Daniel ist Marathon-Racer und sein Kumpel Don Fotograf, der ihn auf Rennen weltweit begleitet. So kamen die beiden 2022, noch während der Corona-Zeit, nach Ruanda, um dort am Rwandan Epic Stage Race teilzunehmen. Über fünf Etappen sollte es von Kigali an den Kivusee gehen, und nach einer kurzen Recherche waren die zwei schnell überzeugt: Ein sicheres, fahrradbegeistertes Land, das spektakuläre Bilder versprach – da konnte man nichts falsch machen. Wirtschaftlich ist Ruanda das Vorzeigeland Afrikas, und man rühmt sich, mit Kigali die sauberste Hauptstadt des Kontinents zu haben. Doch bei der Recherche stößt man auch auf den Genozid vor 30 Jahren – ein Thema, das in dieser Geschichte eine wichtige Rolle spielen wird.
Rwandan Epic Race
Das Rennen hielt, was es versprach: Trails, grandiose Strecken und freundliche Menschen überall. Verantwortlich dafür sind zwei bikebegeisterte Belgier, beide mit dem Namen Simon. Während der eine über eine Charity dort hängen blieb, hat der andere einen World-Cup-Background und ein gutes Gespür für den Sport. „Simoni“, so der Spitzname des Ex-Racers, arbeitet mittlerweile für die UCI und ist der Streckenchef des Rwandan Epic. Naturtrails erster Sahne waren nicht nur für Daniel ein absolutes Highlight in seinen vielen Jahren auf dem Bike. Auch Legende Karl Platt stand mit am Start und schwärmte über das, was er dort erleben durfte. Dass Ruanda den Beinamen „Land der tausend Hügel“ trägt oder man es auch die „Schweiz Afrikas“ nennt, kommt nicht von ungefähr – perfekte Voraussetzungen für Bikespaß pur. Daniel war mittlerweile dreimal am Start und konnte das Rwandan Epic 2023 sogar gewinnen.
Schon beim ersten Besuch war klar: Daniel und Don wollten einige Radklamotten ins Land bringen und an Fahrer vor Ort spenden. Über Simon wurden sie dafür an einen gewissen Florent vermittelt. Er kümmerte sich nicht nur um die beiden während des Trips – seine Geschichte wurde der Grundstein für Shift Up For Rwanda.
Can one bicycle change a life?
Florent betreibt mit der Twin Lakes Cycling Academy eine kleine Radsportschule, in der er jungen Menschen den Sport in Kombination mit Bildung näherbringt. Aber nicht so, dass Kinder ein Fahrrad bekommen, um in die Schule zu fahren – Florent nutzt das Fahrrad als Motivation, überhaupt (wieder) zur Schule zu gehen. Die Gründe, warum Kinder dort die Schule abbrechen, sind tief verwurzelt und hängen eng mit dem Genozid zusammen. Auch wenn das Land im Aufschwung ist, sind die Wunden noch tief.
Florents Geschichte faszinierte Daniel und Don – und sie sollte noch weitergehen. Auf die Frage, warum er das tue, offenbarte sich die ganze Tragweite: Florent hatte im Genozid seine Familie verloren – rund 200 Menschen, nur er und sein Bruder überlebten. Innerhalb kürzester Zeit verloren über 900.000 Menschen ihr Leben. Wer mehr wissen möchte, findet auf Netflix und bei Google starke Dokus und Filme über diese Zeit. Florent erzählte weiter: Mit sieben Jahren landete er auf der Straße, bis ihn das Schicksal einholte. Ein Mitarbeiter einer NGO fragte ihn, warum er nicht in der Schule sei, und aus Spaß antwortete er: „Gib mir ein Fahrrad, dann verspreche ich dir, wieder zur Schule zu gehen.“ Gesagt, getan – und Florent hielt sein Versprechen. Er kam zu Bildung, machte seinen Weg und ist seinem „Angel“ unendlich dankbar.
One bicycle can change a life!
Ein Rad kann Leben verändern. Genau diese Geschichte gibt Florent nun an Kinder weiter, die es im Leben nicht leicht haben. Als er sich offen zeigte, dass seine Twin Lakes Cycling Academy auch Lust auf Mountainbiken hat, war für Daniel und Don klar: Florent muss geholfen werden.
Zurück in Deutschland gründeten sie kurzerhand den Förderverein Shift Up For Rwanda. Das Ziel ist simpel: Florent zu unterstützen, wo es nur geht. Bildung steht im Vordergrund – sie ist die größte Chance auf eine solide Zukunft. Dass Charaktereigenschaften, die man durch Sport oder Teamgeist lernt, ebenfalls hilfreich fürs Leben sind, darüber sind sich alle einig. Und dass Mountainbike und Ruanda perfekt zusammenpassen, hat das Rwandan Epic Race gezeigt.
Ruanda – gemacht zum Biken
Auch wenn das Fahrrad im Land sehr populär ist, gibt es kaum Mountainbikes. Daher unterstützt Shift Up For Rwanda nicht nur das Thema Bildung, sondern bringt auch Bikes und Ersatzteile ins Land, damit Kinder und junge Erwachsene aufs Gelände können. Trails, Wege und Infrastruktur sind vorhanden – und die Natur spricht für sich.
Daniel, als Bike-Profi, hat ein gutes Netzwerk. Über Spenden, Sponsoren und viel persönlichen Einsatz sind mittlerweile einige gute 29er-Bikes im Land. Erste Erfolge zeigen sich: Bei den letzten Ausgaben des Rwandan Epic waren regelmäßig Fahrer von Florent vorne dabei und schlossen als bestes einheimisches Team ab. Doch es braucht mehr Material – und Talente müssen schon früh aufs Bike.
Glücklicherweise ist Shift Up For Rwanda in Ravensburg zuhause, und Daniel sowie Don kennen Sören Zieher, den Gründer der Bike-Marke VPACE, ebenfalls aus Ravensburg, gut. Als er die Geschichte hörte, war er fasziniert vom Herzensprojekt der beiden Oberschwaben und spendete direkt einige Rahmen. Nachdem die älteren Twin Lakes Biker damit versorgt sind, geht es nun an die „Kleinen“. Beim Kinderbike-Spezialisten fand man offene Ohren – die ersten Kids-Bike-Rahmen wurden jüngst übergeben, stehen aber noch nackt im Shift-Up-Lager.
Zeit, dass die MTB-News-Community ins Spiel kommt
Ihr findet gut, was Daniel und Don da auf die Beine stellen, und wollt das unterstützen? Dann schaut auf ihrer Website vorbei, um zu sehen, welche Möglichkeiten es gibt. Monetäre Spenden fließen direkt in Bildung oder ermöglichen den Sportlern die Teilnahme an Trainings und Rennen. Doch auch MTB-Teile sind gefragt – ganze Bikes oder alles, was in euren Garagen und Kellern schlummert. „Mir ist nur wichtig, dass wir auf einigermaßen aktuellem Material fahren“, sagt Daniel. Denn es gibt gerade einmal zwei Bikeshops im Land, die westliche Standards abdecken. Es muss einfach sein – für komplizierte Technik fehlt noch Know-how. Aber auch hier ist Shift Up aktiv: Gemeinsam mit einer anderen Initiative entsteht gerade ein Programm, das Fahrradmechaniker nach westlichen Standards ausbildet. Das Mountainbike schafft also auch Jobs im Land.
Menschen und Zukunft
Zeit, die Menschen selbst zu Wort kommen zu lassen. Zum Glück hat man mit Don einen kreativen Kopf, und 2024 entstand eine Dokumentation über Florent und seinen Schützling Bukhari. Die volle Doku ist aktuell nur bei Filmabenden zu sehen, wird aber bald auch online gehen. Den Teaser seht ihr hier:
Im Dezember heißt es dann wieder „Start frei“ für Daniel beim Rwandan Epic 2025 – und bei diesem Trip werden auch die ersten Kids-Bikes zu Florent gebracht. Daniel und Don haben schon einiges erreicht, aber die Reise geht weiter. Sie veranstalten regelmäßig Vortragsabende und sind natürlich bereit, hier im Forum Fragen zu beantworten oder weitere Geschichten zu erzählen.
Neue Vereinsmitglieder oder Bike-Begeisterte, die sich vor Ort engagieren wollen – und den Mut haben, mal ein hiesiges Bananenbier zu probieren – sind immer willkommen! Lasst uns gemeinsam für andere einen Gang hochschalten – getreu dem Motto: Shift Up!
Ihr möchtet mehr erfahren? Hier gehts zu Shift for Rwanda (www.shift-up.org), dem Rwandan Epic (www.rwandanepic.com) und Cobcal (www.cobcal.com).
Was sagt ihr zur Geschichte von Shift Up For Rwanda?

9 Kommentare
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Sehr gute Sache. Werde mich da mal etwas mehr reinlesen. Wenn ich mal in der Gegend sein sollte, würde ich dem kleinen mit dem Rocky mal den rechten Bremshebel einstellen.
Wunderbare Sache!
Habe Bock, euch zu unterstützen. Wir haben noch ein Enduro (27,5“ von Giant hier in M).
Melde mich später mal über eure Page. Als Texter mit MTB-Branche im Rücken hätte ich ein paar Ideen.
Liebe Grüße
Gregor
Sehr coole Sache!
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