In Teil 1 unseres Knieschoner-Test treten drei Modelle gegeneinander an. Der günstige Speedstuff trifft auf die teureren Modelle Evo Knee von 661 und Joint Knee von POC. Wer bei Tragekomfort, Passform und Schutzwirkung die Nase vorne hat, lest ihr im Test.

Speedstuff Softguard

Aus der Box

Auf den ersten Blick erkennt man: Mit dem Softguard hat Speedstuff einen klassischen Knieschoner im Skater-Style im Programm. Dazu passt der modische Print und der robuste Materialeindruck. Technisch gesehen ist er zum Beispiel wie der weit verbreitete 661 Kyle Strait Knieschoner konstruiert: Schaumstoff Polsterung ums Knie herum, über dem Knie selbst eine gepolsterte Plastikschale. Um nicht zu verrutschen, finden sich im Schaumstoff oben und unten Silikonaufträge, in der Kniekehle sitzt eine Öffnung zur Belüftung. Fixiert wird der Schoner mit zwei breiten Klettstreifen. Was wirklich ärgerlich ist: Der Klett haftet nicht nur auf den dafür vorgesehenen Bereichen, sondern auch dazwischen – und franst so das Material aus.

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# Ärgerlich: Der Klett franst den Rest des Schoners aus.

Passform

Beim ersten Anziehen fällt auf: während der Schoner selbst sich recht leicht dehnen lässt und bequem sitzt (Größe S,  durchschnittliche Beine), gelingt es nur schwer die Klettstreifen weit genug zu dehnen, im Vergleich mit dem Durchmesser des eigentlichen Schoners wirken sie zu kurz geraten. Dennoch gibt es keine wirklichen Druckstellen, und so geht es auf die erste Ausfahrt.

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Nach einer halben Stunde muss ich raus aus den Dingern. Nicht weil sie drücken oder nicht sitzen, sondern weil das Material auf der Haut stark juckt. Ich weiß, dass man neu gekaufte Kleidung zuerst waschen sollte, bei Knieschonern habe ich das jedoch noch nie praktiziert und es nie bereut. Bei den Speedstuff würde ich es jedoch absolut empfehlen, danach ist das Jucken verschwunden.

Tragekomfort 

Zweite Ausfahrt, Endurotour. Die Schoner erlauben viel Bewegung des Knies, ohne dabei zu verrutschen. Auf diese Art und Weise kann man im Sitzen und im Stehen bequem pedalieren, zumindest eine halbe Stunde lang, dann ein Schmerz oben auf dem Schienbein. Der Grund: Die Kunststoffschale ist an der Unterseite nicht stark abgerundet, sodass die Vorderkante in der gestreckten Position aufs Schienbein drückt. Das verhindert zwar rutschen, doch der entstehende Schmerz kann nicht Sinn und Zweck von Knieschonern sein. Temperaturmäßig gibt es keine Überraschung: Dank Öffnung hinten kann man einigermaßen kühl bleiben, der Rest der Konstruktion ist wie bei den meisten Schonern bald verschwitzt.

Mit dem Speedstuff unterwegs.

Schutzwirkung

Bei einigen leichteren Abgängen haben die Speedstuff Softguards ihren Job absolut vernünftig erledigt. Die Stoßdämpfung ist gut, was vor allem an der großen Schutzkappe und der dicken Polsterung liegt, die die Kraft weit verteilt. Die seitliche Polsterung hat eine vernünftige Härte, Sattelkante und Oberrohr wurden jederzeit bequem gedämpft. Dank gutem Sitz haben sich die Schoner nicht gravierend verdreht oder Teile des Knies freigegeben – Funktion erfüllt.

Bild: Manuel Sulzer

Fakten:

  • Preis: 39,99
  • Gewicht: 374g (Paar, Größe S)

Fazit

Ein günstiger, leichter und dennoch gut schützender Schoner in klassischer Optik und mit normaler Belüftung. Leider scheinen die Gummistraps etwas zu kurz in Relation zum restlichen Material, was zusammen mit der Unterkante der Plastikschale den Tragekomfort deutlich einschränkt. Das, und die unglückliche Materialwahl (ausfransendes Material durch Klett) verhindert eine Preisempfehlung.

661 Evo Knee

Das Topmodell der 661 Kollektion: Aufwändiger, vorgeformter Schnitt, hochwertige Verarbeitung ein ganz besonderes Material:  d30 ist inzwischen recht weit verbreitet und hat äußerst interessante Eigenschaften: Normalerweise ist es leicht zu verformen, schmiegt sich knetähnlich an. Bei schnellen Verformungen machen die Moleküle aber nicht mit und verhärten sich vollkommen, verweichen danach jedoch ebenso schnell wieder, wodurch sie Multi-impact tauglich sind.

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# Topmodell: Die 661 Evo Knieschoner.

Passform

Der Evo Knee macht einen guten ersten Eindruck: Die gute Verarbeitung, die hochwertigen Materialien und die Konstruktion erlauben einen schnellen Einstieg, bei dem nur ein breiter Klettstreifen geöffnet werden muss, und fixieren den Schon dennoch vertrauenserweckend. Bei gestrecktem Bein macht sich die starke Vorformung bemerkbar: Der Schoner an sich ist für ein leicht angewinkeltes Knie optimiert, steht man, beult er vorne stark aus, erst bei einem Winkel von ca. 30° liegt die d30 Polsterung, auf der Kniescheibe an. Die Lüftungsöffnung hinten ist groß dimensioniert, die Polster um das Knie flach ausgeführt.

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Tragekomfort 

Bleibt man auf dem Fahrrad, sind die Beine kontinuierlich leicht angewinkelt, sodass die Schoner hier schön rundum anliegen, ohne unnötig zu drücken. Sie fühlen sich wie Kniewärmer an, so dass man sie leicht vergessen mag – auch weil die Öffnung hinten und die Kanäle im Knie gemeinsam mit dem Aufwölben beim Strecken des Beines das Knie gut kühlen, überhitzen tut hier nichts.

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# Der Evo Knee ist ein weicherer, komfortabler Schoner für tretintensive Einsätze.

So kann man den Schoner stundenlang tragen, ohne sich daran zu stören, auch weil er nicht zu Rutschen neigt. Nach zwei Tagen Dauereinsatz musste ich dann leider feststellen, dass die Konstruktion der Rückseite wohl doch nicht ganz perfekt zu meiner Kniekehle passt: Beim Treten scheuerte das Material ganz leicht über die Haut, nach zwei Tagen ist die Haut offen, das Tragen am dritten Tag schmerzhaft.

Schutzwirkung 

Ich muss gestehen etwas skeptisch gegenüber d30 gewesen zu sein. Zwar liegt der Vorteil einer flexiblen Konstruktion, die nur im Bedarfsfall verhärtet, auf der Hand, doch wird durch das Verhärten nicht auch die Dämpfung weniger? Wird der Schlag von einem völlig harten Material nicht unangenehm weitergeleitet?

Die RaceFace Schoner im Enduro-Renneinsatz.

Beim Modell von 661 liegt das d30 direkt auf der Kniescheibe, würde es hart wie Stein hätte man einen Stein am Knie, temporär. Ein paar Abstiege später waren meine Sorgen jedoch verflogen, tatsächlich stelle ich erst am Abend fest, wie oft ich auf die Knie gefallen bin, gespürt hatte ich davon nichts. Das Material macht also einen ziemlich guten Job, wenn es darum geht Stoßkraft zu absorbieren und zu verteilen, und zwar auf fast magische Art und Weiße. Das die Schläge nicht ungefiltert weitergegeben werden, liegt an einer Eigenart des Materials: Der Vorgang des Verhärtens schluckt selbst Energie, von wegen Stein am Knie.

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Einzig bei Stürzen in steinigem Geläuf muss man dem Evo Knee, genau wie allen anderen Softshell-Schonern, einen Nachteil attestieren: Sie rutschen auf Stein nicht ab, wie es eine Hartschale könnte, sondern haften und sorgen so für einen abrupten Stoß.

Fakten

  • Preis: 89,99€
  • Gewicht: 478g (Größe M, Paar)

Fazit

Ein Knieschoner zum Wohlfühlen, nur die Konstruktion der Rückseite hat – in unserem Fall – im Dauereinsatz nicht überzeugt. In Anbetracht seiner Form und Funktion ist der 661 Evo Kniee für Enduro- und AllMountain-Piloten absolut zu empfehlen, beim Fahren stört er einfach gar nicht, ist schnell angezogen und kompakt zu verstauen.

POC Joint VPD2.0 Knee

Nobler Schwedenschoner mit überarbeitetem Material

POC – die Marke aus Schweden hat eine beachtliche Entwicklung hingelegt und konnte sich während weniger Jahre am Markt etablieren. Das liegt sicher am ansprechenden Style der Marke, aber sicher auch an den Sicherheit und Komfort verbessernden Technologien. Für Schoner ist an dieser Stelle das Material entscheidend:

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# Die verwendeten Materialien sind durchweg hochwertig: Kevlarverstärkte Vorderseite, elastische Rückseite, antibakterielles Innenfutter.

VPD2.0 heißt heißt die zweite Generation des flexiblen und doch stoßabsorbierenden Materials aus dem Hause POC. Sie verfügt verglichen mit dem bekannten VPD über eine wesentlich bessere Stoßdämpfung, die übertragene Maximalkraft liegt etwa 40% niedriger als beim Vorgänger. Dadurch lässt sich der Kompromiss aus Flexibilität und Schutz besser denn je lösen, so POC. Ähnlich wie das d30-Material verhärtet auch VPD2.0 bei schnellen Stößen, während es langsame Bewegungen nicht behindert. Anders als bei d30 findet diese Verhärtung jedoch nicht auf Molekülebene statt, sondern dadurch, dass kleine Luftbläschen langsam durch die Löchchen im Material hindurch können, schnell jedoch nicht. Ein weiterer Vorteil gegenüber dem Vorgänger-Material: Bei niedrigen Temperaturen bleibt es länger flexibel und ist reißfester.

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# Klein, Schwarz, bequem – der POC Joint

Passform

Der VPD2.0 Knee ist tatsächlich ein reiner Knieschoner. Während andere Modelle noch das obere Schienbein abdecken, beschränkt er sich auf das wesentliche. Das recht dichte VPD-Material ist großzügig dimensioniert und passt sich mit seiner fast Knete-ähnlichen Substanz bequem an. Auch die Textilien sind weich und hautfreundlich, und so schmiegt sich der POC sehr bequem um das Knie. Die Klettstreifen fallen schlank, aber geschickt positioniert aus. Während der untere nur eine generelle Anpassung der Größe darstellt, muss der obere zum An- und Ablegen geöffnet werden.

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Wegen der geschlossenen Konstruktion ist ein Ausziehen der Schuhe notwendig, dank nur einem Klett geht die Sache aber schnell vonstatten. Die Größe fällt „normal“ aus – eine Tabelle gibt es hier.

Tragekomfort

Die Rückseite des Joint ist komplett geschlossen, ob das für die Temperatur-Entwicklung gut ist? Überraschenderweise ist es jedenfalls nicht spürbar schlechter als bei offenen Modellen. Dafür dürfte die offenmaschige Struktur des sehr dünnen, elastischen Materials verantwortlich sein. Es ist sehr gut luftdurchlässig, weshalb die Kniekehle kühl bleibt. Während der Fahrt sorgen die kleinen Löcher im inneren der Vorderseite tatsächlich für Kühlung, insgesamt bleibt der Protektor angenehm kühl.

POC Joint Knee POC Joint Knee Rückseite Poc Polygiene Beschichtung POC VPD 2.0 Material Schriftzug
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Schweißausbrüche werden so vermieden, gänzlich trocken bleibt auch dieses Teil hingegen nicht. Dank Polygiene-Behandlung hält sich die Geruchsbildung jedoch vornehm zurück, hier habe ich schon ganz andere Kostproben erlebt, diese Technik funktioniert.

Das VPD-Element selbst ist an den Rändern mit einem Radius versehen, wodurch die vorgeformte Schale sich bequem um das Knie abstützt – Druckstellen gibt es tatsächlich keine. Drückt nicht, juckt nicht, sitzt wie angegossen – von den drei Schonern hier im Test ist der POC mit kleinem Abstand vor dem 661 der bequemste.

Schutzwirkung

Wie bereits erwähnt, fällt das dämpfende Material im POC großzügig aus. Kein Wunder also, dass er auch etwas heftigere Stöße klasse absorbiert hat. Auch Bodenunebenheiten, etwa beim Sturz auf Schotter, sorgen nicht für spürbare Belastungsspitzen.

POC Fahrbericht
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Wie auch die beiden anderen Schoner in diesem Test sorgt jedoch die rauhe Oberfläche dafür, dass man kaum über den Boden rutschen kann. Stattdessen wird die Energie entweder absorbiert werden müssen, oder der Schoner rutscht vom Knie, oder man rollt ab. Weil der POC sehr gut sitzt, fällt die schlimmste (2.) Option zum Glück raus. Je nach Sturz wird man deshalb eine Kombination aus abrollen und Energieabsorbtion erleben, was bei uns völlig okay war. DIe Thematik beschäftigt jedoch wohl auch POC, weshalb bei den 2013er DH-Schonern ein Kunststoff-Element als „Skid-Plate“ fungiert, sprich das rutschen auf hartem Untergrund ermöglicht, Durchstiche verhindert und die eingeleitete Kraft verteilt.

Poc Joint Knee in Aktion POC Joint im Flug POC Joint Knee VPD2.0 VPD 2.0
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Während das VPD-Material Stöße hervorragend absorbiert und der Schoner schön an Ort und Stelle bleibt, gibt es eine Eigenschaft, die die beiden anderen Schoner hier besser können: Die Stabilisierung des Knies gegen Verdrehung kann der POC wegen seiner schlanken, leichten Bauweise nicht wirklich bewerkstelligen. Ob das bei den anderen Verletzungen verhindern mag, sei dahin gestellt, der Vollständigkeit halber hier aber erwähnt.

Wer auch sein oberes Schienbein schützen will: Es gibt den Joint Knee auch als Joint Long Knee.

Fakten

  • Preis: 120€
  • Gewicht: 415g (Größe M, Paar)

Fazit

Unter diesen dreien kann der POC mit seiner klasse Passform, gutem Schutz und bestem Tragekomfort am meisten überzeugen, nur für Downhiller wird ein größerer, evtl. Hartschalen-Protektor, die bessere Wahl sein. Die hochwertigen, teils kevlarverstärkten Materialien inklusive geruchsreduzierender Behandlung gefallen ebenfalls. Allerdings ist der Joint Knee auch mit Abstand der teuerste in diesem Test.

Das war Teil 1 des Knieschoner-Test. In Teil 2 stellen wir Modelle von RaceFace, O’Neal, Sweet und Scott vor.
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Bilder: Stefanus Stahl, Tristan Zerdick (Bike Sport Magazin), Manuel Sulzer, Thomas Paatz

  1. benutzerbild

    Erroll

    dabei seit 04/2007

    Wann kommt denn nun Teil 2 online?

  2. benutzerbild

    kalkhoffpink

    dabei seit 01/2010

    Nur mal so nebenbei,

    ich hab nach dem 10. Testschoner jetzt zwei geeignete gefunden:

    1.) 661 Evo Knee. Sehr flexibler, weicher Schoner ohne größere Polsterung, nur mit d3o-Protektor Einsatz für Enduro-Touren ausreichend.

    2.) Fox Launch Pro (lang). "geteilter" Schoner ähnlich den IXS Signature/Hammer aber mit sehr geräumigem Knie-Teil. Echt bequem im Vergleich.

    und wech..... smilie

  3. benutzerbild

    macroger

    dabei seit 05/2007

    Gute Frage
    Wann kommt Teil 2? Trotz der sehr guten Qualität der Test sind die mehrteiligen Test nicht immer abgeschlossen . (auf den letzten Teil von "
    Alleskönner-Fahrbericht: Wie sich Claymore, CoilAir und Genius LT in der Praxis schlagen" warte ich seit November 2011.

  4. benutzerbild

    A7XFreak

    dabei seit 06/2008

    Ich frag mich gerade ob der 661 evo knee auch mit dem riot schienbein schoner kompatibel ist. Kann da jemand was zu sagen?

  5. benutzerbild

    Ehrenfeld

    dabei seit 10/2001

    Gute Frage
    Wann kommt Teil 2? Trotz der sehr guten Qualität der Test sind die mehrteiligen Test nicht immer abgeschlossen ..
    Keine Sorge. Der zweite Teil steht an sich fertig in den Startlöchern, wir warten aber gerade noch auf weitere Hersteller - dann entscheidet sich, ob wir aus Übersichtsgründen noch einen dritten Teil draus bauen können. Noch ein paar Tage Geduld smilie

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