Die erste lange Etappe des Cape Pioneer Treks 2018 erteilte Tobi und mir eine wahre Lektion in Sachen Mountainbiken. Die auf dem Papier „angenehm“ wirkenden 97 Kilometer und 1650 Höhenmeter entpuppten sich dank Wind und die für uns unbekannten südafrikanischen Streckenverhältnisse als eine riesige Herausforderung. Trotz aller Qualen konnten wir zumindest zeitweise die faszinierende Landschaft am Westkap genießen inklusive ersten Begegnungen mit Zebras und Giraffen.
Der zweite Tag des Cape Pioneer Trek 2018 begann früh für uns Teilnehmer – Punkt 5:45 Uhr sorgten die Organisatoren mit lauter Beschallung dafür, dass wirklich keiner das Frühstück vor der anstehenden Etappe verpasst. Die Übernachtung im Zelt und der frühe Sonnenaufgang in Südafrika zur aktuellen Zeit bewirkten, dass wir bereits zuvor nur noch vor uns hindösen und dann relativ fit aus dem Bett kommen. Also ab zum Frühstück und Kräfte sammeln für die bevorstehende Aufgabe. Das Frühstücksbuffet ist hier sehr vielseitig und beinhaltet so ziemlich alles was man sich für die Vorbereitung vor einer Etappe erhofft – wer auf Rührei und Speck zurückgreifen möchte hat ebenfalls die Möglichkeit dazu.
Frisch gestärkt packten wir unsere sieben Sachen und rollten uns noch gute 15 Minuten lang auf den Straßen von Mossel Bay ein ehe es für uns in den Startblock ging. Ein letzter Check des Höhenprofils und der kritischen Stellen der Etappe und wir sind bereit für Etappe eins. Das heutige Teilstück las sich auf dem Papier verhältnismäßig entspannt: Keine langen Anstiege mit mehr als 200 Höhenmetern und damit zwangsweise einhergehende Flachpassagen versprachen eine machbare Aufgabe. Doch wie meist bei solchen Annahmen, kam alles anders als erhofft.
Um 7:30 Uhr fiel dann für uns der Startschuss, die ersten 8 Kilometer führten neutralisiert an der Küste entlang in die nächste größere Ortschaft. Schon dort herrscht eine große Hektik im Feld – als Neuntplatzierte des Vortages erhofften wir uns heute ein ähnliches Resultat und reihen uns zunächst vorne ein. Doch ehe wir uns umsahen überholten uns von allen Seiten Fahrer und wir fanden uns plötzlich weit hinten im Feld wieder. Wir konnten uns aber im Verlauf der Neutralisationsphase wieder vorschieben und waren auch pünktlich zum „echten“ Startschuss der Etappe mitten im Geschehen.
Zunächst hielten sich die Favoritenteams noch zurück, sodass wir ohne Mühe mithalten konnten – doch vom einen auf den anderen Moment schalten die Spitzenfahrer um U23-Weltmeister Alan Hatherly den Schalter um und wir müssen nach einigen Kilometern mit einem Ritt auf der Rasierklinge einsehen, dass wir heute nicht mit den besten 10 Teams mithalten können. Doch die Hoffnung auf ein niedrigeres Tempo in unserer Gruppe erfüllte sich nicht – mit Vollgas jagte das Führungsduo in der Mixed-Kategorie an uns vorbei, woraufhin wir uns an deren Hinterrad klemmten.
Doch das Tempo wurde im Verlauf der ersten 40 Kilometer nicht geringer. Trotz unglaublich starken Gegenwindes gab der Mann des Mixed-Duos ein extrem hohes Tempo vor, sodass wir nur mit großer Mühe die Gruppe halten konnten. Erholung? Mangelware. Wir ahnten schon, dass dies kein gutes Ende nehmen könnte – doch die Gruppe wollten wir aufgrund des starken Windes auf keinen Fall davonziehen lassen.
Je mehr der Kilometerzeiger in Richtung Rennhälfte führte, mussten wir feststellen, dass wir mit der Annahme auf einen „angenehmen“ Morgen absolut falsch lagen. Die Strecke führte zwar nicht über lange Anstiege, doch eine schier endlos erscheinende Vielzahl an kleinen, zumeist sehr steilen Rampen, zog kontinuierlich die Körner aus unseren Körpern. Und so geschah es um uns bei Kilometer 50: Die Gruppe, in welcher wir unterwegs waren – unter anderem auch mit den beiden Prologsiegern in der Masterskategorie Max Friedrich und Thorsten Keller aus Deutschland – zog kurz vor einer Verpflegungsstelle davon und wir schafften es nicht den erneuten Anschluss herzustellen.
Und zu diesem Zeitpunkt trennten uns noch weitere 50 Kilometer vom Ziel. Zudem machte sich immer mehr unsere fehlende Erfahrung hinsichtlich der hiesigen Streckenverhältnisse bemerkbar. Die Strecken ermöglichten keinerlei Erholungsmöglichkeiten, ständige Unebenheiten auf den Wegen behinderten unsere ersehnten Wünsche ein konstantes Tempo fahren zu können. Umso kraftraubender waren die kurzen, aber anspruchsvollen Anstiege. Und auch bergab bereiteten uns die Streckenverhältnisse immer mehr Sorgen. Weniger aus dem Grund, dass wir dem Schwierigkeitsgrad der Trails nicht gewachsen wären, sondern vielmehr, dass uns trotz des Einsatzes des Fullys der Rücken schmerzt und auch unsere Hände durch die vielen Unebenheiten wundgerieben werden.
Und weil das nicht schon genug gewesen wäre, folgte von Kilometer 70 bis 85 eine schwarze Phase bei Tobi. Im Schneckentempo kamen wir trotz teilweise unterstützenden Rückenwinds voran, die vor uns fahrende Gruppe verschwand immer weiter aus unserem Sichtfeld. Doch gemeinsam konnten wir Schadensbegrenzung betreiben – von hinten überholte uns nur ein Team, dem wir dann auf den letzten Kilometern sogar wieder folgen können. Mit einem verhälnismäßig großen Rückstand von 38 Minuten hinter den beiden Siegern Matthys Beukes und Philip Buys kommen wir völlig entkräftet nach 102 Kilometern als 15. in der Herrenkategorie ins Ziel – die fünf Extrakilometer, die uns die Organisatoren verschwiegen hatten, waren am Ende nochmal doppelt so schwer.
Nachdem wir uns etwas mehr vorgenommen hatten, waren wir zunächst etwas enttäuscht im Ziel, doch vor allem die landschaftlichen Highlights und die Trails auf der Strecke lassen diese Gedanken schnell vergessen. Die Strecke heute führte größtenteils durch ein Naturreservat und wie erhofft, konnten wir auch in unmittelbarer Nähe Giraffen und Zebras sichten. Viele verwinkelte Trails sorgten zwischenzeitlich immer wieder für ein kurzzeitiges Glückserlebnis – trotz unseren Qualen konnten wir diesen Biketag im Hinterland von Mossel Bay genießen.
An der Spitze des Rennens der Herren dominierten drei Teams das Geschehen. Matthys Beukes und Philip Buys konnten sich mit 23 Sekunden gegenüber den Prologsiegern Alan Hatherly und Simon Andreassen durchsetzen und damit mit einer Sekunde Vorsprung das Trikot der Gesamtführenden übernehmen. Nicht weit dahinter folgten Manuel Pliem und David Schoeggl aus Österreich auf dem dritten Rang. Bei den Damen triumphierten Yolandi Du Toit und Catherine Williamson, die Deutsche Cemile Trommer landete mit ihrer niederländischen Partnerin Karen Brouwer auf dem zweiten Rang.
Für uns gilt es morgen auf der mit 114 Kilometern zweitlängsten Etappe des Cape Pioneer Trek von Mossel Bay nach George die Erlebnisse von heute abzuhaken und eine bessere Renneinteilung an den Tag zu legen – wir sind zuversichtlich und hoffen uns gut erholen zu können.
Wir hoffen, dass ihr auch morgen wieder dabei seid, wenn wir uns dann aus George melden und euch unsere Eindrücke vom Cape Pioneer Trek schildern.
Viele Grüße aus Mossel Bay und bis morgen,
Tobi & Gabi
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Alle Artikel zu unserem Live-Blog beim Perskindol Momentum Health Cape Pioneer Trek:
- Momentum Health Cape Pioneer Trek: The Big Five und Wir – 7 Tage Abenteuer in Südafrika
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #Prolog: Feinste Trails entlang des Indischen Ozeans
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #1: Leiden der Extraklasse zwischen Giraffen und Zebras
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #2: Mit Vollgas entlang der Garden Route
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #3: Singletrailspektakel durchs Western Cape
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #4: Epische Ausblicke in der Karoo-Wüste
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #5: Minus 3 Grad und Schneefall – Willkommen am Swartberg
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #6: Over and out! – Das große Finale im Herzen des Kleinen Karoos
- Momentum Health Cape Pioneer Trek : Ab zum Cape Pioneer! Fazit des südafrikanischen Etappen-Spektakels
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