Spätherbstrunde, oder Off-Season auf Norddeutsch

Nasskaltes Wetter, der Winter steht vor der Tür - höchste Zeit, nochmal biken zu gehen. Johannes und Stefan von Trailtech haben sich ins "Vinschgau des Harz" aufgemacht und uns eine schöne Fotostory mitgebracht. Der Text kommt von Johannes, die Fotos von Marius Holler.
Titelbild
Marius Holler

Jedes Jahr das gleiche, die Tage werden kürzer und das Wetter wird schlechter, die Bikemagazine haben längst den Winterschlaf ausgerufen und ihre Leser die Bikes eingemottet. Vor dem ersten Schnee wollen wir noch mal raus und Touren für das nächste Jahr auskundschaften. Im Hochharz ist es bereits ungemütlich kalt und nass, wir flüchten uns ins „Vinschgau des Harz“. Stefan hat mich eingeladen, zusammen mit ihm seine Hometrails unsicher zumachen. Er kommt aus Nordhausen im Südharz, hier ist das Wetter immer einen Tick besser. Er kennt die Gegend wie kein anderer und hat für die nächste Saison eine tolle Tour zusammengestellt.

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Es ist ein diesiger Herbstmorgen, Nebel liegt über dem Harz und am Brocken fällt der erste Schnee. Ich lade mein Rad aus dem Auto und ziehe mir meine Bikeschuhe an. Laut knatternd kommt ein brauner T3 die alte gepflasterte Dorfstraße hinaufgefahren und biegt vor mir auf den Schotterparkplatz des Ilfelder Sportplatzes ein. Stefan springt heraus und mit ihm seine beiden Traildogs, Lotte und Dikke. Seit einigen Jahren arbeiten wir zusammen für die Bikeschule und den Tourenanbieter TRAILTECH. Stefan kommt aus Nordhausen und kennt sich in der Region bestens aus. Als Zweiradmechaniker, Clubbesitzer und Guide führt er fast jedes Wochenende Gruppen aus Deutschland und Dänemark durch seine Heimat. Abseits von Nationalparkwahnsinn, Trailsperrungen und Touristenströmen kann man hier noch Ruhe und Natur genießen. Ich selber kenne im Rest des Harzes jeden Winkel, gebe Fahrtechnikkurse und guide.

Als wir uns in Richtung Neustadt aufmachen, schwärmt Stefan schon fast überschwänglich von neu erkundeten Trails in der Region. Nach wenigen Metern Schotterweg biegen wir schon gleich auf den ersten Trail ein. Hügelig und fast eben schlängelt er sich durch den bunten Herbstwald. Stefan scherzt „zum Wachwerden“ und gibt auf seinem Fatbike ordentlich Gas. Ich folge und versuche an seinem Hinterrad zu bleiben, bis wir schließlich nach Neustadt kommen. Von dort geht es hinauf zur größten noch erhaltenen Burganlage im Harz. Die Burgruine Hohenstein thront seit dem 13. Jahrhundert hoch über den Dächern Neustadts und ist sogar bewirtschaftet.

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Wir jedoch fahren weiter zur Neustädter Talsperre. Erst steil und dann flowig geht der Weg hinab über den roten lehmigen Boden. Unten angekommen fahren wir am Ufer des Stausees entlang und treten über das Hufhaus hinauf zum Poppenturm. Der Turm ist das Wahrzeichen von Ilfeld und wird liebevoll als „Ilfelder Eiffelturm“ bezeichnet. Mit 33,5 Metern der perfekte Ort, um unsere Tour weiter zu planen. Von seiner Aussichtsplattform überblickt man den ganzen Harz und kann sogar ab und an den Herkules in Kassel am Horizont ausmachen. Heute ist die Sicht leider etwas eingeschränkt, aber da sich das Wetter bessert und die Wolken sich langsam verziehen, entscheiden wir uns für die große Runde. Wer möchte, kann auch hier schon abkürzen und den Trail zum Falkenstein nehmen. Wir jedoch planen auf der Ziegenalm in Sophiehof Mittag zu essen.

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Jetzt kommt der Flowhammer – und der Trail in Richtung Netzkater belohnt uns für jeden Meter, den wir bergauf treten mussten. Zunächst geht es am Hang entlang und kleine Senken laden zum Springen und Pushen ein. Für einige Meter kommen wir auf einen Schotterweg und biegen bei einer kleinen Hütte wieder in den Trail ein. In langen Traversen geht es durch den lichten Laubwald hinab, Spitzkehren und Wurzeln lassen es nach und nach immer technischer werden. Unser Ziel ist das Schaubergwerk Rabensteiner Stollen. Früher war dies das einzige Kohlebergwerk im Harz, heute kann man die Harzer Bergbautradition bewundern. Wir fahren einen kleinen Pfad parallel zu den Gleisen der Harzquerbahn und überqueren zunächst die Schienen, dann den Fluss und fahren die Straße hinauf Richtung Sophienhof. Der Hunger treibt uns die letzten Meter zur Ziegenalm hinauf und umgeben von Weiden liegt schließlich die Hofgaststätte am Rande des Örtchens vor uns. Über einen Feldweg kommen wir, vorbei an den Ziegenherden zur Almstube.

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Fast alles auf der Karte stammt vom Hof oder aus regionalem Anbau. Mit einer eigenen Hofkäserei und Ferienwohnungen ein perfekter Ort, um zu entspannen. Wir bestellen einige Leckereien von der kleinen, aber feinen Karte und genießen die Sonnenstrahlen auf der Terrasse. Stefans Geheimtipp ist das Eis auf Ziegenmilchbasis aus dem Hofladen – und der Trail von hier oben. Wir bestellen je zwei Kugeln und lassen uns vorschwärmen, was uns auf dem Trail erwartet. Gestärkt geht es endlich weiter. Der Trail beginnt direkt am Teich nahe der Alm, schlängelt sich durch den herbstlichen Mischwald. Ich trete kräftig an, immer wieder ändert sich der Untergrund. Mal ist es feucht und voller Laub, mal steinig und schnell, nur die Kurven zwingen uns zu bremsen. Drei Kilometer lang ist die Flowabfahrt und jeden Meter kann man genießen, egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener, spätestens hier hat jeder Spaß.

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Zwischendurch kommen wir auf eine Lichtung, von der wir einige Meter auf dem Forstweg zurücklegen müssen. Rechts oberhalb am Hang beginnt nach wenigen Metern ein weiterer schmaler Trail, der in früheren Zeiten ein Wanderweg war und von den Locals reaktiviert wurde. Hängende Wurzeln, kleine Abfahrten und kurze Antritte machen den Trail sehr kurzweilig und abwechslungsreich. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht machen wir uns auf den Weg zurück nach Ilfeld und Neustadt. Stefan schwärmt unterwegs schon von einer neuen Runde und weiteren spaßigen Trails – wir werden so lange wie es die Schneelage möglich macht in der Region fahren. Aber auch im Winter bei tief verschneiten Stiegen geht es mit den legendären Harzer Snowrides weiter. Wir packen die Bikes in den Bulli und machen uns in der Dämmerung auf den Heimweg.

Off-Season ist, was du draus machst!

Weitere Informationen: www.trailtech.de

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Text: Johannes Schilder | Fotos: Marius Holler

23 Kommentare

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  1. Schöne Geschichte, auch wenn sie - so grün wie das Laub noch ist - sicher schon Anfang Oktober vorproduziert wurde. Gerade jetzt wo die Trails so schön cremig sind, dass man mehr Zeit für die Reinigung von Mensch und Maschine braucht, als man vorher gefahren ist, macht sie so richtig Appetit auf die neue Saison. Bis jetzt ist die Südseite des Harzes für mich noch Terra incognita - eigentlich eine Schande, wenn man am Fuße der Nordseite des Gebirges wohnt - höchste Zeit das 2016 zu ändern. Da Trailtech in dieser Ecke "zufälligerweise" auch eine geführte Tour anbietet, werden wir wohl nie einen GPS-Track von dieser Ausfahrt zu sehen bekommen.

  2. Schöner Bericht über meine Heimat und die Trails meiner Jugend - dort hat mich das MTB-Fieber 1994 erwischt und ich bin seither nicht kuriert smilie Da kommen viele Erinnerungen hoch... vor allem die an mein Cannondale Killer V500, welches mich damals hoch und runter gebracht hat. Spass hatten wir dennoch ohne Ende... das ist heute nicht anders, nur das Material ist - äh - tauglicher smilie

  3. Macht Lust auf eine Tour im Harz - wenn das nur nicht so weit weg wäre.... Alpen und Schwäbische Alb quasi vor der Haustüre - da fehlt die Lust in den Harz zu fahren.

    Schöner Bericht von einer herbstlichen Tour - smilie

  4. Hartgesocken. So ohne jegliche Protektion, Handschuhe oder vernünftigen Helm. Da kann man nur weiterhin viel Glück wünschen!

    Ansonsten ohne Frage ein schönes Trailgebiet!

    Touren mit Fullface und Vollprotektoren? Damit es auf den Fotos krasser aussieht? smilie

    Sehr schöner Bericht!

    Toller Bericht, der mal zeigt was Mountainbiken für die meisten "hier" ist smilie
  5. Bin eben mal so über den Bericht gestolpert. So gesehen sehr nettes Bikerevier - wird sicher einmal unter die Räder genommen. smilie

    Aaaaaber Spätherbst??? Wenn die Datumsangaben der Fotos den Metadaten der Kamera entsprechen, wurden die Fotos am 20.08. geschossen!!! Nix Spätherbst.

    Liebe IBC-Redaktion, bleibt doch bitte auf dem Teppich und schreibt keine sensationsgierigen Fantasieberichte oder laßt sie so nicht schreiben! Einfach bei der Wahrheit bleiben, macht alles sympatischer und authentischer. smilie

    Hier mal ein Foto aus dem Hochsommer:

    20160104_153210.jpg

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