Ein voller Erfolg für das deutsche „Team Evoc“: Zwar war Team Schweden insgesamt einen Hauch besser, dafür konnten die Deutschen die „Best Cinematography“-Kategorie gewinnen. Nach langer, kräftezehrender Fahrt und den ersten Impressionen hat Tobias Woggon für uns den Erfahrungsbericht dieser einzigartigen Veranstaltung inklusive Fotos und natürlich dem Video-Beitrag von „Team Evoc“:

Das Motorengeräusch der weiß-blauen Maschine, die in diesem Moment auf der Startbahn des Trondheimer Airports los rollt, wird immer deutlicher und durch ein leichtes Vibrieren verstärkt. Ich sitze tief versunken in meinem Sitz, sehe nur noch verschwommen die Stewardess mit der Sauerstoffmaske fuchteln und gebe den Kampf auf, meine Augenlider vor dem langsamen Zufallen zu hindern…

Im unwahrscheinlichen fall eines Druckverlustes....
# Im unwahrscheinlichen Fall eines Druckverlustes….

Selten habe ich in einer Woche so wenig geschlafen, bin so viel durch die Gegend gelaufen und habe mich so unregelmässig ernährt wie in den letzten sieben Tagen.
Aber gleichzeitig hatte ich selten so viel Spaß, habe so Unglaubliches erlebt und war so stolz auf das Erreichte.
Als wir von den Organisatoren des Go Pro Video Contest in Åre eingeladen wurden, als deutsches Team gegen fünf andere Teams aus Skandinavien, Canada und Neuseeland anzutreten, waren wir uns erst nicht so sicher, wie wir das alles handlen sollen. Nachdem ich im vergangenen Herbst mit Philip zur Maxiavalanche gefahren war, waren wir uns sicher, dass wir nie wieder die 28 Stunden bis in den Norden von Schweden mit dem Auto fahren würden. Wirklich nie wieder, selbst wenn es keine Flüge mehr geben würde, oder sogar das Fliegen selbst einfach abgeschafft worden wäre und das Beamen noch in der Versuchsphase wäre. Wirklich, ganz sicher und geschworen…

Nicht mal 12 Monate nach diesem Schwur saß Philip dann doch wieder am Steuer des Fiat Ducato in Richtung Åre. Die Airlines hatten wohl Angst, dass das Flugzeug nicht vom Boden abheben würde, wenn drei Fotofahrer und die Filmcrew Räder, Kameras, monströse Koffer und reichlich Equipment einladen. Ein Cargo-Flieger war leider nicht im Budget. Der radfahrende Teil der Reisegruppe, der aus Manfred Stromberg, Max Schumann und mir bestand, konnte sich dennoch erfolgreich vorm Fahren drücken und ließ sich zwei Tage nach der Filmcrew per Luftpost verschicken.

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# Herzlich Willkommen im Tott Hotel: Ihre Kollegen haben die Schlüssel bereits bekommen und angefangen, das Zimmer neu einzurichten

Nach einem kurzen Briefing der Teams im Hotel ging die Challenge los. Die anderen Teams schienen sich bestens in der Region auszukennen. Unser Glück war, dass wir letztes Jahr bei der Maxiavalanche den wohl coolsten und hilfsbereitesten Guide der Gegend kennengelernt hatten. Der Brite Andy White ist vor acht Jahren nach Schweden ausgewandert und kennt in Åre alles und jeden. Er nahm sich extra Urlaub, um uns helfen zu können und die besten Trails der Gegend zu zeigen und alles Mögliche zu organisieren.

Hier wo ein wenig Wind geht, ist der einzige Platz wo keine Mücken sind
# Hier wo ein wenig Wind geht, ist der einzige Platz wo keine Mücken sind

Wir hatte uns dazu entschlossen, außerhalb des Bikeparks zu filmen und uns dem Thema Enduro zu widmen. So führte uns Andy auf den Suljätten, ein Berg auf der anderen Seite des Bikeparks . Er von wird Einheimischen nur Haiflosse genant, da sein steiniger Gipfel sich aus dem Wald erhebt wie die Flosse eines Hais aus dem Meer.

Da wir schon einige Geschichten über Mücken in den Wäldern Schwedens gehört haben, packte ich sehr stolz mein Anti-Brumm aus, was ich schon vor Abflug in der Apotheke gekauft hatte. Unter hämischem Gelächter von Andy und seiner Frau steckte ich es wieder ein. „Dude, da kannst du dich auch gleich mit Wasser einschmieren. Hier muss Mygga her, das ist was vernünftiges!“
Nachdem wir uns alle großflächig mit dem Wundermittel schwedischer Chemiekunst eingerieben hatten, war auch klar, warum alle Schweden wasserstoffblond sind. Das Zeug riecht wie Bleichmittel beim Frisör und ich bin mir sicher, es ist ähnlich gesund. Leider haben uns die Mücken trotzdem in den Wahnsinn getrieben und wesentlich blonder sind wir trotzdem nicht geworden.

Ein bisschen tiefer und es hätte Kopfschmerzen gegeben
# Ein bisschen tiefer und es hätte Kopfschmerzen gegeben

Der Trail am Suljätten war unglaublich, alle fünf Meter gab es einen neuen Spot, an dem man sich stundenlang aufhalten konnte. Hier ein paar Kurven, dort ein Sprung. So arbeiteten wir uns immer weiter vor, bis wir schließlich um halb zwölf abends den Aufstieg auf den Gipfel antraten.
Ja genau, halb zwölf, 23.30h! Wer in den letzten Wochen schon mal bei Ikea vorbeigefahren ist, der hat sicher das riesige Mittsommar-Plakat am Eingang gesehen. Mittsommar heißt – neben den Schnäppchen im Möbelhaus – dass die Sonne hier oben nicht bzw. nur für wenige Stunden untergeht und es einfach nicht dunkel wird. Im unglaublichsten Abendrot bestiegen wir den Berg. Als wir den Gipfel erreichten, erschlug uns fast die Optik. Wir schauten in den Vollmond, der auf der anderen Seite des Berges auf uns wartete. Ein unglaubliches Erlebnis, welches surreal erschien und lange alle Mühen wettmachte.

Es war einige Überredungskunst nötig, Philip dazu zu bekommen dort hochzuklettern
# Es war einige Überredungskunst nötig, Philip dazu zu bekommen dort hochzuklettern

Auf dem Berg stürmte es leider zu stark zum Filmen. Auch das Aufbauen des mitgebrachten Zelts stellte sich schwerer dar als gedacht. Es war erste Mal, dass wir es aufstellen wollen –  und die Anleitung wurde vom Winde verweht. Vom Wind immer wieder zusammengedrückt wollte es nicht recht Form annehmen und wir wären an einigen Stangen und Haken fast verzweifelt. Unser Computer-Nerd Johnny, eigentlich für Schnitt und Bearbeitung (und Schleppen) zuständig, rettete uns, indem er mitten im Nirgendwo auf einem Berg nachts mit dem Handy im Internet suchte, wie das Zelt aufgebaut wird. Ohne Johnny würden wir wahrscheinlich immer noch puzzeln…
Als wir nach 18 Stunden filmen und einer lampenfreien Abfahrt vom Berg wieder am Auto eintrafen, war es vier Uhr morgens.

Feindliches Flugobjekt gesichtet
# Feindliches Flugobjekt gesichtet

Der Plan, der auch bei Endurorennen gut funktioniert, sich am ersten Tag schon komplett zu übernehmen, war wieder aufgegangen. Jetzt hieß es nur noch: Erschöpfungsgrad halten und nur nicht zu viel schlafen.
Die nächsten Tage waren gefüllt mit Fahraufnahmen. Die technischen Spielzeuge wurden wieder auf die Trails geschleppt und ausprobiert. Immer wieder gaben wir Vollgas für die vielen verschiedenen Einstellungen und schobn dann den Berg wieder rauf. Philip: „Noch mal.“ „ Noch mal.“  „Einen noch!“ „Passt!“

Was ist ein Bikefilm ohne Hintergrund und ohne Story? Und da es Märchenerzähler und Weltverbesserer schon zuhauf gibt, entschieden wir uns für das klassische Motto: „Die voluminöse Expansion der Subterraner Knollengewächse, determiniert sich als reziproke Relation zum Intellekt des Agronoms“, oder „Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln“. Und so hatten wir unglaublich viel Spaß beim Ausdenken und Schauspielern von lustigen Geschichtchen, bis dann am Freitagabend die Rechner angeschmissen wurden und geschnitten, gegradet und gerendert wurde, um am Samstag um in Uhr Mittags völlig erschöpft den Film in die Hände der Judges zu geben.

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# Nach dem Spaß kommt die Pflicht: Philipp editiert die ganze Nacht durch, um pünktlich fertig zu werden.

Samstag Abend 21.00 Uhr: Hunderte von Leuten versammelten sich im Eventsaal des Tott-Hotels zu einem großen Biker-BBQ und der Vorführungen der Filme.

Nachdem der erste Film vom Stapel lief, war klar, dass auch alle anderen Teams gute Arbeit geleistet hatten. Das norwegische Team hatte sehr viel auf CableCam gesetzt. Die Kanadier hatten sich sehr an den Sponsor Go Pro gehalten und reichlich Helmkamera-Fahrten abgeliefert. Die Schweden glänzten durch atemberaubende Action von Martin Söderström. Neben unglaublichen Fahrszenen hatten sie auf eine sehr lustige Geschichte gesetzt. Das reichte am Ende zum Sieg.

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# Team evoc Deutschland (v. l. n. r.): Olli Hänke, Tobias Woggon, Johnny Rigraf, Philip Ruopp, Max Schumann, Manfred Stromberg

Wir als deutsche Vertreter wurden mit dem Award „Best Cinematography“ ausgezeichnet und konnten uns damit gegen sehr ernst zunehmende Konkurrenz durchsetzen.
Alles in Allem war der Contest für uns ein voller Erfolg. Neben dem Gewinn des Awards gab es für uns viele unvergessliche Eindrücke, wertvolle Erfahrungen, eine Menge Spaß und die Gewissheit, dass es in jedem Land Leute gibt, die so für den Sport leben, wie auch wir es tun. Und so sind wir froh und stolz, dabei gewesen zu sein und freuen uns jetzt schon aufs nächste Mal.
An dieser Stelle möchte ich noch einige Leuten für die Unterstützung des Projekts danken:

Andy White, ohne den es den Film sicher so nicht geben würde.
Philip Ruopp, der sich sieben Tage lang mit Max, Manfred und mir rumärgern musste, was gefilmt wird und was nicht.
Olli Henke für all die Sachen die er gebaut hat und für die Geduld, als Nicht-Biker solch ein Projekt durch zu stehen
Johnny Riegraf für das vielmalige Schleppen des Krans auf den Berg und die unglaubliche Performance am Mobiltelefon.
Darcy Turenne für die hübsch-nette Schauspiel-Unterstützung.
Johan  Källvik für den fetten Pick-Up Truck, dessen brutaler Benzin-Durst uns fast den größten Teil des Budgets gekostet hat…
Tobias Liljeroth und alle vom Are Bike Club für Hilfe und die schöne Veranda

Für mich war es eine unglaubliche Zeit. Nun bin ich gespannt, wie Euch das Video gefällt. Die Videos der anderen Teams wird es hier in zwei Wochen zu sehen geben (und vorher noch auf happymtb.org)


Fortune favors fools von Max-Mustermann auf MTB-News.de

Schlachtplatte garniert mit Max und Tobi. Sofa Kuh, Decke Rentier, Kronleuchter Hirsch
# Schlachtplatte garniert mit Max und Tobi. Sofa Kuh, Decke Rentier, Kronleuchter Hirsch

Jeder nur ein Kreuz...
# Jeder nur ein Kreuz…

Der Genießer in der Reisegruppe. Oder einfach der, der die meisten Pausen braucht?
# Der Genießer in der Reisegruppe. Oder einfach der, der die meisten Pausen braucht?

arevid stromberg266b
# Kamera läuft, und bitte

Die drei von der Tankstelle
# Die drei von der Tankstelle

Nach dem Fiat 500 im Rotwild-Video wollte Manfred jetzt mal nen größeren Mietwagen
# Nach dem Fiat 500 im Rotwild-Video wollte Manfred jetzt mal nen größeren Mietwagen

arevid stromberg383b
# So international war der Contest: Schwedisches Haus, englischer Rasen, US-Truck, Schweizer Fahrrad und deutscher Fahrer

arevid stromberg418b
# Der Nachbar von Cheforganisator Robias ist einer der unbeliebtesten Leute in Åre und hat ihm schon Schläge angedroht, doch so richtig ängstlich schaut Max noch nicht aus

arevid stromberg556b
# Gegen den Wind: Philip muss seine Kamera gut festhalten, um sie gegen Schläge und Milchspritzer zu schützen

An die Müslischüssel, fertig, los!
# An die Müslischüssel, fertig, los!

Noch nie war Fahrradputzen so prominent. Die Schöne...
# Noch nie war Fahrradputzen so prominent. Die Schöne…

...und die Biester
# …und die Biester

Die Aftershowparty. Und der Rausch der Gewinnermannschaft wird präsentiert von Carlsberg
# Die Aftershowparty. Und der Rausch der Gewinnermannschaft wird präsentiert von Carlsberg

  1. benutzerbild

    Franky-X

    dabei seit 10/2003

    Trink dein Bier, ich wasch dein bike - so muss das!

  2. benutzerbild

    northshorefreak

    dabei seit 11/2005

    is das ne RED mit der teilweise gefilmt wurde? oO
    leckeres video und super story smilie

  3. benutzerbild

    Killerzwelch

    dabei seit 05/2007

    danke, hat spass gemacht zu schauen!

  4. benutzerbild

    bloodclaat

    dabei seit 02/2007

    sehr schick. Und jetzt gehen alle los und machen sich ein Bier an den Speichen des laufenden Hinterrades auf ;D

  5. benutzerbild

    Geißlein

    dabei seit 03/2003


    # Feindliches Flugobjekt gesichtet

    Hallo,
    darf man fragen, um was es sich hier für ein "unbekanntes" Flugobjekt handelt ?

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