Aus der Schweiz kommt ein kleines, aber feines neues Produkt auf uns zu – ein Multitool, das sofort vertraut aussieht, aber doch völlig neu ist. Wir hatten die Chance, bereits vor der kommenden Kickstarter-Kampagne mit den Machern zu sprechen: Viel Spaß mit dem Interview, in dem ihr den Daysaver kennenlernt.
MTB-News.de: Hi zusammen, damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben: Stellt euch doch erst einmal vor!
Daysaver-Team: Wir sind Peter, Dani und Elam. Wir kommen aus Zürich in der Schweiz und führen seit Jahren als Geschäftspartner eine Beratungsfirma im Bereich Innovationsmanagement. Wir sind alle drei begeisterte Biker: Mountainbike und Rennrad. Nachdem wir in den letzten 15 Jahren Projekte und Ideen für Kunden entwickelt haben, wollten wir einmal etwas für uns und unserer Leidenschaft tun.
Warum denkt ihr, braucht es noch ein weiteres Multitool auf dem Markt?
Dani: Es hat uns immer gestört, dass wir Biker uns zwischen einem guten, aber schweren oder einem leichten, aber fummeligen entscheiden mussten.
Elam: Die meisten gängigen Konzepte basieren auf faltbaren Werkzeugen. Der Nachteil dieses Konzepts ist, dass viele Schrauben aufgrund der sperrigen Bauweise nicht zugänglich sind und man nicht den richtigen Hebel hat, wenn es darum geht, das richtige Gefühl für das Drehmoment zu haben.
Peter: In den letzten Jahren hat sich der Trend dahin verlagert, Werkzeuge irgendwo im Bike zu verstecken, wie zum Beispiel im Tretlager oder im Vorbau. Aber dieses Konzept erfordert proprietäre Systeme, die jeweils mit einem Fahrrad verbunden sind.
Was macht ihr anders – warum denkt ihr, dass ihr die richtige Lösung habt?
Elam: Wir haben in unserem normalen Beruf über die Jahre sehr viel Erfahrung sammeln können, wie man Innovationen entwickelt und auf den Markt bringt. Wir lösen Probleme aus der Sicht der Benutzer. Wir versuchen, zu verstehen, was die Bedürfnisse der Biker sind und wo Innovationspotenziale liegen. Und wir hinterfragen unsere Ideen ständig, denn wir haben schon zu oft erlebt, was rauskommt, wenn man blind eine Idee verfolgt.
Peter: Das Wichtigste ist, dass wir echte Leidenschaft für das Thema mitbringen. Wir wollen nicht einfach ein Produkt auf den Markt drücken und es den Bikern verkaufen. Wir wollen unseren Sport, unsere Leidenschaft einfach besser machen.
Welche drei Merkmale machen euer Multitool eurer Meinung nach besser als die der Wettbewerber?
Dani: Der Formfaktor ist entscheidend. Mit der Reduktion auf die klassische Inbusschlüssel-Form kommt man mit dem Daysaver an alle Schrauben am Bike gut ran. Versuch mal mit einem gängigen 9-fach Multitool eine Sattelschraube festzuziehen, ohne ständig die Sattelstütze zu streifen. Die beiden unterschiedlich langen Hebel geben dir ein Gefühl für das Drehmoment, das du anwendest. Das ist mit anderen Tools, die nur eine Hebellänge haben und ständig wegklappen, schwieriger.
Peter: Was unser Tool ausmacht, ist tatsächlich – ich nenne es mal – das Werkzeug-Gewicht-Verhältnis. Neun vollwertige Werkzeuge bei einem Gewicht von nur 45 Gramm. So klein und leicht wie dieses Tool gibt es nichts Vergleichbares auf dem Markt.
Elam: Ich denke, dass jedes Tool auf dem Markt einen der beschriebenen Vorteile von Daysaver abdeckt. Aber keines bringt sie alle in einem Tool zusammen.
Wollt ihr auch eine Lösung bieten, wie das Werkzeug am Bike fixiert werden kann? Der Trend geht ja immer mehr zu keinem Rucksack oder nur einem Hipbag …
Peter: Ja, der Trend geht klar dahin, so wenig wie möglich mitzunehmen. Das war auch für uns der Grund, den Daysaver so klein und leicht wie möglich zu entwickeln. Den kannst du immer in der Hosen- oder Trikottasche mitnehmen.
Dani: Das Feedback der Bike Community hat gezeigt, dass sich viele eine Montage am Bike wünschen. Deshalb sind wir im Moment dabei, einen Rahmenhalter zu entwickeln, mit dem der Daysaver an der Flaschenhalteraufnahme befestigt werden kann.
Elam: Wir haben bereits mehrere Prototypen „on the ride“ getestet und geschaut, ob und wie das Werkzeug gehalten wird. Es sieht schon ganz gut aus: Das Tool hält, die Bits ebenfalls und das alles ohne nerviges Geklapper. Jetzt geht es darum, das Design und die Formensprache zu verfeinern, damit es zum schlichten Daysaver passt.
Kann ich mit Standard-Bits das Werkzeug nach meinen Bedürfnissen anpassen?
Dani: Nein, das geht nicht. Der Grund dafür ist das verschachtelte Design der Bits. Wenn wir neun Werkzeuge realisieren möchten, muss der 8er Innensechskant auf dem Bone, wie wir den Winkelschlüssel nennen, sein. Um die maximal nötigen Drehmomente zu erreichen, muss dafür die Wandstärke groß genug sein, was dazu führt, dass Standard-Bits nicht reinpassen. Das haben wir auch bewusst in Kauf genommen, und zwar nicht, weil wir die Biker an uns binden wollen, sondern weil aus unserer Sicht ein echter 8er Inbus nötig ist. Und mit neun Werkzeugen decken wir fast alles ab, was du am Bike schrauben kannst.
Peter: Wichtig ist für uns beim Design auch gewesen, dass wir die Qualität des Daysavers sicherstellen können. Deshalb geben wir auf das Tool auch eine lebenslange Garantie. Das können wir aber nur, wenn wir wissen, dass auch die eingesetzten Bits die hohen Standards erfüllen.
Ihr seid neu im Geschäft und Werkzeuge herzustellen, ist anspruchsvoll. Wie könnt ihr dennoch eine hohe Qualität gewährleisten?
Elam: Wir haben bereits am Anfang unseres Vorhabens beschlossen, sehr früh einen Partner an Bord zu holen, der uns in der technischen Entwicklung unterstützen kann und im Idealfall auch den Daysaver herstellen kann.
Peter: Unmittelbar vor unserer Haustüre ist der Sitz des bekannten Werkzeugherstellers PB Swiss Tools. Wir sind mit den ersten Plastik-Prototypen bei ihnen vorbeigegangen, um ein Feedback zu bekommen. Die Leute bei PB Swiss Tools haben sich bereit erklärt, uns auf dem Weg zu begleiten. Mit viel Engagement haben die Ingenieure mit uns das Tool weiterentwickelt und in unzähligen Belastungstests und Iterationen zur Reife gebracht.
Dani: Aber das Wichtigste ist, dass PB Swiss Tools auch unser Produktionspartner ist. Das heißt, dass sie den Daysaver herstellen werden und natürlich auch für die Qualität, für die der Name steht, bürgen.
Radikal neu ist die Idee von Bits in einem transportablen Paket nicht – was macht den Daysaver besonders?
Peter: Bit-Systeme sind tatsächlich nichts Neues. Sogar unser Partner PB Swiss Tools hat ein solches Tool im Sortiment.
Dani: Die Innovation des Daysavers ist die Verschachtelung. Die Bits sind die Behälter für die anderen Bits. Dazu sind sie drehbar und haben damit zwei Tools pro Bit. So sparen wir Platz und Gewicht.
Elam: Wir haben uns für die erste Version des Daysavers auch bewusst aufs Schrauben konzentriert. Wir glauben einfach nicht an das Eierlegende-Wollmilchsau-Prinzip. Denn oft ist es so, dass ein solches Werkzeug viel kann, aber nichts richtig. Der Daysaver ist vielseitig, enorm klein und leicht.
Was war bei der Entwicklung bisher die größte Schwierigkeit? Welchen Tipp könnt ihr anderen geben, die auch eine gute Idee für ein Werkzeug haben?
Peter: Man hat oft als Ideen-Urheber das Gefühl, alles machen und kontrollieren zu müssen. Ein wichtiges Learning aus diesem Projekt ist es, dass man starke Partner braucht. Experten, die die Idee kritisch betrachten können, neue Inputs liefern und vor allem ihre jahrelange Erfahrung einbringen können. Dieses Loslassen ist nicht einfach. Wir haben uns von Anfang an ganz bewusst einen Partner gesucht und mit PB Swiss Tools den idealen gefunden. Nur so konnten wir innerhalb von nur sechs Monaten die Idee zur Serienreife entwickeln.
Dani: Für uns als Nicht-Ingenieure war die größte Herausforderungen, das Zusammenspiel von Material, Beschichtung und Verarbeitung in Bezug auf die Belastungen zu verstehen. Wie schaffen wir es, unsere Idee mit so wenig Kompromissen wie möglich umzusetzen und gleichzeitig die Anforderungen an Festigkeit, Rostbeständigkeit, Gewicht und Design sicherzustellen. Die Wechselwirkung von Materialhärte und Rostbeständigkeit ist nicht einfach zu lösen. Je mehr Drehmoment du anwenden willst, desto härter muss das Material sein – aber dabei nimmt die Rostbeständigkeit ab. Du musst also diese Abhängigkeiten verstehen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Elam: Einen weiteren Tipp für diejenigen, die eine Idee in die Tat umsetzen wollen: Verliebt euch nicht in eure Idee. Ihr könnt noch so überzeugt sein – habt die Größe und nehmt mal eine Außenperspektive ein. Hinterfragt euch und eure Idee kritisch. Dazu gehört vor allem das benutzerzentrierte Vorgehen. Ihr müsst eure Idee mit echten Benutzern testen und hinterfragen. Nehmt ihre Inputs ernst, testet und iteriert. Und habt auch mal den Mut, euch von eurer Idee oder Teilen davon zu verabschieden. Less is more. Klingt jetzt sehr missionarisch, aber das ist einer der Erfahrungen, die wir aus unserem normalen Job mit in das Daysaver-Projekt genommen haben.
Für die Anschubfinanzierung ist eine Kickstarter-Kampagne geplant. Was erhofft ihr euch von der Kampagne?
Dani: Wir haben mit Daysaver ein produktionsreifes Produkt am Start. Das gesamte Engineering und die Prototypen haben wir aus der eigenen Tasche finanziert. Mit der Kickstarter-Kampagne wollen wir nun die erste Serie finanzieren. Jeder Unterstützer bekommt einen Daysaver, wenn wir das Fundingziel erreichen.
Peter: Für uns ist die Kickstarter-Kampagne auch ein Akzeptanztest. Natürlich haben wir im Vorfeld mit vielen Bikern gesprochen und getestet. Aber wenn du mal auf Kickstarter bist und Geld brauchst, weißt du ziemlich schnell, ob deine Idee einen internationalen Markt hat oder nicht.
Auf den Bildern des Prototyps ist ein Werkzeug noch rund – was dürfen wir hier erwarten?
Elam: Wir haben im Vorfeld über Umfragen versucht, die häufigsten Use-Cases, die einem unterwegs passieren können, und die häufigsten Schrauben am Bike zu identifizieren. Deswegen haben wir uns für den 2er, 3er, 4er, 5er, 6er und 8er Innensechskant entschieden – mit einem Torx25 und einem Schlitzschraubendreher. Der von dir angesprochene neunte Slot ist noch frei. Darüber soll die Community entscheiden, was wir da machen sollen. Ist es ein weiterer Torx? Eine Nadel für “Reifen-Würstchen”? Oder was ganz anderes? Wir sind gespannt auf eure Kommentare.
Danke fürs Gespräch und viel Erfolg mit der Kampagne!
Was sagt ihr: Was soll das neunte Werkzeug sein? Und allgemein: Ist der Daysaver eine praktische Neuerung oder nur ein weiteres Multitool auf dem Markt?
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