Hayes Dominion Test: wer an Bremsen denkt, wird aktuell nicht an erster Stelle Hayes im Kopf haben. Dafür ist es in den letzten Jahren zu still um die Marke gewesen. Die Amerikaner haben diese Zeit aber nicht ungenutzt verstreichen lassen: sie tüftelten fleißig an ihrem Comeback in Form der Vierkolben-Bremse „Dominion“. Wir waren gespannt wie sich die Stopper in einem ersten Test schlagen würden.
Hayes Dominion – kurz & knapp
Kurz vor der Eurobike erreichte uns das Testmuster der neuen Hayes Dominion. Bullig und massiv wirkt an ihr nicht nur der Bremssattel. Auch die in der Reichweite verstellbaren Aluminium-Hebel erinnern in ihrer Dimension an einen ähnlich großen Vertreter aus dem Hause TRP. Wer in Physik aufgepasst hat (und vielleicht wie ich etwas mehr auf die Waage bringt) wird das begrüßen. Warum? Bewegungsenergie wird über die Scheibenbremse am Bike in Wärme umgewandelt. Diese Wärme muss aufgenommen und abtransportiert werden. Leichte Vertreter rauchen da sprichwörtlich gerne etwas früher ab.
Oberste Priorität bei der Entwicklung hatten Bremspower, Modulation sowie Standfestikeit. Leichtbaufans werden von den 312 Gramm auf der Waage wenig beeindruckt sein und sich vermutlich besser hier umschauen. Alle anderen freuen sich über 1,95 mm dicke Scheiben, vier Kolben mit 53,7 mm² Bremsbelagfläche sowie die Verwendbarkeit von organischen und gesinterten Belägen.
Bei der Übergabe der Bremse in der Redaktion ließ Hayes durchblicken, in welcher Liga man ab sofort mitspielen möchte: MT7, XTR und Code, also die aktuellen Platzhirsche sollen sich schon mal warm anziehen, denn auch von schweren E-Bikes sollte die neue Dominion sich nicht unterkriegen lassen.
- Komplette Neuentwicklung mit vier Kolben
- Bremsflüssigkeit DOT 5.1
- Kugelgelagerter Hebel für besseres Handgefühl
- Leerweg-Verstellung werkzeugfrei
- Jede Bremse einzeln ab Werk kalibriert auf direkte Kolbenbewegung ohne Leerweg am Hebel
- Aluminium-Kolben für Hitzemanagement
- Bislang die steifste Bremszange aus dem Hause Hayes
- 2 Bleedports für möglichst sichere Entlüftung
- Belagssicherungsstift dient gleichzeitig als dritte Schraube zur Zangenversteifung
- Crosshair Ausrichtungshilfe am Bremssattel
- D-Series Bremsscheibe mit 180 und 203 mm Durchmesser verfügbar
- Gewicht 312 g (exkl. Scheibe)
- Preis ab 235 € pro Bremse, ab 49 € für die Bremsscheibe
In der Hand
Unser Testmuster entsprach noch nicht ganz dem Serienmodell: so waren das Finish der Oberflächen und der Decals noch etwas anfällig für Kratzer und Abrieb. Wie bekamen einige Wochen später die Serienversion nachgeschickt und haben sie mit unserem Modell gegenübergestellt.


Schaut man sich die Dominion genauer an, erkennt man eine Menge clevere Details. Am Bremssattel finden sich seitlich zwei Madenschrauben, welche die Ausrichtung des Bremssattels deutlich erleichtern. Die Sicherungsschraube der nach unten entnehmbaren Bremsbeläge dienen als zusätzliche Versteifung des Sattels.
An der Gebereinheit findet man bekannte Features, wie die groß dimensionierte Griffweitenverstellung, die auch mit Handschuhen immer sauber zu bedienen ist. Hinter dem Hebel ist eine kleine Schraube versteckt, von der man eigentlich die Finger lassen sollte. Sie verändert die Lage des Geberkolbens, womit sich der Leerweg des Gebers eliminieren lässt: eine Betätigung des Bremshebelhebels führt nun unmittelbar zu einer Kolbenbewegung am Bremssattel.

Die Gebereinheit der Dominion wird mit einer breiten Schelle am Lenker befestigt. Wichtig hierbei: die obere Schraube muss zuerst komplett angezogen sein, bevor der Bremsgriff über die zweite Schraube fixiert wird. Es ist sowohl ein Adapter für SRAMs Matchmaker-System als auch für Shimano I-spec II erhältlich.

Auf dem Trail
Für unseren Testeindruck fuhren wir die Dominion mit 180 mm-Bremsscheiben sowie organischen Belägen. Im weiteren Testverlauf haben die gesinterte Beläge ausprobiert, um uns ein abschließendes Urteil über die Dominion erlauben zu können.
Auf den Abfahrten profitiert man vor allem von einer sehr hohen Modulationsfähigkeit.
Eine Besonderheit der Dominion zeigt sich durch die Abwesenheit des Leerwegs zwischen der Geberbetätigung und der Kolbenbewegung am Bremssattel. Zwar bewegen sich die Kolben durch die DOT-Säule zuerst in Richtung Scheibe, bevor der weiche aber angenehme Druckpunkt spürbar wird. Das Einsetzen der Bremswirkung ist dann aber nicht ganz so knackig, wie man es zum Beispiel von Shimano kennt. Daran gewöhnt man sich nach einigen Abfahrten und man profitiert vor allem von einer sehr hohen Modulationsfähigkeit. Bis zur maximalen Verzögerung wird die Kraft sehr linear erhöht. Ein Punkt der hart spürbar wäre und an dem die Bremse einfach dicht macht, gibt es in dieser Art bei der Dominion nicht. Auch hier war für uns eine gewisse Eingewöhnungsphase notwendig. Dennoch blockierte die Bremse oft schon, bevor man in Stress verfallen konnte.

Im ersten Test mit den organischen Belägen musste die Bremse gut 6.000 Tiefenmeter im Spessart und Brixen überstehen. Einbußen in der Bremskraft waren nur auf sehr steilen und langen Abfahrten mit knapp 700 hm am Stück zu provozieren (Systemgewicht: 115 kg). Hierbei ist erwähnenswert, dass das Arbeiten mit der Vorderradbremse auf Grund der Bodenverhältnisse eingeschränkt war. Die 180 mm-Bremsscheibe am Hinterrad in Kombination mit organischen Belägen stellt sicher nicht die beste Wahl für diesen Einsatz dar.
Als uns die gesinterten Beläge zur Verfügung gestellt wurden, zogen wir erneut los und verglichen unseren Testeindruck auf den gleichen Teststrecken in Deutschland. Um ganz sicherzustellen, dass keine Rückstände der organischen Beläge die Bremskraft der neuen Beläge verringert, griffen wir auf einen Satz frische 180 mm Bremscheiben zurück und bremsten diese nach Empfehlung von Hayes mit 50 Bremsvorgängen von zirka 30 km/h auf 0 ein. Ein durchaus zeitaufwändiger Vorgang.
Auf dem Trail ist der Unterschied zu den organischen Belägen nicht enorm, aber dennoch deutlich spürbar. Als schwerer Fahrer spürte ich besonders auf langen Abfahrten eine konstantere Bremsverzögerung und Nachlassen der Bremskraft tritt sehr viel später ein.
Service Videos: Hayes Dominion
Installation
Entlüftungsvorgang
Bremssattel-Wartung
Das ist uns aufgefallen
- Bremsleistung (organische Beläge) Auch mit 115 kg Systemgewicht und sehr steilen Trails mit viel Schleifbremsen am Heck zeigt die Dominion (mit organischen Belägen und 180 mm Scheiben) erst sehr spät abnehmende Bremskraft.
- Bremsleistung (gesinterte Beläge) Wer lange Abfahrten hinter sich bringen möchte, bei denen Dauerbremsen erforderlich ist, sollte auf die metallische Variante der Beläge zurückgreifen. Sie zeigten sich hitzestabiler als die organische Vertreter.
- Der letzte Bumms Ein Hebelgefühl wie von Maguras MT7, Shimano Saint oder SRAM Code, bei dem gegen Ende nochmal der letzte Biss kommt, fehlt an der Dominion auch mit den metallischen Belägen. Man begründet das bei Hayes mit einer Priorisierung der Modulation gegenüber einem blockierten Hinterrad. Die Bremskraft ist dennoch ausreichend. Nur für das Bremsgefühl sollte man sich etwas mehr Eingewöhnungszeit gönnen.
- Leerweg Bereits beim kleinsten Zug am Hebel zuckt der Bremszylinder. Leerweg gibt es nicht direkt. Nur der Weg zur Scheibe ist zu überbrücken: dieser ist durch Hebelweg realisiert. FahrerInnen mit kleinen Hände könnten Probleme bekommen.
- Hebel-Design Ohne Handschuhe fühlt sich der blank polierte Hebel trotz Vertiefungen sehr glatt an. Hier helfen entweder Grip-Tape oder Handschuhe.
Fazit – Hayes Dominion
Hayes ist zurück und nicht nur schwere Fahrer dürfen jubeln! Wer nicht zu kleine Hände hat, bekommt mit der Dominion eine Bremse, die entspanntes Verzögern auch an langen Tagen auf dem Bike garantiert. Das Hebelgefühl erfordert etwas Eingewöhnung, besticht dann aber mit viel Konstanz und Modulation. Detaillösungen wie die Crosshair-Schrauben am Bremssattel, erleichtern das Bikerleben ebenfalls. Wir sind gespannt auf den Dauertest mit weiteren Scheibengrößen und den gesinterten Belägen.

Pro / Contra
Stärken
- Standfestigkeit
- Modulationsfähigkeit
Schwächen
- Gesamthebelweg eher weit
- Geruchsentwicklung der organischen Beläge
- Lineares Hebelgefühl nicht jedermanns Sache
Preisvergleich
Testablauf
Die Hayes Dominion Bremsen wurden uns für den Test zur Verfügung gestellt. Wir haben 180 mm-Scheiben, organische und gesinterte Beläge getestet. Wir waren mit der Bremse im Spessart und einen Tag in Brixen auf Bikepark und (sehr) steilen natürlichen Trails unterwegs.
- Fahrstil
- Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Ich fahre hauptsächlich
- Mountainbike von flowigen Singletrails über Jumptrails bis hin zum Felsenmeer. Mit Hardtails bis hin zum Downhiller.
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, moderat progressive Kennlinie
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kettenstreben nicht zu kurz (ca. 435 mm oder gerne länger), Lenkwinkel tendenziell eher flacher
2270 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumHm, der vom Supersonic-Set ist auch nur 10mm. Macht das echt soviel aus dass das dann viel zu stark überfüllt ist?
Druckpunkt passt aber weiß halt nicht ob das so mit der Jagwire-Sram-Style-Olive so langfristig was ist. Kann die Hülse die beim Jagwire-Kit dabei war und leicht anders geformt ist als die von Hayes halt nicht mal halb so weit reindrehen wie die auf der Original-Hayes seite und es ist halt etwas Dot zwischen Hülse und Leitung zu sehen.
Muss nix heißen. Kann ich schlecht entfernen weils so ein kleiner Spalt ist. Die von Hayes original entlüftete Bremse ist da aber staubtrocken wie man im Video sehen kann. Druckpunkt ist an der hinteren Bremse die ich entlüftet habe minimal weicher. Aber noch im Rahmen. Ich fahr mal. Hoffe die kackt mir in den Bergen nicht ab und ich darf da aufm Campingplatz mit Dot rumsiffen...
https://streamable.com/yyyipe
Und kann es sein dass die Verarbeitungsqualität so rough is dass die Gewinde für die Leitungshülsen leicht schief geschnitten sind?
Ich lass die Bremse jetzt mal über Nacht mit spanngurt am hebel stehen.
Hab mir btw einfach den 3D gedruckt: https://www.thingiverse.com/thing:5948059
Geht gut, hat auch 11mm. Kann da auch nochmal den Drucker anwerfen, falls wer noch was braucht.
Hab's mit den dünnen Blocks gar nicht probiert weil ich dachte dass ich dann die Kolben nich mehr weit genug zurückgedrückt bekomme um Beläge und Scheibe reinzukriegen. Aber wenn's bei dir passt müsste es ja okay sein.
Die jagwire Oliven kenn ich nich, hab die zweiteiligen Hayes genommen.
Dass die Hülse sich nur so wenig einschrauben lässt sieht mir schon etwas suspekt aus.. da würd ich aber ganz genau hin gucken dass da nichts rauskommt.
Hab bei mir keine schiefen Gewinde gemerkt, ging alles ganz normal.
Nichts für ungut aber du umgehst die technischen Spezifikationen der Bremse und hoffst, dass sie danach trotzdem funktioniert. Was kommt als nächstes? Mineralöl statt DOT?
1. Dünnere Leitung
2. Keine passenden Oliven und Pins
3. Zu dünner Bleedblock
Mir wäre das am wichtigsten Bauteil am mtb viel zu heikel.
Was sind den deine Beweggründe für das?
Weil die Leitung beim Levo Gen3 kaum bis gar nicht durch passt. Das Jagwire kit fahren wohl auch welche wobei manche auch ne shimano bh90 Leitung fahren. Aber ich wollte da dann auch auf Nummer sicher gehen und hab die jagwire die halt offiziell für dot gedacht ist genommen. Bin jahrelang Shigura ohne große Probleme gefahren.
Bei den Oliven ist halt die Frage welche die passenden wären wenn ich jagwire und Hayes gemischt hab.
Beim Bleedblock bin ich davon ausgegangen dass ein Millimeter nicht so schlimm ist. Hab die kolben zurückgedrückt und bis jetzt scheint alles normal zu funktionieren.
Das die Hülse so weit ausschaut ist halt etwas doof aber es müssten schon genug Gewindegänge versenkt sein.
Hätte die Hayes Leitung testen sollen. Aber schon die shimano sitzt recht stramm drin und manche haben die hayes Leitung wohl auch kaum mehr raus bekommen.
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