Hans Rey, Specialized oder Wheelie: all das sind Begriffe mit denen Mountainbiker auf der ganzen Welt sofort etwas anzufangen wissen. Zu diesen Begriffen zählt neben Whistler ebenfalls der Name A-Line. Auch wer selbst noch nie vor Ort war, hat mit Sicherheit schon von der bekanntesten Bikepark-Strecke aller Zeiten gehört. Mit einer vermeintlich magischen Kraft zieht die A-Line Biker aus der ganzen Welt nach Whistler, um diese einzigartige Strecke unter die Stollen zu nehmen. Einmal im Jahr setzt man dem Pilgern nach Whistlers mit dem Crankworx Festival die sprichwörtliche Krone auf. Im Rahmen dieser unvergleichlichen Veranstaltung wird auch die A-Line zum Mittelpunkt des Geschehens, und das in Form des fast schon legendären AIR DH-Rennens.

Die A-Line: 365 Meter Höhenunterschied, 44 Sprünge und eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 37 km/h. Whistlers A-Line hat es zu weltweitem Ruhm gebracht. Blutige Anfänger erfreuen sich an der A-Line ebenso wie die besten Biker der Welt, kaum eine andere Strecke auf diesem Planeten kann das von sich behaupten. Sprünge mit den unterschiedlichsten Größen, fast nur Tables und Anlieger bis zum Abwinken, das gepaart mit einem moderaten Gefälle, macht das Erfolgskonzept der A-Line aus. Allzu oft versuchte man dieses Konzept anderswo zu kopieren, doch stets erfolglos. Wer einmal die echte A-Line gefahren ist, der empfindet die zahlreichen Nachbauten als Frevel am Original. Es gibt eben nur die eine wahre A-Line und die ist in Whistler zu finden.

Wenn das jährliche Crankworx Festival in Whistler den Höhepunkt der Saison angibt, dann ist das AIR DH-Rennen eines der großen Highlights der Veranstaltung. Von überall auf der Welt reisen DH-Rennfahrer an, um einmal Teil dieses legendären Rennens gewesen zu sein. Auch die Weltelite des DH-Sport lässt sich eine Teilnahme an dieser Kultveranstaltung nicht nehmen. Jahr für Jahr stehen Profis wie Amateure vor der Qual der Wahl, der Entscheidung ob man den Rennlauf auf Bestzeit auslegt oder darauf, die zahlreichen Zuschauer, Fotografen und Filmer mit stylishen Whips zu erfreuen. Genau diese Fragen mussten sich dieses Jahr auch mein Kollege Kai Christian und ich stellen, als wir erstmals beim legendären AIR DH in Whistler an den Start gingen.

Lange war ich mir unsicher, wie ich das Erlebnis AIR DH am Besten in Worte fassen könnte. Nach zahlreichen Überlegungen kam ich zum einzigen Schluss, dass es wohl das Beste wäre, wenn ich euch einfach an meinem Rennlauf teilhaben lasse. Steigt also auf und fahrt mit mir ein zweites Mal das AIR DH Rennen auf der unvergleichlichen A-Line.

„On Board“ beim AIR DH 2012

Am frühen Mittwochmorgen sitze ich in unserem Appartement am Rande des Market Place in Whistler und quäle mich mit der Entscheidung, welches Bike ich für das anstehende AIR DH-Rennen am Nachmittag wählen solle. Die wenigen Trainingsläufe, die ich gemeinsam mit Kai absolviert hatte, zeigten, dass ein leichtes Enduro-Bike einem behäbigen DH-Bike auf der A-Line auf jeden Fall überlegen ist. Da ich jedoch wenige Tage zuvor am Canadian Open Enduro teilgenommen hatte, war mein Enduro mit einer 2-fach Kurbelgarnitur bestückt, welche die Montage eines Bashrings nicht möglich machte. Somit musste ich mich trotz 2fach-Kettenführung schon mehrmals über eine abgesprungene Kette ärgern. Genau das wäre bei einem Rennen wie dem AIR DH, bei dem es immer wieder Sprint-Passagen zu bewältigen gibt, der absolute Gau. Meine Entscheidung fällt somit auf das DH-Bike, welches mir freundlicherweise von meinem Kollegen Jens zur Verfügung gestellt wird.


# Maxis „Endurowhip“ beim AIR DH-Training

Während ich samt Bike durch die prall gefüllte Fußgängerzone in Richtung Bikepark schlendere, gehe ich im Kopf noch einmal den Tagesablauf durch. Noch kurz eine Trainingsfahrt auf der A-Line, eine kurze Pause und dann kurz vor dem Rennen noch einmal ganz nach oben, um aufgewärmt zum in der Bergmitte liegenden Start zu gelangen. Gesagt getan – nachdem ich meine Trainingsfahrt auf der Rennstrecke absolviert habe, mache ich mich mit dem Sessellift auf in Richtung Bergstation. Unter mir sehen ich bereits die ersten Fahrer der Amateur-Wertung auf die Strecke gehen – es sollte also Zeit genug sein, um mich zum Aufwärmen über den „No Joke“ hinab zum Start zu arbeiten.

Nach wenigen Metern auf dem „No Joke“ entdecke ich eine mir bisher unbekannte Strecke, welche mit der „Double Diamond“-Makierung eine Menge Spaß verspricht. Kurzerhand schlage ich den neuen Weg ein und erfreue mich an einer steilen und technisch anspruchsvollen DH-Piste. Zu meiner Überraschung endet diese auf dem Dirt Merchant, einer A-Line-ähnlichen Strecke mit etwas größeren Sprüngen, die jedoch zu meinem Bedauern unterhalb der A-Line liegt. Mit Schrecken muss ich feststellen, dass ich zu weit gefahren bin. Im Wissen, dass es mit meiner Startzeit nun mächtig knapp werden dürfte, mache ich mich in Windeseile auf in Richtung Talstation, um schnellstmöglich zum Start zu gelangen. Als ich den Zielbereich neben dem Sessellift erreiche, höre ich wie der Sprecher die aktuelle Tagesbestzeit des spanischen Mondraker-Entwicklers Cesar Rojo durchsagt. „Fuck – ich bin zu spät“, schießt mir durch den Kopf. Cesar gehört mit Sicherheit nicht mehr zur Amateur-Klasse und war auch auf der Startliste nicht vor mir aufgeführt. Hektisch drängle ich mich durch die Schlange am Sessellift und muss von diesem aus mit ansehen, wie meine Konkurrenten zeitlich passend über die A-Line jagen.


# Wenigstens war ein deutscher Teilnehmer pünktlich am Start – Kai Christian

Mit satten 20 Minuten Verspätung erreiche ich das Startzelt, wo ich überrascht und fragend begrüßt werde. Nach einigen Minuten Betteln um ein gütiges Nachsehen meiner Dummheit lassen sich die Rennorganisatoren erweichen und genehmigen mir den Start – doch muss dieser umgehend erfolgen. Ohne Aufwärmen und immer noch ein wenig aufgelöst von der ganzen Hektik stehe ich am Start und sehe den Zeiger der Startuhr in den grünen Bereich springen. Fünf, vier, drei und raus. Mit einem festen Antritt gehe ich aus dem Starttor auf die Strecke, und fühle mich schon am ersten Sprung erschöpft. In meinem Kopf überschlagen sich die Gefühle: „Hat das ganze Rennen so für mich überhaupt noch einen Sinn? Einfach weiter machen, bloß nicht aufgeben! Vielleicht auch einfach nur stylen?“ Zum Glück nehmen mir die Jungs im Sessellift über meinem Kopf die Entscheidung ab – mit ihren lauten Schreien motivieren sich mich zum weiteren Draufhalten.

Nach den ersten Sprüngen und Anliegern erreiche ich einen der legendären A-Line Abschnitte. Die ersten großen Tables, die unter anderem durch die Whip-Action von Brendan Fairclough und Thomas Vanderam in „Follow Me“ berühmt wurden. Die dort positionierte Zuschauermenge ist somit wenig überraschend, veranlasst mich jedoch dazu, meinen Plan vom zeitorientierten Rennlauf hin zur stylishen Whip-Parade über den Kopf zu werfen. Erst links, dann rechts und zu guter Letzt noch einmal auf die linke Seite gewhipt, die Zuschauer scheint es freuen und ich bin frisch motiviert. Ein bisschen zu sehr motiviert, denn schon in der nächsten Kurve fehlt es mir ein wenig an Verzögerung, was das Hinterrad dazu bewegt, mit einem lauten Schnalzen das Weite zu suchen. Durch das plötzliche Übersteuern meines Hecks lande ich mit der Brust unsanft auf dem Lenker, kann die Aktion aber grade noch so retten und einen Sturz vermeiden. Wie ein Bekloppter trete ich an, um das Bike wieder in Schwung zu bringen. Die nächsten Meter gehe ich etwas entspannter an, bis ich letzten Endes an die allseits bekannte Table Line gelange.


# Maxi kämpft sich die A-Line hinab und versucht verlorene Zeit gut zu machen. 

Schon zwei Kurven vor der Table-Sektion höre ich die Schreie der dort positionierten Zuschauer. Ohne genau zu wissen was mich nach der nächsten Kurve erwartet, halte ich in den Anlieger und sehe bereits im Augenwinkel die zahlreichen Fotografen und Filmer sowie die feierwütigen Fans. Während ich auf den ersten Table zusteuere, lese ich auf dem Absprung den mit einer Spraydose aufgetragenen Schriftzug „Whip It!“. Das lasse ich mir nicht zwei Mal sagen: kräftig ziehe ich am Lenker und schlage das Vorderrad maximal ein, um schon am Absprung die nötige Drehung einzuleiten. Leider misslingt mir der erste Whip, was mich umso mehr für den zweiten Versuch motiviert. Jetzt aber – schon im Absprung merke ich, dass dieser Versuch erfolgreich werden dürfte. „Get Sideways“ heißt das Motto und die Schreie des Publikums lassen mich wissen, dass der zweite Versuch erfolgreich war. Mission erfüllt – nun heißt es den Lauf sicher ins Ziel bringen und alles ist gut. Bevor es auf die letzte Gerade geht, verläuft die Strecke ein weiteres Mal über zwei Whip-prädestinierte Tables, welche ebenso von Zuschauern gesäumt sind. Wieder versuche ich mich an einem Whip, muss in der Luft jedoch feststellen, dass mich die Fahrzeit schon mächtig geschlaucht hat. So richtig will sich das Bike einfach nicht mehr in Fahrtrichtung bringen lassen, halb quer lande ich unsanft und entgehe ein weiteres Mal nur knapp einem Sturz. Schluss mit lustig, ich will einfach nur noch ins Ziel kommen. Die letzten Meter bieten sich für einen Zielsprint an, doch im Wissen, dass es noch einen kleinen Drop über die Ziellinie zu meistern gibt, setzte ich mich auf den Sattel und schnaufe kurz durch, bevor ich dann mit einem Satz über den GLC-Drop ins Ziel fliege. Völlig erschöpft rolle ich durch den Auslauf während der Sprecher meine Zeit mit Position acht angibt. Ich bin zufrieden und versuche erst einmal einen Schluck Wasser aufzutreiben.

Nachdem ich mich von meinem Lauf erholt habe, erblicke ich meine Mitstreiter Kai sowie Mario Reinbacher und Dominik Gspan. Allesamt sind wir mit unseren Läufen zufrieden, müssen aber zusehen, wie wir Platz für Platz nach hinten gereicht werden. Bis zum Ende finden immer wieder Positionswechsel an der Spitze statt. Gegen Ende kann Vorjahressieger Andrew Neethling erneut die Führung übernehmen, wird aber schon kurz darauf wieder von Mick Hannah vom Hot Seat verdrängt. Als vorletzter Fahrer geht Steve Smith auf die Strecke. Schon auf der Leinwand kann man sehen, dass Steve voll auf Sieg fährt. Er verschenkt keine Sekunden und nimmt jeden Sprung im flachen Race-Style. Mit einem kräftigen Antritt schießt er über die Ziellinie und übernimmt die Führung. Daran kann letzten Endes auch der mehrfache AIR DH-Sieger Brian Lopes nichts mehr ändern.


# Steve Smith auf dem Weg zum Sieg

Das Podium der Herren wird von Brian Lopes auf Platz drei, Mick Hannah auf dem zweiten Platz und dem glorreichen Sieger Steve Smith gefüllt. Bei den Damen kann Emmeline Ragot vor Micayla Gatto und Claire Buchar siegen. Für uns endet das Rennen auch halbwegs passabel. Kai landet auf Platz 86, Mario auf dem 56ten Platz und ich platziere mich direkt hinter Dominik auf Platz 41. Auch wenn wir uns von den nordamerikanischen Fahrern in den Hintern treten lassen mussten, so war die Teilnahme am legendären AIR DH allemal die Anstrengungen wert.

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# AIR DH 2012 – das Podium der Herren

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# AIR DH 2012 – das Podium der Damen

Die Highlights vom AIR DH 2012

AIR DH 2012 – das Rennen in Bildern

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Die Ergebnisse vom AIR DH

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Text: Maxi Dickerhoff / Bilder: Jens Staudt

 

  1. benutzerbild

    ridingGiants

    dabei seit 01/2011

    Weil die Dank ihrer Sponsoren schon genug Paar Schuhe haben.

  2. benutzerbild

    Pr0.Rider.Sasch

    dabei seit 08/2010

    Haha! Lopes bekommt wieder Ärsche smilie

    Warum bekommen die Frauen weniger Preisgeld? smilie

    Warum bekommen Fußballer so viel Geld smilie
  3. benutzerbild

    Tobias

    dabei seit 08/2001

    Richtig gute Bilder!

  4. benutzerbild

    Anselm_X

    dabei seit 12/2005

    Sauber - bringt die Emotionen gut rüber.

  5. benutzerbild

    _Smash_

    dabei seit 08/2012

    Hallo,

    "Das Podium der Herren wird von Brian Lopes auf Platz drei, Mick Hannah auf dem zweiten Platz [...]"

    Da ist wohl ein Dreher drin smilie.

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