Roger Rinderknecht gehört seit sechs Jahren zur Weltspitze im Four-Cross. Für die Schweiz war er auf dem BMX-Bike in Peking bei den Olympischen Spielen. Erhard Goller hat ihn vergangenes Wochenende vor seinem Sieg für die RIDE interviewt. Hier findet ihr den ersten Teil, den Rest gibt es bei der RIDE

Wie geht es der Familie?

Der geht es super, es ist wirklich alles gut. Seit Januar ist das zweite Kind da. Jetzt ist irgendwie die Familie komplett, haben wir das Gefühl. Wir haben uns wieder gut eingelebt in Winterthur, wo wir beide ursprünglich herkommen. Unser Leben hat seinen Rhythmus gefunden und wir geniessen auch die Zeit, die wir zusammen haben.

Deine Freundin ist zuhause bei den Kindern?

Nein, sie arbeitet auch mit 80 Prozent. Sie wollte weiter arbeiten und hat ihre Karrierepläne, es macht ihr Spass. Wir haben einen guten Kompromiss gefunden. Sie arbeitet 80 Prozent und ich kümmre mich einen Tag in der Woche komplett um die Kinder und drei Tage sind sie auswärts betreut. Am Wochenende sind wir zusammen.

Und wenn du unterwegs bist?

Dann sind sie an meinem Tag bei den Grosseltern. Deshalb sind wir auch nach Winterthur zurück. Wenn du so viel unterwegs bist, dann brauchst du eine Absicherung. Früher war ich ein wenig skeptisch gegenüber Kinderbetreuung. Ich dachte, das sei nicht gut für die Kinder, aber mittlerweile bin ich überzeugt davon, dass es eine super Sache ist. Die Kinder freuen sich richtig auf ihre Kumpels und ich glaube es ist die beste Voraussetzung für den Hausfrieden, wenn beide Partner ihr Ding haben und doch genügend Zeit haben für die Kinder.

Also hast du auch keine Probleme mit den Windeln?

Nein, wirklich nicht. Ich war da von Anfang an voll dabei.

Hat sich beim Sportler Roger Rinderknecht was verändert, seit er Vater ist, seit er Familie hat?

Es hat sich viel verändert. Die Einstellung zum Sport hat sich nicht verändert, ich habe immer noch die gleichen Ziele, das Fahren macht immer noch gleich viel Spass. Aber natürlich die ganze Organisation, das ganze Time-Management, das ist komplett anders geworden. Da muss man einfach ein bisschen flexibler werden, wenn man Kinder hat. Wenn die Frau den ganzen Tag zuhause ist, kann man vielleicht schon noch sein Ding durchziehen wie früher. Aber bei uns ist das nicht so. Das fängt schon beim Schlafen an. Man kann eben nicht mehr so viel schlafen wie vorher und ich war immer einer, der viel Schlaf gebraucht hat. Ich muss auch mein Training auf die Zeit beschränken, die ich habe, damit ich abends noch mit den Kindern zusammen sein kann.

Und was die Motivation, die Risikobereitschaft angeht? Four-Cross ist ja kein ungefährlicher Sport. Von manchen Vätern und Müttern hört man, dass sich da automatisch etwas verändert.

Es ist möglich, dass sich da automatisch was verändert. Ich hatte eigentlich nicht unbedingt das Gefühl. Ich bin grundsätzlich sowieso ein Fahrer, der kalkuliert fährt, ich bin kein Draufgänger, man sieht mich nicht kopflos irgendwo rein stürzen. Das hat es noch nie gegeben. Wenn man merkt, dass man sich zurückhalten muss, oder sogar Angst hat, dann würde das nicht mehr gehen bei Sportarten wie Four-Cross oder BMX.

Aber als ich im vergangenen Herbst den Oberarmbruch hatte, das hat sich richtig lange hingezogen. Da habe ich schon gemerkt, dass ich im Winter mental meine Probleme hatte, mit dem Stürzen, dem Verletzen und den möglichen Konsequenzen. Aber ich glaube, das ist eher vom Stürzen ausgegangen, als vom Umstand Vater zu sein.

Du hast in einem Interview einmal gesagt, dass du für dein Leben etwas mehr Struktur brauchen könntest. Hat die Familie jetzt diese Struktur mit sich gebracht?

Genau, das ist so geworden jetzt. Das ist jetzt vielleicht gut für meine weitere sportliche Entwicklung. Obwohl ich jetzt Anfang Jahres etwas Mühe hatte, aber 2009 war eine meiner besten Saisons, da war ich auch schon Vater. Ich bin praktisch bei jedem Weltcup im Finale gewesen. Vielleicht hat mir das tatsächlich was gebracht. Du hast gewungenermassen einen strukturierten Tag und du hast einen super Ausgleich automatisch. Du hast nicht Gefahr, dass du dich zu fest auf den Sport versteifst. Es gibt keinen perfekteren Ausgleich als das. Wenn du mit deinen Kindern zusammen bist, dann bist du mit deinen Kindern zusammen und vergisst alles andere, das geht automatisch. Es gibt kaum was besseres um abzuschalten.

Gut vorstellbar.

Man muss vorsichtig sein. Es wird einem ja fast eingeredet ab und zu, dass es dann vorbei ist. Das gleiche wie mit dem Alter, «uh, jetzt bist du 30, jetzt ist es dann vorbei». Ich bin überzeugt, dass es überhaupt nicht so ist. Es ist eine Frage wie man sich das einrichtet, wie man sich organisiert und was man sonst für Einstellungen hat. Ich fühle mich körperlich sogar gleich gut, oder sogar besser als mit 25.

Was bringt dir die Erfahrung in deinem Sport?

Die Erfahrung bringt vor allem, sich genauer zu kennen, zu wissen, wann und wie viel man pushen kann und wann und wie viel Erholung man braucht. Dass man sich erlaubt zu sagen, ich mache heute Ruhetag oder auch zwei, im Zweifel sogar eine Woche. Oder was auch immer. Das hätte ich früher niemals sagen können, das hätte mich mental zerstört, da hätte ich das Gefühl gehabt, jetzt ist alles vorbei. Mittlerweile ist es so, ich weiss, was ich brauche, um Leistung hinzubringen. Die Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen. Auch mal hingehen zu können und zu sagen, bei dem Sprung ist mir das Risiko zu groß, ein bisschen abgeklärter sein, das kommt mit dem Alter. Es gibt so viele Vorteile und es doch nicht gut gelaufen Anfangs Saison (lacht).

Ja, und warum? Du warst in Houffalize zum Auftakt Vierter, das Finale ging dabei, aber du meintest, das wäre eine gute Basis für die Saison.

Lustigerweise… jetzt muss ich aufpassen, dass nicht eine Riege von Ausreden kommt, aber lustigerweise war Houffalize das Rennen, an dem ich mich körperlich fast am schlechtesten gefühlt habe und das war noch das beste aller Resultate.

Warum das?

Die Gründe dafür liegen schon weiter zurück. Während der Vorbereitung im Winter hatte ich wirklich lange Zeit Probleme mit dem Arm, konnte mich aber körperlich wirklich super vorbereiten. Kraft und Ausdauer, die ganzen Basics konnte ich machen, aber ich konnte nicht einfach nicht viel auf dem Fahrrad sitzen. Das konnte ich erst kurz vor Saisonbeginn wieder anfangen. Dadurch, dass ich nicht so viel auf dem Bike sitzen konnte, kam auch diese mentale Blockade, Respekt haben vor Sprüngen oder Verletzungen. Ich hatte Anfang des Jahres Mühe im technischen Bereich, aber gedacht, das wird kein Problem, weil ich das nachholen kann, wenn der Arm besser wird. Aber zu dem Zeitpunkt, als ich das machen wollte, kamen gesundheitliche Probleme dazu, deren Auswirkungen in Houffalize eigentlich am schlimmsten waren.

Einen Tag später holt sich Roger Rinderknecht im Val di Sole den zweiten Weltcupsieg seiner Karriere, nachdem er zum ersten Mal überhaupt im Weltcup die Quali gewonnen hat.

Die Fortsetzung des Interviews findest du hier bei der RIDE

Die ersten beiden Fotos sind von Jens Staudt vom Sea Otter Festival – das letzte ist von Hoshi Yoshida

Biken im Pumptrack: Gewusst wie mit Roger Rinderknecht: im IBC TV ansehen
  1. benutzerbild

    Thomas

    dabei seit 09/2000

    Roger Rinderknecht gehört seit sechs Jahren zur Weltspitze im Four-Cross. Für die Schweiz war er auf dem BMX-Bike in Peking bei den Olympischen Spielen. Erhard Goller hat ihn vergangenes Wochenende vor seinem Sieg für die RIDE interviewt. Hier fi


    → Den vollständigen Artikel "4X-Sieger Roger Rinderknecht: Mein Ziel sind die Weltmeisterschaften" im Newsbereich lesen


  2. benutzerbild

    Bikerredstar

    dabei seit 10/2006

    ...ein wirklich gelungenes Interview smilie V.a. der Einstieg mit der Familie ist spannend, nicht nur für ältere Semester smilie Danke Erhard, die CC Berichte über die Münsinger Heimat für BSN usw. waren führer ja auch immer schon viel leseswerter als vieles was sonst so die Heftchen füllt...

  3. benutzerbild

    neto

    dabei seit 01/2008

    trotz der grammatik ein tolles interview. scheint ein super typ zu sein smilie

  4. benutzerbild

    Steve Style

    dabei seit 06/2006

    Ja, kommt alles sehr bodenständig und sympathisch rüber. Endlich mal einer der im wirklichen Leben angekommen ist und nicht nur von einem Jump bis zum nächsten Double denkt/denken kann.

    Weiterhin viel Spaß, Erfolg und Gesundheit!

  5. benutzerbild

    fullspeedahead

    dabei seit 10/2006

    thumbs up für alle Interviews, die über 0815-Gelabere hinausgehen. Interessant wie er als Athlet Spitzensport und Familie unter einen Hut bringt.

    Und vor allem Gratulation zum WC-Sieg!

    Falls hier jemand zufällig an einem anderen guten Interview (mit Mathias Haas und Petra Bernhard), über den DH-Sport interessiert ist:
    http://nyx.at/bikeboard/Board/showthread.php?129657-last-downhill-heroes-fotos

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