sport zu machen. Im Sommer muss ich mich meist ausruhen von den Rennwochenenden, weil immer nur Gas geben macht sehr müde.

Die Worldcup-Strecken sind für manche Mädels schon zu krass. Wie kann man diese Problematik in den Griff bekommen – eine seperate Lady-Strecke bauen oder die krassen Passagen und Sprünge entschärfen?

Stimmt, manchmal muss ich schon grübeln. Ich meine, wir sind alle Downhillfahrer und haben uns den Sport ausgesucht. Wir fahren auf den Weltcup, um uns mit den Besten der Besten zu messen und dementsprechend werden auch die Strecken gebaut. Aber wenn ich dann manchmal die Mädels über die dicken Jumps fliegen sehe, muss ich auch erstmal schlucken. Aber wer gewinnen will, muss Springen, das ist mein Motto. Die Streckenbauer sollten jedoch Jumps nicht als wichtigstes Element sehen, ich finde eine Kurve oder ein Rockgarden machen viel mehr auf einer Downhillstrecke aus.

Welche Art der Strecken liegen dir besonders?

Schnell und steinig ist mein Favorit.

Frauen haben tendenziell weniger Kraft als Männer und sind häufig etwas vorsichtiger. Fährst du gerne mit Jungs, um von ihnen zu lernen bzw. ihre Linien auszuprobieren?

Ich fahre gerne mit Jungs, die sind leichter im Umgang und nicht so zickig wie es manchmal bei Mädels der Fall ist. Natürlich fahren die Jungs auch gute Linien, aber ehrlich gesagt ist das manchmal schon krass, was die für Linien ans Licht bringen. Oft habe ich auch gar nicht den Speed, die Sachen so zu fahren wie die Jungs. Bei mir eher Gleichgesinnten kann man sich natürlich auch gut austauschen und ich merke, dass ich nicht die Einzige bin, die hier und da zu kämpfen hat.

Trainierst du mit einem Coach oder organisierst du das Ganze alleine?

Ich mache gern mein eigenes Ding, schreibe mir auf was ich vor habe, belese mich und probiere es. Man muss schon eine sehr erfahrene Person haben, die sich in diesem Bereich des Trainings auskennt, wenn sie für jemanden einen Plan schreibt. Denn es gibt viele verschiedene Trainingsmöglichkeiten und jeder hat eine andere Meinung.

Bist du Jump-süchtig oder willst du stets die Reifen wieder auf dem Boden haben?

Ich glaube bei mir ist das Jumpen etwas zu kurz gekommen, ich habe da meine leichten Defizite. Aber nichts ist unmöglich, da muss ich noch bisschen an mir arbeiten!

Wenn du bei einem großen Bikevideo mitfahren würdest, welcher Song würde während deines Segments laufen?

„Dance with me“ von Nouvelle Vague – ein Song zum Entspannen…

Der wichtigste Tipp, den du einer Anfängerin geben würdest?

Man sollte das Gefühl mit dem Fahrrad zu genießen, probieren, was mit ihm möglich ist – der Spaß dabei ist ganz wichtig! Was mir geholfen hat, „Geschwindigkeit bringt Sicherheit“. Auch wenn es bei mir manchmal nicht geklappt hat, oft hat war es aber der Weg zur Lösung der kniffligen Stelle.

Gehst du auch ins Fitness-Studio oder ist das eher nicht dein Ding?

Ich war mal dort, aber die ganzen Muskeltypen waren mir etwas unsympathisch. Ich habe mir eins bei mir daheim eingerichtet, das sich gerade im Umbau mit Kletterspielzeug befindet.

Zack und schon ist sie wieder an einem vorbei gerauscht – Harriet liebt Speed!

Was sind deine Lieblings-Spots in der Heimat und Umgebung?

Achja der Lieblingsspot, natürlich: Bozi Dar. Ich glaube in Tschechien liegt meine zweite Heimat. Aber ich fahre auch gern auf unseren heimischen Strecken „Oitersdorfer Whistler“. Dort ist für jederman was dabei.

Was sind deine drei Lieblingsorte zum Biken weit weg von deiner Heimat?

Tschechien, Neuseeland und Kanada.

Was sind deine sportlichen Ziele für 2011?

Direkte Ziele habe ich nicht – mein Ziel ist es, wieder mehr Spaß auf dem Bike zu finden. Das habe ich dieses Jahr verloren. Ich war eigentlich nur auf Rennen unterwegs und es war am Ende der Saison eine Qual für mich mein Downhillrad anzufassen. Weil immer wenn ich unterwegs bin, will ich Leistung bringen – es war kein „wollen“, es war ein „muss“ für mich. Ich denke jedoch, dass mit dem Spaß auch der Erfolg kommt , das Talent ist vorhanden..

Welches Bike bewegst du am häufigsten?

Im Sommer mein Downhillbike. In der Offseason mein Enduro. Hochtreten, runterfahren.

Was 4X-Racing für dich jemals ein ernsthaftes Thema?

Ja, mit Dual Slalom und 4X habe ich angefangen, aber als ich auf Downhill aufmerksam geworden bin, wusste ich, was ich will!

Welches MTB-Event besuchst du am liebsten?

Es müssen keine Events sein. Ich mag es lieber relaxt an einem Feuer mit meinem Freunden auf dem Rennen zu sitzen.

Welche bekannte Person würdest du gerne zum Abendessen einladen?

Bekannte Person? Am liebsten sind mir meine Freunde, da interessiert mich wenigsten, was sie mir erzählen – eine bekannte Persönlichkeit kenne ich ja eigentlich gar nicht und meist ist sie auch nur ein Mensch. Vielleicht den Komiker „Charlie Chaplin“, für einen Spaß beim Abendessen.

Hattest du in der Jugend Idole oder Vorbilder im DH-Sport?

Anne Caro fand ich schon immer krass. Ich muss sagen, das ist sie immer noch. Ich meine, sie ist schon so schnell wie ein Mann und hat enorm viel im MTB-Bereich erreicht.

Was war für dich die wichtigste technische Entwicklung im MTB-Sport?

Vor allem finde ich, dass die Federelemente eine wichtige Entwicklung sind, weil mit ihnen kann man Sachen überwinden, die man manchmal nicht zu Fuß bewältigen könnte. Natütlich spielt das komplette Fahrrad dabei eine Rolle – in letzter Zeit befindet sich mein Bike auf einem Highend-Zustand.

Dein Lieblingsprodukt aller Zeiten (aus dem Bike-Bereich)?

Eine Lampe für die Nacht, sodass man den Tag auch im Winter in der Dunkelheit ausnutzen kann.

Fokussiert: Harriet mit aufmerksamen Blick auf der DH-Strecke in Winterberg

(Foto: Nachtradler)

Dein größter Erfolg?

Bis jetzt Deutsche Meisterin.

Deine größte Angst?

Zu stürzen, was bei mir jedoch kaum vorkommt.

Was war dein bestes Sporterlebnis im Jahr 2010?

Ich habe das Skifahren für mich entdeckt.

Was macht Harriet Rücknagel in 10 Jahren?

Das Leben genießen.

Dein/e aktueller Lieblingsfahrer/in unter den Bikeprofis?

Danny Macaskill – der macht so dicke Moves und es sieht so leicht aus. Ist es aber natürlich nicht.

Welche Reise mit dem Bike ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Wenn ich so darüber nachdenke, jede Reise hat etwas Spaßiges. Vor allem die Reisen mit meinem Kumpels, die mich zum Downhillsport gebracht haben, waren und sind immer die lustigsten Ereignisse.

Welche drei Eigenschaften sagt man dir nach?

Spontan, ein bisschen zerstreut und nachdenklich, aber das würde ich selbst von mir sagen. Ich weiss nicht, was die anderen denken, aber jeder denkt was er will und bildet sich seine eigene Meinung.

Welchen Spruch sagst du zu häufig?

Also wir Ossis haben ja viele komische Wörter und Sprüche und man kann uns manchmal sehr schlecht verstehen. Dieses Jahr war es: „Das ding ist,….keine ahnung…“

E-Bikes sind…

…für eine entspannte Runde zu haben, aber erst in 50 Jahren, wenn ich nicht mehr anders kann.

Heiraten ist für dich…

Braucht man das? Spontan würde ich sagen nein, ich kann auch mit jemanden gebunden sein ohne ein Ring. Aber vielleicht drehe ich doch mal frei.

Deutsche Bikeparks sollten…

….nicht so viel bauen, mehr Naturstrecken abstecken.

Danke für das Interview und viel viel Spaß auf dem Bike weiterhin!

Die Webseite von Harriets Team „On The Edge“:

www.ontheedge-team.com

  1. benutzerbild

    Mitglied

    dabei seit 12/2015

    Was hast Du eigentlich für ein Problem mit der Guten? Neid? Ankes' Lakaie?
    Respekt an Harriet für ihre Leistung und gutes Interview.

  2. benutzerbild

    cycleman

    dabei seit 12/2002

    Schülerin mit 22?smilie Und um welche "schulische Ausbildung" es sich handelt, erfahren wir nicht. Muß aber was tolles sein, denn in 10 Jahren will sie nur noch das Leben genießen...smilie

    Man.....sie musste sich 2 Jahre Auszeit nehmen um ihren Kopfschmuck zu hekeln. Du bräuchtest dafür garantiert längersmilie
  3. benutzerbild

    HiFi XS

    dabei seit 04/2007

    Kopfbedeckung smilie who cares? Wo sind die bewegte Bilder?

  4. benutzerbild

    Marc B

    dabei seit 07/2001

    Kopfbedeckung smilie who cares? Wo sind die bewegte Bilder?

    Hier kommt Harriet mit Kopfschmuck direkt am Anfang zu Wort:

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