Beim Apennin handelt es sich um einen Gebirgszug, der sich über die italienische Halbinsel und San Marino zieht. Er geht über 1500 Kilometer und reicht vom Col di Cadibona bis nach Nordsizilien. Der Alta Via di Parchi ist ein Höhenweg, der über den Apennin führt – von Berceto bis nach Calvillano. Er geht über 500 Kilometer und verläuft des Öfteren auf der Grenze zwischen der Toskana und der Emilia Romagna. Auf dem Weg durchquert man zwei National- und fünf Regionalparks. Von den Veranstaltern des Appenninica MTB Stage Race wurden wir eingeladen, uns diese Gegend im Vorfeld des Rennens einmal genauer anzuschauen, da diese für uns Mountainbiker enorm viel bieten soll. Ob dem so ist, verrät der Spotcheck!
Press Tour Appenninica
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was mich erwarten wird. Denn dieser Teil der Apenninen, der mit dem Monte Cimone bis auf beinahe 2200 Meter Höhe geht, ist mir völlig unbekannt. Als ich in meinem Bekanntenkreis herumfrage, stellt sich heraus, dass auch noch niemand von ihnen jemals in diesem Teil der Apenninen war. Es handelt sich folglich wirklich um ein sehr selten gewähltes Urlaubsziel. Einzig die Durchquerung des Gebirges auf dem Weg in die Toskana ist den meisten ein Begriff. Grund genug, diesen Teil der Halbinsel im Mittelmeer zu besuchen. So heißt es für mich, Sachen packen und für vier Tage in den Apennin zum Biken.
Als wir mit dem Auto von Bologna aus kommend die E35 auf die SS64 verlassen und auf dieser die letzten Kilometer in Richtung Porretta Terme zurücklegen, ahne ich schon, welches große Potenzial diese Gegend hat. Links und rechts der Straße ragen die ersten Berge auf. Meine einzige Sorge ist, ob man die existierenden Wege auch fahren kann. Denn die Toskana ist bekannt für ihre Sackgassen – so manch ein auf den ersten Metern schöner Trail endet im Nirgendwo. Hier allerdings legt sich diese Sorge schon nach der ersten Biketour.
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf und lernen gleich die anderen Teilnehmer der „Press Tour Appenninica“ kennen. Bei der Kennenlernrunde im Parco Nazionale Appennino Tosco-Emiliano bekommen wir einen ersten richtigen Eindruck der Gegend. Mit malerischen Aussichten auf den Monte Alto mit 1865 Metern, Alpe di Succiso mit 2016 Metern und den Monte Casarola mit 1978 Metern, geht die Tour um den Bergsee Lago Padule. Die Gegend erinnert mich an eine Mischung aus alpinen Hochgebirge samt ihren Almwiesen über der Baumgrenze und den Mischwäldern meiner Heimat, der Schwäbischen Alb.
Tag 1: Ganz schön steil hier!
So richtig startet die Tour erst einen Tag später, am Passo del Ceretto. Der erste Dank geht sofort an die vielen Wälder, die wir durchqueren. Denn wie es der Zufall will, erwischen wir die heißeste Woche des ganzen Jahres. Wir fahren vorbei an wie verzauberten Bächen und durch naturbelassene Wälder. Doch schon der erste Anstieg zeigt, was uns die kommenden Tage erwartet: Die harte Seite des Apennin. Extrem steil geht es auf einem groben Forstweg 200 Höhenmeter bergauf.
Nach diesem harten Stück Arbeit erreichen wir die Baumgrenze. Nun geht es auf Singletrails weiter, bis wir den Passo di Cavorsella erreichen. Auf dem Kamm gehen diese Trails in richtigen „Flow“ über. Links und rechts kann man bei Bedarf pausieren und wilde Brombeeren pflücken. Oder man nutzt einfach die Büsche, um sich abzufangen, falls man auf den ausgewaschenen Trails hängen bleibt und den Boden dadurch genauer betrachten kann. Am Ende des Weges erwartet uns dann die nächste Unterkunft. Das Rifugio Segheria ist eine urige kleine Wanderhütte, mitten im Wald gelegen, und selbst mit dem Auto schwer zu erreichen. Vermutlich macht genau das den netten Flair aus, denn auch auf Handyempfang kann man dort lange warten.
Tag 2: Wie im Wilden Westen
Am nächsten Tag steht ein langer Transfer auf dem Programm. Doch zuerst geht es erneut durch die Wälder der Emilia Romagna in das kleine verschlafene Dorf Civago. Nach einer ausgedehnten Kaffeepause heißt es dann 1:30 Stunden Autofahren, bis wir in Sestola ankommen. Dort, am Fuße des Monte Cimone, testen wir den dort ansässigen Bikepark. Mit vier verschiedenen Schwierigkeitsgraden ist bei den Strecken für jeden Biker was dabei und für 23 € (Tageskarte) bekommt man einiges geboten.
Nach einer Abfahrt geht es für uns allerdings schon weiter in Richtung Montecreto. Oben an der Bergstation bekommen wir den Tipp, den Trail „Far West“ ausprobieren. Nach kurzer Zeit auf diesem Pfad wird uns auch klar, warum er diesen Namen trägt. Neben der Strecke türmen sich Felsen auf, wie man sie aus den alten Spaghettiwestern kennt. Da sich der Tag dem Ende neigt, strahlt die untergehende Sonne die Felsen mit einem unbeschreiblich sanften Licht an und man fühlt sich tatsächlich in die Zeit der Cowboys und Revolverhelden zurückversetzt.
Immer weiter geht es für uns auf dem „Far West-Trail“ in Richtung Montecreto, vorbei an kleinen Bergseen und durch naturbelassene Nadelwälder. Der Weg ist für jedermann sehr gut befahrbar, da keine künstlichen Hindernisse oder extreme Passagen zu finden sind. Unten angekommen ist die Sonne bereits untergegangen und alle Teilnehmer haben dieses zufriedene Lächeln im Gesicht, welches man nur nach diesem „Flow-Gefühl“ auf einem Trail hat.
Tag 3: Baden gehen mal anders
Den letzten Tag starten wir mit einer Gondelfahrt auf den Monte Cimone. Oben angekommen düsen wir auch schon direkt auf sehr schnellen Pfaden in das verschlafene Dorf Canevare. Die Uhr zeigt kurz nach Zehn an, was bedeutet, dass es Zeit für einen Kaffee ist. Mit dem kleinen, mit viel Liebe fürs Detail eingerichteten Café Gabriella finden wir die perfekte Bar dafür.
Nach ca. einer Stunde und etlichen Diskussionen über E-Bikes heißt es dann wieder rauf aufs Bike. Dieses Mal werden die Wege etwas anspruchsvoller und so fahren wir an den Hängen des Monte Cimone auf engen und mit vielen Kehren gespickten Trails in Richtung Fuß des Passo della Croce Arcana. Dort wartet der längste Anstieg der gesamten Tour auf uns: Sieben Kilometer und ca. 400 Höhenmeter fordern die Waden. Überraschenderweise ist dieser Anstieg nicht so brutal wie die vorherigen, stattdessen geht es sehr konstant auf gut zu befahrenden Schotterstraßen hoch bis zum Pass auf 1669 Metern Höhe. Auf den letzten Kilometern überrascht uns ein Gewitter und wir müssen uns auf der Passhöhe in unseren kleinen Bus retten. Da es auch noch anfängt zu hageln, sind wir gezwungen, hier die Tour abzubrechen und mit dem Bus ins nächste Hotel zu fahren.
Den Abend genießen wir noch in der Altstadt von Bagno di Romagna. Bei dem ein oder anderen Bier bleibt Zeit, das Erlebte zu besprechen und der Tour ein gelungenes Ende zu verpassen.
5 Tipps für den Alta Via dei Parchi
- Warme Klamotten: Trotz des teilweise toskanisch warmen Wetters kann es auf über 2000 Metern Meereshöhe im Sommer kalt werden.
- Lieber ein Kaffee zuviel als zu wenig: Auf den Touren kommt ihr immer wieder durch kleine verschlafene Dörfer, bei denen sich ein Stopp für einen Espresso immer lohnt.
- Abstecher in die Bike Parks beim Monte Cimone.
- Kulinarische Leckerbissen: Falls ihr eine Nacht in Montecreto verbringt, lohnt sich ein Ausflug in das Restaurant Le Borre. Etwas versteckt auf einem Reiterhof, findet ihr typisches Essen aus der Region der Emilia Romagna.
- Licht einpacken: Um die sich lohnenden Sonnenuntergänge auf dem Berg bestaunen zu können, sollte man ein Licht dabeihaben, andernfalls wird die Abfahrt danach zum Höllenritt.
Appenninica MTB Stage Race
Von den Organisatoren haben wir uns sagen lassen, dass „Apenninica“ für etwas steht, was typisch für die Apenninen ist. Genau so soll auch das Etappenrennen verstanden werden. Das Rennen startet in Berceto und endet in Bagno di Romagna und führt über die im Artikel beschriebene Region. Dabei geht es über große Teile des längsten Trails in Italien, den Alta Via dei Parchi.
Vom 20. bis zum 27. Juli werden die rund 150 Zweierteams acht Tage lang zu kämpfen haben. Die Finisher-Medaille wird einem auf keinem Fall geschenkt, denn während den acht Tagen muss man an die 550 Kilometer und 20.000 Höhenmeter bewältigen. Als Vorbild nehmen sich die Veranstalter kein geringeres Rennen als das Cape Epic, somit wird auch mit einem „Full-Service Race“ geworben: Dieser beinhaltet einen technischen Service, Massagen, medizinische Versorgung, einen Expo-Bereich sowie eine Zeltstadt samt Verpflegung. Nach jedem Tag gibt es in den Zielorten mit der Pasta-Party die Möglichkeit, sich mit den anderen Startern auszutauschen. Außerdem wollen einem die Veranstalter die jeweilige Zielregion näher bringen und dadurch auch einen kulturellen Teil in das Rennen einbringen. Dieser Rundum-Service macht sich auch im Preis bemerkbar: 2900 € muss man bezahlen, um dabei zu sein.
Für uns steht fest: wer eine neue Herausforderung sucht und steile Anstiege gepaart mit technischen Abfahrten nicht scheut, dabei traumhafte Aussichten geboten bekommt, für den ist das Appenninica MTB Stage Race die richtige Anlaufstelle. Falls ihr nun Lust bekommen habt, findet ihr auf www.appenninica-mtb.com mehr Infos über das Rennen. Anmeldestart ist der 1. November 2018.
Video – Press Tour Appennininca
Fazit
Mein Fazit nach diesen vier Tagen: Der Apennin um Emilia Romagna und der Toskana ist eine Gegend, die Bikern viel bietet. Nicht nur kulinarisch wird man verwöhnt, auch die facettenreichen Wege samt ihren enormen Aussichten haben uns sehr beeindruckt. Die Gegend muss einen Vergleich mit den Alpen nicht scheuen. Besonders, wer auf noch ursprünglichen italienischen Flair steht, für den ist dieser Teil der Apenninen auf jeden Fall einen Ausflug wert!
Information: Anfahrts- sowie Unterkunftskosten wurden vom Veranstalter des Appenninica MTB Stage Race übernommen.
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