Im vierten Teil unserer Winterview-Serie steht uns Anneke Beerten Rede und Antwort zu 4x, dem Leben als Profi und der Zukunft des Mountainbikens:

Bild von Anneke Beerten, bearbeitet von nuts

–> english version attached below

Bevor du mit dem 4x-Fahren angefangen hast, bist du bereits zweimalige BMX Weltmeisterin gewesen. Welchen Tip hast du für Frauen, die gerne im 4x einsteigen würden?

Geht einfach auf die Strecke und probiert es aus! Ich habe einige Jahre gebraucht, um zu verstehen, wie 4x funktioniert. Wenn du es aber erst mal raus hast, willst du nichts anderes mehr machen!

Gibt es da jemanden, der dich zum Mountainbike-Rennsport gebracht hat? Könntest du ein Idol benennen?

Ich kannte einige Fahrer aus der BMX-Welt, die auf Mountainbikes gewechselt sind wie Anne Caroline Chausson, Cedric Garcia, Bas de Bever und Gerwin Peters. Ich bin immer ein unglaublicher Fan von Anne Caro gewesen also hab ich, als ich die Gelegenheit kam, für Be One (ein niederländisches Mountainbiketeam) zu fahren, gleich gewusst, dass ich das machen wollte. Es war eine neue Herausforderung für mich und mit Bas de Bever und Gerwin Peters habe ich dir besten Fahrer und gleichzeitig Mentoren um mich gehabt.

Bild von Anneke Beerten

Wird das Training nach all den Jahren auf dem professionellen Level nicht langsam langweilig? Wie motivierst du dich und wie bleibst du es?

Das Training ist jetzt einfach ein Teil meines Lebens. Ich weiß, dass wenn ich nicht trainiere, ich nicht die Ergebnisse bekomme, die ich will. Es ist nicht jeden Tag einfach wieder auf’s Bike zu steigen; vor allem nicht im Winter, wenn ich Stunden auf dem Rennrad oder in der Muckibude verbringen muss. Aber ich weiß, dass ich gewinnen will und dass das Leben, das ich lebe, etwas Besonderes ist. Früher hatte ich einen 9 to 5 Job und eins kann ich euch sagen: Fahrradfahren macht so viel mehr Spaß!

Bei den Weltmeisterschaften in Canberra wurdest du im Halbfinale disqualifiziert, weil du mit deinem Hinterrad über eine Fahne gefahren bist. Zwei Wochen später standest du in Schladming im Gate, um dir den Gesamt World Cup zu sichern. Bist du nervös gewesen, dass so etwas noch mal passieren könnte?

Um ehrlich zu sein habe ich da überhaupt nicht dran gedacht… Ich fahre schon sehr lange Rennen und das ist mir bislang nur ein Mal passiert – genau dafür hätte es keinen schlechteren Moment als die Weltmeisterschaften geben können. In Schladming war ich heiß und extrem motiviert, den World Cup Gesamtsieg mit nach Hause zu nehmen.

Bild von Hoshi K. Yoshida

Den Gesamtsieg hast du nun schon zum dritten Mal gewonnen. Wie war die Saison 2009 im Vergleich zu den vergangenen Saisons?

Für mich ist es der beste World Cup Titel überhaupt gewesen. Der Wettkampf war stärker als je zuvor – alle Mädels, die im letzten Jahr wegen der Olympiade BMX gefahren sind, sind wieder zurück gewesen. Der Druck war insgesamt hoch und viele Leute haben über die Rückkehrer gesprochen. Den Titel also dennoch zum dritten Mal in Folge zu gewinnen ist ein toller Erfolg gewesen.

Nehmen wir mal an, du erwischt keinen perfekten Start – welche der anderen Fahrerinnen ist am schwersten zu überholen?

Das ist schwer zu sagen, denn es kommt alles auf die Strecke, die Bedingungen und wer gut fährt an, aber am moisten entscheidet einfach die Situation, in der du dich befindest. Außerdem kann im 4x alles im Bruchteil einer Sekunde passieren.

Du bist gerade von einem Trip nach Südafrika wiedergekommen. Wie sieht dein Trainingsplan im Winter aus? Trainierst du mit anderen Rennfahrerinnen/Rennfahrern zusammen?

Wenn ich im November wieder mit dem Training anfange, mache ich viel Ausdauer- und Krafttraining. Im Januar beginne ich denn mit dem konkreteren Training, also Sprints, Downhillfahren, Krafttraining und Gatestarts. Im März sehe ich zu, dass ich einige kleine Rennen mitfahre und so viel wie möglich auf meinem 4x-Bike unterwegs bin. Den Trainingsplan erstelle ich immer gemeinsam mit meinem Coach und achte darauf, das richtige Training zur richtigen Zeit zu machen. Die meiste Zeit fahre und trainiere ich dabei mit dem niederländischen BMX-Team.

Bild von Hoshi K. Yoshida

Die Fahrtechnik scheint beim 4x-Fahren sehr wichtig zu sein. Trainierst du direkt deine Skills? Falls ja: Wie viel deiner Trainingszeit verwendest du dafür?

Ich arbeite viel an meiner Fahrtechnik und das ist heute auch wirklich wichtig. Die jungen Mädels haben keine Angst mehr, die großen Doubles zu springen – gerade, wenn sie vom BMX kommen. Also versuch ich, wenn ich auf der BMX-Strecke bin, viel mit den Herren zu fahren. Die sagen einem immer ehrlich und geraderaus, wenn man etwas falsch macht. Jedes Jahr lern ich so immer noch ein bisschen dazu.

Wie gefallen dir Downhill-Rennen? Hast du je daran gedacht, sowohl 4x, als auch DH an einem Wochenende zu fahren? Jared Graves und Dan Atherton sind ziemlich gut darin, beide Disziplinen zu bestreiten. Glaubst du, dass es möglich ist, in beiden Disziplinen ganz vorne mit dabei zu sein?

Ich mache grundsätzlich beides aber seit 2006 konzentriere ich mich auf 4x. An einigen Wochenenden würde ich ganz gut abschneiden – mein bestes DH-Ergebnis war der fünfte Platz beim World Cup in Leysin, Schweiz. Jetzt aber konzentrieren sich immer mehr Leute sich auf eine Disziplin. Soweit ich weiß, wer die letzte Person, die beide Rennen gewonnen hat, Anne Caroline…

Bei einigen World Cups hast du Rob Warner in der Sprecherkabine getroffen und Rennen kommentiert. Wie war das für dich? Hast du ein Lieblingszitat?

LOOK AT THE TIME!!! (Ich glaube aber, dass er diese Zeile vom legendären Kommentator Peter Graves geklaut hat) Es macht extrem viel Spaß und Rob ist wirklich zum totlachen!

Wir würden gerne ein bisschen tiefer in die Details deines Lebens als Profi gehen. Als Außenstehender muss ich glauben, was Leute, Bilder und Videos mir erzählen und es scheint immer so, als ob die Teams und Fahrer des World Cups eine große Familie wären. Entspricht dieser Eindruck deiner Wahrnehmung?

Sicher tut er das – wir kommen alle sehr gut miteinander klar und ich freue mich immer schon auf die neue Saison, wenn ich wieder mit meinen Mountainbike-Freunden herumlungern kann. Ich denke das ist eine tolle Seite unseres Sports. Wenn wir im Gate stehen sind wir alle Gegnerinnen und wollen alle gewinnen; wenn das Rennen aber vorbei ist respektieren und verstehen wir uns aber gut. Wenn du so viel auf Reisen bist, wie wir es sind, und im Laufe der Saison so viel Zeit zusammen verbringst, ist es einfach viel einfacher, wenn wir uns gut verstehen. Respekt sorgt dafür, dass die Erde rund läuft!

Wie oft verletzt du dich beim Training und bei den Rennen? Wie gefährlich ist 4x? Hast du Angst davor, von übermotivierten Konkurrentinnen verletzt zu werden, die alles riskieren, um z.B. in der ersten Kurve vorne zu sein?

Drei Mal auf Holz geklopft bei der Antwort… bislang habe ich mir keine Knochen gebrochen. Ich habe einige schwere Crashs gehabt aber bin immer mit „nur“ einigen Kratzern, Gehirnerschütterungen, Prellungen und Blutergüssen davon gekommen. Das Problem beim 4x ist, dass du von jemanden abgeschossen und schwer verletzt werden kannst. Du musst einfach sicher stellen, dass du schneller als die anderen bist und sie keine Chance bekommen, dich abzuschießen

Bild von Sven Martin (http://www.svenmartinphotography.com/)

In den letzten Wochen ist viel über die Diskussion 4x vs. Dual Slalom gesprochen worden. Vor allem in den USA scheinen sie Leute nicht gewillt, 4x als attraktives Format für eine große Zielgruppe zu akzeptieren. Welche der beiden Disziplinen magst du selbst lieber? Bietet Dual Slalom den faireren Wettkampf, wie die Unterstützer nicht müde werden zu betonen?

Viele von diesen Leuten scheinen zu vergessen, dass es World Cup Slalom Rennen gegeben hat und die UCI sich dazu entschieden hat, auf 4x umzusteigen, weil die Sportler und Zuschauer es zu langweilig gefunden haben. Ich ziehe 4x vor und finde, dass es momentan im 4x sehr gut läuft. Die Rennen sind spannend und wir haben eine Menge begeisterter Zuschauer bei den World Cup Rennen… vor allem in Europa. Wie jeder andere Sport haben beide Disziplinen ihre Vor- und Nachteile aber ich denke, dass 4x auf einem guten Weg ist und auf jeden Fall das Potential hat, ein wirklich zuschauerfreundlicher Sport zu sein.

Mit der genannten Diskussion ging auch die Diskussion über die World Cup Strecken einher. Die meisten männlichen Racern fordern steilere, schwierigere Strecken mit größeren Sprüngen und ein bisschen mehr als eine Reifenbreite Ideallinie. Wenn wir aber an die letzte Saison zurückdenken, gab es nicht viele Rennen, bei denen die Damen die großen Lines gefahren sind und die Strecke komplett ausgefahren haben. Was würdest du davon halten, wenn die Strecken nach den Vorstellungen der Herren gebaut werden würden? Woran liegt es, dass die Frauen nicht die großen Lines fahren?

Wenn es möglich ist, nehmen wir die größeren Sprünge aber manchmal sind wir einfach nicht stark und kraftvoll genug, um sie zu nehmen. Beim BMX wird den Frauen noch nicht mal erlaubt, die Männer-Sektionen zu fahren – beim 4x haben wir die Wahl. In meinen Augen ist es eine gute Sache, dass wir diese Wahl haben. Die einzige Pro-Sektion, die ich in der letzten Saison nicht gefahren habe, war die in Andorra und ich fände es gut, wenn sie die Strecken schwieriger gestalten, wenn die Männer das wollen – solange es daneben eine gute Linie für die Ladies gibt . Abseits davon, ob die Frauen die großen Sprünge springen, oder nicht finde ich, dass die Geraden ein bisschen länger werden sollten und die verwendeten oder gebauten Hindernisse natürlicher und mehr wie im Downhill gestaltet werden.

Vielleicht sollten wir den Spieß einfach umdrehen. Was erwartest du von einer tollen 4x-Strecke? Welche hat dir im Jahr 2009 am besten gefallen?

Ich bevorzuge die Strecken, die eher einen DH-Style haben wir Pietermaritzburg, Maribor, Bromont und Monte Sainte Anne. Für mich ist eine 4x-Strecke dann gut, wenn ich mein Fully verwenden muss!

Hast du bereits Pläne, was du nach dem Rennfahren machen wirst?

Zu diesem Zeitpunkt nicht. Ich hoffe ich werde auch die nächsten Jahre noch Rennen fahren.

Wer wird 2010 die beste weibliche 4x-Fahrerin sein?

Haha… das ist ne gute Frage! Das wirst du bald sehen aber es gefällt mir daran zu denken, im Rennen um diesen Titel dabei sein.

Bild von Hoshi K. Yoshida

Wo siehst du den Mountainbike Rennsport in – sagen wir – fünf Jahren? Was sollte verändert werden, was wird sich ändern und was sollte auf keinen Fall geändert werden?

Es gibt immer Sachen, die besser gemacht werden können. Der wichtigste Punkt werden immer die Sponsoren sein, denn ohne die wären wir nirgendwo. Mit Freecaster.tv und Eurosport hatten wir eine gute Berichterstattung und wir müssen den Sport weiter bewerben und die Events für Zuschauer und Sponsoren noch attraktiver machen. Der World Cup in Houffalize war ein gutes Beispiel dafür, wie ein 4x-Rennen ablaufen sollte: Eine große Bühne mit live DJs, Feuerwerk, großen TV-Bildschirmen und hervorragender Action auf der Strecke. Mountainbiken bewegt sich weiter nach oben und wir sollten hoffen, dass unser Sport in fünf Jahren größer und besser sein wird!!

Bild von Sven Martin (http://www.svenmartinphotography.com/)

Vielen Dank für das Interview, Anneke und alles Gute für die kommende Saison. Wir nehmen dich bezüglich der besten Fahrerin beim Wort!

Für alle Interessierten findet sich das Winterview im Original (Englisch) im Anhang.

Die Winterviews mit den anderen Worldcup-Siegern findest du hier:

http://www.mtb-news.de/forum/tags.php?tag=winterview

  1. benutzerbild

    dortmund biker

    dabei seit 08/2006

    schönes interview. smilie

  2. benutzerbild

    nuts

    dabei seit 11/2004

    besten Dank smilie

  3. benutzerbild

    Easy_Rid3r

    dabei seit 05/2009

    nice nice smilie

    wie heißt der song am anfang vom vid?
    ist auch der gleiche wie im t-mobile spot smilie

  4. benutzerbild

    mopar

    dabei seit 05/2008

    Band: Phoenix
    Album: Wolfgang Amadeus
    Song: 1901

Was meinst du?

Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular:

Verpasse keine Neuheit – trag dich für den MTB-News-Newsletter ein!