Die XTR wird elektrisch: Mit der neuen Shimano XTR Di2 (M9050) zeigt Shimano die erste elektrisch betätigte Mountainbike-Schaltung, die die für 2014 neu vorgestellten XTR-Komponenten der M9000er Serie ergänzt. Die Vorteile der elektrischen Di2-Plattform sollen extrem präzise, schnelle, leichtgängige und konstante Schaltvorgänge unter allen Bedingungen sein. Dabei soll der integrierte Akku lang genug halten, um auch einen Alpencross durchschalten zu können. Alle Informationen zur neuen elektrischen Shimano XTR haben wir in diesem Artikel für euch zusammengefasst – einen Test mit Eindrücken aus der Praxis werden wir liefern sobald die Komponenten verfügbar sind.
Shimano XTR Di2 (M9050)
In aller Kürze
Die neue Shimano XTR Di2 ist die erste elektronische Mountainbike-Schaltung. An Stelle einer mechanischen Verbindung zwischen Schalthebel und Schaltwerk / Umwerfer werden die Schaltimpulse elektrisch übertragen. Hierdurch ermöglicht Shimano eine 100% präzise Steuerrung der Schaltelemente und darüber hinaus eine gezielte Programmierung der Schaltung. Durch die eingesparten mechanischen Bauteile soll unter allen Bedingungen ein besseres Schaltergebnis erreicht werden. Die neu entwickelte Shimano Syncro Shift Option erlaubt es dabei, dass über nur einen Schalter sowohl das Schaltwerk, als auch der Umwerfer geschaltet werden können. So soll zu jeder Zeit die bestmögliche Kettenlinie er 2×11-fach Schaltung ermöglicht und die Effizienz gesteigert werden.
# Elektrisch schalten: Über die XTR Di2-Schalthebel (SW-M9050)…
# … wird das neue XTR Di2 Schaltwerk (RD-M9050-GS) angesteuert.
FIREBOLT Schalter statt RAPID FIRE Schalthebel
Über Jahre hinweg ist Shimano mit den Rapid Fire-Schalthebeln in der Ergonomie führend gewesen. Für die neue Shimano XTR Di2 mit elektrischer Ansteuerung ist nun eine grundlegende Überarbeitung fällig geworden: Da kein Zug mehr mechanisch bewegt werden muss, sondern über einen elektrischen Schalter der Schaltvorgang ausgelöst werden kann, haben die neuen FIREBOLT genannten Schalter der XTR Di2 kaum noch etwas mit den bekannten mechanischen Schalthebeln zu tun. Shimano hat die neuen Gestaltungsmöglichkeiten genutzt und gemeinsam mit Ergonomieexperten und Testfahren solange an den Schaltern gefeilt, bis ein bestmöglicher Schaltkomfort erreicht worden sein soll. Kurze Bedienwege, kompakte Abmessungen und einfach zu erreichende Tasten mit deutlichem taktilen Feedback sollen dafür sorgen, dass die Bedienung der Di2 möglichst einfach und sicher ist.
# Die Shimano XTR Di2 Firebolt Schalthebel bauen schmaler als die bisherigen Schalthebel und sollen so flexibler am Lenker zu montieren sein.
# Vorserie: Diese Funktionsmuster sind genutzt worden, um Ergonomie und Funktion zu testen.
Neue Möglichkeiten erlauben die Shimano XTR Di2 Schalter auch am Lenker: In montiertem Zustand sind sie kaum breiter als die Klemmung selbst und erlauben so eine flexiblere Anordnung der Bremsgriffe und Lenkerfernbedienungen.
Programmierbares Schaltlayout – Die Multi-Shift-Funktion
Ein kompakterer Schalter oder der Entfall von Schaltzügen allein sind jedoch noch lange nicht die wichtigsten Vorteile einer elektronischen Schaltung. Shimano verspricht, dass über die Programmierbarkeit der XTR Di2 die für den individuellen Fahrstil und die individuellen Ansprüche optimale Schaltlogik realisierbar sein soll. Die dazu verwendete Technologie basiert auf den bekannten Di2-Rennradgruppen und dem Shimano E-Tube-Kabelsystem, das sowohl Informationen als auch Energie zwischen den einzelnen Komponenten leitet. So kann beispielsweise nach Belieben das Schaltwerk dem rechten oder linken Hebel zugeordnet werden oder auch die Multi-Shift-Funktion programmiert werden: In dieser Einstellung wird die programmierte Anzahl an Gängen geschaltet, sobald der Schalter gedrückt gehalten wird. Ob nur ein, zwei oder alle elf Gänge geschaltet werden, ist dabei Programmierungssache. Ebenso kann der Fahrer individuell Einfluss auf die Schaltgeschwindigkeit nehmen.
Shimano Synchro Shift Option
Die wichtigste Neuerung an der Shimano XTR Di2 Schaltung ist in den Augen der Japaner jedoch nicht die Programmierbarkeit, sondern eine „Synchro Shift“ genannte Option. Über 20.000 Testkilometer wollen die Shimano-Ingenieure gefahren sein, um die am häufigsten benutzten und effizientesten arbeitenden Gangkombinationen unter allen Bedingungen zu ermitteln. Das Ergebnis ist, dass bei der Shimano XTR Di2 das Schaltwerk und der Umwerfer über einen einzigen Schalter bedient werden können.
Wie die Shimano Synchro Shift-Funktion für 2×11 und 3×11 genau funktioniert lässt sich in diesem Video deutlich nachvollziehen:
Um die Synchro Shift-Funktion zu ermöglichen erkennt der Umwerfer permanent die Position des Schaltwerks und führt automatisch entsprechende Schaltvorgänge aus, um ständig die effizienteste Übersetzung und die ideale Kennlinie zu gewährleisten. Der Fahrer kann dabei zu jeder Zeit den einen verbliebenen Schalter betätigen und soll sich darauf verlassen können, dass die Elektronik den gewünschten Schaltvorgang ausführt – ungeachtet dessen, ob dazu nur das Schaltwerk oder aber Schaltwerk und Umwerfer bewegt werden müssen.
Ab Werk werden zwei verschiedene Einstellungen für die Synchro Shift-Funktion angeboten, die als Standard zur Wahl stehen. Durch die E-Tube-Technologie kann der Modus jedoch jederzeit geändert werden und darüber hinaus auch ein manuell programmiertes Schalt-Layout aktiviert werden. So soll die volle Flexibilität erhalten und die Vorteile des Systems effektiv genutzt werden können.
Das Systemdisplay der XTR Di2
Wo Elektronik ist, da ist eine Steuerung. Im Falle der XTR Di2 gibt es als Systemschnittstelle ein Systemdisplay, über das alle wichtigen Informationen wie Ladezustand, Gangposition und Schaltmodus (Manuell oder Synchro) angezeigt werden. Über einen Auswahlknopf direkt am Gehäuse können die Schaltmodi während der Fahrt gewechselt werden.
# Alle Informationen im Blick: Das Systemdisplay der XTR Di2 (SC-M9050) zeigt den aktuellen Gang, den Schaltmodus und den Akkustand an. Zusätzlich dient es als Lade- und Programmierschnittstelle
Gleichzeitig dient die Displayeinheit als Ladeanschluss und als Verbindungsport für die E-Tube-Software. Über drei E-Tube-Steckplätze können periphere Systemkomponenten angeschlossen werden. Hierzu kann unter Anderem auch das Fox Federungssystem gehören.
Die Stromversorgung der XTR Di2 M9050 wird von den aus dem Rennradbereich bekannten Akkus übernommen: Der externe SM-BTR1 und der intere SM-BTR2.
Umwerfer und Schaltwerk
Elektronik gut und schön, doch wie werden die elektrisch ausgelösten Schaltbefehle umgesetzt? Die neuen Shimano XTR Di2 Schaltwerke und Umwerfer basieren auf der im Frühjahr vorgestellten neuen 11-fach Shimano XTR Gruppe. Der Di2-Umwerfer soll dank neuer Kinematik doppelt so kraftvoll schalten wie der aktuelle M980 Umwerfer und so auch bei hoher Last zuverlässige, schnelle und reibungslose Schaltvorgänge ermöglichen. Das Di2-Schaltwerk verfügt über eine weiterentwickelte Shadow+ Technologie, bei der der Reibungsdämpfer nicht nur per Kippschalter ein- und ausgeschaltet werden kann, sondern auch per Inbus-Schraube in seiner Stärke eingestellt werden kann. Wie diese Einstellung vorgenommen wird, zeigt das folgende Video:
Gesteuert werden Schaltwerk und Umwerfer über die neuen FIREBOLT Schalter. Eine Besonderheit des neuen Umwerfers ist nicht nur, dass er im Synchro Shift-Modus automatisch mit dem Schaltwerk zusammen arbeitet und über einen einzigen Schalter bedient werden kann, sondern dass er über die Auto-Trimm-Funktion auch minimale Anpassungen bei Schaltvorgängen am Schaltwerk vornimmt. So soll zu jeder Zeit die korrekte Position zum jeweiligen Ritzel oder Kettenblatt eingestellt werden, wodurch der Antrieb zuverlässiger und effizienter funktionieren soll.
# Der Shimano XTR Di2 Umwerfer (FD-M9070)
# Und das passende Shimano XTR Di2 Schaltwerk (RD-M9050-GS)
# Das Schaltwerk als Prototyp: Bereits voll funktionsfähig aber noch weit von einem finalen Design entfernt…
# Optisch sind Prototypen wie dieser jedoch immer wieder spannend zu sehen – 100% spanende Fertigung sorgt und ein hoher Abstraktionsgrad sorgen für echten Oldschool-Look.
Reduzierter Wartungsaufwand – und die Sache mit dem Akku
Ein elektrisches System soll weniger wartungsaufwändig sein? Shimano sagt ja und begründet diese Aussage damit, dass bei der XTR Di2 keinerlei Wartungsarbeiten im Betrieb notwendig werden. Unabhängig der Witterungsbedingungen soll die Schaltung konstante Funktion bieten und dadurch, dass sich elektrische Leitungen nicht setzen können soll auch ein Nachstellen der Schaltung vollständig entfallen.
Die eigentliche Schwachstelle der neuen XTR Di2 ist dennoch der Akku. Sobald das Lithium-Ionen-Pack leergesogen ist, ist Schluss mit Schalten: Die Schaltung lässt sich dann nicht mehr bewegen. Doch bis es soweit ist, vergeht einige Zeit. Pro Ladezyklus (eine volle Ladung braucht ca. 90min) sollen je nach Schaltverhalten und Temperatur bis zu 2000km zurück gelegt werden können. Die Sorge über einen leeren Akku ist also nur teilweise berechtigt. Wer die Zeit findet, um sein Smartphone oder andere Trainingshilfen zu laden, sollte es auch schaffen, vor langen Touren den Akku der XTR Di2 aufzuladen und so dem Antriebs-Blackout zu entgehen.
Den Erfahrungen mit der Dura Ace Di2 aus dem Rennradbereich (seit 2009 im Programm) nach zu schließen könnte dieses Konzept aufgehen – unser Praxistest wird zeigen, wie die Shimano XTR Di2 sich auf dem Trail über einen längeren Zeitraum hinweg schlägt.
Gewichte – Was wiegt die XTR Di2?
- Shimano XTR Di2 Umwerfer – FD-M9070 D-Type: 115g
- Shimano XTR Di2 Schaltwerk – RD-M9050-GS: 289g
- Shimano XTR Di2 System-Display – SC-M9050: 30g
- Shimano XTR Di2 Schalthebel – SW-M9050: 64g
Shimano XTR / XTR Trail (M9000 / M9020)
Die 2014er Komponenten der rein mechanischen (und hydraulischen) Shimano XTR und XTR Trail Gruppen sind bereits Anfang April der Öffentlichkeit präsentiert worden. Die ausführlichen Informationen zur neuen XTR Kurbel, den stark verbesserten Umwerfern und der 11–40er 11-fach Kassette findet ihr in folgendem Artikel: Link.
# Die neu vorgestellte Shimano XTR Kurbel (FC-M9000). Wie hier gezeigt mit zwei Kettenblättern (z.B. 36-26) oder mit einem einzelnen Kettenblatt erhältlich.
# 1×11 von Shimano: Mit der neuen Shimano XTR Kassette (CS-M9000) und 11-40 Zähnen möglich, wenn auch weniger breit gespreizt als bei einer 11-fach Kassette von Sram. Dafür passt diese Kassette auf konventionelle Freilaufkörper.
# Die neue Shimano XTR Bremszange (BR-M9000): extra leicht aus Magnesium.
Meinung @MTB-News.de
Das zunehmend Komponenten am Fahrrad elektrisiert werden, scheint ein nicht aufzuhaltender Trend zu sein. Doch anstatt sich der Innovation zu verweigern sollten wir uns überlegen, inwiefern die Elektronik den Fahrspaß steigern kann. Zweifelsohne ist ein Elektromotor als Hilfsantrieb anders zu bewerten als eine elektronisch gesteuerte Federgabel oder nun – im Falle der neuen Shimano XTR Di2 – eine elektronisch kontrollierte und gesteuerte Schaltung. Wer schon einmal eine elektrische Rennradschaltung von Shimano gefahren ist (Dura Ace Di2 oder Ultegra Di2) der weiß, wie effizient und schnell dieses System schalten kann. Bei unserem ersten Einsatz auf der Rolle zeigte die neue XTR Di2 ein entsprechendes Verhalten – hier lohnt sich eine Probefahrt. Hinzu kommt, dass mit der Shimano Synchro Shift-Funktion eine spannende Neuerung in der Steuerung implementiert ist. Schaltwerk und Umwerfer arbeiten hier elektronisch kontrolliert zusammen und ein einzelner Hebel genügt, um die jeweils gewünschten Schaltvorgänge möglichst effizient durchzuführen. Das ist für den normalen Sportler eine praktische Vereinfachung der Bedienung und für den Profi eine Effizienzsteigerung. Denn mit der Entscheidung, für die XTR Di2 bei einem 2×11-fach Antrieb zu verbleiben, ermöglicht Shimano auch in den kleinen Gängen eine engere Stufung der Übersetzung. So bleibt zwar der Umwerfer am Bike, doch für den Cross Country-Sport ist das weniger ein Problem als für den ambitionierten Enduro-Piloten.
Mit der Einführung der 2×11-fach Shimano XTR Di2 nimmt Shimano damit einen stärkeren Fokus auf die Cross Country-Fraktion vor. Doch wer die elektronische XTR als 1×11-fach aufbaut und mit der eingeschränkten Übersetzungsbandbreite der 11-40er Kassette leben kann, wird auch an seinem All-Mountain oder Enduro-Bike in den Genuss der schnellen und unter allen Bedingungen präzisen Schaltvorgänge kommen.
Elektronik am Mountainbike ist also das nächste große Ding? Persönlich liebe ich das Mountainbike dafür, dass es ein weitestgehend wartungsarmes System ist und auch dann noch funktioniert, wenn die Einstellungen nicht perfekt und die Bedingungen widrig sind. Mit der XTR Di2 wird die Kontrolle des Akkus vor Abfahrt notwendig – doch bei der zu erwartenden Laufzeit sollte dieses Problem eher gering ausfallen. Viel wichtiger: die Schaltung arbeitet immer sauber und lässt sich auch von Matsch nicht beeindrucken. Es gibt keine Züge, die sich längen können. Damit ist klar, die Shimano-Eletronik die Gründe, für die ich das Mountainbike liebe, nicht unterwandert. Sie verstärkt sie sogar teilweise noch. Bleibt nur noch die Frage nach dem Preis…
Weitere Informationen
Quelle: Pressemitteilung Shimano
Online: Shimano XTR Microsite
Bilder: Pressemitteilung Shimano
Text & Redaktion: Tobias Stahl, MTB-News.de 2014
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