Mit leichtem, minimalistischem Gepäck auf Tour zu gehen und dabei Strecken auch abseits bekannter (Fern-)Radwege zu erkunden, ist etwas, das zunehmend mehr und mehr Biker begeistert. Nicht zuletzt beweist die immer größer werdende Anzahl an Selbstversorger-Events wie der Grenzsteintrophy oder der Tuscany Trail: Bikepacking liegt im Trend!
Für diese Art von Radreisen, deren Name sich von „Backpacking“ ableitet, wird meist auf gepäckträgerlose Taschensysteme zurückgegriffen, die direkt am Bike sowie an den Anbauteilen befestigt werden und sich kaum auf die Breite des Bikes auswirken. Dadurch wird das Zusatzgewicht ausgewogen verteilt und die Geländegängigkeit bleibt erhalten, sodass auch Singletrails problemlos in die Tourenplanung integriert werden können.
Während in den letzten Jahren die Anzahl kleiner Hersteller und Manufakturen, die speziell auf Bikepacking abgestimmten Taschensysteme auf den Markt brachten stetig stieg, blieb es um die Firma Ortlieb, deren Name fast schon als Synonym für Radtaschen gilt, in diesem Zusammenhang eher still. Dies ändert sich in diesem Frühjahr: Mit dem Handlebar-Pack, dem Seat-Pack und dem Accessory-Pack stellen die Mittelfranken eine Produktreihe vor, die sich explizit an Bikepacker richtet. Die Eckdaten? Robuste Materialien, garantierte Wasserdichtigkeit sowie der altbewährte Rollverschluss.
Alle weiteren Infos liefert unser erster Eindruck. Die Bikepacking-Serie umfasst Seat-Pack, Handlebar-Pack, Accesory-Pack und Frame-Pack, alle Produkte sind ab Mitte April 2016 lieferbar. Lediglich ein Frame-Pack folgt erst 2017.
Ortlieb Seat-Pack
Der Handlebar-Pack basiert auf einem Drybag aus abriebfestem, planenartigem Material, das auch beim Alpencrossrucksack MountainX sowie beim Seat- und Accessory-Pack Verwendung findet. Er verfügt über eine beidseitige Öffnung, die besonders das Beladen mit relativ großen, aber komprimierbaren Gegenständen wie einem Zelt oder Schlafsack erleichtert. Der Durchmesser des Handlebar-Packs ist großzügig dimensioniert, wodurch er auch bei der Verwendung an Dropbars ausreichend Stauraum bieten dürfte.
Die Montage gestaltet sich unproblematisch und erfolgt mittels zweier robuster Klettgurte, die um den Lenker gelegt werden. Zwei Kompressionsgurte mit Klickverschluss fixieren die Klettverschlüsse zusätzlich und verhindern ein unbeabsichtigtes Öffnen. Bevor man den Handlebar-Pack montiert, sollte jedoch unbedingt die benötigte Anzahl der 8 mitgelieferten Schaumstoffspacer zwischen Lenkertasche und Lenker platziert werden, um eine Quetschung von Leitungen und Kabeln zu vermeiden. Ein durch das Schlaufenband auf der Rückseite der Lenkertasche und um das Steuerrohr oder die Gabelkrone geführtes Klettband sorgt für einen wippfreien, festen Sitz, ein weiterer Schaumstoffspacer schützt den Rahmen sowie die Tasche vor Beschädigungen durch Reibung.
An der Front verfügt der Handlebar-Pack über einen durch vier Haken geführten Gummizug sowie über zwei Kompressionsriemen, die mit Metallhaken in Nylonschlaufen auf der Oberseite eingehängt sind. Kombiniert dürfte sich beides gut für das sichere Verstauen von Zeltstangen oder Trekkingstöcken am Bike eignen.
Schön ist, dass diese Möglichkeit auch dann noch bestehen bleibt, wenn sich der Accessory-Pack an der Front des Handlebar-Packs befindet. Ebenfalls bestehen bleibt in diesem Fall die Sichtbarkeit der beiden Reflektoren, die sich an der Vorderseite der Lenkertasche befinden. Hier hat Ortlieb mitgedacht und das Lenkertaschensystem sehr gut aufeinander abgestimmt.
- Material: Nylongewebe, PU (PS21R)
- Volumen: 8-16,5 L
- Gewicht: 430 g
- Farben: schiefer
- Preis: 129,95 €
Ortlieb Handlebar-Pack
Der Seat-Pack macht optisch wie haptisch einen absolut robusten Eindruck. Er verfügt über zahlreiche sinnvolle Features und Details, die bereits beim Anbringen der Satteltasche positiv auffallen: So verfügt die Rückseite der Klettbänder, mit denen der Seat-Pack an der Sattelstütze befestigt wird, über eine weiche Gummibeschichtung, die nicht nur ein Verrutschen verhindern, sondern auch die Sattelstütze vor Abrieb schützen soll.
Das vordere Drittel des Seat-Packs ist mit einer Versteifung ausgestattet, die dafür sorgt, dass der Seat-Pack formstabil bleibt und zweckmäßig – schwere, kompakte Gegenstände sollten möglichst nahe an der Sattelstütze untergebracht sein – bepackt werden kann.
Auf der Unterseite befindet sich im hinteren Bereich ein gut 25cm langes geschlitztes zur Anbringung eines Rücklichts. Für zusätzliche Sicherheit bei schlechten Sichtverhältnissen sorgen zudem vier Reflektoren, deren Sichtbarkeit kaum davon beeinflusst wird, wie oft man den Rollverschluss umschlägt.
Ein Gummizug, der sich über etwa zwei Drittel der Oberseite erstreckt, hält leichte und relativ flache Gegenstände wie Flipflops sicher fest und ermöglicht es, feuchte Kleidungsstücke während der Fahrt trocknen zu lassen. Ein Ventil, über das überschüssige Luft aus dem Inneren gedrückt werden kann, ist das unscheinbare Highlight des Seat-Packs. Dadurch bleibt die Satteltasche möglichst kompakt und seitliche Bewegungen werden eingeschränkt.
Als i-Tüpfelchen für den Einsatz bei Langstreckenrennen wäre noch eine spezielle Aufnahme zur Befestigung eines SPOT-Trackers auf der Oberseite der Satteltasche wünschenswert gewesen, ihr Fehlen schmälert den hervorragenden Gesamteindruck jedoch keineswegs.
- Material: Nylongewebe, PU (PS21R)
- Volumen: 15 L
- Gewicht: 417 g
- Farben: schiefer
- Preis: 99,95 €
Accessory-Pack
Der Accessory Pack ist multifunktional: Zum einen lässt er sich an den vier Haken an der Vorderseite des Handlebar-Packs einhängen und bietet so zusätzlichen Stauraum an der Front des Bikes. Somit ist der Accessory-Pack ideal für Dinge, auf die man unterwegs schnellen und unkomplizierten Zugriff benötigt, wie zum Beispiel Snacks, Kartenmaterial, das Multitool oder eine kompakte Windjacke.
Zum anderen kann man den Accessory-Pack solo mit zwei robusten Klettgurten am Lenker befestigen und ihn als Lenkertasche nutzen. Ein weiterer Klettgurt wird wie auch beim Handlebar-Pack um das Steuerrohr des Rahmens oder die Gabelkrone geführt und verhindert ein Auf- und Abwippen der Tasche.

Zu guter Letzt ermöglicht ein mitgelieferter Nylongurt die Verwendung des Accessory Packs als Hüfttasche. Dies macht ihn zu einem praktischen Begleiter, wenn man sich unterwegs dazu entschließen sollte, dem Bike eine wohlverdiente Pause zu gönnen und zu Fuß auf Erkundungstour zu gehen. Das Fassungsvermögen ist für diesen Zweck absolut ausreichend: Der Accessory-Pack bietet genügend Platz für Digitalkamera, Smartphone, Geldbeutel und Verpflegung, ja sogar eine kompakte DSLR lässt sich darin unterbringen.
Der Accessory-Pack ist eine wirklich sinnvolle Ergänzung zum Handlebar-Pack und könnte aufgrund seines recht üppigen Platzangebots einzeln verwendet durchaus eine Alternative zum Rucksack darstellen, wenn es zur Feierabendrunde auf die Trails geht.
- Material: Nylongewebe
- Volumen: 3,5 L
- Gewicht: 206 g
- Farben: schiefer
- Preis: 54,95 €
Fazit von MTB-News.de
Das Warten auf den Einstieg Ortliebs in den Bikepacking-Markt hat sich definitiv gelohnt. Man merkt den hochwertig verarbeiteten Taschen an, dass hier kein Schnellschuss erfolgt und viel Erfahrung mit in die Produktentwicklung eingeflossen ist. Dabei weiß besonders die sehr ausgewogene Mischung aus Detailverliebtheit und Pragmatismus zu überzeugen: Handlebar-, Seat- und Accessory-Pack bieten allesamt zahlreiche nützliche Features, ohne überladen zu wirken und das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Wir sind gespannt darauf, ob Ortliebs Bikepacking-Erstlinge auch unterwegs zu überzeugen wissen!
Weitere Informationen
Website: www.ortlieb.com
Text und Redaktion: Fabian Baum | MTB-News.de 2016
Bilder: Fabian Baum
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50 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumBeschreibe das Problem doch bitte etwas genauer. Ich hatte bisher keine Probleme, egal bei welcher Lenkerform. Weder bei Ortlieb, noch bei Revelate Designs.
Habe mal ein Bild angehängt. Dort sieht man es ja recht deutlich.
D.h. ihr drückt dann einfach die Leitungen an den Lenker? Ob das gut ist... ?
Ja. Da wirken auch keine stärkeren Kräfte auf die Züge und Leitungen als bei der Verlegung ohnehin wirken. Wobei ich, soweit möglich, die Leitungen "auf die Tasche legen" würde.
Ich mache beide Varianten:
Bei "normalen" Lenkern werden die Züge rangedrückt, siehe hier...
...und hier:
[Bild]
Bei Dropbars sind die Zugradien mitunter so groß, dass man die Tasche durchschieben kann und die Kabel um die Tasche herum verlaufen, siehe:
[Bild]
Unterschiede bei der Funktion konnte ich nicht feststellen, die Performance leidet ebenfalls nicht.
Wichtig ist eigentlich nur, dass du die Schaustoffspacer verwendest, denn die Tasche direkt auf den Leitungen festzuzurren ist natürlich nicht Sinn der Sache und führt tatsächlich zu Funktionseinbußen.
Hoffe, das hilft.
Ich benutze auch das Accessory-Pack. Den Metallhaken habe ich durch eine Sea to Summit Steckschließe getauscht, bei der ein Steg zum verschrauben ist. Das Öffenen und der Zugriff auf die Tasche ist jetzt besser aus meiner Sicht, während der Fahrt aber auch recht umständlich. Allerdings nehme ich diese Einbußen in der Handhabung (gegenüber der Revelate) aufgrund der Wasserdichtigkeit hin.
Mein Lenkerhaltungssystem kann ich demnächst auch mal zeigen.
https://www.dropbox.com/s/2s1wvvalj0bf367/20161102_204406.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/t37sbg8godsge97/20161102_204513.jpg?dl=0
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