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Test
Bell Super 2R Enduro-Helm – Einer für alles?

Bell Super 2R im Langzeit-Test: Bereits zur Eurobike 2014 hatten wir den wandelbaren Enduro-Helm vorgestellt, in den letzten 12 Monaten haben wir den Bell Super 2R dann bei Enduro-Rennen, im Bikepark und der täglichen Hausrunde auf die Probe gestellt. Die Super 2-Version ohne Kinnbügel hatten wir euch bereits Anfang des Jahres im Test präsentiert – nun folgt die R-Variante mit Kinnbügel. Lohnt sich der Light-Fullface? Hier ist der Test.

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# Jekyll & Hyde: Der Bell Super 2R ist Halbschale und Fullface - in einem.

Bell Super 2R: Kurz & knapp

Einer für alles: Der Bell Super 2R soll sowohl für die entspannte Trailtour (ohne Kinnbügel) wie auch für harte Enduro-Rennen gedacht sein. Der Clou: Ohne den Kinnbügel lässt es sich auf warmen Sommer-Rennen entspannt hochpedalieren, während für die Abfahrt der Super 2R zu einem Fullface-Helm aufgerüstet wird und damit entsprechend mehr Sicherheit bietet. Mit unter 800 Gramm in Größe L platziert sich der Bell genau zwischen Enduro-Halbschale und Fullface, der Preis liegt mit rund 250 € UVP eher im Fullface-Bereich.

Technische Daten des Bell Super 2R

HerstellerBell
ModellSuper 2R
Modelljahr2015
KategorieFahrradhelm - Halbschale
EinsatzbereichAll Mountain, Enduro
Aufbau / StrukturIn-Mold Polycarbonate Shell
Belüftungsöffnungen23
VerschlussSchnappverschluss
TechnologienOverbrow Ventilation™, TAG™ Fit System, GoggleGuide™ Integrated Breakaway Camera Mount, Adjustable Visor System, X-Static® Padding, Breakaway Screws
Farbendiverse
GrößenS (52 - 56 cm)
, M (55-59), L (58 - 62 cm)
VerstellungKopfumfang über Drehrad, Neigung des Größenverstellsystems
Gewicht798g (L)
Preis199,90 € (ohne MIPS), 239,95 (mit MIPS)

In der Hand

Form & Schalenaufbau

Komplett identisch zum Bell Super 2 präsentiert sich der Bell Super 2R*, was den Hauptteil des Helmes angeht. Die charakteristischen Lüftungslöcher sind weiterhin mehreckig und erinnern an Bienenwaben, 23 Stück an der Zahl. Wie schon der Vorgänger des Bell Super 2 ist die Firm schön tief in den Nacken gezogen, auch an der Kombination EPS-Schaum/Inmold-Schale hat sich nichts verändert. Ebenfalls gleich bleiben die weit außenliegenden Kinngurte, die mit einer Steckschnalle verbunden werden, auch die “Overbrow”-Ventilation ist wieder dabei.

# Für einen Fullface-Helm sehr gut belüftet: Der Bell Super 2R
# Overbrow-Ventilationslöcher
# Auch beim normalen Super 2 dabei: Die Befestigung für den optionalen Kinnschutz

Wüsste man nicht, dass der Kinnschutz abnehmbar ist, könnte man den Super 2R für einen vollwertigen Enduro-Helm halten: Formtechnisch fügt sich der Kinnschutz nahtlos in die Hauptstruktur der Helmschale ein. Einziger Unterschied ist die Oberfläche: Während der Helm glänzend lackiert ist, ist der Kinnschutz mit einem robusteren, matt-gummiartigen Lack überzogen.

# Der Kinnschutz fügt sich schlüssig in das Konstrukt des Haupthelmes ein

Montage des Kinnbügels am Bell Super 2R

Mit geübten Händen ist der Kinnbügel am Bell Super 2R innerhalb von 10 Sekunden montiert – die gut einrastenden Scharniere sorgen für eine starke Verbindung zum Helm – hier sind kaum Montagefehler möglich. Die Montage in Fotos:

# Die Seitenteile werden zunächst schräg von vorne in das Befestigungsfeld eingeschoben
# Wichtig: Das Scharnier muss offen sein
# Nach dem Einklicken wird der Hebel umgelegt und das Seitenteil zieht sich fest
# Nun wird der Kinnbügel hinten eingehakt...
# ...und ebenfalls verschlossen

Verstellung

Ebenso wie der Bell Super 2 wird der Helm in drei Größen angeboten (S = 52-56 cm, M = 55-59 cm, L = 59-62 cm). Der Kinnriemen ist verstellbar, das Drehrad am Hinterkopf sorgt für die Einstellung an den Kopfumfang und bietet den Bonus, dass es durch die Konstruktion nicht versehentlich wieder gelockert werden kann – hier muss das Rädchen erst gedrückt werden, um es zu verstellen. Die Höhe der Kopfumfangsverstellung ist dreifach einstellbar.

# Die dreistufige Höhenverstellung am Hinterkopf
# Kopfumfangverstellung mit Ring

Sicherheit

So massiv wie ein Fullface-Helm wirkt der Kinnbügel zwar nicht – er ist um einiges schlanker und mit mehr Luftlöchern designt als ein massiver DH-Helm – aber er wirkt stabiler als bisherige Kinnbügel-Varianten. Der Hauptteil des Bell Super 2 basiert auf einem EPS-Schaum mit dicker Inmould-Schale und tief in den Nacken gezogener Rückseite. Bereits in der Vergangenheit sind wir einige Helme gefahren, die über das spezielle MIPS-Schutzsystem verfügen. Das zumeist quietschgelbe System soll im Falle eines Sturzes auf den Kopf den übertragenen Rotationsmomenten die Spitzen nehmen und so einen wesentlichen Beitrag zur Unfallsicherheit leisten. Der Vorgänger des Bell Super 2 bot noch keine Option mit MIPS an – der Bell Super 2R kommt nun in beiden Versionen: einmal in der von uns getesteten Variante mit MIPS, alternativ ohne das System.

Montage von Helmlampen & -kameras

Ebenfalls vollkommen identisch zum Bell Super 2 ist die Montage von Lampen und Kameras. Der Knackpunkt im vergangenen Jahr: Der Bell Super verfügte über ein eigenes Kamera-Haltersystem mit GoPro-Aufnahme, die optional in einen der Belüftungseinlässe befestigt werden konnte – wir waren aufgrund der geringen Standfestigkeit nicht wirklich zufrieden, wir bekamen den Halter schlichtweg nicht wackelfrei. Bei Helmlampen kein großes Problem, bei Kameras schon eher. Wurde es dieses Jahr besser gemacht? Ein klares Jein.

# GoPro-Halterung - bei starken Beschleunigungen wie bei einem Sturz löst die Halterung für die GoPro automatisch aus. Die Position ist leicht nach hinten gewandert, so dass das Visier weiter hochgeklappt werden kann.

In Verbindung mit einem kleinen Loch auf der Helmoberseite wird der aktualisierte Adapter obendrauf mit Klett befestigt. Ein an der Unterseite des Adapters befindlicher Pin, der im Loch im Helm fixiert wird, soll eine wackelfreie Konstruktion sicherstellen. Zufriedenstellen konnte uns diese Variante allerdings ebenfalls nicht vollständig, denn vollständig wackelfrei bekamen wir auch diesen Adapter nicht montiert. Bleibt der Griff zum Klebepad, das vor dem Loch gerade noch einigermaßen Platz findet. Kein Problem gibt es bei der Montage von Bike-Leuchten, durch die Vielzahl an Belüftungseinlässen gibt es hier genug Befestigungsvarianten.

Gut allerdings am neuen Adapter: Aus Sicherheitsgründen gibt er bei einem harten Schlag nach und die GoPro verabschiedet sich vom Helm, ohne den Fahrer im Fall der Fälle beim Einschlag zu verletzen.

Verarbeitung

Der Kinnbügel wirkt sehr wertig und sitzt, einmal fixiert, bombenfest. Die Schnallen zur Befestigung sind so designt, dass der Kinnbügel an den Seiten satt einrastet, für eine formschlüssige Verbindung sorgt die mittlere Schnalle hinten, welche die Seitenteile zusammenzieht und so für einen festen Sitz sorgt. Die spartanischen, aber sinnvollen Polster im Kinnbügel sind gut verarbeitet, auch die dicken Polster für die Wangen wirken hochwertig.

# Die Verarbeitung des Bell Super 2R ist sehr gut

Die Übergänge der Inmold-Schale am Helm sind absolut passgenau, nirgendwo finden sich unschöne Spuren schlechter Verschweißung mit dem Polstermaterial. Der Drehknopf zur Kopfumfangsverstellung hat sich in der Form leicht geändert und auch die Kamera-Halterung, bei der die Kamera bei einem harten Schlag automatisch wegbrechen soll (“Integrated Breakaway Camera Mount”) wird, wie oben schon erwähnt, nun anders montiert.

Auf dem Trail

Passform, Sitz & Tragekomfort

Hier waren wir besonders gespannt: Wie verhält sich der Bell Super 2R im Vergleich zu einem „richtigen“ Fullface-Helm? Beim Aufziehen merkt man definitiv, dass es kein originaler Fullface ist: Der erste Sitz wirkt etwas sperrig und besonders am Hinterkopf muss zuerst die Kopfumfangsverstellung geweitet werden, damit der Helm richtig auf dem Kopf sitzt – im Anschluss wird dieser wieder festgezogen. Jetzt fühlt sich der Helm an, wie man es sich vorstellt: Wie eine Enduro-Halbschale mit Bonus-Kinnschutz. Über den Tragekomfort des Bell Super 2 hatten wir schon positiv geurteilt, der Bell Super 2 R steht dem in nichts nach. Die Wangenpolster vom Bell Super 2R passen, auch vor dem Gesicht hat man ausreichend Platz für den Kinnbügel. Durch die kleineren Wangenpolster und die generell etwas geringere Polsterung wackelt der Helm gefühlt etwas mehr als ein vollwertiger Fullface-Helm.

# Mit dem Bell Super 2R im Bikepark Winterberg

Belüftung

Ein Fullface Light mit Enduro-Belüftung – so könnte man den Bell Super 2R beschreiben. Auch über die Belüftung des Bell Super 2 haben wir schon hinreichend diskutiert – in Verbindung mit dem mit ordentlich Belüftungslöchern versehenen Kinnbügel ergibt sich im Vergleich zu einem dicken Fullface-Helm eine mehr als gute Belüftung. Glatt so gut, dass ich bei den schweißtreibenden 900 Höhenmetern pro Tour bei der TrailTrophy nur äußerst selten den Kinnbügel abmontiert hatte – selbst bergauf im Juli hatte ich, im Vergleich zu meinem Troy Lee Designs D3, selten das Bedürfnis, noch mehr Luft zu brauchen. Sinn macht die Demontage des Kinnbügels primär bei mehrstündigen Uphills – am Gipfel ist der Bügel in wenigen Sekunden wieder montiert.

# Schweißtreibend - aber die Belüftung passt auf der TrailTrophy im Juli

Schutzwirkung

Mit dem Bell Super 2 habe ich einige Bodenproben genommen (siehe hier), ein Sturz mit dem Kinnbügel blieb bislang aus.

# Vollgas auf der Freeride in Winterberg

Haltbarkeit

Während der Test-Dauer gab es bis auf einige Kratzer am Helm keine Mängel. Die Polster sind bislang unauffällig und auch das Scharniersystem des Kinnbügels funktioniert bislang problemlos.

Fazit zum Bell Super 2R

Downhill-Helm mit Enduro-Gewicht? Nicht ganz. Viel wurde schon über das ASTM F1952 Zertifikat für Downhill-Helme diskutiert, den der Bell Super 2R nicht erfüllt (erfüllte Zertifizierungen: CPSC Bicycle, CE EN1078) – ob dies für den jeweiligen Fahrer kaufentscheidend ist, muss jeder für sich entscheiden. Als DH only-Helm ist der Bell Super 2R ohnehin nicht gedacht – hier gibt es von Bell seit Jahren sehr gute Modelle. Fakt ist: Mit dem Bell Super 2R bekommt man einen gut sitzenden, für einen Helm mit Kinnschutz äußerst gut belüfteten Enduro-Racehelm, der mit einem pfiffigen und leicht abnehmbaren Scharniersystem aufwartet und gewichtstechnisch weit unter einem Fullface-Helm liegt. Wer schnell unterwegs ist und ein Plus an Sicherheit am Helm haben möchte, sollte sich den Bell Super 2R genauer anschauen.

Stärken

Schwächen

Testablauf

Hier haben wir den Bell Super 2R getestet

  • Testername: Johannes Herden
  • Körpergröße: 193 cm
  • Gewicht (mit Riding-Gear): 108 kg
  • Schrittlänge: 92 cm
  • Armlänge: 59 cm
  • Oberkörperlänge: 61 cm
  • Fahrstil: Verspielt und sauber
  • Was fahre ich hauptsächlich: Enduro, Trails, Pumptrack/Park/Street
  • Vorlieben beim Fahrwerk: Progressiv, nicht zu soft, schnelle Zugstufe
  • Vorlieben bei der Geometrie: Eher kürzerer Hinterbau, Lenkwinkel nicht extrem flach, eher geringere Rahmenhöhe


# Bell Super 2R Helm Test-4
# Bell Super 2R Helm Test-3

Preisvergleich Bell Super 2R

*Aufgrund des komplett identischen Haupthelmes finden sich in diesem Bericht teilweise identische Textpassagen wie im Test des Bell Super 2.

Weitere Informationen

Websitewww.bellhelmets.com
Text & Redaktion: Johannes Herden | MTB-News.de 2016
Bilder: Johannes Herden, Dennis Helms

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