Vor allem Anfänger lassen ihr frisch erworbenes Bike exakt so, wie sie es vom Händler oder Versender bekommen haben. Doch eigentlich muss ein Bike individuell auf seinen Fahrer eingestellt werden, damit keine Probleme enstehen (z.B. Rückenschmerzen etc.). Zudem sollte es ideal auf den jeweiligen Einsatzbereich abgestimmt werden. Dafür empfiehlt sich eine Vermessung der Körperdaten beim Experten, der die Sitzposition darauf aufbauend einstellen kann. Doch auch ohne die Hilfe vom Spezialisten kann man mit ein paar kleinen Handgriffen noch mehr Spaß aus dem neuen Bike holen. Zudem sollten typische Fehleinstellungen abgeändert werden.
Es folgt eine Auflistung mehrerer sinnvoller Veränderungen des Standard-Setups:
– Optimale Hebelwirkung: Sehr häufig sind die Bremshebeln direkt am Griff montiert. Diese Einstellung ist suboptimal, da man so eine schlechte Kraftübertragung auf die Bremse bringt: Der Bremsfinger greift zu weit innen in den Bremshebel, wodurch eine effiziente Hebelwirkung unmöglich ist. Deshalb sollte man den Bremshebel ein Stückchen weg vom Griff schieben, sodass man mit dem Bremsfinger weit aussen am Bremshebel greift. So spart man auch in langen Abfahrten Kraft und auch die gefühlvolle Dosierung der Bremse fällt leichter.
Tipp: Man sollte die Inbusschrauben des Bremshebels nicht zu fest anziehen, sondern lediglich so fixieren, dass man ihn mit sehr viel Kraft mit bloßer Hand verschieben kann. So verhindert man, dass der Hebel bei einem Sturz abbricht.
– Fehljustage: Ergonomische Griffe sind eine tolle Sache. Doch nicht selten sind sie falsch montiert, sodass sie mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringen. Häufig sind sie in einer falschen Position fixiert (siehe Bild 1), sodass bei voller Ausnutzung der großen Auflagefläche ein starker Knick im Handgelenk ensteht (siehe Bild 2) – Schmerzen bei längeren Fahrten sind so garantiert. Unterarm, Handgelenk und Hand müssen immer eine Linie bilden (siehe Bild 3). Dementsprechend muss man die Ergo-Griffe so montieren, dass kein Knick mehr im Handgelenk zu sehen ist (siehe Bild 4).
Falsch eingestellt, leider häufig an neuen Bikes zu sehen:
So muss es sein: Kein Knick im Handgelenk!
– Vorbaulänge und Lenkerbreite: Auch wenn die Industrie den Trend zu einer komfortableren und ergonomischen Sitzposition erkannt hat, kommen immer noch viele Bikes mit 120 mm-Vorbauten und 620 mm-Lenkern zu den Kunden. Dieses Setup mag bei steilen Rampen bergauf gut funktionieren, doch im Vergleich zu einem zeitgemäßen Cockpit (Vorbau 70 – 90 mm, Lenker 680 – 710 mm) sind das Lenkverhalten und die Abfahrtsqualitäten spürbar schlechter. Wichtige Moves wie der Bunny Hop fallen mit einem kürzeren Cockpit ebenfalls leichter. Wenn einem der neu gekaufte Lenker dann doch zu breit ist, kann man ihn selber kürzen oder direkt umtauschen.
In der Kürze liegt die Würze:
Size matters: Breite Lenker bieten mehr Kontrolle.
Tipp: Lasst euch beim ersten Probefahren von dem neuen Fahrgefühl nicht abschrecken, es ist ungewohnt und man muss sich erstmal darauf einlassen – doch auch für normale Biker zahlt sich das Cockpit-Tuning aus!
– Griffwahl: Gute Lenkergriffe mit Schraubfixierung sind heutzutage nicht mehr teuer und sorgen für rutschfesten Sitz. Wer jedoch noch normale Griffe bevorzugt, sollte sie vor der Montage reinigen, trocknen und dann mit Bremsenreiniger innen besprühen – auf den Lenker flutschen, trocknen lassen und die Dinger halten bombenfest. Wichtig: Der Lenker sollte vorher auch gereinigt und getrocknet werden!
– Reifendruck: Low-Pressure-Riding gehört heute längst zum Standard. Doch nicht wenige Neu-Bikes rollen mit fast drei bar zu den Endkunden in die Garage. Also erstmal Luft ablassen! Für normale Einsatzzwecke sind 2,0 – 2,3 bar passend. Sinn der Sache sind der verbesserte Komfort und die zusätzliche Traktion.
Lass mal Luft ab: Neue Bikes werden häufig mit prall gefüllten Reifen geliefert.
– Fahrwerkseinstellung: Die heutigen Luftfederelemente lassen sich einfach auf das eigene Körpergewicht anpassen. Wenn an den Standrohren der Gabel und am Dämpfer kein Ring vorhanden ist, hilft ein Kabelbinder beim Einstellen des SAG (Negativfederweg). Dabei überprüft man, um wie weit die Gabel bzw. der Dämpfer einfedern, wenn man sich nur mit dem eigenen Körpergewicht in der Grundposition auf das Bike stellt. Je nach Einsatzbereich beträgt der SAG 15 – 30 Prozent des Gesamtfederwegs (Marathon- und XC-Fahrer fahren weniger SAG und mögen es straff, während Enduristen und Freerider mit mehr SAG unterwegs sind). Mit einer Dämpferpumpe kann man so den SAG nach den eigenen individuellen Vorlieben einstellen.
Erster Schritt: Man schiebt den Ring oder Kabelbinder runter auf die Dichtung.
Dann stellt man sich in die Grundposition zentral über das Bike.
Absteigen und den SAG ablesen – je mehr es eingefedert hat, desto softer ist die Federung.
Bei Bedarf greift man zu Dämpferpumpe und stellt das Fahrwerk straffer.
Tipp: Häufig sind die Fahrwerke von Werk aus zu straff abgestimmt. Viele Anfänger lassen dieses Setup so, weil sie es nicht besser wissen. Doch Mountainbikes sind keine Trekking-Räder und wenn man sich einmal an die sensible Federung gewöhnt hat, werden die Vorteile einer aktiven und schluckfreudigen Federung überwiegen – try it!
– Dämpfungseinstellung: Bei den meisten Federelementen justiert man die Zugstufendämpfung (Ausfedergeschwindigkeit) mit einem roten Einstellrad ein. Am Anfang stellt man sie ganz offen: Man dreht das Einstellrädchen solange gegen den Uhrzeigersinn, bis man an den Anschlag kommt. Dann rollt man im Sitzen über eine flache Bordsteinkante und achtet darauf, wie oft der Dämpfer nachwippt. Er sollte dies nicht mehr als 1 1/2 mal tun, denn sonst schaukelt er sich im Gelände bei vielen Schlägen hintereinander auf. Wenn er zu sehr nachwippt, dreht man das Einstellrad der Zugstufe etwas zu (im Uhrzeigersinn). Dabei merkt man sich am besten die Anzahl der Klicks, die man dabei hört (so kann man es bei Bedarf wieder auf die alte Einstellung zurückdrehen).
Mit dem roten Einstellrädchen justiert man die Zugstufendämpfung.
Man rollt im Sitzen über ein Hindernis und zählt, wie oft der Dämpfer nachwippt.
– Pedalwahl: Klar, einem Bike-Newbie verkauft der Händler sehr gerne direkt moderne Klickpedale plus den speziellen Schuhen. Doch nicht jeder kommt damit zurecht – im Gegenteil: Viele Anfänger sind mit der festen Bindung mental total verkrampft und tun sich bei fahrtechnischen Übungen und schwierigen Passagen sehr schwer. Deshalb ist es sinnvoll sich auch ein paar vernünftige Plattformpedale mit breiter Auflagefläche und griffigen Pins zu besorgen. Damit lernen Anfänger von Anfang an eine saubere und aktive Fahrweise und haben weniger Angst bei Gleichgewichtsübungen oder Geländepassagen, in denen es langsam und kniffelig wird. Zudem eignen sie sich mit Plattformpedalen nicht automatisch den Schweinehop an, sondern können schneller den Bunny Hop erlernen, weil sie sich noch nicht das Hochziehen des Hinterrades aus den Knien angewöhnt haben. Bei vielen Klickie-Fahrern ist nämlich genau dies der Fall und sie haben häufig Probleme den richtigen Bunny Hop schnell zu erlernen.
Am besten hat man beide Pedalsysteme parat:
Tipp: Je nach Einsatzzweck einfach beide Lösungen parat haben – das Umschrauben dauert mit Pedalschlüssel gerade mal zwei Minuten! Die verbreiteten Kombi-Pedale (eine Seite Klickie, andere Seite Bärentatze) eignen sich eher für die Fahrt zum Bäcker. Im richtigen Gelände bieten sie mit normalen Schuhen vergleichsweise wenig Traktion, vor allem bei Nässe. Nervig: Mit Klickschuhen muss man sie immer auf die richtige Seite drehen, damit man einklicken kann.
Setup erledigt – und ab geht’s zur Eisdiele…
Musstet ihr nach eurem letzten Bike-Kauf noch viel nachstellen? Wie beurteilt ihr die MTB-Kompetenz von den meisten Fahrradhändlern in Deutschland?
81 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumProbieren geht über Studieren
Naja, werde berichten...habe heute ersteinmal ein 6cm Drahtstück aus meinem Reifen "geborgen". Werde dann am Wochenende die Griffe drehen und dann berichten.
sehr guter bericht / anleitung! gefällt mir wirklich gut...
wenn du schreibst, dass man heute mehr und mehr zu vorbauten von 90 - 70mm tendiert, dann heißt das ja im umkehrschluss, dass man die oberrohre etwas länger auswählt bzw. diese länger werden. denn anders geht es ja nicht....
ich fahr auch ein L mit nem 620mm oberrohr und einem 80mm vorbau bei einer körpergröße von 180cm und 86,6cm SL.
@Katze
wie sehen deine Erfahrungen mit den Griffen nun aus?
Habe gleiches gemerkt wie Katze. Stehen die Griffe so wie erklärt, dann fühlt sich dies für mich zu steil an, vorallem wenn man stärker bremst. Fühlt sich an als würde das Handgelenk nach oben weg knicken.
Habe leider noch nicht die Ursache gefunden, warum mir immer was an den Händen schmerzt. Meist sind es die Handballen und/oder der Übergangsbereich vom Daumen zum Handballen und dieser Knick dort. Auf diesem lastet auch immer der Druck bei Bergabfahrten und stärkeren Bremsmanövern.
Habe ich vielleicht doch die falschen Griffe mit der Größe S gewählt?
Hier KATZE.
Die Griffe nun etwas gedreht. Es greift sich gut, allerding habe ich sie nicht "ganz so steil" gestellt... Geht mir da dann wie steve99.
Nun ist miene KATZe endlich aus dem Sack und ich fahre das Katz Moos mit Moto Grpis von Syntace. Noch keine längeren Touren, doch recht angenehm.
Ich kann Dir (stevee99) die BioGrips empfehlen, wenn Do noch welche findest, und davon die Race Grips. Das waren die ersten ergonomischen - und mir haben sie gut in der Hand gelegen und auch Schmerzen waren weg. Zudem kamen keine abrutsch-Gefühle auf. Nur: den Griff MUSS man(n) mit Handschuhen fahren, ansonsten sehen Deine Handballen wie ge(g)rillt aus...;-)
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