Er ist einer der erfolgreichsten Marathon-DH-Fahrer aller Zeiten und konnte sowohl die Megavalanche, die Trek Bike Attack und den Trailfox je sechsmal gewinnen – und genau diese Zahl 6 wird in Zukunft bei dem sympathischen Schweizer und Trek-Teamfahrer eine gewichtige Rolle spielen. Wie zu lesen war, wird René Wildhaber alle Rennen, die er sechsmal gewonnen hat, in Zukunft nicht mehr bestreiten und sich stattdessen neuen Aufgaben widmen.

Welche diese sind, weshalb er beim letzten Megavalanche so schwer gestürzt ist und was er neben dem Mountainbiken sonst für 2013 plant, lest ihr im IBC-Interview.

rene wildhaber
# René bei seiner Lieblingsgeschäftigung – Trails fahren. Foto: Trek/Sterling Lorence

MTB-News.de: Hallo René – wie bekannt wurde, willst du in Zukunft in Sachen Downhill-Marathons etwas kürzer treten und keine Rennen mehr fahren, die du sechsmal oder mehr gewonnen hast – aktuell würden die Trek Bike Attack, der Trailfox und die Megavalanche dazugehören. Warum genau diese Abgrenzung von 6 Siegen eines Rennens?

René Wildhaber: Insgesamt habe ich nun an 20 Mégavalanche-Rennen teilgenommen, davon konnte ich zehn gewinnen und weitere sechs auf dem Podest beenden, dazu kommen noch drei Platten und ein gröberer Sturz. Bei manchen Rennveranstaltungen stand ich bis zu zehn Mal am Start, deshalb glaube ich, dass nun die Zeit gekommen ist an neuen Events teilzunehmen, diesen Entscheid habe ich in Absprache mit meinen Sponsoring-Partnern gefällt, jedoch habe ich die Zahl sechs frei gewählt- aber ich wollte der verflixten sieben ausweichen.

Sicherlich ist es für mich ein komisches Gefühl daran zu denken, dass ich beim Mégavalanche in Alpe d’Huez dieses Jahr nicht am Start sein werde – war es doch jahrelang mein Saisonhöhepunkt, für welchen^ ich jeweils hart trainiert hatte. Trotzdem glaube ich, dass der Zeitpunkt für die Neuorientierung richtig ist und wenn nicht, kann ich ja in 2014 mich wieder anmelden.

rene wildhaber
# René auf dem High Noon Trail beim Trailfox

Du nennst als Hauptgrund für deinen Rückzug aus dem Massenstart-Rennsport die steigende Risikobereitschaft vieler Fahrer. Kannst du uns genauer erläutern wie sich diese Risikobereitschaft im Rennen auswirkt? Gibt es neben des erhöhten Sturzrisikos durch aggressive Mitfahrer auf den Rennen weitere Gründe, deswegen du in dieser Hinsicht kürzer treten willst?

Der Hauptgrund für meine Entscheidung ist, dass ich neue Events besuchen möchte und neue Herausforderungen suche, jedoch möchte ich mich nicht total aus dem Massenstart-Rennsport zurückziehen, dafür mag ich dieses Rennformat zu sehr. Dieses Jahr überschneiden sich halt auch viele Termine wie zum Beispiel Crankworx Kanada mit Bike Attack und Crankworx Europa mit Saalbach. Filmprojekte, Fotoshoots, Produktetests- und präsentationen, Fahrtechnik-Camps, Abenteuerreisen, Streckenbau und Skischule füllen meinen Terminkalender.

Da der Sport immer professioneller wird, werden die Wettkämpfe unnötig hart ausgefochten und scheinbar gibt es sogar Doping.Fahrer welche z.B. absichtlich abkürzen, welche sich nicht an die sportlichen Regeln halten, gab es schon immer – aber sie wurden von den anderen Fahrern auf eine gewisse Art „erzogen“. Bisher durfte ich in den Langstrecken-Abfahrten und im Enduro-Bereich noch den gemeinschaftlichen Mountainbike-Geist erleben. Da der Sport immer professioneller wird, werden die Wettkämpfe unnötig hart ausgefochten und scheinbar gibt es sogar Doping. Das enttäuscht und desillusioniert mich sehr.


# Keine Trek Bike Attack mehr – René Wildhaber mit Vollgas Richtung Sieg. Foto: Sportograf

Woher kommt diese wachsende Risikobereitschaft, wie können wir Sponsoren, Rennveranstalter und Fahrer selbst entgegen wirken?

Enduro boomt gerade, die Bike-Industrie beginnt Geld zu investieren. Immer mehr Fahrer versuchen ihren Lebensunterhalt mit dieser Art von Mountainbiking zu verdienen, dadurch steigert sich der Leistungsdruck. Ist es auch ein gesellschaftlicher Einfluss, da Respekt und Solidarität unter den Menschen abnimmt und der Narzissmus zunimmt? Leider kann ich da keine Aussage machen, da ich kein Soziologe bin.

Du hattest dieses Jahr selbst einen schweren Sturz bei der Megavalanche in Alpe d´Huez. In den zahlreichen Videos sieht man, dass du selbst ein hohes Risiko eingegangen bist und sehr schnell in die erste Kurve gefahren bist. Lässt man sich von der Risikobereitschaft der Masse schnell anstecken?

Ich fühle mich hier zu einer etwas ausführlichen Antwort veranlasst und stelle meine Meinung dar.

Ohne Risiko im Leben geht gar nichts – wenn meine Mutter nicht das Risiko einer Schwangerschaft und Geburt eingegangen wäre, müsste ich keine Risiken eingehen. Unabwägbarkeiten gehören beim Megavalanche dazu. Der Organisator sagt leider sogar offen dass er es gut findet wenn die Fahrer beim Start stürzen, um mehr Action zu kriegen. Zudem verzichtet er auf sicherere Startmöglichkeiten und will die spektakulären Bilder auf dem Berggipfel. Erfahrungsgemäß bin ich in den ersten zehn Sekunden auf dem Pic Blanc nicht der schnellste, da einige Fahrer fixer starten. Der Gletscher ist meine Spezialität, an dessen Ende war ich schon oft an erster Stelle, um in den Singletrail einzubiegen.

Am 22. Juli 2012 war die Schneezunge am Start sehr hart und ich dachte mir, dass es früher oder später zu einem Massensturz kommen würde. Als ich an der Linie stand fühlte ich mich bereit anzunehmen, was auch immer geschehen würde. Nach etwa zwei Sekunden des Rennens spürte ich das Zögern einiger Fahrer und sah meine Möglichkeit, direkt die Spitze zu übernehmen. Leider erwischte ich eine sehr glatte, gefrorene Schmelzwasserfläche, welche mich zu Fall brachte. Dann hatte ich nochmals etwas Pech, schätzte die Position meines Bikes falsch ein und suchte es im Gerangel am falschen Ort, dadurch verlor ich weitere wertvolle Zeit.


# Hier passte noch alles: René startet in der Mitte durch (Startnummer 401)

Auf dem ersten Singletrail hinter langsameren Fahrern verlor ich weitere Zeit, doch ich konnte einen Fahrer bei einem krassen Abkürzungsmanöver beobachten, vorbei an der klar abgesperrten Linienführung. War auch mal interessant so was tragisches mitzuerleben, ich schrie ihn noch an das zu unterlassen. Als ich dann ihm später wieder begegnete um ihn wieder zu überholen, wollte er mich wieder vom nun breiten Weg drängen. Ich finde so ein Verhalten ekelerregend!

Der Masse versuche ich aus Sicherheitsgründen so schnell wie möglich zu entkommen!Immer stärker spürte ich meine Schmerzen, doch ich hatte durch das Adrenalin noch Spass an der Fahrt. Kurz nach der Ankunft im Zielraum konnte ich fast nicht mehr laufen und die Schmerzen wurden sehr stark. In einem Rennen gebe ich alle meine Energie, aber auf möglichst faire Weise und in dem Bewusstsein, dass es Wichtigeres im Leben gibt als Rennen zu fahren oder gar zu gewinnen. Zum Beispiel versuche ich, nur realistische Überholmanöver zu unternehmen und wenn ich überholt werde nicht den Weg abzuschneiden. Der Masse versuche ich aus Sicherheitsgründen so schnell wie möglich zu entkommen!

Rückblickend muss ich sagen, dass ich am Start etwas zu viel riskierte. Glücklicherweise hab ich dadurch keinen anderen Fahrer direkt zu Fall gebracht.

Du möchtest stattdessen einige Enduro-Rennen mitfahren – weisst du schon, welche dies außer einigen Rennen der Enduro World Series sein werden, sind auch andere Serien für dich interessant?

Ich lasse noch offen, welche Rennen ich neben der Weltserie fahren werde. Für mich ist die Qualität einer Veranstaltung entscheidend. Ich mag keine Rennen mit handgestoppten Zeitmessungen oder Strecken, welche keinen Spass machen.


# Videoprojekte wird es weiterhin geben: Hier ist René in seinem „Strength in Numbers“-Segment zu sehen

Denkst du auch noch in andere Richtungen? Wäre beispielsweise die Trans Provence als Etappen-Endurorennen ein Event, den du gerne mal bestreiten würdest?

Ja, die Trans Provence würde ich sehr gerne einmal fahren. Jedoch passt es dieses Jahr terminlich noch nicht in meinen Kalender. Vielleicht in 2014.

Vor nicht allzu langer Zeit hast du dein „Buffalo Soldiers“-Projekt abgeschlossen – was für Eindrücke hast du von der Reise mitgenommen?

Ich versuchte die Geschichte der Mountainbiker neu zu beleuchten. Es war herausfordernd, diese Geschichte in vier Web Video-Episoden zu verpacken – zum Glück haben wir als Team uns sehr gut ergänzt. Ich mag die Freiheit und Weite in den USA sehr.

Was war das Highlight der „Buffalo Soldiers“?

Sportlich war der Aufenthalt in Moab grossartig. Ich durfte „The Whole Enchilada“-Strecke fahren und erlebte einen fantastischen Sonnenuntergang nach einem kurzen Schneesturm. Menschlich war das Highlight die Zeit zusammen mit dem Cowboy Dee, welcher mich an meinen verstorbenen Vater und Landwirt erinnerte.


# Buffalo Soldier-Projekt: René Wildhaber auf einem alten Bike der Schweizer Armee. Foto: Nicolas Jutzi

Sind schon weitere solcher Projekte in der Zukunft geplant, was sind neben den Rennen deine Pläne für die kommende Saison?

Ich habe weitere Projekte geplant, diese sind jedoch noch nicht spruchreif. Vorerst reise ich im Februar nach Neuseeland, wo wir mit der Anthill-Films Crew ein 25 Minuten Video drehen werden – mit der ganzen Trek Gravity-Abteilung. Das heisst also mit dem Trek-C3 Team bestehend aus Brandon Semenuk, Cam Mc Caul, Andrew Shandro und mir. Dazu auch das Trek World Racing-Team. Danach kommt nochmals Skischule, anschliessend Saisonvorbereitung und Saisonbeginn im April mit weiteren Filmprojekten, Fotoshoots, Produktetests- und Präsentationen, Fahrtechnik-Camps, Streckenbau und Rennen. Das zieht sich bis Ende November zum Megavalanche auf La Réunion.

Viel Erfolg für 2013 und danke für das Interview!

Mehr über René gibt es auf www.renewildhaber.ch und auf Facebook.

Alles über sein Buffalo Soldier-Projekt findet ihr unter www.buffalo-soldiers.ch.

  1. benutzerbild

    Marc B

    dabei seit 07/2001

    Gebt mal bei Vimeo MEGA2012CARNAGE ein, da kann man den Sturz von Rene gut beobachten. Autsch, das war echt ein derber Klatscher.

    Ein super Typ, bin gespannt, was man 2013 von ihm noch so sehen wird!

  2. benutzerbild

    LIDDL

    dabei seit 08/2006

    wohl der netteste Profibiker den ich kennen gelernt habe! sehr entspannter Typ mit der richtigen einstellung zum Sport!

  3. benutzerbild

    tmf_superhero

    dabei seit 09/2010

    Großartiger Fahrer.
    Die vielen Videos, besonders das Nepal Video ist der Hammer.

    Seine Art und sein Auftreten ist schon genial. Locker, flowig. Mit dem zu fahren wäre schon eine tolle Sache.

  4. benutzerbild

    clemson

    dabei seit 08/2001

    wird hoffentlich 2013 wieder ein Dakine Camp von ihm geben...

    http://www.dakine.ch/de/freeridecamp2012/

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