Tobi Leonhardt alias IBC-User „KäptnFR“, Bike-Bergsteiger und mittlerweile schneller Enduro-Racer, berichtet von seinem etwas speziellen Racebike-Aufbau, dem Offseason-Training und seinem erfolgreichen Saisonstart bei der Trailtrophy in Latsch – inklusive dem Video „Latsch me if you can“.

Hallo IBC,

die Saison 2016 ist ja in vollem Gange, hier mal ein Update was sich seit letztem Jahr so getan hat. Wie letztes Jahr angekündigt, sollte für 2016 ein rein für Enduro-Rennen optimiertes Bike her, nach einigen Testfahrten ist es dann ein 29er Specialized Enduro Expert in Größe XL geworden. Die Fahreigenschaften für schnelles, gerne auch sehr holpriges, aber nicht extrem steiles Geläuf finde ich schlicht sensationell!

Die Rennmaschine von KäptnFR
# Die Rennmaschine von KäptnFR

Das Serienbike wurde noch mit Laufrädern, Lenker, Vorbau, Sattelklemme, Titanschrauben und Griffen von Syntace verfeinert. Diese leichten, aber trotzdem sehr zuverlässigen Parts ersparen einem viel Stress, den hat man auf Rennen ja ohnehin reichlich. Umhüllt werden die Laufräder zunächst von Schwalbes Procore System und Maxxis Minion DHF MaxxTerra Reifen in der Single Ply Version. Platz nehmen darf ich auf einem ultraleichten Tune kommvor Sattel.

Die Kombination aus Shimano XTR Trail Bremsen in Verbindung mit 225/180er Hope Scheiben hat sich bei mir ebenfalls seit Jahren bewährt und wie sagt man: never change a running system ;-)

Beim Antrieb fahre ich eine, sagen wir mal, „etwas spezielle Mixtur“ die aber prinzipiell den für mich besten Kompromiss darstellt. Aus ergonomischen Gründen (Bewegungseinschränkung rechter Daumen) geht bei mir nur ein Drehgriffschalter. Weiterhin wollte ich die verbaute RaceFace Next SL Kurbel mit Zweifachkettenblatt fahren, bestückt mit einem ovalen 36er absolute black narrow-wide und einem 22er Kettenblatt. Geschalten wird allerdings per „Handschaltung“, sprich ohne Umwerfer. Das 22er ermöglicht mir ein sehr entspanntes und kräftesparendes Bergauffahren, das 36er ermöglicht auch bei sehr schnellen stages noch Vortrieb beisteuern zu können. Mit dem 36er müsste ich bergauf sehr viel schieben, was nicht nur irgendwie nach Kapitulation vor dem Berg aussieht *gg* sondern bei mir gerne auch mal Blasen an den Fersen verursacht. Einen Umwerfer brauche ich nicht wirklich: Während der gezeiteten Stages ist die Kette ohnehin stets auf dem 36er. In den Transfers schiebe ich die Kette wenn nötig per Fußspitze runter aufs 22er. Rauf dann eben von Hand vor der jeweiligen Stage. Für einen Schalthebel links am Lenker wäre an sich auch kein Platz, da hier der sehr angenehm zu bedienende Hebel der Command IR Variostütze montiert ist.

Für zwei Kettenblätter vorne muss natürlich auch ein zweifachtaugliches Schaltwerk her, die zum Drehgriff passenden SRAM XX1 & Co fallen also schonmal aus. Das zweifachtaugliche SRAM GX Schaltwerk hat einen für mich entscheidenden Haken: Die „Clutch“ ist hier nicht verstellbar, wegen type3 nicht mal durch Guerilla-Maßnahmen á la Klemmstift rausfummeln, wie man es bei der type2 machen kann. Die Clutch war mir beim GX Schaltwerk deutlich zu lasch, da würde es eher früher als später enden wie beim letzten Rennen 2015 in Lenzerheide – mit einem kapitalen Kettenmassaker. Eine Kettenführung oben geht nicht wegen 2-fach, also müssen es das narrow wide KB und eine stramm justierte clutch richten, dass die Kette bleibt, wo sie hingehört.

Irgendwo habe ich dann erspäht, dass die 11-fach Shimano Schaltwerke vom Papier her mit dem SRAM Drehgriff kompatibel sein könnten. Versuch macht kluch und siehe da: das zum Testen erworbene XT Schaltwerk hat mit dem SRAM Drehgriff eine ordentliche Performance gezeigt. Der große Vorteil: dieses Schaltwerk ist zweifachtauglich und die Clutch ist einstellbar, sprich ich kann sie so straff einstellen, wie ich mir das vorstelle.

Die serienmässige Pike wurde mit einem AWK Doppelluftkammer System getunt. Dieses im IBC entstandene Projekt von Ralf (aka chickadeehill) hat ja mittlerweile ordentlich Fahrt aufgenommen, wen es interessiert – mehr dazu hier. Die Saisonvorbereitung des technischen Gerätes war somit schonmal erfolgreich, die des „körperlichen Apparates“ gestaltete sich dagegen eher durchwachsen. Der nicht wirklich vorhandene Winter wurde hier durch nasskaltes Mistwetter ersetzt, was scheinbar ein wahres Paradies für Krankheitserreger aller Art darstellte. Was ich in Latsch so gehört habe, ging es vielen anderen Fahrern da auch nicht besser.

Kurzum, ich war über weite Strecken schon froh, wenn ich’s überhaupt aufs Bike geschafft habe, um wenigstens etwas niederpulsiges Grundlagentraining zu fahren. Von Kraft- oder Intervalltraining keine Spur. Als Vorbereitung für die Trailtrophys habe ich Mitte April in Treuchtlingen mal SSES-Luft geschnuppert. Mit Platz 4 bei den ProMasters war ich ziemlich happy, meine Zeit hätte sogar in der Elite für ein Top 20 Ergebnis gereicht. Das Podest bei den Masters war in Reichweite, habe ich aber auf der vorletzten Stage dann im knöcheltiefen Schlamm versenkt.

So ging es dann Anfang Juni zur ersten TT nach Latsch. Dieses Jahr nicht mehr in der Pro Class, sondern bei den Masters. Wie es mir dabei ergangen ist, Film ab:

Latsch me if you can von KäptnFRMehr Mountainbike-Videos

Wir sind am Donnerstag Vormittag in Latsch angekommen und hatten dann mit der Filmerei bis inklusive Freitag Mittag kurz vor dem Rennstart ein ordentliches „Warmfahrprogramm“. Gemütliches Rumeiern macht sich im Film ja auch nicht besonders, deshalb hieß es schon da bisschen zu Gas geben – das hat Körner gekostet. Deshalb war ich angenehm überrascht, dass ich mir schon am ersten Renntag am Freitag Nachmittag bei den drei recht tretlastigen Stages zehn Sekunden Vorsprung rausfahren konnte.

Meinen ersten Verfolger Wilfried van de Haterd kenne ich noch aus meinen früheren DH Zeiten Ende der 90ger. Er war damals ein World Cup Top 10 Fahrer (ich ein bedeutungsloser Hobbyfahrer ;-) ) und er ist im späteren Verlauf seiner Karriere sogar DH-Weltmeister bei den Masters geworden! Kurzum: einer der weiß wie man Gas gibt und darüber hinaus auch ein sehr netter und lustiger Kerl.

Stage 2
# Stage 2 - verblockt und mit Moos überzogen ist eine interessante Kombination

Der Vormittag von Tag 2 lief ebenfalls ziemlich gut, ich konnte den Vorsprung auf rund 25 Sekunden ausbauen. Der Samstag Nachmittag begann vielversprechend mit einer super Zeit auf Stage 8. Auf Stage 9 hat sich dann leider die Kette auf Abwege begeben, das hat ordentlich Zeit gekostet, sie wieder drauf zu pfriemeln. Da ich auf Stage 8 einiges an Zeit rausgefahren hatte und dann den Rest von Stage 9 nach dem Motto „Sieg oder Sarg“ angegangen bin, konnte ich den Vorsprung trotzdem noch auf 28 Sekunden ausbauen. Der Grund für den Kettenabwurf war abends bald ausfindig gemacht: Das mittlerweile ans Bike geschraubte XTR Schaltwerk war nach nur 2 Monaten derart ausgeschlagen, dass die Kette dadurch reichlich Bewegungsspielraum bekommen hat. Da nützt dann auch die strammste Clutch nix mehr. Also zurückgebaut auf’s XT und sicherheitshalber noch einen Bionicon C-Guide an die Kettenstrebe geschnallt – Problem gelöst!

Wegen der Latsch-untypischen Wetterkapriolen musste zunächst der für den Samstag Abend geplante Nightride abgesagt und das für den Sonntag geplante Programm kräftig gestutzt werden. Stage 10 wurde ebenso abgesagt, Stage 11 wurde verkürzt. Als Ausgleich wurde als Stage 12 die Nightride-Stage nachgeholt und abschließend noch spontan ein kurzer Wiesenslalom neben dem Start-Zielgelände abgesteckt. Da ich am Samstag Abend schon ziemlich streichfähig war, kamen mir diese Änderungen eher entgegen als zuwider. So konnte ich am Sonntag meinen 28 Sekunden Vorsprung „verwalten“ bzw. sogar noch auf 33 Sekunden ausbauen. So gesehen ein optimaler Start in die Trailtrophy 2016, zwei Wochen später stand ja dann bereits Lauf 2 im Harz an…

Vorderraddrift auf Stage 11
# Vorderraddrift auf Stage 11
Text: Tobias Leonhardt | Fotos: http://thory-foto.com
  1. benutzerbild

    KäptnFR

    dabei seit 11/2004

    Hallo und Danke allen fürs feedback smilie

    @pat ist immer schwer zu sagen wieviel Text man heutzutage zumuten darf smilie Hättest Dir mehr Info zum Rennen oder zum Bike gewünscht?

    Da sieht man mal, die Stolperbiketechnik kann auch von Vorteil sein.
    Logisch, stolpern ist n gutes Training: extreeem langsam fahren ist ja viel schwieriger als schnell fahren. Kann jeder leicht ausprobieren smilie

    @reflux Die 225er Scheibe passt problemlos, nur der Adapter ist leider recht teuer. Bei der 180er musste ich am hinteren "Befestigungs Auge" des Bremssattels ein bischen was wegfeilen, da sonst die "Nieten" (die Spider und Scheibe verbinden) anstreifen.

    @yeeehaaa gut zu wissen, da ist ja glaube ich vorgesehen einen Kabelbinder drum rum zu machen, oder?
    (Hab ich natürlich nicht gemacht, ist bisher auch noch nicht aufgegangen, mal sehn...)

    @Trialar nee, war eigtl. n Scherz von der TT Rennleitung, aber in dem Fall einer mit durchaus sinnvollem Hintergrund: Auf dieser stage musste man an einer Stelle zwischen zwei Bäumen durch die wirklich sehr nahe beinander standen. Da sind wohl einige ordentlich hängengeblieben und abgeflogen mit ihren 800mm Hirschgeweihen smilie
  2. benutzerbild

    Yberion666

    dabei seit 04/2013

    War das Ernst gemeint mit maximaler Lenkerbreite von 740mm?

    Die Stelle auf dem Trail, an der es um den Felsblock rumgeht ist wirklich ziemlich eng. Also ein reiner Scherz war das definitiv nicht.

    Edit: Oh, nicht richtig beim Vorschreiber gelesen.

    Ich hätte jetzt gedacht, es ginge um die Stelle mit dem Felsen. Das ist das, was ich im Video wiedererkannt habe und noch in Erinnerung habe, als ich da mal gewesen bin.
  3. benutzerbild

    freetourer

    dabei seit 03/2006

    Ich denke der Tobi meinst den Bierkeller - Trail direkt nach dem Einstieg.

    Kommt man aber auch mit 785mm gut durch. smilie

    Langgemacht habe ich mich dafür direkt oben auf dem Walweg, weil ich beim Anfahren auf den Einstieg die Seite wechseln wollte um links auf die Böschung zu fahren - auf dem nassen Wasserrohr auf dem Walweg war mein Vorderrad schneller weg als ich überhaupt "Fu...k" rufen konnte. smilie

  4. benutzerbild

    FloImSchnee

    dabei seit 08/2004

    Ahh, jetzt erst gesehen -- gratuliere zum Rennergebnis!
    (und von dem Rad bin ich auch immer wieder begeistert!)

  5. benutzerbild

    Schaule

    dabei seit 06/2013

    Sehr schöner Rennbericht. Sehr beeindruckend!

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