Am vergangenen Mittwoch wurde das Rennrad-Zeitfahren der Olympischen Spiele leider von einer rassistischen Bemerkung des BDR-Funktionärs Patrick Moster überschattet. Dieser rief vor laufender Kamera dem Deutschen Nikias Arndt „Hol dir die Kameltreiber!“ zu – gemeint waren vor ihm gestartete afrikanische Athleten. Verschärft wurde die Situation durch die sehr klägliche Reaktion von BDR und DOSB – erst mit Verzögerung und nach starkem öffentlichem Druck musste Moster abreisen. Daniel Berhe, Manager des Lexware Mountainbike-Teams, hat zum Fall ein Statement verfasst:

Zur olympischen Idee gehört das Ideal der Freundschaft und Völkerverständigung sowie der Fairplay-Gedanke. Der Manager des Teams Lexware Mountainbike, Daniel Berhe, lebt dieses Ideal in seiner täglichen Arbeit mit Nachwuchstalenten des Radsports. Entsprechend groß war die Freude, dass sich gleich zwei seiner Sportler für die Olympischen Spiele qualifizieren konnten. Martin Vidaurre wurde vom chilenischen Verband nominiert, Max Brandl vom deutschen Verband, dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR).

Jener BDR sorgt in den letzten Tagen aufgrund der inakzeptablen Äußerung seines hochrangigen Funktionärs Patrick Moster leider nicht für sportliche Schlagzeilen. In seiner Funktion als Sportdirektor profitierte Moster auch von der Nachwuchsarbeit, die Daniel Berhe mit dem Lexware Mountainbike Team leistet. Als Sohn von Einwanderern aus Eritrea ist Daniel Berhe ein Paradebeispiel für gelungene Integration. Die integrative Kraft des Sports wird von Verbandsfunktionären gerne angeführt, wenn es um die Bereitstellung öffentlicher Fördermittel geht. Umso schwerer wiegt das Verhalten der obersten Verbandsfunktionäre im aktuellen Fall. Einem Fall, über den global berichtet wird (Times, Al Jazeera, Washington Post) und zu dem zwischenzeitlich auch die Vereinten Nationen Stellung bezogen haben.

Für Daniel Berhe ist dieser Fall eine mehrfache Enttäuschung: Erstens ist es eine persönliche Enttäuschung über den BDR-Sportdirektor, mit dem Daniel Berhe seit mehreren Jahren professionell zusammenarbeitet. Die diskriminierende Bezeichnung der Radsportler Amanuel Ghebreigzabhier und Azzedine Lagab als „Kameltreiber“ hat Berhe besonders schwer getroffen, weil Ghebreigzabhier für Eritrea startet. Wenn der Präsident des BDR in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland betont, dass Moster sich bisher niemals rassistisch geäußert habe, ist das ein schwacher Trost. Vielmehr zeigt es, dass Rassismus und Diskriminierung nach wie vor in der Mitte der Gesellschaft existieren, eine zweite Enttäuschung, die für Berhe allerdings nicht neu ist, sondern mehrfach persönlich erlebt wurde. Diese Enttäuschung ist eng verbunden mit der dritten Enttäuschung für Berhe: der sportpolitischen Reaktion auf den Fall Moster. Sowohl der DOSB mit Deutschlands oberstem Sportfunktionär Alfons Hörmann als auch der BDR und sein Präsident Rudolf Scharping reagierten nur zögerlich.

Während zahlreiche Sportler in den Sozialen Medien klare Statements setzten, akzeptierte Alfons Hörmann zunächst die lapidare Entschuldigung Mosters mit der Stresssituation im Wettkampf. Berhe schließt sich in der Bewertung dieser Entschuldigung der Meinung des Zeit-Kommentars von Christian Spiller an: „Solche Worte rutschen nicht einfach raus“. Kommen in Stresssituationen nicht eher die wahren und tieferen Überzeugungen zum Vorschein, die anschließend durch politisch korrekte Statements wieder zugedeckt werden sollen? Die spätere Suspendierung Mosters durch den DOSB ist richtig und könnte dem BDR durchaus als Vorbild dienen.

Im Kampf gegen Diskriminierung haben solche Maßnahmen aber wohl bestenfalls Signalwirkung. Toleranz und Fairness lassen sich nach Auffassung von Berhe nicht „von oben“ verordnen. Vielversprechender ist für ihn der unermüdliche Einsatz im Kleinen, an der sogenannten Basis. Diese erreicht Berhe auch durch die Kooperation des Lexware Mountainbike Teams mit dem Verein SV Kirchzarten, also durch die Verbindung von Leistungs- und Breitensport. Hier möchte er weiterhin Vorbild geben und für Diskriminierung im Alltag sensibilisieren. Was zählt, ist nicht politische Korrektheit, sondern das Leben der olympischen Ideale.

Text: Pressemitteilung Lexware Mountainbike Team
  1. benutzerbild

    McDreck

    dabei seit 02/2020

    Aber man kann es nicht jedem Recht machen...
    Kein Grund es nicht zu versuchen. Wenn es dann hinterher schrecklicher wird für alle, hat man es zumindest gut gemeint gehabt.

    https://www.news4teachers.de/2021/0...dern-ist-ein-kniffliges-thema-fuer-migranten/
  2. benutzerbild

    Deleted 11242

    dabei seit 12/2015

    An Stelle von Lagab würde ich mir auch jeglichen Kommentar ersparen.
    Wieso das? Gerade das sähe ich doch als Lagab als Chance, die Leute auf einen Missstand aufmerksam zu machen und offenzulegen, wie ich mich in so einer Situation fühle.

    Oder aber es interessiert ihn wirklich nicht die Bohne. Das aber wäre für ein paar der Diskussionsteilnehmer hier gar skandalös, habe ich den Eindruck.
  3. benutzerbild

    arno¹

    dabei seit 12/2007

    Daniel Berhe (der Mann mit dem Schirm auf dem Foto des Artikels) hat das mit dem Statement des Lexwareteams ja ganz konkret auch gemacht. Möglicherweise hat Lagab einfach etwas Anderes zu tun?

    Ob die Diskussion hier einen Sinn ergibt, diese Frage stellt sich auch.

  4. benutzerbild

    McDreck

    dabei seit 02/2020

    Ob die Diskussion hier einen Sinn ergibt, diese Frage stellt sich auch.
    Ob das Forum hier einen Sinn ergibt, diese Frage stellt sich auch.
    Offenbar schon. Zumindest für die Leute, die diskutieren wollen.
  5. benutzerbild

    arno¹

    dabei seit 12/2007

    Du hast mich unterbrochen, ich war gerade auf Seite 17 von 18 smilie

    Es war ja relativ friedlich hier, wenn man von Ausnahmen absieht. Trotzdem stellt sich die Frage, ob hier der richtige Ort für solche weit gefassten Diskussionen ist und ob das etwas für das Thema bringt.

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