Was entsteht, wenn ein CFK-Spezialist, der sonst Bugatti, Red Bull Racing und Porsche bestückt, ein Fahrrad baut? Die Antwort auf diese Frage lieferte der schwäbische Hersteller UBC auf der Bike ISPO Ende August – das Coren.

Herausforderung für die Ingenieure: Der Knick im Oberrohr

Coren – der altenglische Begriff steht für den „Auserkorenen“, eine durchaus passende Wahl für dieses extravagante Urban-Bike. Auffällig sind sowohl das Design, welches von UBC-Designer Christian Zanzotti ohne Rücksicht auf technische Machbarkeit entwickelt wurde, und die Umsetzung seines Entwurfs. Braucht so viel Eleganz einen Grund?

Das Coren kann mit 26" und 28" aufgebaut werden.
# Das Coren kann mit 26″ und 28″ aufgebaut werden.

Objektiv betrachtet ja, und die Schwaben haben einen guten Grund für dieses Produkt: Es soll ihre Kompetenz in Design, R&D und Fertigung eindrucksvoll zur Schau stellen. Ihr Problem nämlich bisher: Zwar fertigt man aufwändigste Teile in höchster Präzision, doch darf man sie niemandem zeigen – schließlich läuft ein Spoiler für Red Bull Racing unter höchster Geheimhaltungsstufe, ähnliches gilt für die meisten Kunden von UBC. Außerdem „übersehen viele, das wir hier an unserem Standort in Deutschland nicht nur fertigen, sondern auch designen, entwickeln und konstruieren“, sagt Coren-Entwickler Marco Noack.

Wie aus einem Guss: Oberrohr und Sitzstreben.
# Wie aus einem Guss: Oberrohr und Sitzstreben.

Bei der Umsetzung des Fahrradrahmens ging man dann vor,  wie man es gewöhnt ist: Hochzugfeste T1000-Carbonfasern, die sonst in Formel 1-Monocoques verwendet werden, minimale Toleranzgrenzen, maximale Präzision. Der Bau des Rahmens allein erfolgt in 40 Stunden Handarbeit, das Auftragen der 8 Lagen Klarlack nicht weniger als 20 weitere. Die gesamte Fertigung verläuft nach Motorsport-Standards im Reinraum, eine vollständige Dokumentation von Herkunft, Materialien, Qualität und beteiligten Mitarbeitern ist selbstverständlich.

7,7kg wiegt der exklusive Stadtflitzer.
# 7,7kg wiegt der exklusive Stadtflitzer.

Das Design des Bikes: Außergewöhnlich, das Auge bleibt sofort an den unheimlich dünnen Rohrquerschnitten haften, genießt die perfekten Lichtreflexe am klavierlackähnlichen Lack. Die sind kein Zufall, sondern technische Finesse: Eine Geometrie in Straken zu modellieren, ist in Automobilbau und Schifffahrt zwar üblich, für ein Fahrrad aber wohl ein absolutes Novum. Das Ergebnis: Auch die kleinsten Details stimmen ungewöhnlich gut.

Fertigung im Reinraum - Garant für höchste Qualität.
# Fertigung im Reinraum – Garant für höchste Qualität.

Herausforderung für die Ingenieure war der ungewöhnliche Knick im Oberrohr – bei Normtests tritt hier eine enorme Belastung auf, doch durch die passende Faserorientierung und Auslegung ist das Coren kein reines Anschauungsobjekt, sondern besteht jeden Test. Das Komplettbike bringt dabei 7700g auf die Waage, als Singlespeeder versteht sich. Daneben sind auch ein Fixie und ein Pedelec zu haben, an allen dreien setzt man die Konsequenz des Rahmens an den Anbauteilen fort:
Egal ob Schmolke, Tune, BOR oder Trickstuff – sie alle liefern ihre Teile zu, und zwar in passendem Schwarz – schlicht, ohne störende Schriftzüge. Schlicht ebenfalls: Gates Carbondrive und Enve Laufräder.

Den Vorbau fräst man selbst - weil man keinen passenden fand. Optional: Die integrierte Rückleuchte. Versteckt: Der Riemenspanner 8 Lagen Klarlack, nur ein Schriftzug: Coren
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Wie durchdacht das Bike wirklich ist, zeigen die Ausfallenden mit integriertem Riemenspanner und der Aufbau des Rahmens. Die Alufrästeile, deren Schlitten über eine versteckt liegende Schraube verschoben werden kann, um die Achse zu verschieben, werden in Titaneinsätze im Carbonrahmen geschraubt. Dadurch lässt sich der Rahmen öffnen und der Riemen spannen. Herzstück der Konstruktion sind drei Teile: Oberrohr- und Sitzstrebenverbund, das Unterrohr mit Innenlager und Kettenstreben wie das Sitzrohr. Durchdacht gelöst ist beispielsweise die Verbindung von Oberrohrzug und Sitzrohr – eine dünne, eingeklebte Lasche – diese funktioniert, genau wie der Querlenker am Formel 1-Auto, als „Blattfeder“, wodurch es sich auf dem mit feinstem Leder bezogenen Sattel bequemer sitzen soll…

Die Verbindung von Sattel- und Oberrohr: Blattfedermäßig Edelste Anbauteile: Cleg, Schmolke Coren - altenglisch für "auserkoren" Schlicht: Gates Carbondrive coren 006
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Ein Rad, das die Welt nicht braucht? Mag sein. Schön zu sehen, was möglich ist, wenn? Definitiv. Wer bereits einen Bugatti sein Eigen nennt, findet mit dem Coren eines der wenigen Räder, die daneben in der Garage eine gute Figur machen. Zu dieser Vorstellung passt auch der Preis von 25.000€ – dafür darf man dann auch bei der Produktion zuschauen und jeglichen Extrawunsch los werden.

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„Alles, was das Coren ausmacht, scheint wider die Vernunft. Der Mut der Verantwortlichen, es dennoch zu realisieren, wurde auf der ISPO mit dem ISPO Brand New Award 2012 belohnt.“

UBC Coren von nuts – mehr Mountainbike-Videos

Unsere Meinung: Interessant zu sehen, was möglich ist, wenn sich ein Motorsport-Zulieferer des Themas Fahrrad annimmt. Aber eines muss doch wohl klar sein: Carrera GT-Fahrer brauchen auch ein passendes Mountainbike, oder?

Zwei Dinge noch:

  1. Das Coren hat auch eine eigene Homepage: www.ubc-coren.com
  2. UBC ist auch die beste mir bekannte Adresse, wenn es darum geht, beschädigte Carbon-Rahmen (Steinschlag, Bremshebel an Oberrohr, Fahrradgepäckträger,…) reparieren zu lassen. Die Jungs verstehen ihr Handwerk so gut, dass man hinterher vom Schaden kaum noch etwas sieht und der Rahmen wieder voll belastbar ist.
  1. benutzerbild

    Piktogramm

    dabei seit 05/2008

    Aalex: Wenn in der Großserienfertigung mit deren üblichen Qualität des Laminats durch Schwanlungen ein derart leichter Rahmen entsteht würde ich mich zu erst fragen, ob da nicht irgendwer etwas vergessen hat.
    Ansonsten, jo Spin gibt 750g für das leichteste Modell an natürlich mit Schwankung für die möglichen Anpassungen. In Summe ist es jedoch in meinen Augen jedoch so, dass die Rennrad Rahmen langsam an die Grenze des sinnvollen Leichtbaus kommen.

  2. benutzerbild

    Aalex

    dabei seit 06/2007

    naja es gibt schon einige addicts mit um die 700 Grämmer, oder weniger.

    Und meiner ist schon einige 10k km alt, hält bis dato super.

    aber klar. 650-700 ist arg grenzwertig. groß wegschmeißen, oder umfallen lassen darf man sowas nicht. sonst ist es hin.
    meine schleuder ist aber schon diverse mal umgefallen ohne zu murren.

    nichts desto trotz hätte ich von ax-lightness mehr erwartet.

  3. benutzerbild

    phwi

    dabei seit 06/2010

    was wurde eigentlich aus diesem projekt?

  4. benutzerbild

    evil_rider

    dabei seit 01/2002

    eine weitere eher langweilige variation zum thema diamand-rahmen; als gebe es davon nicht genug. es gibt eine menge sehr guter und interessanter design-ansätze, das ist keiner davon. [Bild] [Bild]

    ohne den motor, wäre das noch ne geile zeitfahrmaschine... bei timetrial bikes darfs ruhig massiv techno sein, das design! smilie
  5. benutzerbild

    Geisterfahrer

    dabei seit 02/2004

    Auch in der Schweiz gibt es einen Art. 262 Schweizerisches Strafgesetzbuch... smilie

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