MTB & ADHS Warum der Sport helfen kann

Rob Warner, Mycayla Gatto und Ben Cathro haben öffentlich darüber gesprochen, Greg Minnaar postet ADHS-Stories auf Instagram und einige MTB-Influencer wie Jess The Maker sprechen offen über ADHS. Marc Brodesser hat die Möglichkeit genutzt, in einem Podcast darüber zu sprechen.
Titelbild

Youtube LogoVideo: MTB & ADHS: sind wir alle betroffen?

YouTube Icon
MTB & ADHS: sind wir alle betroffen? Marc Brodesser | TrailTouch Unfold #8
Wir benötigen deine Zustimmung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Youtube-Inhalt anzuzeigen. Mit dem Klick auf das Video erklärst du dich damit einverstanden, dass dir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Mountainbiken und ADHS: Warum Actionsport Erwachsenen mit ADHS helfen kann

Mountainbiken mit all seinen Facetten ist beliebter denn je – der Rausch der Geschwindigkeit, das Naturerlebnis, die Herausforderung – all das zieht viele Menschen an. Doch neben dem Spaßfaktor kann Mountainbiken sowohl in der Gravity-Spielform als auch mit dem Ausdauer-Aspekt noch mehr: Es ist eine wertvolle Hilfe für Erwachsene mit ADHS, was sich auch darin spiegelt wie sehr Biken typische ADHS-Typen anzieht wie ein Magnet.

Ausdauersportarten generell und so auch Mountainbiken wirken sich positiv auf das Wohlbefinden aus und können typische ADHS-Symptome deutlich abmildern. Aber auch gerade Freeride, Downhill und Tricks oder Sprünge sind durch hohe Dopamin-Ausstöße besonders spannend für ADHS-Personen, die gerne risikoreiche Aktivitäten praktizieren. Bekannte Persönlichkeiten aus der Szene wie Rob Warner und Ben Cathro haben öffentlich über Ihre ADHS Diagnose gesprochen und waren dabei sehr emotional – sie sind beide gute Beispiele für kreative Charaktere, welche auch enorm abliefern können mit ihren Talenten, aber Probleme im Alltag haben, zum Beispiel strukturiert zu trainieren und ähnliche Themen des Alltages.

Die erfolgreiche Content-Creatorin Jess The Maker hat mehrfach über Ihr ADHS gesprochen und Freeriderin Mycayla Gatto hat auch Tipps dafür gegeben – sie hat sich beispielsweise mit der Hilfe von Medikamenten neue Gewohnheiten geschaffen, welche sie dann auch ohne Medis weiterführen konnte.

Was bedeutet Erwachsenen ADHS im Alltag?

ADHS, oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ist eine neurologische Entwicklungsstörung, die oft schon im Kindesalter diagnostiziert wird. Viele Erwachsene kämpfen jedoch ebenfalls mit ADHS, was ihren Alltag stark beeinträchtigen kann. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, sich längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren, sind impulsiver als andere und können häufig nur schlecht ruhig bleiben. Organisierte Routinen und längere Konzentrationsphasen – wie sie im Job oft gefordert sind – werden dadurch zu großen Herausforderungen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Menschen mit ADHS einfach nur „unruhig“ oder „zerstreut“ sind. Es handelt sich um eine komplexe Störung, die unter anderem dazu führen kann, dass sich Betroffene schnell überfordert oder frustriert fühlen. Sie haben häufig das Bedürfnis nach Aktivität und Abwechslung. Hier kommen Sportarten wie Mountainbiken ins Spiel, die diesen Drang nach Bewegung stillen können.

Mountainbiken als idealer Sport für Erwachsene mit ADHS

Vielseitige Sportarten wie Mountainbiken bieten eine besondere Art von körperlicher und geistiger Herausforderung, die Menschen mit ADHS oft als sehr befreiend erleben. Doch was genau macht Mountainbiken mit all seinen Facetten so hilfreich?

  1. Bewegung & Training bauen Stress ab

    Bewegung ist allgemein ein bewährtes Mittel, um Stress zu reduzieren – und das gilt besonders für Menschen mit ADHS. Durch die körperliche Anstrengung beim Mountainbiken wird eine Vielzahl an Glückshormonen freigesetzt. Diese Hormone helfen, Stress zu reduzieren und ein Gefühl von Zufriedenheit zu fördern. Gleichzeitig sinkt das allgemeine Stresslevel, was die Konzentration und Aufmerksamkeit verbessern kann.

  2. Fokus auf den Moment

    Mountainbiken, gerade in den Gravity-Disziplinen, erfordert volle Konzentration. Wurzeln, Steine und Kurven verlangen schnelle Reaktionen und lassen wenig Raum für Ablenkungen. Dieser „Fokus auf den Moment“ hilft Menschen mit ADHS, ihren Geist zu beruhigen. Die Impulsivität, die oft zu Problemen im Alltag führt, kann hier kontrolliert und genutzt werden, da blitzschnelle Entscheidungen auf dem Trail gefragt sind.

  3. Verbesserte Selbstwahrnehmung

    Das Fahren auf Trails und steilem Gelände fördert die Selbstwahrnehmung und das Körpergefühl. Die Fähigkeit, sich auf den eigenen Körper zu konzentrieren und ihn zu kontrollieren, stärkt das Selbstbewusstsein. Das Erfolgserlebnis nach einer anspruchsvollen Abfahrt gibt den Menschen mit ADHS das Gefühl, etwas geschafft zu haben – etwas, das im Alltag durch die vielen Herausforderungen oft zu kurz kommt.

  4. Regelmäßiger Sport als Strukturgeber

    Regelmäßige Bewegung bietet Menschen mit ADHS auch eine Art „natürlicher Struktur“. Feste Trainingseinheiten oder regelmäßige Fahrten schaffen einen Rhythmus im Alltag, der bei ADHS oft fehlt. Durch diese Struktur fällt es vielen Betroffenen leichter, auch in anderen Lebensbereichen eine Routine zu entwickeln.

Der gesundheitliche Effekt von Actionsport bei ADHS

Es gibt wissenschaftliche Belege dafür, dass regelmäßiger Sport die Symptome von ADHS lindern kann. Vielseitige Sportarten wie Mountainbiken fördern die Ausschüttung von Neurotransmittern wie Dopamin und Serotonin, die beide bei Menschen mit ADHS oft im Ungleichgewicht sind. Dadurch können sich Betroffene besser konzentrieren, sind ruhiger und haben weniger Schwierigkeiten, ihre Impulse zu kontrollieren. Mountainbiken kombiniert zudem Elemente des Actionsports, die das Adrenalin anregen, mit der beruhigenden Wirkung von Ausdauertraining in der Natur.

MTB und ADHS: Eine Sportart mit Mehrwert

Mountainbiken ist weit mehr als ein Freizeitvergnügen. Für Erwachsene mit ADHS kann es eine echte Bereicherung sein, die die Lebensqualität verbessert. Die Kombination aus intensiver körperlicher Anstrengung, Fokus auf den Moment und einem befriedigenden Erfolgserlebnis macht diesen Sport ideal für Menschen mit ADHS. Der positive Effekt von regelmäßiger Bewegung zeigt sich oft nicht nur auf dem Bike, sondern auch im Alltag – ein echter Gewinn für Körper und Geist. Auch das Ausleben von risikoreichen Aktivitäten ohne Drogen oder Kriminalität ist ideal für ADSHler, welche leider ein enorm gesteigertes Risiko haben Suchterkrankungen zu bekommen und auch ansonsten durch ihren Lifestyle eine deutlich verminderte Lebenserwartung haben. Also scheint Biken eine ideale Selbsttherapie zu sein!

Text und Bilder: Marc Brodesser

20 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. „Aus meiner Sicht ist es hilfreicher, ADHS nicht vorrangig als Krankheit zu betrachten, sondern als eine neurobiologische Variante, oder auch als Wesenszug - nicht besser und nicht schlechter, eben "Anders".
    Das hier ist der wichtigste Abschnitt/Satz in dem ganzen Thema.
    ADHS IST KEINE KRANKHEIT!!!!!!!
    Das Problem liegt eher in der Gesellschaft (aber immer auch noch in der Medizin/Wissenschaft), die Menschen, die anders sind als „Normale“ (was ist das überhaupt?!), den Zutritt zu „Normalo-Gesellschaft“ verwehren oder sie nicht akzeptieren, wie andere Leute dunkelhäutige Menschen etc. nicht akzeptieren.
    Ich weiß, der Vergleich ist hart.
    Aber mein Bruder mit 45 hat vor gut 40 Jahren diese Diagnose bekommen. Damals waren das Leute, die nirgendwo Anklang/Akzeptanz gefunden haben.
    Meine Mama war damals sehr aktiv bei uns im Umkreis und hat Ärzte, Schulleiter, Schulpsychologischen Dienst etc. an einen Tisch geholt, um für mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz zu werben.
    Heute wird jedes Kind, welches sich 2 mal in einer Stunde auf dem Stuhl bewegt hat mit AD(H)S diagnostiziert und mit Ritalin vollgepumpt.
    Mittlerweile habe ich eine 12-jährigen Sohn, der ganz klar ADS hat und es diagnostiziert bekommen hat.
    Es ist eine Aufgabe für Eltern, je nach Ausprägung, die uns tagtäglich an unsere (Akzeptanz-)Grenze bringt.
    Und leider ist die Akzeptanz gerade in bürokratischen Einrichtungen, wie Schule oder Jugendamt kaum einen Schritt weiter, als vor 40 Jahren bei meinem Bruder.
    Jedes Kind, welches aus „der Norm“ fällt, egal, ob nach unten oder nach oben, fällt aus dem Raster.
    Die Gesellschaft ist (noch) nicht flächendeckend bereit für solche Art von Charakteren.
    Es gibt allerdings Firmen, die das Potenzial solcher Menschen erkannt haben und sie genau Wegen ihrer AD(H)S-Geschichte einstellen.
    So soll es doch sein.
    Denn, ich muss es noch mal wiederholen :
    Es ist und bleibt KEINE Krankheit.
    Und a muss ich mir oft selber an die Nase packen und mir das oft selbst immer mal wieder sagen.
    Witzigerweise klappt es dann mit dem Sohnemann auch wieder besser; zumindest für einen gewissen Zeitraum. Aber das könnte auch Pubertät sein 😂
    Das mit dem Fahrrad fahren, um mal hier auf den Artikel zu kommen, habe ich bei ihm auch schon beobachtet.
    Muss ich mich wohl mal näher mit beschäftigen.
    Danke dafür. 👍🏼💪🏼




    Sascha
  2. Ich fühle mich unwohl, wenn Herrn Hüter hier eine Bühne geboten wird. Seine Position wird von vielen Betroffenen als übergriffig und unpassend wahrgenommen!

    ["Kollegen"bashing]Hüther ist ne Schnieptröte und klinische ziemlich unterbelichtet.[/"Kollegen"bashing] Auch wenn er hier und da Punkte hat, die nicht völlig von der Hand zu weisen sind, ordnet er die überhaupt nicht passend ein. Nebenbei ist der Beitrag da 12 Jahre alt, inhaltlich eher 20 und auch noch popularistisch.
  3. also heut wieder zeitgemäß 😡

  4. ADHS ist weder eine Krankheit noch eine "Störung".Andere Sprachen, aber auch das Englische sind da deutlicher, es ist "neurodivers", eine Abweichung von der vorgeblichen Norm. Deshalb aber, wie auch andere Neurodiversitäten, nicht besser oder schlechter, sondern schlicht: anders.

    @Marc B leider wurde in einem ansonsten vernünftig recherchierten Artikel diese Begrifflichkeit wiederholt verwendet. Da das Thema durchaus sensibel ist, wäre eine bessere Wortwahl und mögliche Auswirkungen solch einer Wortwahl beim Schreiben zu beachten.

  5. Vielleicht wäre mehr geholfen, wenn ADHS nicht immer so negativ gesehen würde – ein offenerer, nicht ganz so bierernster Blick darauf täte gut - es gibt auch gute Seiten und viel mehr dazwischen, davor und danach smilie
    Ja irgendwie besteht dann die Gefahr das es sich ähnlich wie mit den Begriffen "Burnout", "Trauma", "Trigger" usw. entwickelt die immer mehr im Alltag benutzt werden ohne das es pathologisch ist.

    Aus der anfänglichen Akzeptanz wird dann schnell ein ja stell dich nicht so an, ADHS ist ja nicht so schlimm, mein Cousin hat es auch und dem gehts ganz gut...es ist schon sinnvoll das es sowas wie den ICD-xx gibt um das Leiden der Person anhand von festgelegten Punkten einzuordnen
Was meinst du?

Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular: