Die sind nicht auf den Kopf gefallen: KFZ-Sicherheits-Spezialist Autoliv und Bike-Schutzausrüster POC arbeiten gemeinsam an einem Fahrradhelm mit integriertem Airbag. Kopfverletzungen machen allein die Hälfte der tödlichen Verletzungen bei Radfahrenden aus – besonders bei Zusammenstößen mit schnellen Autos schützen herkömmliche Helme ihre Träger nicht optimal.

Gefahrenquelle Automobil

Es ist ein alter Hut: Überall dort, wo sich Fahrradfahrende und Autos denselben Verkehrsraum teilen müssen, besteht für die schwächeren Verkehrsteilnehmer, die Biker, ein hohes Unfall- und Verletzungsrisiko.

Obwohl erwiesen ist, dass Helme die Wahrscheinlichkeit schwerer Verletzungen des Kopfes bei Unfällen mindern, zeigt der neueste Fahrradsicherheitsbericht der schwedischen Versicherungsgesellschaft Folksam, dass die Absorptionseffizienz von Helmen, vor allem bei Zusammenstößen mit einem Auto bei Geschwindigkeiten über 20 km/h, noch verbesserungswürdig ist. Wie ein solcher Anprall aussehen kann, zeigt dieses Video eines Crashtests:

Die schwedischen Fahrrad-Sicherheitsexperten von POC und Autoliv, weltweit führender Anbieter von Sicherheitssystemen für Fahrzeuge, hatten die zündende Idee, gemeinsam das Potenzial von Airbag-Technologie in Helmen zu untersuchen. Der Airbag würde in einem solchen System bei einem Aufprall als erster Energieabsorber seine Vorteile mit denen eines herkömmlichen Helms kombinieren.

Vorstudie zeigt: Verletzungsrisiko mit Helm-Airbag sinkt deutlich

Nach der Durchführung seiner Vorstudie kommt das Autoliv-Forschungsteam zum Schluss, dass ein Fahrradhelm mit integriertem Airbag den Schutz deutlich verbessern und die Folgen eines Aufpralls für Radfahrende signifikant verringern kann. Die Kombination beider Absorptionstechnologien ermöglicht eine Verringerung der maximalen linearen Kopfbeschleunigung und ein deutlich reduziertes Risiko von Kopfverletzungen bei Aufpralltests. Die Versuche haben außerdem gezeigt, dass die Schutzverbesserungen erreicht werden können, ohne das Design, das Gewicht oder den Komfort eines Helms mit integrierter Airbag-Technologie kritisch zu beeinträchtigen.

Blech gegen Mensch. Beim ungleichen Duell Auto gegen Fahrrad verliert immer derselbe.
# Blech gegen Mensch. Beim ungleichen Duell Auto gegen Fahrrad verliert immer derselbe.
Zündende Idee: Die Liste defensiver Gegenmaßnahmen beinhaltet, High-Tech sei Dank, nun auch Airbags.
# Zündende Idee: Die Liste defensiver Gegenmaßnahmen beinhaltet, High-Tech sei Dank, nun auch Airbags.

Der zusätzliche Einsatz von Airbags am Helm kann erheblich zur Verbesserung der Sicherheit beitragen, insbesondere bei linearen Aufprallereignissen. Es wird geschätzt, dass das Risiko von Radfahrenden, bei einem Aufprall mit 20 km, moderate (z. B. leichte Gehirnerschütterung) bis tödliche Kopfverletzungen zu erleiden, von 80 % auf 30 % sinkt.

Der Trend: mehr Fahrradkilometer, mehr Unfälle

Aufgrund des gestiegenen Umweltbewusstseins und einer Zunahme des Pendelverkehrs mit dem E-Bike steigt die Zahl der gefahrenen Fahrradkilometer weltweit rapide an. Ein verbesserter Helmschutz, speziell bei höheren Geschwindigkeiten, die durch das E-Biken möglich werden, kann eine von verschiedenen Maßnahmen sein, für mehr Sicherheit bei Radfahrenden zu sorgen. Im Rahmen der Vorstudie entwickelten Autoliv und POC die ersten Konzepte mithilfe fortschrittlicher Simulationstools und führten entsprechende physikalische Crashtests durch. Das erfolgreiche Ergebnis der Vorstudie nimmt man nun zum Anlass, um ein entsprechendes Produkt zur Marktreife zu bringen.

Noch nicht marktreif: der Fahrradhelm mit Airbag.
# Noch nicht marktreif: der Fahrradhelm mit Airbag.

Airbags auf dem Rad: Habt Ihr damit bereits Erfahrungen?

Infos und Bilder: POC/Autoliv – Text: Peter Hundert
  1. benutzerbild

    metalmatrix

    dabei seit 04/2004

    Es geht halt auch um die Grösse des Gasgenerators. Bei den kleinen Würsten kann der auch sehr klein/kompakt/leicht bleiben. Wenn man einen kompletten Airbag füllen muss, sieht das schon gaaaanz anders aus...
    Und plötzlich macht Alles wieder Sinn. Gute Erörterung.
    Ich findes das Thema (passive) Sicherheit für Fahrradfahrer interessant. Stuttgart zum Beispiel ist in den letzten Jahren von praktisch keine Räder im Straßenverkehr zur absoluten Radstadt geworden. Genauer natürlich Pedelec. Da muss auch die Sicherheit mitgehen. Ich sehe eigentlich jeden Tag Szenen bei denen ich schlucke und mich frage wie das jetzt wieder gutgegangen ist.
  2. benutzerbild

    ralleycorse

    dabei seit 01/2007

    ... Stuttgart zum Beispiel ist in den letzten Jahren von praktisch keine Räder im Straßenverkehr zur absoluten Radstadt geworden. Genauer natürlich Pedelec. ...
    Kann ich verstehen. Ich wohnte als junger Zausel auch mal in der Ecke. Bei den Höhenmetern von der City in den oben gelegenen Speckgürtel war ich damals einer der wenigen der das öfter mit dem Rad gemacht hat. Aber bei dem Verkehr dort bietet sich das Rad einfach an, und mit Pedelec kann man auch mit Anzug wieder hochkurbeln...
  3. benutzerbild

    metalmatrix

    dabei seit 04/2004

    Genau. Immer mehr natürlich auch Lastenräder mit Kind(ern) und, grundsätzlich ja gut, ältere Menschen und solche die sonst nicht Radfahren würden. Da sehe ich auch oft wie schon das Anhalten und Absteigen nicht sicher erfolgt.
    Vielleicht reicht es angesichts der neuen Entwicklung nicht mehr die Sicherheit nur in die Hände der Eigenverantwortung zu legen.
    So etwas wie Helmpflicht oder ein Fahrradführerschein war vor zehn Jahren sicher nicht aktuell. Inzwischen eventuell schon.
    Was man nicht verbieten will muss aber irgendwann geregelt werden. Ist leider so.
    Auf der Fahrradautobahn vom Löwentor bis Marienplatz ist inzwischen richtig Verkehr. Im Prinzip so, dass ich dort zum Feierabend und am Wochenende praktisch nicht fahre. Einfach „so“ geht das auf Dauer definitiv nicht gut. Bis zum ersten üblen Unfall mit Schlagzeilen-Potential.

  4. benutzerbild

    Skunkworks

    dabei seit 01/2007

    Da ist Dir wohl die Gesetzgebung und NCAP Bewertung der letzten Jahre wohl nicht bekannt!?
    Diese Systeme sind schon lange in Neuwagen verbaut und werden streng im NCAP bewertet.
    Das führt soweit, dass viele Automodelle die (relativ weiche) Frontklappe nach oben schießen bevor der Kopf aufprallt - Sensoren in der Stossstange erkennen die Gefahr.
    Es geht sogar so weit, dass Komponenten hinter der Scheibe (Cockpit) entsprechend ausgelegt werden müssen...
    Du willst gar nicht wissen wie teuer das in der Entwicklung und Herstellung ist...
    Das war mir in der Tat nicht bekannt. Danke für den Hinweis.
  5. benutzerbild

    Andy_29

    dabei seit 03/2019

    ... da das System ohne Stromversorgung nicht funktionieren wird, also wieder ein Gerät, dass ständig an der Steckdose hängen muß, damit ein Akku geladen werden kann.
    Aufschlagzünder gibt es schon länger.
    Hier ein früher Prototyp.

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