In der Liftschlange im Whistler Bikepark steht man fast zwangsläufig früher oder später neben einem bekannten Racer oder einer Freeride-Legende. Thomas Vanderham ist mittlerweile so eine: als kanadisches Kind der „Shore“ tauchte er dank seines unverwechselbaren Fahrstils bereits mit 15 Jahren in den ersten Freeride-Filmen auf. Sieben Mal startete der Kanadier bei der Red Bull Rampage, jedes Mal platzierte er sich in den Top Ten – 2008 schaffte er es sogar auf das Podium. Seine Leidenschaft gilt jedoch mehr dem Filmen als den Wettbewerben. Auch in der Industrie ist er sehr gefragt: Seit vielen Jahren ist er Teamfahrer für Rocky Mountain, seine Erfahrung floss stark in das aktuelle Downhill-Flaggschiff Maiden ein.

An einem regnerischen Tag im Whistler Bikepark saß ich nun also mit Thomas Vanderham im Lift und wir haben uns ein bisschen unterhalten. Später versuchte ich ihm – mit mäßigem Erfolg – am Hinterreifen zu bleiben. Er springt von Anlieger zu Anlieger, lässt die schwierigsten Manöver kinderleicht aussehen und ich trete hinterher, um einigermaßen mithalten zu können.

[Die Gondel bewegt sich über die nebligen Hänge des Whistler Bikeparks. Unter uns tauchen von Zeit zu Zeit Teile der Strecken aus dem Nebel auf, die auch im Garbanzo Downhill befahren werden.]

Vom Wetter lässt sich hier niemand den Spaß am Biken nehmen
# Vom Wetter lässt sich hier niemand den Spaß am Biken nehmen

Bist du jemals ein Rennen beim Crankworx Festival mitgefahren wie den Garbanzo DH?

Es gab einen „Masters Downhill“ in Whistler, den bin ich mitgefahren. Ein irres Event. Man startete von ganz oben und fuhr bis ins Village hinunter. Wir waren vielleicht 500 Teilnehmer – stell dir vor, bei diesem Starterfeld einen Le Mans Start zu machen… Das war ziemlich wild, alles ging drunter und drüber bis jeder sein Bike hatte und auf der Strecke wurde dann um jeden Platz gekämpft. So etwas vergisst man nicht so schnell! [lacht]

Du bist ja schon eher als Freerider bekannt, hast du auch am Downhill Worldcup teilgenommen?

Ja, mehrfach. Ich war bei einigen World Cup-Rennen am Start. Mal hier, mal dort. 2010 habe ich mich für das kanadische Team qualifiziert, das war meine erfolgreichste Saison. Ich war in Windham und Mont-Sainte-Anne, das waren meine besten Rennen.

Weshalb hast du dich dazu entschieden, mit dem Rennen fahren aufzuhören?

Es war wohl kein Zufall, dass mir meine Sponsoren Zeit für den World Cup gaben. Ich zolle diesen Tagen großen Tribut: Von dem professionelle Training profitiere ich heute noch, für meine Fitness und meine Bikeskills war es ein Segen! Wir hatten eine tolle Zeit im Team und obwohl es sehr kräftezehrend war, hatten wir immer unseren Spaß! Für den World Cup bin ich jedoch nicht gesponsert (lacht) – und es war auch nie meine größte Priorität.

Freight Train mit einem der wohl bekanntesten "Tables" von Fahrer und Strecke
# Freight Train mit einem der wohl bekanntesten "Tables" von Fahrer und Strecke - Wenige Meter Sichtweite hindern Thomas nicht an ordentlich Airtime

Würdest du trotzdem gerne mehr Wettbewerbe fahren?

Wenn ich ehrlich bin, nein. Rennen machen mir Spaß, aber meine wahre Leidenschaft gilt dem Filmen. Es bietet den größten Freiraum, kreativ zu sein. Meine ersten Filme waren „Ride to the Hills” und “Northshore Extreme”. Das waren kleine Produktionen. “The Collective” war mein erstes großes Ding Anfang der 2000er Jahre. Aber das ist auch schon… (er überlegt) – verdammt… 15 Jahre her! (lacht) Später kam „New World Disorder“.

Was hältst du von der aktuellen Entwicklung im Filmgeschäft? Derzeit passiert so viel…

Allerdings. Es entwickelt sich, es gibt sehr viel Neues. „Revel in the Chaos“ von Brandon Semenuk spielt auf einem nie dagewesenen Level und er setzt immer wieder noch einen drauf. Eine ähnliche Entwicklung gab es beim Snowboarding: Die Kids werden jünger und jünger und machen immer krassere Sachen. Mit einem Backflip beeindruckst du heute niemanden mehr. Diese Entwicklung finde ich aber auch nur natürlich und wir profitieren davon. Das bringt unseren Sport als Ganzes auf ein anderes Niveau.

Einmal über die Welle schrubben
# Einmal über die Welle schrubben

Mit 18 Jahren fing ich an, ernsthafter Mountainbike zu fahren, das ist nach heutigen Maßstäben ein später Einstieg. Ich komme überall runter und wenige Strecken machen mir Stress. Wenn ich aber sehe, was die „neue“ Generation an Fähigkeiten mitbringt, ist das schon ganz schön beeindruckend. Wie geht es dir mit dieser Entwicklung? Fühlst du dich durch jüngere Fahrer unter Druck gesetzt?

Im Grunde nicht so wirklich. Die Youngster motivieren mich mit ihren krassen Stunts und inspirieren mich zu neuen Taten. Würde ich bei Slopestyle-Events antreten, täte mich das aber ganz sicher stressen! Dadurch, dass ich keine Wettbewerbe fahre, habe ich diesen Druck zum Glück nicht. Das Filmgeschäft ist ganz anders. Jedes Jahr machen wir etwas Neues: Andere Orte, neue Konzepte, pure Kreativität. Alles verändert sich zu jeder Zeit, es gibt immer etwas zu tun. Ein aktuelles Beispiel ist UnReal. Die Arbeit an diesem Projekt hat verdammt großen Spaß gemacht und wir haben viele abgedrehte Ideen umsetzen können.

Dein neues Downhill-Bike, das Rocky Mountain Maiden, bei dem du die letzten Jahren an der Entwicklung beteiligt warst, ist als Alleskönner konzipiert. Macht es deiner Meinung nach einen großen Unterschied, ob man ein Rad im Park oder auf der Rennstrecke fährt? In der Pressemitteilung wurde gesagt, dass das Maiden quasi alles unter die Räder nehmen kann. Sollte beispielsweise der Hinterbau für Rennen länger sein und das Rad auch mehr Möglichkeiten zur Geometrieverstellung bieten?

Ich bin der Ansicht, dass das von den persönlichen Vorlieben abhängt. Die Grenze zwischen einem Freerider und einem DH-Bike ist mittlerweile verschwommen. Ein modernes DH-Bike sollte alles können. Das Maiden kann im World Cup auf einem sehr, sehr hohen Niveau gefahren werden. Ein Downhiller sollte nicht als „Race-only“ oder „Park-only“ – Bike designt werden. Das ist meine persönliche Meinung. Ein kurzer Hinterbau entspricht einem etwas anderen Fahrstil, trotz den größeren Laufrädern bleibt das Rad sehr manövrierfähig. Auf diese Weise kann man das bessere Überrollverhalten der größeren Räder genießen, ohne im Handling eingeschränkt zu werden. Das Maiden ist ein sehr fähiges Racebike.

Regen stört hier kaum jemanden. Wir nahmen die Gondel bis nach oben.
# Regen stört hier kaum jemanden. Wir nahmen die Gondel bis nach oben.

Kanada ist deine Heimat, aber du bist ja schon ziemlich herum gekommen. Welche Länder oder Regionen haben dich dabei am beisten beeindruckt?

Da gibt es zum einen die Orte, an denen ich das Radeln wirklich genieße. Whistler zum Beispiel. Dann gibt es noch diejenigen Orte, die wirklich komplett anders sind als alles, was man sonst so kennt. Utah ist verrückt. Die Landschaft ist gigantisch. Du bist dort der Zwerg, der versucht, der Schwerkraft ein Schnippchen zu schlagen. Es ist jedes Mal faszinierend, dort zu fahren. Marokko ist auch sehr eindrücklich. Vor einigen Jahren waren wir dort zum Wandern und Radeln. Es ist etwas Besonderes, wenn du Trails befährst, auf denen vor dir noch nie ein Mountainbike gerollt ist. Dazu kommt die fremde Kultur. Wir waren einer Flut von Eindrücken ausgesetzt, ich werde es nie vergessen! Und natürlich … home, sweet home. Die North Shores und Kamloops mag ich sehr.

Was steht noch alles auf deiner To-Do-Liste?

Ich war noch niemals in Neuseeland, dort würde ich sehr gerne fahren. Und ich muss auf jeden Fall noch einmal in die Schweiz gehen. Island vielleicht noch. Es gibt noch so viele Orte, an denen ich biken möchte.

(Es rumpelt und wir fahren ins Lifthaus ein.)

Ha! …und jetzt fahren wir erstmal hier. Whistler ist ja auch nicht schlecht. (lacht)

(…kurz darauf fliegen wir über die Sprünge von Freight-Train, Dirt-Merchant, A-Line und ich bekomme eine ernsthafte Lektion, darüber was man unter uns Mountainbikern unter dem Begriff „Style“ kennt.)

Thomas Vanderham mit seinem Rocky Mountain Maiden
# Thomas Vanderham mit seinem Rocky Mountain Maiden
  1. benutzerbild

    _coco_

    dabei seit 01/2008

    Bitte keine Schwarzweiß-Bilder im Aufmacher verwenden

    Das ist nicht dein ernst, oder?
  2. benutzerbild

    Tobias

    dabei seit 08/2001

    Das ist nicht dein ernst, oder?

    Genau das dachte ich auch smilie

    Ein großartiger Biker - für mich immer eine Inspiration ihn fahren zu sehen!
  3. benutzerbild

    R0ppy

    dabei seit 12/2012

    schönes Interview smilie Hoffentlich sieht man ihn noch lange fahren

  4. benutzerbild

    Premium_Biker

    dabei seit 03/2002

    Slopestyle geht mir so oder so auf den Keks... da fehlt der Style

  5. benutzerbild

    soil

    dabei seit 11/2003

    Das ist nicht dein ernst, oder?
    Naja, so halb, hab wirklich einen Schrecken bekommen, weil s/w hier immer für Todesnachrichten verwendet wird.

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