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Ines Thoma ist die erfolgreichste deutsche Enduro World Series-Fahrerin
Ines Thoma ist die erfolgreichste deutsche Enduro World Series-Fahrerin - wir haben die Allgäuerin, die für das Canyon Factory Enduro Team an den Start geht, zu ihrem ereignisreichen Jahr 2017, ihrer Meinung zur Entwicklung zur EWS und zu ihren Zukunftsplänen im Interview befragt!
Eines der Highlights für Ines: Ein gerade in Anbetracht der Umstände ziemlich unerwarteter zweiter Platz in Rotorua!
Eines der Highlights für Ines: Ein gerade in Anbetracht der Umstände ziemlich unerwarteter zweiter Platz in Rotorua! - Foto: Boris Beyer
Erneutes Podium in Tasmanien
Erneutes Podium in Tasmanien - Foto: Matt Delorme
Ein fieser Sturz in Irland hat Ines im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.
Ein fieser Sturz in Irland hat Ines im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. - Foto: Ross Bell
Nach dem Defekt in Finale Ligure
Nach dem Defekt in Finale Ligure - Foto: Boris Beyer
Weiterkämpfen lohnt sich! Hier nochmal aufs Stage-Podium in Finale Ligure
Weiterkämpfen lohnt sich! Hier nochmal aufs Stage-Podium in Finale Ligure - Foto: Boris Beyer
Fokus auf der letzten Stage des Jahres
Fokus auf der letzten Stage des Jahres - Foto: Boris Beyer
Zuschauermengen in Finale Ligure
Zuschauermengen in Finale Ligure - Foto: Sven Martin
Das vielleicht coolste Rennen ever in Tasmanien
Das vielleicht coolste Rennen ever in Tasmanien - Foto: Matt Delorme
Erster Sieg der Saison vor Traumkulisse beim NZ Enduro: Ines Thoma 2017
Erster Sieg der Saison vor Traumkulisse beim NZ Enduro: Ines Thoma 2017 - Foto: Boris Beyer
Und auch die Trans-Provence konnte Ines für sich entscheiden
Und auch die Trans-Provence konnte Ines für sich entscheiden - Foto: Duncan Philpott
Die Trans-Provence ist immer wieder ein Highlight
Die Trans-Provence ist immer wieder ein Highlight - Foto: Duncan Philpott
In Jamie Nicolls Bus wohnt es sich sehr bequem
In Jamie Nicolls Bus wohnt es sich sehr bequem - Foto: Max Schumann
Urlaub in Tasmanien war Entspannung...
Urlaub in Tasmanien war Entspannung...
...aber natürlich auch Radfahren
...aber natürlich auch Radfahren - Fotos: Max Schumann
Kanada ist biketechnisch das wohl beste Reiseziel für Ines gewesen
Kanada ist biketechnisch das wohl beste Reiseziel für Ines gewesen - Foto: Max Schumann
Ladykrachercamp im Vinschgau
Ladykrachercamp im Vinschgau - Egal ob Mann oder Frau, in der Gruppe wachsen alle über sich hinaus
Ines bei ihrem Vortrag über die Enduro World Series
Ines bei ihrem Vortrag über die Enduro World Series
Foto: Max Schumann
Foto: Max Schumann
Schlammschlacht in Rotorua
Schlammschlacht in Rotorua - Foto: Boris Beyer
Nächstes Jahr wird es keine Trans-Provence geben. Wohin es Ines wohl verschlagen wird?
Nächstes Jahr wird es keine Trans-Provence geben. Wohin es Ines wohl verschlagen wird? - Foto: Duncan Philpott
Skitour als Wintertraining
Skitour als Wintertraining - Foto: Max Schumann

Ines Thoma ist die erfolgreichste deutsche Enduro World Series-Fahrerin und hat eine durchaus verrückte Saison 2017 hinter sich. Wir haben die Canyon-Pilotin im Interview zu ihrem abgeschlossenen Jahr, ihrem Verhältnis zur EWS und den zahlreichen anderen Abenteuern, die sie auf dem Bike erlebt, befragt!

Wer Ines Thoma noch nicht kennt, hier gibt es eine kleine Kurzfassung: Über 10 Jahre war Ines im Cross Country-Rennzirkus unterwegs und rutschte Stück für Stück in den Enduro-Sport rein. Statt nach abgeschlossenem Lehramtsstudium ihr Referendariat zu beginnen, entschied sie sich dazu, sich ein Jahr voll und ganz dem Biken zu widmen. Aus diesem einen Jahr wurden mittlerweile fünf und sie ist immer noch voll und ganz mit dem Rennvirus infiziert. Doch das ist noch lange nicht alles. Was die Allgäuerin, die für das Canyon Factory Enduro Team an den Start geht, mittlerweile alles auf dem Bike erlebt, das erzählt sie uns hier im Interview!

Ines Thoma ist die erfolgreichste deutsche Enduro World Series-Fahrerin
# Ines Thoma ist die erfolgreichste deutsche Enduro World Series-Fahrerin - wir haben die Allgäuerin, die für das Canyon Factory Enduro Team an den Start geht, zu ihrem ereignisreichen Jahr 2017, ihrer Meinung zur Entwicklung zur EWS und zu ihren Zukunftsplänen im Interview befragt!
Diashow: „Das war das Verrückteste, was mir je passiert ist!“
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MTB-News.de: Die meisten werden zwar schon Bescheid wissen, aber du kannst ja trotzdem mal kurz erzählen, wer du bist und was du machst.

Ines Thoma: Ich bin Ines Thoma, 28 Jahre alt, ich komme aus dem Allgäu und bin Mountainbike-Profi für das Canyon Factory Enduro Team.

Du warst bei der Enduro World Series im abgeschlossenen Jahr wieder voll dabei. Wie war deine Saison 2017?

Dieses Jahr war mittlerweile meine fünfte EWS-Saison. Seit die Serie existiert bin ich alle Rennen mitgefahren. Man könnte meinen, es wird irgendwann langweilig – wird es aber nicht! Es gibt immer wieder Überraschungen. Dieses Jahr war rückblickend ein total verrücktes Jahr.

Ich hatte direkt beim ersten Rennen in Neuseeland eine Lebensmittelvergiftung. Sie kam überraschend über Nacht und ich hatte keine Ahnung, wo sie herkam. Dementsprechend war ich morgens vor dem Rennen so fix und fertig, dass ich gar nicht wusste, ob ich es an die Startlinie schaffe. Aber ich habe mich irgendwie durch diesen verrückten 8 Stunden-Tag gekämpft und bin Zweite geworden. Das war, glaube ich, das Verrückteste, was mir je passiert ist! Ich bin über die Ziellinie gekommen und hatte überhaupt keine Ahnung, wie das war, ich habe einfach nur versucht zu überleben und dann sowas. Meine Vermutung ist, dass die Strecken so technisch waren, dass ich sehr konstant und sehr ruhig gefahren bin und das wahrscheinlich deshalb so gut funktioniert hat. Ein aufregender Start in die Saison.

Eines der Highlights für Ines: Ein gerade in Anbetracht der Umstände ziemlich unerwarteter zweiter Platz in Rotorua!
# Eines der Highlights für Ines: Ein gerade in Anbetracht der Umstände ziemlich unerwarteter zweiter Platz in Rotorua! - Foto: Boris Beyer

Danach hatte ich ein sehr gutes Rennen in Tasmanien, wieder auf dem Podium. Auf Madeira war ich Vierte und habe da auch ums Podium gekämpft. Danach hatte ich so einen kleinen Höhenflug und dachte, dieses Jahr läuft super und dann kam in Irland der erste Wendepunkt. Zur Mittagpause war ich noch auf dem vierten Platz und habe rückblickend wahrscheinlich zu viel riskiert.

Ich hatte nur eine halbe Sekunde Rückstand aufs Podium. Da dachte mir „ja, eine halbe Sekunde schneller fahren werd ich ja wohl schaffen“. Stattdessen hatte ich einen richtig bösen Sturz, der mich ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht hat. Mir ist klar geworden, an welchem Limit wir uns bewegen. Mal läuft es gut und man ist total glücklich, aber es kann sehr schnell in die andere Richtung schwingen und genau so war es dann in Irland.

Erneutes Podium in Tasmanien
# Erneutes Podium in Tasmanien - Foto: Matt Delorme
Ein fieser Sturz in Irland hat Ines im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.
# Ein fieser Sturz in Irland hat Ines im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. - Foto: Ross Bell

In Finale Ligure hast du auf spektakuläre Art und Weise deine Saison zu Ende gebracht. Was ist dort passiert?

Ich war nach dieser sehr turbulenten Saison trotzdem Vierte in der Gesamtwertung wie auch schon im Jahr davor. Aber das ist ja eigentlich nicht das, was ich wollte. Ich wollte endlich auf dieses Podium. Also habe ich vor Finale mit dem Training nochmal richtig reingehauen und habe gedacht, dass ich echt gut vorbereitet bin und es wirklich funktionieren hätte können. Hätte können, genau.

Ich hatte direkt im oberen Drittel der ersten Stage, in der längsten Stage des Jahres, 12 km glaube ich, einen Platten. Aber nicht nur irgendeinen Platten, es ist einfach alles schief gelaufen was hätte schief laufen können. Allein dass ich einen Platten hatte – ich habe so gut wie nie einen Platten. Ich glaube, das war das zweite Mal, seitdem ich Rennen fahre. Und dann stand ich da und war erstmal ein bisschen ratlos. Ich habe es mit meinem Dynaplug versucht, das hat nicht gehalten. Dann habe ich die Gaskartusche genommen, hat die Luft auch nicht gehalten. Also habe ich einen Schlauch reingezogen. Aber dann habe ich jemanden gesucht, der eine Pumpe für mich hat. So nach einer Viertelstunde habe ich dann einen Fahrer gefunden, der an der Schulter verletzt war und mir seine Pumpe überlassen hat. Ein riesiges Drama.

Nach dem Defekt in Finale Ligure
# Nach dem Defekt in Finale Ligure - Foto: Boris Beyer

So weit oben in der Stage dauert es gefühlt Tage, ohne Luft runterzufahren. Außerdem starten 10 Minuten nach mir die Top 30 der Männer. Dementsprechend schiebt oder rollt man runter, muss aber alle 20 Sekunden zur Seite hüpfen, weil man niemandem im Weg stehen will. Da steht man in so einem schmalen Bachbett, man schiebt und dreht sich die ganze Zeit um, da kommt mal einer, hüpft ins Gebüsch und dann schiebt man wieder 10 Sekunden. Da kann man sich vorstellen, wie lange das dauert, bis man unten ist.

Bis ich mit allem fertig war, waren die Top 30-Männer schon lange weg. Ich war mit Abstand die letzte, 40 Minuten hinter den anderen Frauen. Da fragt man sich hinterher natürlich, warum man nicht einfach aufhört. Aber ich habe noch nie bei einem Rennen aufgehört. Also wollte ich in diesem Moment damit auch nicht anfangen.

Also habe ich noch einen kleinen Bergsprint hingelegt, um es zur nächsten Stage zu schaffen. (Anm. d. Red.: Ines ist die nächste Transferstage mit einer Zeitvorgabe von 1 Stunde 40 Minunten in 1 Stunde gefahren) Aber ich habe nicht aufgegeben und sogar noch ein paar Podium-Stages geschafft, was mir das Gefühl gegeben hat, dass ich es hätte schaffen können und dass ich gekämpft habe. Auch wenn die Gesamtwertung natürlich hin war.

Wie hat es überhaupt bei dir angefangen mit Enduro und der EWS?

Das Timing war damals ein ziemliches Glück. 3 Jahre vor der EWS habe ich mit Enduro angefangen. Damals war das in Deutschland nicht so eine große Sache: ich bin einfach mit ein paar Freunden in Willingen das erste Enduro-Rennen überhaupt gefahren, damals noch ein ganz anderes Format mit Massenstart. Und dann bin ich mehr solcher Massenstart-Rennen wie zum Beispiel das Scott Gang Battle in Saalbach oder die Trek Bike Attack mitgefahren und habe mir während des Studiums so ein paar Rennen übers Jahr ausgesucht.

Weiterkämpfen lohnt sich! Hier nochmal aufs Stage-Podium in Finale Ligure
# Weiterkämpfen lohnt sich! Hier nochmal aufs Stage-Podium in Finale Ligure - Foto: Boris Beyer
Fokus auf der letzten Stage des Jahres
# Fokus auf der letzten Stage des Jahres - Foto: Boris Beyer
Zuschauermengen in Finale Ligure
# Zuschauermengen in Finale Ligure - Foto: Sven Martin

Ich war das Rennen Fahren noch gewöhnt von meiner Cross Country-Zeit und hatte einfach Bock, Rennen zu fahren. Damals bin ich für ein kleineres Amateur-Team gefahren, das von Canyon unterstützt wurde, Mountain Heroes hieß das. Da war ich recht erfolgreich auf den Enduro-Rennen unterwegs und dann hat Canyon mir angeboten, beim neuen Team dabei zu sein, das im Jahr darauf beim neuen Enduro World Cup an den Start gehen soll. Und dann war ich plötzlich beim World Cup, damals beim ersten Rennen in Punta Ala. Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommt!

Wie war das erste EWS-Rennen für dich?

Spannend, ganz spannend. Anstrengend, daran kann ich mich noch erinnern. Sehr lange Tage und wir hatten keinen Shuttle fürs Training, weil ich damals nicht wusste, dass man im Training shutteln kann. Das mussten wir dann erstmal irgendwie organisieren. Aber das Niveau war schon sehr anspruchsvoll muss man sagen, für das erste Rennen. Die Strecken waren sehr technisch. Da habe ich schon mit den Ohren geschlackert, wie hoch das Niveau war.

Es wird ja auch jedes Jahr anspruchsvoller.

Hat man das Gefühl, ja. Ich weiß nicht, inwiefern es wirklich so ist und inwiefern es einem so hart vorkommt. Wenn ich mich zurück erinnere, gab es Rennen in Frankreich mit 15.000 Tiefenmeter übers ganze Wochenende. Das war auch sehr anspruchsvoll und deswegen frage ich mich: wird es wirklich immer krasser? Na gut, die Zeitlimits werden kürzer, der Sport wird immer professioneller. Die Leute werden fitter und es gibt immer mehr Fahrer, die das professionell betreiben. Von daher wird es schon immer anspruchsvoller.

Was war dein Lieblings-EWS-Rennen? Fällt dir da spontan was ein?

Von allen? Tasmanien wahrscheinlich. Das war total beeindruckend. Der Trip und die Leute dort, das war der Wahnsinn. Wir sind dort angekommen und waren in einem Supermarkt einkaufen, der noch relativ nah am Flughafen war. Und an der Kasse fragt uns die Kassiererin auf einmal, ob wir denn Enduro-Fahrer seien und wegen dem World Cup hier sind. Die ganze Insel war total begeistert, es wurde überall im Radio und in der Tageszeitung berichtet.

Der ganze Ort hat vielleicht 40 oder 80 Einwohner und es kamen Tausende von Zuschauern, obwohl es den ganzen Tag in Strömen geregnet hat. Normalerweise würde kein Mensch einen Fuß vor die Tür setzen, es hat wirklich richtig geschüttet. Und die Strecken waren auch der absolute Wahnsinn.

Das vielleicht coolste Rennen ever in Tasmanien
# Das vielleicht coolste Rennen ever in Tasmanien - Foto: Matt Delorme

Du machst ja noch viel mehr als nur EWS-Rennen fahren. Wo warst du dieses Jahr noch am Start?

Ich suche gerne solche Abenteuer-Rennen. Das ist was, was mir sehr gut gefällt: so Rennen, die man ohne viel Training fährt. Ich würde gerne mehr machen, aber der EWS-Kalender ist doch recht voll. Ich war in Neuseeland beim NZ Enduro, ein ganz wildes 3 Tages-Rennen. Wild, weil es total technisch war und man einfach drauf los fährt. Die Trans-Provence bin ich auch wieder mitgefahren, zum dritten Mal. Das ist einfach so ein geniales Rennen, auch nach dem dritten Mal ist es immer noch nicht langweilig und man entdeckt immer wieder neue Dinge.

Erster Sieg der Saison vor Traumkulisse beim NZ Enduro: Ines Thoma 2017
# Erster Sieg der Saison vor Traumkulisse beim NZ Enduro: Ines Thoma 2017 - Foto: Boris Beyer
Und auch die Trans-Provence konnte Ines für sich entscheiden
# Und auch die Trans-Provence konnte Ines für sich entscheiden - Foto: Duncan Philpott
Die Trans-Provence ist immer wieder ein Highlight
# Die Trans-Provence ist immer wieder ein Highlight - Foto: Duncan Philpott

Neben dem Rennen fahren bist du ja auch noch gerne einfach so auf Reisen. Vor kurzem warst du zum Beispiel in Schottland. Welcher Reiseort war dein Highlight in 2017?

Letztes Jahr haben wir es echt gut erwischt, unsere Reisen waren 2017 total gut. Anfang des Jahres waren wir in Neuseeland und haben wieder bei unserem Freund Jamie Nicoll im Bus gewohnt, wie schonmal vor ein paar Jahren. Tasmanien war auch super, aber das war weniger Training und mehr reisen. Natürlich sind wir auch Rad gefahren, aber trotzdem war es mehr Erholung. Vor allem, weil ich nach meiner Lebensmittelvergiftung in Neuseeland noch nicht so ganz fit war.

In Jamie Nicolls Bus wohnt es sich sehr bequem
# In Jamie Nicolls Bus wohnt es sich sehr bequem - Foto: Max Schumann
Urlaub in Tasmanien war Entspannung...
# Urlaub in Tasmanien war Entspannung...
...aber natürlich auch Radfahren
# ...aber natürlich auch Radfahren - Fotos: Max Schumann

Unseren Kanada-Trip haben wir anders geplant als sonst. Normalerweise plant man wie in Tasmanien: man nutzt aus, dass man gerade für ein Rennen da ist und entdeckt dieses Land. Aber für Kanada haben wir gezielt in unserem Bekanntenkreis gefragt „was sind eure Lieblingstrails“ und so haben wir die Reise dann geplant: von Trail zu Trail fahren. So haben wir jeden Tag eine absolut geniale Tour gehabt. Fahrradtechnisch war Kanada wahrscheinlich das Beste. Jemals, glaube ich.

Kanada ist biketechnisch das wohl beste Reiseziel für Ines gewesen
# Kanada ist biketechnisch das wohl beste Reiseziel für Ines gewesen - Foto: Max Schumann

Ja Schottland… ist sehr nass. (lacht) Ich glaube zwar, es ging mit dem Regen, aber die Schotten, muss ich mit allem Respekt sagen, sind hart im Nehmen. Man sieht immer diese Videos von meinem Teamkollegen Joe Barnes und das sieht ja meistens relativ einfach aus, wenn die da mit hoher Geschwindigkeit runterbrettern. Man denkt sich aber „da könnte ich auch locker fahren!“. Was man aber nicht weiß, dass es unglaublich steil und so unfassbar rutschig ist, dass du nicht bremsen darfst wenn du Schiss kriegst. Dann hast du überhaupt keine Chance mehr. Das fahrerische Niveau ist da oben echt verdammt hoch. Man wird aber auch nach ein paar Tagen sofort besser, wenn man sich erstmal daran gewöhnt hat.

Aber das ist ja immer noch nicht alles, was du in ein Jahr reinpackst. Du machst ganz viele Trainingscamps und warst auch vor einigen Wochen beim Womens Outdoor Summit und hast dort über die EWS erzählt. Ist dir das wichtig, mit Frauen zusammen zu fahren und dein Wissen weiterzugeben?

Absolut. Irgendwo in mir drin bin ich noch die Lehrerin, die ich irgendwann vielleicht wieder werde (lacht). Mir macht die Gruppendynamik bei Camps unglaublich viel Spaß. Wenn man sich irgendwas nicht zutraut und in so einer Gruppe mit Begeisterung dabei ist, dann traut man sich selbst viel mehr zu. Die Erfahrung mache ich selber auch und das gebe ich genauso gern weiter. Es ist schön zu sehen, wie sich innerhalb einer Woche eine gewisse Dynamik innerhalb der Gruppe entwickelt hat. Egal ob bei Frauencamps oder bei gemischten Camps, ich mache ja beides. Ist ganz egal, nach so einer Woche macht jeder riesige Fortschritte.

Ladykrachercamp im Vinschgau
# Ladykrachercamp im Vinschgau - Egal ob Mann oder Frau, in der Gruppe wachsen alle über sich hinaus

In deinem Vortrag beim Womens Outdoor Summit hast du erzählt, dass bei der EWS sehr viel Wert darauf gelegt wird, dass Frauen gleichberechtigt sind. Kannst du uns nochmal erklären, warum das so ist?

Es war interessant, mich überhaupt damit zu beschäftigen. Durch die Anfrage bei Womens Outdoor Summit (Anm. d. Red.: Ines Thoma hat Ende November bei einem Gipfel mit 60 Frauen aus verschiedenen Outdoor-Sportarten einen Vortrag über die EWS gehalten) habe ich mich mit etwas beschäftigt, was ich immer für selbstverständlich gehalten habe.

Ines bei ihrem Vortrag über die Enduro World Series
# Ines bei ihrem Vortrag über die Enduro World Series

Wir Frauen machen ja dasselbe wie die Männer, das ist für einen Enduro-Fahrer wie dich und mich eigentlich ganz normal: Das sind die Stages, das sind die Strecken und wir machen beide dasselbe. Und dann habe ich festgestellt, dass das bei anderen Sportarten, die auf dem Outdoor Summit vertreten waren, eigentlich gar nicht so normal ist. Es war sehr spannend, das zu reflektieren. Wir haben die gleichen Zeitlimits, wir starten im selben Rennen. Wir sind keine Vorband, die irgendwann morgens zu einer unchristlichen Zeit startet und das Männerrennen ist dann in der Hauptzeit.

Wir starten mitten im Männerfeld und haben dadurch die gleichen Zuschauermengen und die gleiche Media-Coverage wie die Männer auch. Und wir bekommen dieselben Preisgelder, was auch nicht selbstverständlich ist. Es war schön, das zu präsentieren. Dass wir in so einer Sportart unterwegs sind, hat mich ein bisschen stolz gemacht.

Du bist ja auch Teil des EWS Rider Kommitees. Meinst du, das hat einen Einfluss darauf?

Ja, das bin ich. Wir hatten vor ein paar Jahren ein Meeting und da wurde genau das diskutiert. Ob wir Frauen denken, dass wir es schaffen, in den vorgegebenen Zeitlimits zu fahren. Das ist natürlich ein kontroverses Thema. Im Grunde genommen ist es nicht ganz fair, dass wir Frauen dieselbe Strecke bergauf und bergab mit denselben Zeitvorgaben fahren müssen wie die Männer – für die ist es zwar genauso hart, aber sie können sich dann besser auf die Stages konzentrieren. Aber trotzdem denke ich, und die anderen EWS-Frauen auch, dass das der einzige Weg ist, für das Frauenrennen dieselbe Akzeptanz zu erzielen. Indem wir mittendrin sind und dasselbe machen.

Foto: Max Schumann
# Foto: Max Schumann

Dieses Komitee ist an sich auch einzigartig, dass das Feedback der Fahrer in das Rennen miteinbezogen wird. Wie hast du das über die Jahre beobachtet? Hat das zu der Entwicklung der EWS beigetragen?

Ich denke schon. Der Ansatz ist richtig, denke ich, dass man versucht, Sprecher zu finden, die die Meinung der Fahrer repräsentieren. In der praktischen Umsetzung ist aber das Problem, dass je mehr Leute du fragst, desto schwieriger ist es, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Es gab Diskussionen wie dieses Jahr in Rotorua. Dort gab es einen Schlechtwetter-Plan, der zwei Stages aus den Rennen rausgenommen hätte um den Tag damit ein bisschen zu kürzen. Am Ende hat es in Strömen geregnet, es war kalt und rutschig und der Plan wurde nicht umgesetzt, obwohl wir dachten, dass alle Bedingungen für „schlechtes Wetter“ erfüllt sind.

Schlammschlacht in Rotorua
# Schlammschlacht in Rotorua - Foto: Boris Beyer

Irgendjemand von der Organisation hat entschieden, dass es trotzdem durchgezogen wird. Am Ende haben wir uns gefragt, wozu gibt es dann sowas wie ein Mitspracherecht und solche Pläne. Hinterher ist es aber leichter gesagt als getan: irgendwann muss eine Entscheidung getroffen werden und da kann nicht jeder mit einbezogen werden. Aber ich denke, man muss da weiter dran bleiben, weil es ein wichtiger Ansatz ist.

Wie sieht es denn aus mit deinen Plänen für 2018?

Die EWS steht auf jeden Fall im Fokus. Ich werde auch weiter für dasselbe Team fahren: vor ein paar Wochen habe ich entschieden, bei Canyon zu bleiben. Aber trotzdem möchte ich das Reisen auf jeden Fall so weiter machen. Mir macht das total viel Spaß und ist für mich auch ein bisschen die Essenz von Enduro. Es ist zwar ein Rennformat, aber erstmal ist es sehr viel Radfahren an verschiedenen Orten. Was zusätzlich an Rennen mit dazukommt, das plane ich gerade mit meinem Trainer. Im Januar werde ich zum Beispiel in Sestri Levante, Italien, den Winter Super Enduro Cup mit fahren. Einfach immer wieder neue Sachen ausprobieren.

Nächstes Jahr wird es keine Trans-Provence geben. Wohin es Ines wohl verschlagen wird?
# Nächstes Jahr wird es keine Trans-Provence geben. Wohin es Ines wohl verschlagen wird? - Foto: Duncan Philpott

Wie sieht denn dein Training im Winter aus? Oder generell: wie trainiert man als EWS Fahrer?

Man trainiert sehr vielseitig. Das schätze ich auch sehr an der Disziplin, dass das Training eigentlich nie langeilig wird. Im Winter beispielsweise mache ich 2 bis 3 mal pro Woche Krafttraining, 2 mal die Woche intensive Einheiten, aber auch Grundlangen-Training für die langen Tage bei den Rennen. Auch wenn die Sportart eigentlich keine Grundlagenausdauer-Sportart ist, muss man diese langen Tage ja trotzdem überstehen und am Ende des Tages noch fit sein. Dafür mache ich im Winter auch viele Skitouren und Langlauf, weil bei uns im Allgäu viel Schnee liegt. Fahrtechnik ist genauso wichtig, ich werde dafür ein paar Tage in Finale verbringen, ein bisschen Pumptrack fahren und so weiter. Jeder Tag ist anders und das ist super. Heute zum Beispiel werden wir wahrscheinlich mit dem Cyclocrosser unterwegs sein.

Skitour als Wintertraining
# Skitour als Wintertraining - Foto: Max Schumann

Wenn du irgendwann keine Rennen mehr fährst, wirst du dann wieder Lehrerin? Gibt es schon ein Leben nach der EWS?

Ich denke schon. Während der Saison hab ich immer so viel zu tun, dass ich nicht so richtig Zeit habe, darüber nachzudenken. Aber im Herbst machen wir meistens 3 bis 4 Wochen Pause und dann frage ich mich jedes Mal „was mach‘ ich jetzt eigentlich?“. Ich denke momentan schon, dass ich die Lehrerlaufbahn wieder einschlagen werde. Für 2018 werd ich zwar wieder Rennen fahren. Aber im Herbst werde ich mich dann wieder fragen, wie es das Jahr danach weiter gehen soll. (lacht)

Vielen Dank für deine Zeit und viel Erfolg für 2018!

Sehr gerne!

  1. benutzerbild

    Jana

    dabei seit 10/2016

    Ines Thoma ist die erfolgreichste deutsche Enduro World Series-Fahrerin und hat eine durchaus verrückte Saison 2017 hinter sich. Wir haben die Canyon-Pilotin im Interview zu ihrem abgeschlossenen Jahr, ihrem Verhältnis zur EWS und den zahlreichen anderen Abenteuern, die sie auf dem Bike erlebt, befragt!


    → Den vollständigen Artikel „Ines Thoma im Interview: "Das war das Verrückteste, was mir je passiert ist!"“ im Newsbereich lesen


  2. benutzerbild

    LIDDL

    dabei seit 08/2006

    wieder mal ein tolles Interview mit Ines smilie
    hab Ines mal in Hindelang kennen gelernt als sie noch für MountainHeros gefahen ist. eine sehr sympathische Person und wir hatten einen tollen Tag smilie
    Danke auch für den Einblick hinter die Kulissen bezüglich Gleichberechtigung und Mitentscheidung der Fahrer smilie

    hab über geschlechterspezifische Zeiten/Wertungen im MTB-Sport noch nie so drüber nach gedacht. hätte aber kein Problem damit, dass Frauen mehr Zeit bekommen. MTB ist schließlich kein Denksport smilie

  3. benutzerbild

    BommelMaster

    dabei seit 01/2002

    Sehr interessantes Interview!

    Wünsche bestes Gelingen für die Zukunft smilie

  4. benutzerbild

    BIKETIFF

    dabei seit 03/2005

    Ich weiß aus Erfahrung, dass der Beginn des Refs ein Zeitlimit hat. Da würde ich an ihrer Stelle schonmal mehr überlegen.
    Ansonsten nettes Interview, obwohl Enduro nicht meins ist...

  5. benutzerbild

    ---

    dabei seit 07/2011

    , dass der Beginn des Refs ein Zeitlimit hat. Da würde ich an ihrer Stelle schonmal mehr überlegen.
    Ja, hat sie bestimmt total vergessen.

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