Ring frei für Runde zwei! Am Wochenende verwandeln 20.000 Zuschauer das Albstädter Bullentäle einmal mehr zu einem brodelnden Hexenkessel. Die faszinierende Stimmung können die Fahrer aufsaugen und über sich hinauswachsen. Wer macht das Rennen eine Woche nach dem Auftakt der Weltcupserie in Tschechien? Hier gibt es die große Vorschau der Favoriten vor dem deutschen Saisonhighlight im Mountainbike-Kalender.
Herren – Wer kann Schurter Paroli bieten?
Olympiasieger, mehrfacher Weltmeister und Weltcupgesamtsieger – das Palmares vom Schweizer Nino Schurter ließe sich noch deutlich länger fortschreiben. Schon alleine deswegen wäre er der große Favorit bei jedem Weltcuprennen. Doch nach dem Weltcupauftakt vor einer Woche im tschechischen Nove Mesto steht fest: Wer in Albstadt ein Wörtchen um den Sieg mitreden will, muss erst einmal an ihm vorbei. Am vergangenen Sonntag dominierte Schurter einmal mehr die Konkurrenz nach Belieben und sicherte sich bereits seinen 21. Weltcupsieg.
Dass die Strecke in Albstadt mit den vielen Steigungen dem Eidgenossen nicht sonderlich entgegenkommt, dürfte wohl die einzige Hoffnung aller anderen Kontrahenten sein. Betrachtet man die Kontrahenten, kommt man auf dem Kurs inmitten der schwäbischen Alb um einen Namen nicht herum: Julien Absalon. Der französische Altmeister war bisher in jeder der insgesamt vier Weltcuprennen in Albstadt einer der Hauptprotagonisten. 2013 hinderte ihn ein Defekt am Sieg, 2014 und 2015 konnte er sich jeweils sogar auf das oberste Treppchen des Siegerpodestes stellen und im vergangenen Jahr musste er sich in dem wohl spannendsten Finish eines XC-Weltcups Nino Schurter geschlagen geben.
Dass er aktuell gut in Form ist, bewies er mit einem dritten Rang in Nove Mesto. Nach einem etwas misslungenen Start und dem verpassten Anschluss an die Spitzengruppe konnte er sich schließlich von den Verfolgergruppe distanzieren und auf den dritten Rang fahren. Ob es aber reicht, den übermächtigen Schurter zu schlagen, wird man sehen.
Zwischen den beiden großen Rivalen die vergangenen Jahre platzierte sich in Tschechien ein relativ Unbekannter. Der Spanier David Valero überzeugte in einigen Weltcuprennen bereits mit Top-Ten-Ergebnissen. Dass Valero aber in der Lage ist, Nino Schurter über mehr als die Hälfte eines Weltcuprennens zu folgen, hätte man vor dieser Saison nicht unbedingt erwarten können. Umso überraschender war dann das erstmalige Podium des Spaniers bei einem Weltcup. Im letzten Jahr belegte er in Albstadt den achten Rang. Man kann also angesichts seiner aktuellen Form davon ausgehen, dass er wieder in den Kampf um die Podiumsplätze eingreifen möchte.
Aber nicht nur die drei erwähnten Kandidaten haben Ambitionen, bei der Siegerehrung am Sonntag dabei zu sein. Insbesondere aus unserem französischen Nachbarland gibt es neben Absalon mehrere heiße Anwärter auf einen Platz unter den ersten Fünf. An vorderster Front Maxime Marotte, Drittplatzierter in Albstadt im vergangenen Jahr und Vierter in Nove Mesto. Der neue Teamkollege vom deutschen Vorzeigefahrer Manuel Fumic überzeugte das komplette Frühjahr mit konstant guten Leistungen. Also alles andere als eine Platzierung unter den ersten Zehn wäre bei Marotte sehr verwunderlich.
Im vergangenen Jahr waren sie noch Teamkollegen von Marotte, nun sind Jordan Sarrou und Victor Koretzky die Aushängeschilder des BH-Suntour-Teams. Sarrou wusste ähnlich wie Marotte schon im Frühjahr mit hervorragenden Ergebnissen zu überzeugen, bei Koretzky läuft es hingegen noch nicht sehr rund. Wenn aber beim ehemaligen Juniorenweltmeister der Knoten platzt, kann er sicher auch weit vorne landen.
Das französische Rudel in der Weltspitze komplettieren Stephane Tempier und Titouan Carod. Beide belegten in Nove Mesto die Plätze sechs und sieben und sorgten damit für ein famoses Resultat aus Sicht aller französischen Fans. Eine erneute Bestätigung der Ergebnisse wäre sicher keine Überraschung.
Die französischen Mountainbiker laufen langsam aber sicher den eidgenössischen Kontrahenten den Rang im Weltcup ab. In Nove Mesto sorgte aber auch einiges an Pech dafür, dass einige Schweizer nicht dort landeten, wo man sie erwartet hätte. Mathias Flückiger, Sieger des HC-Rennens in Bad Säckingen und des Bundesliga-Rennens in Heubach, erwischte einen schlechten Tag. Lars Forster erlitt nach einem Sturz ein Kahnbeinbruch im Handgelenk und Florian Vogel konnte aufgrund von anhaltenden Knieproblemen erst gar nicht starten. Forster wird in Albstadt aufgrund seiner Verletzung nicht starten können, Vogel hingegen versucht sein Glück auf einer Strecke, auf der er schon mehrfach unter Beweis stellen konnte, dass sie ihm entgegenkommt. Nihctsdestotrotz werden die schweizer Hoffnungen wohl hauptsächlich darauf beruhen, dass Nino Schurter erneut so dominant ist wie in Tschechien oder der Motor von Matthias Flückiger heuer richtig anspringt.
Nicht unterschätzen sollte man zudem im Herrenfeld Manuel Fumics ehemalige Teamkollegen Marco Fontana aus Italien und Anton Cooper aus Neuseeland. Beide überzeugte mit Top Ten-Resultaten in Nove Mesto. Zudem sollte man den ehemaligen Cyclocross-Weltmeister Mathieu van der Poel nicht aus dem Auge verlieren. Dem Niederländer gelang in Tschechien eine sensationelle Aufholjagd von Startplatz 90 auf Rang acht. Und dann ist da noch die „tschechische Dampflokomotive“ Jaroslav Kulhavy: Auch wenn der Olympiasieger von 2012 einen schlechten Tag bei seinem Heimrennen am vergangenen Wochenende erwischte, ist ihm allemal eine Leistungssteigerung zum Rennen in Albstadt zuzutrauen.
Aus deutscher Sicht liegen einmal mehr alle Hoffnungen auf Manuel Fumic. Der Cannondale-Fahrer hatte in Tschechien nicht seinen besten Tag, erst nach einer halben Stunde sprang sein Motor richtig an und er konnte sich von dem zwischenzeitlichen 26. Rang auf Platz 12 vorarbeiten. Gelingt ihm in Albstadt ein guter Start ist ein Top Ten-Ergebnis im Bereich des Möglichen, vielleicht schafft er es sogar in die Nähe der ersten Fünf.
Damen – „Grande Dame“ Spitz in Topform
45 Jahre alt, doch fit wie eh und je – Sabine Spitz scheint in diesem Jahr trotz ihres fortschreitenden Alters noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht zu haben und ist wieder in der Lage, im Weltcup um den Sieg mitzumischen. In Nove Mesto gelang ihr als Zweite ein perfekter Start in die Weltcupsaison. Der Ketterkurs in Albstadt ist zwar nicht ihr liebster, aber mit ihrem Sieg beim Bundesliga-Auftakt in Heubach die Olympiasiegerin von 2008 hat sie bewiesen, dass sie sehr kletterstark ist.
Doch an zumindest an einer Konkurrentin vorbeizukommen, könnte schwer werden für Spitz: Annika Langvad, amtierende Weltmeisterin, zauberte in Nove Mesto ein furioses Rennen in den Wald und wird auch in Albstadt Favoritin Nummer Eins sein. Zumal die Dänin bereits im Vorjahr in Albstadt mit großer Überlegenheit siegte.
Schon zu Beginn des Rennens setzte sich die Dänin dort ab, einzig Linda Indergand aus der Schweiz konnte ihr anfänglich folgen. Die Drittplatzierte aus Nove Mesto könnte auch in Albstadt ein Wörtchen um die Podestplätze mitreden. Zudem sollte man auf dem Kurs in Albstadt besonders kletterstarke Fahrerinnen auf dem Zettel haben. Allen voran Yana Belomoina aus der Ukraine. Die ehemalige Weltranglistenerste zeigte schon mehrfach im Frühjahr welches Potenzial in ihr steckt und sicherte sich in Tschechien als Fünftplatzierte ihr erstes erweitertes Weltcup-Podium. Zu guter Letzt sollte man auch die Viertplatzierte des Weltcupauftakts nicht abschreiben: Maja Wloszczowska ist seit Jahren ein Dauergast auf den Siegerlisten wichtiger Rennen, auch in Albstadt war die Polin stets vorne vertreten.
Etwas unter die Räder kamen in Nove Mesto die Fahrerinnen von Übersee. Kaum verwunderlich, denn die Amerikanerinnen und Kanadierinnen haben traditionell beim Weltcupauftakt Probleme mit dem Jetlag und können nicht ihre volle Leistung abrufen. Dazu kam bei der Gesamtweltcupsiegerin des vergangenen Jahres, Catherine Pendrel, noch Pech dazu. Eine verklemmte Kette zerstörte alle Hoffnungen auf einen Platz unter den ersten Drei. Und auch Emily Batty wird sicher weiter vorne zu finden sein als eine Woche zuvor in Tschechien, als sie 17. Wurde.
Inwiefern die Dominatorin der vergangenen Jahre, Jolanda Neff, in den Kampf um die vorderen Plätze eingreifen kann, ist fraglich. Die Eidgenossin fährt in diesem Jahr ihrer Form der letzten Jahre hinterher und ist bemüht, den Anschluss an die Weltspitze wiederherzustellen. In Nove Mesto sprang lediglich Rang 18 heraus.
Was uns aus deutscher Sicht in diesem Jahr große Freude bereitet, ist die Tatsache, dass man für das Rennen in Albstadt gleich mehrere deutsche Fahrerinnen im vorderen Feld erwarten kann. Sowohl Adelheid Morath als auch Helen Grobert überraschten in Nove Mesto mit einem hervorragenden Auftritt. Morath landete auf Rang sechs, Grobert auf sieben. Wir können von beiden umso mehr ein gutes Ergebnis erwarten, da beide sehr kletterstarke Fahrerinnen und somit prädestiniert sind für den Kurs in Albstadt. Es wäre also im Bereich des Möglichen, dass wir heuer zwei deutsche Fahrerinnen unter den ersten Fünf beim Heimweltcup wiederfinden.
Fehlen wird unterdessen erneut die Olympiasiegerin von Rio, Jenny Rissveds. Die Schwedin reiste vergangene Woche aufgrund eines Todesfalls in ihrer Familie vom Weltcup in Nove Mesto ab und wird auch in Albstadt nicht am Start stehen.
U23 – Deutsche Hoffnungen bei den Herren
Beim Heimweltcup werfen wir auch einmal einen Blick auf die Favoriten des U23-Rennens. Den Auftaktsieg in Nove Mesto feierte der Norweger Petter Fagerhaug. Keine Überraschung, denn Fagerhaug konnte man schon in vielen Rennen im Frühjahr in den ersten Zeilen von Ergebnislisten finden. Der Lette Martins Blums überraschte in Nove Mesto auf Rang zwei, er gehört sicher erneut zu den Kandidaten auf einen Podestplatz, ebenso der Drittplatzierte Sebastian Carstensen Fini.
Aber auch aus deutscher Sicht gibt es Grund zur Hoffnung auf Top-Resultat. Georg Egger fühlte sich in Nove Mesto noch nicht in Top-Form. Dennoch landete er auf Rang sieben, woraufhin die Erwartungen beim Weltcup auf heimischen Boden nach oben stiegen. Zweites deutsches Aushängeschild in der U23 ist aktuell Lukas Baum. Der amtierende deutsche Meister fuhr anfangs des Rennens in Nove Mesto an der Spitze des Feldes und verlor dann Platz um Platz. Wenn es ihm gelingt, das hohe Anfangstempo über das Rennen hinweg zu halten, fährt Baum sicher um einen Podestplatz mit. Eine weitere deutsche Hoffnung ist aktuell verletzungsbedingt außer Gefecht: Max Brandl wäre sicherlich ebenso ein Fahrer für die ersten Drei eines U23-Weltcups.
Bei den Damen ist die Siegerin von Nove Mesto wohl auch in Albstadt Favoritin Nummer eins auf den Sieg. Kate Courtney ist aktuell in bestechender Form und es wird für alle anderen Fahrerinnen schwer sei zu schlagen. Zwei, die dies versuchen wollen, sind die Europameisterin Sina Frei aus der Schweiz und Evie Richards aus Großbritannien. Die Dritt- und Zweitplatzierten in Tschechien wollen einen weiteren Sieg der Amerikanerin sicher verhindern.
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