In einem überraschenden Wendepunkt für die traditionsreiche Marke Scott Sports sorgt die Entlassung von Beat Zaugg, dem langjährigen Geschäftsführer und Minderheitsaktionär, für Schlagzeilen. Nun musste sogar die Polizei anrücken.

Update 5. April – Polizei bei Scott

Wie aus Meldungen der Schweizer Presse hervorgeht, rückte am Nachmittag des 3. April die Kantonspolizei Freiburg mit vier Fahrzeugen bei der Scott Zentrale im Schweizerischen Givisiez an. Grund für den Polizeieinsatz soll laut ein lautstarker Streit im Direktorium gewesen sein, der mit der Personalie Beat Zaugg in Zusammenhang zu stehen scheint.

Nach Angaben der Polizei wurde niemand festgenommen, eine Klärung der Situation müsse auf zivilrechtlicher Ebene erfolgen.

02. April – Entlassung von Beat Zaugg: Wer ist hier der Boss?

Die Auseinandersetzung erreichte am vergangenen Freitag einen Höhepunkt, als eine Pressemitteilung die Entlassung Zauggs und seine Ersetzung durch Interims-CEO Juwon Kim verkündete.

Zaugg, der auch als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Muttergesellschaft fungiert, widerspricht dieser Darstellung in Medien dagegen vehement. Er behauptet, die Ankündigung sei ein Versuch gewesen, das Unternehmen und seine Mitarbeiter zu destabilisieren. Hinter der Mitteilung vermute er die PR-Agentur des Mehrheitsaktionärs Youngone aus Korea, nicht jedoch Scott Sports selbst.

Kulturkampf als Ursache?

Zaugg führt die Spannungen auf einen „Kulturkampf“ zwischen Youngone und Scott Sports zurück. Die Antwort der PR-Agentur, die im Namen des Scott Corporation Vorstands erfolgte, unterstreicht jedoch, dass die Vertreter von Youngone die Mehrheit im Vorstand haben und Zauggs Beendigung beschlossen haben. Die offizielle Stellungnahme betont, dass der Vorstand rechtlich dazu berechtigt sei, die Entlassung des CEOs zu veranlassen.

Einflussreiche Unterstützung für den neuen CEO

Als Nachfolger Zauggs wurde Juwon Kim benannt, ein Mitglied des Scott Corporation Vorstands seit 2022 und Leiter der Wachstumsstrategie sowie Fusionen und Übernahmen bei Youngone. Kim erhält Unterstützung von Branchenexperten wie Steve Meineke und Mathias Seidler, die beide bedeutende Positionen in der Outdoor- und Fahrradindustrie innehaben.

Hintergrund und Herausforderungen

Scott Sports, ursprünglich 1958 als Skiindustrie-Lieferant gegründet, hat unter Zauggs Führung eine beeindruckende Expansion erlebt, einschließlich des Einstiegs in den Motocross- und Fahrradmarkt. Nach einer Übernahme der Mehrheitsanteile durch Youngone im Jahr 2015 und einer jüngsten Finanzspritze in Höhe von 150 Millionen Schweizer Franken steht Scott jedoch vor ähnlichen Herausforderungen wie andere Marken, darunter Überbestände. Zaugg kritisiert Youngone dafür, die Bankbeziehungen des Unternehmens untergraben zu haben, betont aber gleichzeitig seine Bereitschaft, weiterhin mit dem Vorstand zu kommunizieren.

Ein ungewisser Zukunftskurs

Der aktuelle Konflikt bei Scott Sports wirft Fragen bezüglich der zukünftigen Ausrichtung und Führung des Unternehmens auf. Während Beat Zaugg seine Entlassung anficht und auf Unstimmigkeiten im Prozess hinweist, scheint der Einfluss von Youngone auf die Entscheidungen des Unternehmens zu wachsen. Dieser Machtkampf könnte nicht nur die interne Dynamik bei Scott Sports verändern, sondern auch Auswirkungen auf die Beziehungen zu Partnern und Kunden haben.

So hat die Nachricht über die vermeintliche Entlassung Beat Zauggs schon jetzt für Aufruhr gesorgt und die Beziehungen zwischen Scott Sports und dem europäischen Fachhandel belastet. Die Unstimmigkeiten und der daraus resultierende Informationsfluss haben bereits am Osterwochenende für brennende Leitungen im Team von Scott gesorgt. Dies führte zu einer zusätzlichen Verunsicherung im Markt, welche in der derzeit ohnehin schon angespannten wirtschaftlichen Lage der globalen Fahrradbranche alles andere als willkommen ist.

Wie sich die Situation weiterentwickelt, bleibt derzeit abzuwarten. Wir werden die weiteren Geschehnisse im Auge behalten und berichten.

Was sagt ihr zu den Geschehnissen rund um Beat Zaugg und Scott Sports?

  1. benutzerbild

    Harry_Bosch

    dabei seit 12/2023

    Ach ja, dann muss ich wohl doch mal kurz zu meinem Beruf Bezug nehmen...Unternehmensberatung mit Personalberatung. Führungsvakanzen bis zu CEO und GF.

    Eine CEO Ausschreibung bei einem namentlich ziemlich bekannten Unternehmen wie "Scott Sports", um die 1000 Mitarbeiter.
    Ergibt Pi mal Daumen folgende Anzahl von aktiven Bewerbungen auf die Ausschreibung:
    Minimum 400 bis 500 aktive Bewerbungen.
    Werden zusätzlich im Hintergrund relevante Personen per Direktansprache angesprochen, kommen sicher nochmal zwei Dutzend Bewerbungen von gezielt ausgewählten Personen dazu.

    Die in Summe plus / minus 500 Bewerbungen werden wie folgt beurteilt und aussortiert:
    Das Idealprofil kann mit ca. 95 bis 99% Passung zum Ideal-Profil angesetzt werden, sprich die Ideal-Kriterien können sehr einfach strikt um- und durchgesetzt werden.

    Es wird nicht schwierig vorauszusagen sein, dass der letztlich beginnende CEO
    1. Muttersprachlich von DACH oder Frankreich kommt
    und
    2. Mindestens generell viel Erfahrung mit Sportprodukten hat

    Ob es wirklich einer aus großen Rad-Herstellern oder großen Rad-Händlern wird, ist viel
    weniger klar abzusehen. Das liegt hauptsächlich daran, dass hinter den vielen Hersteller- und Händler-Namen unter dem Strich viele kleine bis mittelgroße Unternehmen stehen. Über 500 Mitarbeiter Minimum wird die Bike-Branche vergleichsweise klein verbunden mit dem Thema, dass Deutsch und/oder Französisch ideal ist.

    Um mal ein Unternehmen pointiert aufs Podest zu heben:
    Decathlon mit gut 100.000 Mitarbeitern und inzwischen riesigem Bike-Bereich.
    Da gibt es Schätzungsweise 10 bis 20 Personen in diesem Unternehmen, die gezielt angesprochen werden können und sollten.
    Das klappt allerdings nur, weil dieses Unternehmen so riesig ist was die Mitarbeiter Anzahl und Strukturen betrifft. Wir werden es zwar nie erfahren, aber es kann durchaus sein, dass von Decathlon unterm Strich die meisten Bewerber von einem bestimmten Arbeitgeber kommen, wenn Spencer Stuart mal eine Auswertung nach ein paar Wochen macht.

    Jetzt mach ichs mal ganz persönlich:
    Der Decathlon Geschäftsführer des deutschen Marktes muss natürlich direkt angesprochen werden,
    wenn er sich nicht von sich aus aktiv bewirbt.

  2. benutzerbild

    Hockdrik

    dabei seit 03/2012

    Ach ja, dann muss ich wohl doch mal kurz zu meinem Beruf Bezug nehmen...Unternehmensberatung mit Personalberatung.
    Interessant! smilie smilie ...und es ist eher ungewöhnlich, dass man CEO Positionen öffentlich ausschreibt, oder?

    OK, klar, meistens auch deshalb, weil man den Markt nicht mit der Info einer anstehenden Neubesetzung auf dem Level verunsichern will. Das ist in diesem Fall halt schon etwas anders gelaufen... 😬
  3. benutzerbild

    robzo

    dabei seit 11/2013

    Jetzt mach ichs mal ganz persönlich:
    Der Decathlon Geschäftsführer des deutschen Marktes muss natürlich direkt angesprochen werden,
    wenn er sich nicht von sich aus aktiv bewirbt
    Hoffentlich weiß der gute Mann schon, dass er in seinem aktuellen Job ganz unglücklich ist und unbedingt sowie schon immer zu Scott wollte....
  4. benutzerbild

    Harry_Bosch

    dabei seit 12/2023

    Hoffentlich weiß der gute Mann schon, dass er in seinem aktuellen Job ganz unglücklich ist und unbedingt sowie schon immer zu Scott wollte....
    So denkst Du als Headhunter nicht, Du findest Zielfirmen, die zu mindestens 80% was Branche und Produkt betrifft zum Auftraggeber passt. Ansprechen tust Du nur Personen, die wiederum zu mindestens 80% zu den Anforderungen passen. Du machst in Deiner Anfrage ein Angebot zur Erörterung.
    Bei Spezialisten Funktionen kommen ca. 10 bis 15% Rückmeldungen, nur ca. 5% mit Interesse.
    Bei GF und Vorstandsfunktionen sind es bis zu gut 50% der angefragten.
    Zum Häuptling fühlen sich immer viel mehr berufen als zum Indianer.

    Decathlon muss Pflicht Zielfirma sein, wenn die Personalberatung eine Direktansprache macht.
    Ebenso werden Firmen ohne Sportbezug vollkommen links liegen gelassen in der Direktansprache, da fehlt ein zentraler Punkt dieser Ausschreibung.
  5. benutzerbild

    Harry_Bosch

    dabei seit 12/2023

    Interessant! smilie smilie ...und es ist eher ungewöhnlich, dass man CEO Positionen öffentlich ausschreibt, oder?
    Ungewöhnlich würde ich generell nicht sagen, als Personalberatung ist es aber eher seltener, dass man in der Ausschreibung "öffentlich" den Namen des Unternehmens nennt.
    Wenn ein Unternehmen intern den Nachfolger findet oder gefunden hat, gibts natürlich keine Ausschreibung.
    Andererseits hat eine Ausschreibung generell den "Vorteil", dass man ggf. Personen ohne "Klüngelwirtschaft" oder Personen mit der Perspektive "von außen" finden kann, wenn Eigentümer/Aufsichtsrat dies wollen.

    OK, klar, meistens auch deshalb, weil man den Markt nicht mit der Info einer anstehenden Neubesetzung auf dem Level verunsichern will. Das ist in diesem Fall halt schon etwas anders gelaufen... 😬

    Ich sehe das hier in diesem Fall nicht so. Für die Belegschaft finde ich die Transparenz sehr gut und ein starkes Zeichen.
    "Nach außen" sehe ich so: Google Suche bringt, dass die Polizei anrücken musste wegen Schreierei etc.pp.

    Jeder der also Interesse hat, weiß das richtig Zunder in der Bude ist und das Level der Aufregung ggf. sehr hoch ist.
    Anders ausgedrückt: Viel, viel mehr fallen kann Scott Sports nicht mehr nach dem Polizeieinsatz, der überall dokumentiert ist.

    Da wird eine Persönlichkeit gesucht werden, die aufgerissene Wunden heilen kann, aber auch eine die klare Entscheidungen treffen und vertreten kann. Die gesuchte Person muss die Fähigkeit haben, alle Mitarbeiter wieder voll hinter die Führung des Unternehmens zu bringen. Dann kann Scott auch wieder prosperieren.

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