# SRAM Designer Tom Zurawski
MTB-News: Stell dich doch selber kurz vor.
Tom Zurawski: Ich heiße Tom Zurawski, bin 43 Jahre alt und der Kommunikations-Manager für SRAM und Truvativ MTB. Ich arbeite in Chicago, dem Hauptsitz von SRAM.
Wie bist du zum Radfahren gekommen?
Das ging los, als ich noch ein kleines Kind war. In Colorado gab es ein Radrennen – wir waren oft zum Camping dort und sind immer ein paar Etappen mitgefahren. Ich habe als Kind schon damit angefangen Rennrad-Rennen zu fahren, habe dann eine Weile pausiert und erst als Erwachsener wieder angefangen. Später bot sich mir die Gelegenheit, hier bei SRAM zu arbeiten. Dadurch bekam ich die Chance, wieder mehr auf dem Bike sein zu können – und seither bestimmt Mountainbiken mein Leben.
Ich lebe in der Gegend von Chicago und das Gelänge dort ist nicht unbedingt geeignet für das, was ich echtes Mountainbiken nennen würde. Die Topografie taugt eher fürs Rennrad. Mit SRAM zu reisen hat mir die Möglichkeit verschafft, wieder mehr auf dem Bike zu sein und das genieße ich.
Du bist der Kommunikations-Manager für SRAM und hast das „Trail House“ Buch gestaltet. Du kommst also aus dem grafischen Bereich?
Mir bietet der Job bei SRAM die Möglichkeit, zwei besondere Dinge in meinem Leben zu verbinden: Das erste ist mein Design-Hintergrund, ich habe eine Ausbildung als Grafik-Designer gemacht. Ich habe bei ein paar kleinen Design-Firmen gearbeitet und dann auch bei ein paar Größeren, wo ich als „Global Art Manager“ tätig war. So hatte ich viel Erfahrung damit, wie ein global operierendes Unternehmen auszusehen hat.
Die Möglichkeit zu haben, mein Bike-Hobby mit dem zu verbinden, was ich in meiner Ausbildung gelernt habe, ist ein ganz besonderes Privileg. Ich mache heute immer noch einen Teil der Gestaltungsarbeit, bin aber auch für die Kommunikation mit unseren verschiedenen Kunden zuständig.

Im Buch hast du sehr viel Wert auf Liebe zum Detail gelegt. Naturpapier, eine japanische Bindung – auf einigen Seiten finden sich sogar Prägungen.
Für mich ist Mountainbiken ein sehr „haptischer“ Sport: Ein Sport, bei dem man sich körperlich mit dem Produkt auseinandersetzen muss, um es zu verstehen. Damit meine ich: man fasst es an, man hält es fest, bewegt es. Vieles von dem, was wir derzeit machen, ist digital – und es ist auch fantastisch, die Möglichkeit zu haben, Informationen schnell zu verbreiten – aber dadurch kommt die Haptik einfach zu kurz.
Wir können uns ziemlich glücklich schätzen, dass wir für manche besonderen Anlässe – wie jetzt hier das Trail House – ein so schönes Produkt erschaffen durften. Etwas, das „echt“ ist. Man kann es halten, anfassen, sich ins Regal stellen, auf den Tisch legen und mit anderen teilen. Wie schon gesagt: ich glaube, dass es darum beim Radfahren geht. Sich körperlich mit seiner Umgebung auseinander zu setzen.

Das Buch geht „back to the roots“ – zurück zu den Wurzeln. Es ist nicht nur „clean“ und technisch – wie z.B. bei Prospekten für Autos?
Richtig. Für das Buch, von dem du sprichst, haben wir verschiedene Druckverfahren verwendet, eines davon war Hochdruck. Es ist total „oldschool“, aber die Technik der Maschine ist wunderbar: Wie sie die Buchstaben auf das Papier presst und nicht nur Farbe, sondern auch einen Abdruck hinterlässt, den man lesen und anfassen kann. Das ist wie wie ein Reifen, der seinen Abdruck in der Erde hinterlässt. Man hinterlässt ein Zeichen, das auch den eigenen Standpunkt zeigt. Ich denke, da gibt es viele schöne Parallelen.

Wird das von den Kunden geschätzt?
Ich denke schon. Viele, die das Buch in der Hand haben, verstehen es und wissen es zu schätzen. Wer es nicht versteht, kann Fragen stellen. Aber ich denke, das es die richtigen Leute bekommen haben – und das war mir wichtig. Ich glaube, das es keine generelle Form der Kommunikation gibt, mit der jeder klar kommt. Ich denke, dass man verstehen muss, dass es verschiedene Arten von Typen und Persönlichkeiten gibt – genau so wie beim Biken auch, von wenig bis viel Federweg. Du wählst deine Zielgruppe und dein Ziel oder knüpfst Kontakte zu Leuten, die damit vertraut sind. Ich denke nicht, dass jede Strategie für jeden passt, aber für die „richtigen Leute“ ist es auf jeden Fall eine tolle Sache.

Das ist sehr idealistisch und liegt nahe an der Wurzel des Sports. Momentan sieht es fast so aus, als ob Mountainbiken im Mainstream angekommen ist – was oft bedeutet, dass sich die Leute nicht mehr so tief mit der Seele des Sports beschäftigen…
Radfahren im Allgemeinen ist sicher eine der größte Outdoor-Sportarten. Das bietet der Industrie natürlich neue Möglichkeiten der Entwicklung. Bikes wurden komplex, aber gleichzeitig einfacher: Vielen Leuten wurde der Zugang zu komplexer Technik erleichtert, alles wird immer benutzerfreundlicher. Ob die Fahrradindustrie noch größer wird? Das weiß ich nicht. So lange bin ich jetzt auch noch nicht dabei. Ich fahre erst seit 4 bis 5 Jahren Mountainbike und lerne immer noch so viel Neues.
In der Bikebranche kommt man ziemlich viel herum. Bist du das erste Mal in Neuseeland?
Ja, das ist mein erstes Mal hier und es ist einfach überwältigend. Der Flug von Auckland nach Queenstown, die Bergketten und dann hier anzukommen mit den ganzen Seen und der unterschiedlichen Topografie, von den Felsen bis hin zu den grasbewachsenen Feldern… Das Wetter ist perfekt, die Leute sind super-freundlich. Es ist eine großartige Umgebung und macht eine Menge Spaß. Es wird vermutlich ein harter Abschied (lacht).
# Just another day in the office: Tom unterwegs auf den Trails in Neuseeland.
Ist es das erste Mal, dass du für SRAM gereist bist, oder reist du öfter für das „Trail House“?
Meine Aufgabe bei SRAM ist es, Verbindungen herzustellen – über die Geschichte bis hin zum Bildmaterial. Wenn wir Events veranstalten – von Messen über Presscamps bis hin zu öffentlichen Events – dann besteht meine Aufgabe darin, alle diese Sachen weltweit zu koordinieren. Ich fahre zu allen Events um sicher zu stellen, dass die Botschaft richtig ankommt. SRAM legt großen Wert auf die Qualität unserer Arbeit – solche Events wie das „Trail House“ werden auch dafür genutzt,
Wir hatten gerade schon drüber gesprochen, dass Mountainbiken eine haptische Sportart ist, die zumeist in Gruppen betrieben wird. Genau das ist der Grund, weshalb wir alle heute hier im „Trail House“ sind. Es kommt auf alle Details an: denn die machen den Unterschied, ob die Botschaft rüberkommt oder nicht. Damit da alles passt, reise ich ziemlich viel und bin auf vielen Events, um sicherzugehen, dass alles glatt läuft.
Glaubst du, dass viele Firmen zu viel um den „heißen Brei“ herumreden? Wenn man sich das „Trail House“ anschaut und mit den Leuten von SRAM redet, dann transportiert es genau die Gefühle und die Leidenschaft, die diese Leute für den Sport haben. Musst du trotzdem kämpfen, um gewisse Gestaltungen durchzusetzen?
Wir sitzen oft mit einer Menge von Leuten an einem Tisch, die alle unterschiedliche Aufgaben in der Firma haben. Wir haben Ingenieure, Leute aus dem Marketing, Athleten und viele andere. Da ist es klar, das jeder eine unterschiedliche Perspektive und dadurch eine andere Meinung hat. Mein Ziel ist es, jeden unserer Berührungspunkte zu analysieren, um jede Nachricht angemessen zu transportieren. Das bedeutet nicht, dass alles gleich behandelt wird!
So etwas wie das Buch hier verkörpert eher den Mountainbiker als Person und dessen Charakter, nicht nur ein Bike oder ein Produkt. Eine Marke ist das, was eine andere Person von dir hält. Das ist deine Persönlichkeit, deine Beziehung. Meine Aufgabe besteht darin, das wir eine Beziehung aufbauen, die nicht nur auf einem Produkt liegt, sondern bei der es um Gefühle und Emotionen geht.
Die Leute, die SRAM-Produkte kaufen, kaufen also eigentlich Emotionen?
Ich glaube schon – egal, ob es ihnen bewusst ist oder nicht. Das Produkt wird immer mit dem Marken- oder dem Modellnamen in Verbindung gebracht. Die Geschichten, von denen wir erzählen, handeln davon, was ihr mit unseren Produkten erlebt. Das Produkt wird zu einer Möglichkeit, rauszugehen und etwas zu erleben.
Wir haben eine Menge Kommentare in Internet-Foren, bei denen es heißt: „Das ist ja alles nur Marketing, Marketing, Marketing…“ Wie stehst zu dazu?
Ich habe eine Reihe von solchen Kommentaren gelesen – und um ehrlich zu sein, manchmal weiß ich nicht, woher das kommt. Ich finde nicht, dass das Marketing von SRAM-MTB total „over-the-top“ ist. In unseren derzeitigen Anzeigen erzählen wir beispielsweise Geschichten über unsere gesponserten Athleten. Es geht nicht darum, eine Geschichte zu erfinden. Wir versuchen, so ehrlich und so authentisch wie möglich zu sein. Eigentlich geben wir den Leuten nur Informationen über unsere Produkte.
Ich sehe mich selbst nicht als Verkäufer, sondern eher als Informant. Mein Job ist es, das Produkt und dessen Geschichte zu verstehen und das so authentisch wie möglich zu kommunizieren. Bei all den Dingen die du angesprochen hast – wie das Buch, unsere Anzeigen oder Events – versuchen wir ein Erlebnis zu vermitteln, dass authentisch ist. Ich hoffe, dass wir so rüberkommen, wie wir eigentlich sind. Also einfach Mountainbiker, die für eine Firma arbeiten, die gute Produkte für Endverbraucher herzustellt.
Wo glaubst du, befindet sich der Mountainbike Sport in 15 Jahren ?
Das ist interessant, denn ich glaube es gibt Zyklen: Wir beobachten aktuell einen Technologieaustausch vom Mountainbike zum Rennrad zum Stadtrad. Ich denke, dass wir bald Fahrräder sehen werden, die alle die gleichen Technologien nutzen werden und man nur das passende für seine Bedürfnisse auswählen muss. Ich sehe Einfachheit. Ich sehe ein Trail-Bike – ein 130mm Trail-Bike ist in meinen Augen die Zukunft. Sie sind leicht und man kann sie auf seine Bedürfnisse anpassen.
Man kann damit ein CC-Rennen fahren oder es bergab prügeln, je nachdem wie man seine Federung einstellt und so weiter. Das ist die Richtung, die ich sehe. Wie gesagt – es ist eine Evolution und es wird sich immer weiter entwickeln und verändern. Solange wir Produkte herstellen, welche die Bedürfnisse der Kunden erfüllen, geht es immer weiter voran.
Vielen Dank für den Einblick in deinen Job!
Vielen Dank, dass du zu uns gekommen bist! Für mich ist es immer toll, Leute aus der ganzen Welt zu treffen, die das Mountainbiken schätzen und daran interessiert sind, mehr über die Produkte und die Hintergründe zu erfahren. Always good times!

18 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumEcht ulkig, da wird ein Interview zum Marketing wieder nur Marketing
Tja, ist aber die Realität. Auch wenn wir uns einreden, dass wir unsere Kaufentscheidungen rationell treffen, so sind sie in Wahrheit Emotionsgesteuert. Die Rationellen Argumente sind eher eine Bestätigung für unser Bauchgefühl um den Kauf rechtzufertigen.
Der eine empfindet halt das "Argument" 300g leichter als das Vorgängermodell als kaufentscheidend und der nächste geht bei "30fach verstellbarer Zugstufe" steil, der nächste schlägt bei " das Rad vermittelt traumwandlerische Sicherheit im anspruchsvollsten Trail" zu und andere wiederum reagieren auf ein qualitativ hochwertig produziertes "Prospekt".
Die Marketingleute müssen nur für jeden von uns rauskriegen welchen "Knopf" sie drücken müssen, haben sie den mal gefunden tun wir uns sehr schwer, nicht zu kaufen.
Wozu denn das? In diesem Fall sehe ich das auf eine ketzerische Art und Weise, nämlich "Inhalt zweitrangig". Wenn man ein Buch mit Hochdruck, Prägungen, Lackierungen, spezieller Bindung fertigt, dann ist das, was drin steht (NICHT die Bilder!) nur zur Grauwerterzeugung.
Oder vermisst irgendwer eine deutsche Ausgabe des "25 Years of Mountain Biking" von Specialized?
* und das nicht ganz unberechtigt. Wenn ich z.B. sehe, mit welch albernen, pseudo-cool-englischen Schlagworten Cube einfachste "Technologien" anpreist ... Trail Motion Rocker, Agile Ride Geometry ... weiß ich nicht, ob ich lachen oder heulen soll. Da hab ich gleich weniger Lust, ein Bike von denen zu kaufen.
Cube kommt mir sowieso nie mehr ins Haus.
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